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Vermischtes

Katzenvettern stellten sich dem Klimawandel in der Vergangenheit sehr unterschiedlich

Südostasien ist die Heimat zahlreicher Katzenarten, unter ihnen die
Asiatische Goldkatze und die Borneo-Goldkatze. Diese beiden Arten sind
nahe verwandte Schwesterarten, die sich vor 3,16 Millionen Jahren
voneinander getrennt haben.  Ihre jüngere Entwicklung verlief recht
unterschiedlich. In Kooperation mit internationalen Partnern konnten
Wissenschaftler des Berliner Leibniz-Instituts für Zoo- und
Wildtierforschung zeigen, dass die Asiatische Goldkatze nach einem
Vulkanausbruch vor etwa 73.000 Jahren nur in Indochina überlebte. Das
kühlere und trockenere Klima dieser Zeit trieb währenddessen ihre
Schwesterart, die Borneo-Goldkatze, in die Regenwald-Refugien Borneos.

Heutzutage kommt die gefährdete Borneo-Goldkatze nur noch in Borneos
immergrünen Regenwäldern vor. Im Gegensatz dazu findet man die Asiatische
Goldkatze in den unterschiedlichsten Lebensräumen, vom tropischen
Regenwald auf Sumatra bis hin zu den gemäßigten Wäldern das Himalaya und
südlichen China. Die in verschiedenen Umweltbedingungen lebenden
Asiatischen Goldkatzen haben verschiedene Farbvarianten, von gefleckt über
rötlich und gräulich bis schwarz. Gestützt auf diese abweichenden
Farbvarianten wurden fünf Unterarten der Asiatischen Goldkatze
beschrieben. Eine umfassende Prüfung der tatsächlichen
Verwandtschaftsverhältnisse, bei der alle heutzutage zugänglichen Daten –
also molekulare Daten und morphologische Merkmale – vereint werden, fehlte
bisher für beide Arten. Es war bisher auch nicht klar, warum sich die
beiden Schwesterarten in ihrer Verbreitung so stark voneinander
unterscheiden.

Ein internationales Team aus Wissenschaftlern vom Leibniz-IZW, den
National Museums of Scotland und dem WWF Malaysia erstellten jetzt eine
solche Beurteilung. Sie nutzten hauptsächlich Proben von Museumsexemplaren
und wendeten eine neue Vorgehensweise an, die molekulare und
morphologische Untersuchungen mit statistischen Modellen der pleistozänen
Artenverteilung kombiniert. Die Ergebnisse deuten auf auseinanderlaufende
evolutionäre Entwicklungen der beiden Schwesterkatzenarten hin. Während
des Spätpleistozän und besonders zum Ende der letzten Eiszeit hin war das
Vorkommen der Borneo-Goldkatze auf die Regenwaldgebiete Borneos
beschränkt. Die Ergebnisse des Modells für die Asiatische Goldkatze
hingegen zeigten, dass Südostasien während der gesamten Zeitspanne
geeignete Lebensräume bot. „Obwohl wir dies aufgrund ihrer momentanen
Verbreitung angenommen hatten, schienen unsere molekularen Ergebnisse
diesen Resultaten zunächst zu widersprechen”, sagt Riddhi P. Patel,
Doktorandin am Leibniz-IZW.

Die Wissenschaftler registrierten eine niedrige molekulare Vielfalt bei
der Asiatischen Goldkatze, was, hinsichtlich des großen
Verbreitungsgebietes, ziemlich erstaunlich schien. Dieser Widerspruch wird
aufgelöst, wenn die Möglichkeit eines drastischen Bestandsrückgangs
während des Spätpleistozäns berücksichtigt wird. „Wir denken, dass der
Toba Spitzenvulkanausbruch vor etwa 73000 Jahren auf Sumatra so viele
Waldlebensräume zerstörte, dass er einen gewaltigen Rückgang der
Asiatischen Goldkatze auslöste, deren Bestände nur in Indochina
überlebten. Erst lange nachdem sich während der letzten Eiszeit wieder
geeignete klimatische Bedingungen einstellten, waren Asiatische Goldkatzen
in der Lage, ihre indochinesische Zuflucht zu verlassen und zu früheren
Lebensräumen zurückzukehren. Dabei breiteten sie sich im Norden nach
Südchina aus, im Osten nach Indien und insbesonders im Süden nach
Sumatra”,  erklärt Patel. Diese Idee passt gut zu den Messungen
morphologischer Merkmale. „Die größten Unterschiede in Fellfarbvarianten
fanden wir in Indochina, während die Asiatischen Goldkatzen auf der
Malaiischen Halbinsel und in Sumatra fast ausschließlich rötlich sind”,
fügt Andrew C. Kitchener vom National Museum of Scotland hinzu.

