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TU Clausthal sorgt für LoRaWAN-Netzabdeckung im Oberharz

Die Gateways für das drahtlose LoRaWAN-Netzwerk befinden sich auf drei Gebäuden der TU Clausthal. Hier zu sehen: Der Zugangspunkt auf dem Institut für Informatik.  TU Clausthal
Die Gateways für das drahtlose LoRaWAN-Netzwerk befinden sich auf drei Gebäuden der TU Clausthal. Hier zu sehen: Der Zugangspunkt auf dem Institut für Informatik. TU Clausthal

Auf Gebäuden der Universität sind Zugangspunkte für ein LoRaWAN-Netz in
Betrieb gegangen. Im Umkreis von mehreren Kilometern um Clausthal-
Zellerfeld kann nun jeder Sensor-Messwerte live ins Internet übertragen.

Die Digitalisierung im Oberharz schreitet voran: Auf drei Gebäuden der
Technischen Universität Clausthal wurden Zugangspunkte, so genannte
Gateways, für das drahtlose LoRaWAN-Netzwerk installiert und an die
weltweit genutzte Plattform für das Internet der Dinge (The Things
Network, TTN) angebunden. Die Gateways sind für alle Interessierten
kostenlos ohne Beschränkung zugänglich und ermöglichen ein breites
Spektrum an Anwendungen. Unternehmen wie auch Privatpersonen können
drahtlose LoRaWAN-Sensorsysteme in und um die Berg- und Universitätsstadt
ausbringen. Über die installierten Zugangspunkte können diese ihre Daten
ins Internet übertragen, wo sie angezeigt und ausgewertet werden können.

LoRaWAN: Drahtloses Weitbereichsnetz mit hoher Reichweite und niedrigem
Energiebedarf

Die LoRaWAN-Architektur wurde speziell für das Internet der Dinge
entworfen, um über Distanzen von mehreren Kilometern kommunizieren zu
können. Heute kommt die Technologie bereits unter anderem bei Stadtwerken,
Energieversorgern und Verkehrsinfrastrukturbetreibern zum Einsatz, um
Messdaten an relevanten Standorten erfassen und bereitstellen zu können.
Auch Privatpersonen nutzen zunehmend die LoRaWAN-Technologie, etwa bei
drahtlosen Wetterstationen. Das Kommunikationsprotokoll ist dabei
besonders energiesparend, so dass im Batteriebetrieb Sensorlaufzeiten von
bis zu zehn Jahren möglich sind.

Spannende Einsatzgebiete in Forschung und Lehre

Der Aufbau des LoRaWAN-Netzwerks spielt in der Forschung ebenfalls eine
große Rolle. So werden etwa an der TU Clausthal Ausbreitungsmodelle für
dieses Funksystem entwickelt. „Der Standort bietet ideale Bedingungen:
Sowohl die Einflüsse von Gebäuden in Clausthal-Zellerfeld als auch die für
Funk anspruchsvolle Mittelgebirgs-Topografie kann mit diesem Netz
untersucht werden. Hinzu kommen die vielfältigen Witterungsbedingungen im
Oberharz“, erklärt Prof. Niels Neumann, der an Kommunikationstechnik für
das Internet der Dinge forscht. Damit eine zuverlässige Kommunikation auch
bei Wind und Wetter möglich ist, arbeitet ein weiteres Team um den
Informatikprofessor Andreas Reinhardt an neuartigen Verfahren. Mit deren
Hilfe können die LoRaWAN-Empfänger selbständig erkennen, wenn
witterungsbedingte Datenverluste zu erwarten sind. „Die Datenübertragung
über ein LoRaWAN-Netz ist an sich sehr robust, aber unter extremen
Wetterbedingungen immer noch störanfällig. Wir entwickeln Verfahren, damit
auch bei extremen Niederschlägen oder Schneefall alle Messdaten ankommen“,
so der Clausthaler Forscher.

Auch Prof. Jens-André Paffenholz sieht ein enormes Potenzial im Einsatz
des Netzwerks. Er forscht mit seinem Team an der Erfassung von
Umweltparametern, etwa der Bodenfeuchte, um mit vergleichsweise günstigen
Sensoren massenhaft Daten zu erfassen. Für ihn ist der klare Vorteil der
drahtlosen Technologie die Echtzeitverfügbarkeit der Sensordaten, so dass
ein manuelles Auslesen bei großen Geosensornetzen entfällt und
gleichzeitig eine Echtzeitauswertung der Daten ermöglicht wird. Die
Nutzung kostengünstiger Sensoren wirft hierbei die Frage nach der
Datenqualität der erfassten Umweltparameter auf. Genau hier setzt der
Forschungsansatz des Teams von Prof. Paffenholz an, das sich der
Forschungsfrage „Wie können aus großen Datenmengen, auch als ‚Big Data‘
bekannt, durch eine intelligente Auswertung zuverlässige Informationen
abgeleitet werden?“ widmet. Auch in der Lehre werden die Sensorknoten
eingesetzt, etwa zur experimentellen Bestimmung der Funkabdeckung. So
bringt diese Technologie die Studierenden hinaus in die Natur.

