TUB: Aus dem Park auf den Esstisch
Wie die Berliner Bürger die öffentlichen Grünanlagen nutzen
Medizinische Tees, Kräuter für den Salat oder Haustierfutter - im Rahmen
einer Masterarbeit an der TU Berlin untersuchte Julia Palliwoda wozu die
Berliner Bürger die Pflanzen in zwei öffentlichen Parks nutzen.
11,9 Prozent der Berliner Stadtfläche sind grüne Erholungsflächen. Dass
diese Flächen nicht nur zum Ballspielen, Spazieren gehen oder Hunde
ausführen genutzt werden, weisen jetzt die Forschungsergebnisse von Julia
Palliwoda nach, die kürzlich in der Zeitschrift Landscape and Urban
Planning veröffentlicht wurden: Rund 17 Prozent der auf einem bestimmten
Areal in Berliner Parks vorkommenden Pflanzen werden unmittelbar von den
Parkbesuchern genutzt. „Manche Besucher haben junge Brennnesselblätter
gesammelt, um daraus einen Tee zu kochen, andere haben Klee für ihre Hasen
oder Beeren für ihre Papageien gesucht und wieder andere haben Johannis-
oder Holunderbeeren gepflückt“, erzählt Julia Palliwoda, die über dieses
Projekt ihre Masterarbeit am Fachgebiet Ökosystemkunde und
Pflanzenökologie der TU Berlin bei Prof. Dr. Ingo Kowarik geschrieben hat.
Untersucht hat die 28jährige, die inzwischen ihren Master in
Stadtökologie/Urban Ecosystem Science abgeschlossen hat, dabei eine Fläche
im Treptower Park und eine im Schlosspark Charlottenburg. „Ich habe in
jedem Park zwei Flächen ausgesucht, die jeweils zwischen 9000 und 21.0000
Quadratmeter groß waren, sowie im Wesentlichen aus einer Rasenfläche und
umgebenden Büschen bestanden. In einem ersten Schritt musste ich die
Vegetation auf diesen Untersuchungsflächen erfassen und klassifizieren. In
der eigentlichen Untersuchung habe ich in dem Zeitraum von Mai bis
September jede Fläche 12 Mal für jeweils zwei Stunden zu unterschiedlichen
Uhrzeiten und an unterschiedlichen Wochentagen beobachtet“, beschreibt
Julia Palliwoda. In diesen Untersuchungsräumen wurde jeder Besucher
erfasst, der diese Flächen betritt und beobachtet, ob und wie er einzelne
Pflanzen dieses Areals nutzt.
Offiziell dürfen die Pflanzen im Park nicht genutzt werden
In einigen Fällen wurden die Besucher direkt interviewt, wozu sie die
gesammelten Pflanzen nutzen. Dabei war die Kontaktaufnahme mit den
Besuchern nicht immer ganz einfach. „Offiziell ist das Sammeln oder
Pflücken von Parkpflanzen nicht gestattet. Manche Besucher, mit denen ich
sprechen wollte, befürchteten daher, ich wäre vom Ordnungsamt und sind
schnell weggelaufen“, weiß Julia Palliwoda, die von der umfangreichen und
vielfältigen Nutzung der Parkpflanzen selbst überrascht war: „Am
häufigsten wurden Arten wie Brennnessel, Johannisbeere, Löwenzahn oder
Vogelmiere als Grundlage für Tees oder als Nahrungsmittel in Salaten
genutzt. Wiesen-Storchschnabel oder Clematis wurden für einen Blumenstrauß
oder als Dekoration verwendet, Rosen fotografiert. Aber es gab auch
Besucher, die zum Beispiel Schöllkraut oder das kleinblütige Knopfkraut
für die medizinische Nutzung gesammelt haben“. Anhand der Angaben aus den
Interviews konnte sie 33 weitere Arten benennen, die im Stadtgebiet –
außerhalb der Gärten – von Menschen gesammelt und genutzt werden.
Katharina Jung