Diese Ergebnisse zeigen, dass die Asiatische Goldkatze und die Borneo-
Goldkatze trotz ihrer nahen Verwandtschaft ziemlich unterschiedlich mit
klimatischen Änderungen während der letzten Eiszeit umgingen. Die rasche
Ausbreitung der Asiatischen Goldkatze in jüngster Zeit ist sichtlich
unvereinbar mit der momentanen Einteilung in fünf Unterarten. „Wir
empfehlen die Anerkennung von nur zwei Unterarten der Asiatischen
Goldkatze: eine nördlich des Isthmus von Kra lebende und eine südlich
davon, auf der Malaiischen Halbinsel und in Sumatra, lebende Unterart ”,
sagt Patel.

Publikation:
Patel RP, Förster DW, Kitchener AC, Rayan MD, Mohamed SW, Werner L, Lenz
D, Pfestorf H, Kramer-Schadt S, Radchuk V, Fickel J, Wilting A (2016): Two
species of Southeast Asian cats in the genus Catopuma with diverging
histories: an island endemic forest specialist and a wide-spread habitat
generalist. Royal Society Open Science. DOI: 10.1098/rsos.160350.

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TUB: Aus dem Park auf den Esstisch

Wie die Berliner Bürger die öffentlichen Grünanlagen nutzen
Medizinische Tees, Kräuter für den Salat oder Haustierfutter - im Rahmen
einer Masterarbeit an der TU Berlin untersuchte Julia Palliwoda wozu die
Berliner Bürger die Pflanzen in zwei öffentlichen Parks nutzen.

11,9 Prozent der Berliner Stadtfläche sind grüne Erholungsflächen. Dass
diese Flächen nicht nur zum Ballspielen, Spazieren gehen oder Hunde
ausführen genutzt werden, weisen jetzt die Forschungsergebnisse von Julia
Palliwoda nach, die kürzlich in der Zeitschrift Landscape and Urban
Planning veröffentlicht wurden: Rund 17 Prozent der auf einem bestimmten
Areal in Berliner Parks vorkommenden Pflanzen werden unmittelbar von den
Parkbesuchern genutzt. „Manche Besucher haben junge Brennnesselblätter
gesammelt, um daraus einen Tee zu kochen, andere haben Klee für ihre Hasen
oder Beeren für ihre Papageien gesucht und wieder andere haben Johannis-
oder Holunderbeeren gepflückt“, erzählt Julia Palliwoda, die über dieses
Projekt ihre Masterarbeit am Fachgebiet Ökosystemkunde und
Pflanzenökologie der TU Berlin bei Prof. Dr. Ingo Kowarik geschrieben hat.

Untersucht hat die 28jährige, die inzwischen ihren Master in
Stadtökologie/Urban Ecosystem Science abgeschlossen hat, dabei eine Fläche
im Treptower Park und eine im Schlosspark Charlottenburg. „Ich habe in
jedem Park zwei Flächen ausgesucht, die jeweils zwischen 9000 und 21.0000
Quadratmeter groß waren, sowie im Wesentlichen aus einer Rasenfläche und
umgebenden Büschen bestanden. In einem ersten Schritt musste ich die
Vegetation auf diesen Untersuchungsflächen erfassen und klassifizieren. In
der eigentlichen Untersuchung habe ich in dem Zeitraum von Mai bis
September jede Fläche 12 Mal für jeweils zwei Stunden zu unterschiedlichen
Uhrzeiten und an unterschiedlichen Wochentagen beobachtet“, beschreibt
Julia Palliwoda. In diesen Untersuchungsräumen wurde jeder Besucher
erfasst, der diese Flächen betritt und beobachtet, ob und wie er einzelne
Pflanzen dieses Areals nutzt.

