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Binnenfischerei als Nahrungsquelle weltweit stark unterschätzt

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Dieser Hecht ist mal ein prachtvoller Fang.  Foto: IGB/BesatzfischDie Rolle der Binnenfischerei in Seen und Flüssen für die
Nahrungssicherheit wird weltweit stark unterschätzt. Zu dieser
Einschätzung kommt ein internationales Team von Wissenschaftlern unter
Beteiligung von Prof. Dr. Robert Arlinghaus von der Humboldt-Universität
zu Berlin (HU) und dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und
Binnenfischerei (IGB).

„Zwar haben die Vereinten Nationen in ihren Zielen nachhaltiger
Entwicklung die Süßwasser-Ökosysteme berücksichtigt. Aber die
Binnenfischerei taucht als Begriff dort nicht auf. Dabei ist sie
unmittelbar mit Zielen wie Nahrungssicherheit, Einkommen und Gesundheit
verknüpft“, sagt Fischereiprofessor Robert Arlinghaus.

Während die Überfischung der Weltmeere allgegenwärtiges Medienthema ist,
wird die große soziale Relevanz der Fangfischerei und Aquakultur im
Süßwasser oft übersehen: Nur 0,01 Prozent des weltweiten Wassers ist
Süßwasser, trotzdem machen Binnenfischerei und Süßwasser-Aquakultur rund
40 Prozent der bei der Welternährungsorganisation dokumentierten globalen
Fischproduktion aus. Allein in den Entwicklungsländern liefert die
Fangfischerei in Süßwassergewässern Einkommen für rund 60 Millionen
Menschen, als lokaler und regionaler Nahrungslieferant sogar für mehrere
Hundert Millionen Menschen. Darüber hinaus gibt es weltweit rund 220
Millionen Hobbyangler, für die selbstgefangene Süßwasserfische einen
wichtigen Beitrag zur Selbstversorgung mit tierischen Proteinen leisten.

Diese Zahlen unterstreichen die unterschätzte Rolle der Binnenfischerei
für die globale Ernährungssicherung, gerade in Entwicklungsländern. Der
größte Anteil des Fangfischereiertrags aus dem Süßwasser basiert auf
kleinskaliger, wenig motorisierter Binnenfischerei. „Die Binnenfischerei
liefert das nachhaltigste tierische Protein überhaupt. Der
Süßwasserfischertrag lässt sich durch keine andere tierische Nahrung mit
gleichem ökologischem Fußabdruck ersetzen – alle Varianten wie die
Geflügelhaltung oder die Rinderzucht bräuchten mehr Energie und Wasser und
führten zu schädlichen Emissionen. Selbst die Aquakultur kann
Nachhaltigkeitsvorteile der Fangfischerei nicht übertreffen“, sagt
Professor Robert Arlinghaus.

Deshalb müsse die geringgeschätzte soziale, kulturelle und wirtschaftliche
Relevanz der Binnenfischerei national und international stärker
hervorgehoben und besser in regionale und nationale politische
Entscheidungs- und Strategieprozesse rund um das Wasser- und
Gewässermanagement integriert werden. Zudem sind die Forschungskapazitäten
zur Binnenfischerei auszubauen. Gegenwärtig kann durch den vor allem in
Mitteleuropa zu beobachtenden Abbau akademischer Kompetenz zur
Binnenfischerei der hohe Bedarf an praxisorientierter Expertise zur
Entwicklung des Sektors nur noch eingeschränkt abgedeckt werden. Darunter
leiden die stummen Süßwasserfische und Binnenfischer und Angler
gleichermaßen.

Cooke, S.J., E.H. Allison, T.D. Beard, R. Arlinghaus, A.H. Arthington,
D.M. Bartley, I.G. Cowx, C. Fuentevilla, N. J. Leonard, K. Lorenzen, A.J.
Lynch, V.M. Nguyen, S.-J. Youn, W.W. Taylor and R.L. Welcomme.  2016.  On
the sustainability of inland fisheries: Finding a future for the
forgotten.  Ambio, doi:10.1007/s13280-016-0787-4