Großes Potenzial für die Region

„Wir freuen uns sehr, dass wir mit der Installation des LoRaWAN-Netzes den
Oberharz fit für die Zukunft machen. Dieses Netzwerk bietet enorme
Möglichkeiten für die Region. Wir hoffen, dass viele Unternehmen und
Privatpersonen den ermöglichten Datenzugang nutzen und damit neue Produkte
und Dienstleistungen anbieten“, sind sich die Professoren Reinhardt,
Neumann und Paffenholz einig. Das Trio leitet die Initiative, die damit
auch auf das Thema Citizen Science abzielt, gemeinsam an der TU Clausthal.
Der dauerhafte Betrieb der Gateways wird vom Team des TU-Rechenzentrums
gewährleistet. Gefördert wurde das Projekt aus Mitteln des Forschungspools
der Universität.

Mitmachen

Wie kann ich nun aktiv werden? Im Internet finden sich hierzu viele
Bastelanleitungen, zum Beispiel unter https://www.instructables.com
/LoRaWan-Weather-Station/. Mit der Initiative Smart Harz, mit dem Slogan
„Wir vernetzen den Harz“, besteht bereits ein reger Austausch zur
Zusammenarbeit.

Kontakt:
TU Clausthal
Presse, Kommunikation und Marketing
E-Mail: <Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.>

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Katalysatoren für „Green Chemistry“ in Vietnam – Kooperation zwischen Rostock und Hanoi

Quyen Phan Huyen mit ihrem Doktorvater Esteban Mejía.  M. Höhne / LIKAT
Quyen Phan Huyen mit ihrem Doktorvater Esteban Mejía. M. Höhne / LIKAT

Am Rostocker Leibniz-Institut für Katalyse, LIKAT, entwickelt Quyen Phung
Phan Huyen aus Vietnam Photokatalysatoren, die allein durch Licht aktiv
werden und chemische Reaktionen antreiben. In dem Bereich, den die
Chemikerin im Rahmen ihrer Promotion erforscht und der spezielle
Redoxreaktionen für Pharmazeutika betrifft, braucht es dafür bisher
kontinuierliche Wärmezufuhr, oft in hohen Temperaturen.

Quyen Phan Huyens Katalysatoren helfen also, den Energieverbrauch zu
reduzieren. Außerdem arbeiten diese neuen Katalysatoren, anders als jetzt
noch üblich, nicht mehr auf Basis von Metallen, sondern von organischen
Molekülen. „Teure, oft auch giftige Metalle könnten so künftig in der Erde
verbleiben“, sagt die Doktorandin. „Das erspart nicht nur deren
umweltbelastende Aufbereitung. Es entlastet auch die chemische
Produktion.“ Denn für Pharmazeutika müssen Zwischenprodukte jedesmal
aufwändig von den metallischen Katalysator-Bestandteilen gereinigt werden.

Im Einklang mit den UN-Nachhaltigkeitszielen

Quyen Phan Huyen beschreitet damit Wege zur „Green Chemistry“, und das ist
auch der Plan. Ihre Promotion ist Teil des Kooperationsprogramms RoHan
Catalysis SDG Graduate School, das seit 2016 die Universitäten Rostock und
Hanoi miteinander verbindet. Es fokussiert konsequent auf die UN-
Nachhaltigkeitsziele, die Sustainable Develpoment Goals (kurz: SDG).
Vietnam zählt zu den weltweit am stärksten wachsenden Wirtschaftsregionen.
2022 stieg das BIP um acht Prozent. RoHan soll helfen, dass dies im
Einklang mit den SDG geschieht, wie Quyen Phan Huyens Doktorvater, LIKAT-
Chemiker PD Dr. habil. Esteban Mejía, betont: „Dazu braucht das Land auch
neue katalytische Technologien.“

Gut hundert Masterstudenten und PhDs

Bisher hat RoHan mehr als hundert vietnamesische Master- und
Promotionsstudenten (PhDs) unterstützt, koordiniert von Esteban Mejía,
seit einem Jahr Gastprofessor an der TU Hanoi, sowie Dirk Holmann von der
Rostocker Universität. Mejía sagt: „Nur den allerbesten ist vorbehalten,
wie Quyen komplett in Rostock zu promovieren.“ In der Theorie seien die
jungen Leute aus Vietnam oft „unglaublich stark“. In Rostock und seit zwei
Jahren auch im eigens gegründeten German-Vietnamese Catalysis Center an
der TU Hanoi erlernen sie dann die fortschrittlichsten
Experimentiertechniken und die höchsten Sicherheitsstandards.
In Vietnam hatte Quyen Phan Huyen neben ihrem Master-Studium Chemie an der
Highschool unterrichtet. Auch deshalb kommt bei ihr ein ausgeprägtes
Interesse an der Wissenschaftsgeschichte hinzu. Voller Anerkennung spricht
sie von Erkenntnissen deutscher Chemiker, wie Wöhler, Haber und Bosch.
Ihre Schüler würden stets staunen, wenn sie ihnen z.B. die Geschichte der
Synthetisierung des Harnstoffs oder des Ammoniaks erklärt. „Für sie schien
Deutschland vor allem mit den Weltkriegen verbunden.“ Jetzt assoziieren
sie großartige Ideen damit.