Offiziell dürfen die Pflanzen im Park nicht genutzt werden

In einigen Fällen wurden die Besucher direkt interviewt, wozu sie die
gesammelten Pflanzen nutzen. Dabei war die Kontaktaufnahme mit den
Besuchern nicht immer ganz einfach. „Offiziell ist das Sammeln oder
Pflücken von Parkpflanzen nicht gestattet. Manche Besucher, mit denen ich
sprechen wollte, befürchteten daher, ich wäre vom Ordnungsamt und sind
schnell weggelaufen“, weiß Julia Palliwoda, die von der umfangreichen und
vielfältigen Nutzung der Parkpflanzen selbst überrascht war: „Am
häufigsten wurden Arten wie Brennnessel, Johannisbeere, Löwenzahn oder
Vogelmiere als Grundlage für Tees oder als Nahrungsmittel in Salaten
genutzt. Wiesen-Storchschnabel oder Clematis wurden für einen Blumenstrauß
oder als Dekoration verwendet, Rosen fotografiert. Aber es gab auch
Besucher, die zum Beispiel Schöllkraut oder das kleinblütige Knopfkraut
für die medizinische Nutzung gesammelt haben“. Anhand der Angaben aus den
Interviews konnte sie 33 weitere Arten benennen, die im Stadtgebiet –
außerhalb der Gärten – von Menschen gesammelt und genutzt werden.
Katharina Jung

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Der Spion, der Licht ins Trinkwasser bringt

FAU-Forscher wollen Bakterien mit Infrarotlicht aufspüren
Bakterien im Trinkwasser verraten sich selbst, wenn Licht auf sie fällt.
Allerdings müssen die Eindringlinge von infraroten Strahlen getroffen
werden, und ihre Reaktion ist nicht einfach zu entdecken. Dazu braucht es
einen Spion, der die Signale aufgreift und richtig interpretiert – nicht
im Geheimen, sondern in aller Öffentlichkeit. Ein Gerät namens „WaterSpy“
soll diesen Auftrag künftig übernehmen. Entwickelt wird die Apparatur seit
Anfang November 2016 in einem Zusammenschluss von Wissenschaftlern und
Unternehmen aus sieben europäischen Ländern. Bernhard Schmauß, Professor
für Optische Hochfrequenztechnik und Photonik an der Friedrich-Alexander-
Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), und sein wissenschaftlicher
Mitarbeiter Matthias Bär sind an diesem multinationalen,
fachübergreifenden Projekt beteiligt.

Nach winzigen Organismen, die der Gesundheit schaden könnten, wird in der
Wasserversorgung bereits ständig gesucht. Aus regelmäßigen Proben werden
Kulturen angelegt, in denen vorhandene Bakterien wachsen können, bis sie
zuverlässig zu bestimmen sind. Acht bis zwölf Stunden dauert es, auf diese
Art festzustellen, ob das geprüfte Trinkwasser einwandfrei oder verseucht
ist.

Für „WaterSpy“ hat das Entwicklerteam einen völlig anderen Weg gewählt.
Die ins Auge gefasste Methode beruht darauf, dass Strahlung aus dem
mittleren Infrarotbereich – sie breitet sich in etwas längeren Wellen aus
als das für uns sichtbare Licht – Bakterien nicht unverändert passiert.
Die Einzeller absorbieren einen Teil, sie „verschlucken“ etwas von dem,
was die Strahlenquelle aussendet. Beim Empfänger des Messgeräts kommt
weniger von dem gesendeten Licht an, wenn Mikroorganismen im Weg sind. Aus
der Art und Weise, wie das Licht absorbiert wird, wollen die Forscher
wiederum schließen, um welche Bakterien es sich handelt.

„Damit würden die Messungen sehr stark beschleunigt“, erklärt Professor
Schmauß. Ein Viertelliter Wasser, die der EU-Norm entsprechende Menge,
könnte in 30 bis 45 Minuten geprüft werden, so dass täglich zwischen 30
und 50 Tests in einer Trinkwasseranlage möglich wären – Qualitätsanalyse
am laufenden Band. Bisher sind für vergleichbare Messungen drei Tage
erforderlich.

Das angestrebte kompakte Gerät, etwa ein Quadratmeter mal dreißig
Zentimeter groß, könnte in den bestehenden Labors installiert werden.
„Unsere Aufgabe ist die Aufbereitung und Verarbeitung der Messsignale“,
erläutert der Wissenschaftler. In drei Jahren soll der Messapparat
konstruiert und zum Spion ausgebildet sein, nicht ohne praktisches
Training in zwei italienischen Anlagen.

