Grüner Strom statt Erdgas in der Textilindustrie
Um Treibhausgase und Erdgas einzusparen, ist die
verstärkte Nutzung von Strom nötig. Damit, wie dieses Problem speziell in
der energieintensiven Textilindustrie gelöst werden kann, befasst sich
aktuell eine bemerkenswerte Masterarbeit aus dem Studiengang „Sustainable
Textiles“ (Nachhaltige Textilien) der Hochschule Hof. Die Industrie zeigt
sich an der gefundenen Lösung sehr interessiert und hofft zudem auf
Zeitersparnis im Färbeprozess.
Die Energie für Heißluft und ihre Quelle ist derzeit eines der großen
Themen in der Textilveredelungsindustrie. „Mit der Heißluft werden
Textilien getrocknet und chemische Reaktionen hervorgerufen, die zur
Produktion notwendig sind. Allerdings ist Erdgas nicht nur durch den
Ukrainekrieg sehr teuer, sondern seine Verbrennung setzt zudem das
Treibhausgas CO2 frei. Schon deshalb wird derzeit sehr intensiv nach
Alternativen gesucht“, erläutert Prof. Dr. Michael Rauch. Der
Wissenschaftler leitet am Hochschulstandort Münchberg den Studiengang
„Sustainable Textiles“ und betreut das Lehrgebiet Verfahrenstechnik der
Textilveredelung. Eben eine solche gesuchte Alternative zur
Erdgasverbrennung könnte nun gefunden sein: „Unser Masterrand Andy Buobu
hat zur Lösung dieses Problems einen vielversprechenden Ansatz untersucht
– erfolgreich, wie es scheint“, so der begeisterte Studiengangleiter.
Färben mit Strahlung statt Heißluft
Konkret ging es bei der angesprochenen Arbeit darum, wie künftig
Dispersionsfarbstoffe auf PET (Polyethylenterephthalat)-Text
werden können, also wie das „Färben“ vor sich ging. „Bisher geschah dies
durch den Einsatz von aus Erdgas erzeugter Heißluft. Nun konnte gezeigt
werden, dass dies auch durch eine sogenannte aNIR-Strahlung möglich ist.
Diese wird mit Strom erzeugt“, so Prof. Dr. Rauch. NIR-Strahler, die
elektrische Energie in Strahlung umsetzen, werden teilweise in der
Papierindustrie für Trocknungsprozesse eingesetzt. Ein Einsatz in der
Textilindustrie erfolgte bislang aber nicht. Genau das könnte sich nun
schnell ändern:
Umfangreiche Fragestellung
Prof. Rauch erklärt im Detail: „Beim Färben von Polyester wird in der
Textilindustrie eine wässrige Farbstoffdispersion aufgetragen. Das
gefärbte Textil muss dann getrocknet und anschließend auf die
Färbetemperatur von 195-200°C erwärmt werden, damit der Farbstoff in die
Faser eindiffundiert. Als Energiequelle wird hierfür bisher Heißluft
verwendet.“ Die Fragestellungen der Masterarbeit seien deshalb nun unter
anderem gewesen, in wie weit NIR-Strahler für das Färben in einer
laufenden Produktion geeignet sind, wieviel Zeit dadurch eingespart wird,
wie beständig die Färbung im Vergleich zur konventionellen Färbung ist und
wie sich unterschiedliche Farbstoffe dabei verhalten, wenn sie mit NIR-
Strahlung konfrontiert werden.
Auch deutliche Zeitersparnis möglich
Die Ergebnisse der in der Masterarbeit getätigten Versuchsreihen seien nun
außergewöhnlich positiv, so der Studiengangleiter: „Erstens konnte das
Erdgas und damit auch klimaschädliches Kohlendioxid eingespart werden,
sofern Strom aus regenerativen Quellen wie Wasser-, Wind- oder
Solarenergie verwendet wird. Zum Zweiten ließ sich aber auch die Färbezeit
deutlich verkürzen, was Chancen auf eine gesteigerte Produktion eröffnet.“
Auch die Umsetzung im größeren Maßstab sei durchaus gut denkbar. NIR-
Strahler könnten zum Beispiel in bereits existierende Trocknungsgeräte
eingebaut werden. Als nächste Schritte am Campus Münchberg der Hochschule
Hof steht nun die Beschaffung einer optimierten Laborausrüstungsanlage an,
um den Färbeprozess noch tiefgehender zu untersuchen.
Interesse der Industrie geweckt
Die Masterarbeit entstand aus einer Zusammenarbeit der Firma. Adphos
Digital Printing GmbH (aNIR-Strahler), des Unternehmens Dystar® Group
(DyStar Colours Distribution GmbH) (Farbstoffe) und der Firma Weitmann &
Konrad GmbH & Co. KG / RotaSpray GmbH (Auftragstechnik). Bereits jetzt
gebe es aus dem Bereich der Textilindustrie sehr viele Anfragen zum
Einsatz von NIR-Strahlern im Trocknungsprozess, so Prof. Rauch
abschließend.