Finanziert wird das Forschungs- und Entwicklungsprojekt von Horizon 2020,
einem von 2014 bis 2020 währenden EU-Rahmenprogramm für Forschung und
Innovation; die Initiative geht auf die Photonics 21 Public Private
Partnership zurück. Außer dem Cyprus Research and Innovation Centre als
Koordinator und der FAU beteiligen sich der Nationale Forschungsrat CNR
sowie IREN SpA aus Italien, das Schweizer Unternehmen Alpes Lasers SA, die
Technische Universität Wien, die Nationale Technische Universität Athen
und AUG Signals Hellas aus Griechenland sowie VIGO Systems SA, Polen.

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Binnenfischerei als Nahrungsquelle weltweit stark unterschätzt

Dieser Hecht ist mal ein prachtvoller Fang.  Foto: IGB/BesatzfischDie Rolle der Binnenfischerei in Seen und Flüssen für die
Nahrungssicherheit wird weltweit stark unterschätzt. Zu dieser
Einschätzung kommt ein internationales Team von Wissenschaftlern unter
Beteiligung von Prof. Dr. Robert Arlinghaus von der Humboldt-Universität
zu Berlin (HU) und dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und
Binnenfischerei (IGB).

„Zwar haben die Vereinten Nationen in ihren Zielen nachhaltiger
Entwicklung die Süßwasser-Ökosysteme berücksichtigt. Aber die
Binnenfischerei taucht als Begriff dort nicht auf. Dabei ist sie
unmittelbar mit Zielen wie Nahrungssicherheit, Einkommen und Gesundheit
verknüpft“, sagt Fischereiprofessor Robert Arlinghaus.

Während die Überfischung der Weltmeere allgegenwärtiges Medienthema ist,
wird die große soziale Relevanz der Fangfischerei und Aquakultur im
Süßwasser oft übersehen: Nur 0,01 Prozent des weltweiten Wassers ist
Süßwasser, trotzdem machen Binnenfischerei und Süßwasser-Aquakultur rund
40 Prozent der bei der Welternährungsorganisation dokumentierten globalen
Fischproduktion aus. Allein in den Entwicklungsländern liefert die
Fangfischerei in Süßwassergewässern Einkommen für rund 60 Millionen
Menschen, als lokaler und regionaler Nahrungslieferant sogar für mehrere
Hundert Millionen Menschen. Darüber hinaus gibt es weltweit rund 220
Millionen Hobbyangler, für die selbstgefangene Süßwasserfische einen
wichtigen Beitrag zur Selbstversorgung mit tierischen Proteinen leisten.

Diese Zahlen unterstreichen die unterschätzte Rolle der Binnenfischerei
für die globale Ernährungssicherung, gerade in Entwicklungsländern. Der
größte Anteil des Fangfischereiertrags aus dem Süßwasser basiert auf
kleinskaliger, wenig motorisierter Binnenfischerei. „Die Binnenfischerei
liefert das nachhaltigste tierische Protein überhaupt. Der
Süßwasserfischertrag lässt sich durch keine andere tierische Nahrung mit
gleichem ökologischem Fußabdruck ersetzen – alle Varianten wie die
Geflügelhaltung oder die Rinderzucht bräuchten mehr Energie und Wasser und
führten zu schädlichen Emissionen. Selbst die Aquakultur kann
Nachhaltigkeitsvorteile der Fangfischerei nicht übertreffen“, sagt
Professor Robert Arlinghaus.

Deshalb müsse die geringgeschätzte soziale, kulturelle und wirtschaftliche
Relevanz der Binnenfischerei national und international stärker
hervorgehoben und besser in regionale und nationale politische
Entscheidungs- und Strategieprozesse rund um das Wasser- und
Gewässermanagement integriert werden. Zudem sind die Forschungskapazitäten
zur Binnenfischerei auszubauen. Gegenwärtig kann durch den vor allem in
Mitteleuropa zu beobachtenden Abbau akademischer Kompetenz zur
Binnenfischerei der hohe Bedarf an praxisorientierter Expertise zur
Entwicklung des Sektors nur noch eingeschränkt abgedeckt werden. Darunter
leiden die stummen Süßwasserfische und Binnenfischer und Angler
gleichermaßen.

Cooke, S.J., E.H. Allison, T.D. Beard, R. Arlinghaus, A.H. Arthington,
D.M. Bartley, I.G. Cowx, C. Fuentevilla, N. J. Leonard, K. Lorenzen, A.J.
Lynch, V.M. Nguyen, S.-J. Youn, W.W. Taylor and R.L. Welcomme.  2016.  On
the sustainability of inland fisheries: Finding a future for the
forgotten.  Ambio, doi:10.1007/s13280-016-0787-4


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