Nutzen über die Katalyse hinaus

Esteban Mejía sieht in den Arbeiten seiner Promovendin ein hohes Potenzial
auch außerhalb der Katalyse. „Mit ihren Erkenntnissen könnten wir künftig
überall dort, wo Redoxreaktionen einen Rolle spielen, auf Metalle und
giftige Stoffe verzichten. Etwa in der Elektrolyse oder in Batterien.“
Weltweit steige in den Laboren das Interesse an organisch basierter
Elektronik. Am LIKAT streben der Chemiker und seine Promovendin gemeinsame
Projekte mit Kollegen der Elektrochemie an.
Noch bis 2025 wird RoHan vom DAAD und vom Bundesministerium für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung finanziert, mit insgesamt
4,5 Millionen Euro. Auch der Forschungsaufenthalt von Quyen Phan Huyen ist
aus diesen Mitteln gedeckt. Die junge Chemikerin spricht mit großer
Dankbarkeit über diese Chance. Im nächsten Jahr wird sie ihre Dissertation
verteidigen und – auch mit dem RoHan-Netzwerk im Gepäck – wieder nach
Vietnam zurückkehren.

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Digitale Resilienz stärken - Faeser, Sinemus und Gremmels besuchen LOEWE- Zentrum emergenCITY an der TU Darmstadt

TU-Kanzler Martin Lommel, Vizepräsident Matthias Oechsner, Prof. Michèle Knodt, Hess. Digitalministerin Kristina Sinemus, Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Hess. Wissenschaftsminister Timon Gremmels, BBK-Präsident Ralph Tiesler, Prof. Matthias Hollick  Gerd Keim  emergenCITY
TU-Kanzler Martin Lommel, Vizepräsident Matthias Oechsner, Prof. Michèle Knodt, Hess. Digitalministerin Kristina Sinemus, Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Hess. Wissenschaftsminister Timon Gremmels, BBK-Präsident Ralph Tiesler, Prof. Matthias Hollick Gerd Keim emergenCITY

Die Gesellschaft besser auf Katastrophen vorbereiten: Es ist
ein Ziel, das die Bundesinnenministerin, Hessens Digitalministerin und
Hessens Wissenschaftsminister, das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und
Katastrophenhilfe (BBK) und die Forschenden von emergenCITY eint. Am
Montag präsentierten Wissenschaftler:innen des LOEWE-Zentrums emergenCITY
in Darmstadt Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Hessens Digitalministerin
Kristina Sinemus, Hessens Wissenschaftsminister Timon Gremmels und BBK-
Präsident Ralph Tiesler Innovationen in der Forschung zur digitalen
Notfallkommunikation.

Fluten, Stromausfälle oder Cyber-Attacken können Kommunikationswege über
Smartphone, Radio oder Fernsehen schnell lahmlegen. Doch gerade in einer
Katastrophe wollen Menschen informiert sein und wissen, wo sie
Unterstützung erhalten oder wie sie selbst helfen können. Entscheidend
seien dabei digitale Informations- und Kommunikationstechnologien, sagte
Bundesinnenministerin Nancy Faeser. „Gute Warnsysteme retten im Notfall
Menschenleben. Das gilt ganz gleich, ob es um Brände, schwere Unwetter,
Waldbrände oder andere Gefahren geht. In einen guten und zuverlässigen Mix
an Warnmitteln haben wir in den letzten Jahren stark investiert und
verbessern diese laufend weiter. Digitale Resilienz ist ein wichtiger
Baustein in der Stärkung der gesamtstaatlichen und
gesamtgesellschaftlichen Resilienz gegenüber Katastrophen“, unterstrich
die Bundesinnenministerin.

Wie resiliente, digitale Lösungen die Notfallkommunikation in einem
Stadtquartier verbessern können, ließen sich die Gäste im Labor des LOEWE-
Zentrums emergenCITY an der TU Darmstadt zeigen. Timon Gremmels, Hessens
Wissenschaftsminister sagte: „In emergenCITY arbeiten die Forschenden an
Lösungen, die in Krisenfällen einen Notbetrieb sicherstellen und schnelle
Hilfe und die Rückkehr zur Normalität ermöglichen sollen. emergenCITY
zeigt damit eindringlich, welche wichtige Rolle unsere Hochschulen und
außeruniversitären Forschungseinrichtungen für die Bewältigung der
Herausforderungen unserer Zeit spielen.“ Seit 2020 unterstütze das
hessische Wissenschaftsministerium die Forschenden mit rund 22 Millionen
Euro.

„Wir sind mit der Forschung von emergenCITY ein Vorreiter in der
Republik“, sagte Hessens Digitalministerin Professorin Kristina Sinemus.
„Um die Widerstandsfähigkeit digitaler Infrastrukturen weiter zu stärken
und die hessische Wirtschaft vor künftigen Krisen und Katastrophen zu
schützen, werden wir ein anwendungsnahes „Krisen-Resilienzzentrum“
aufbauen.“

Die umfassende Behandlung des gesellschaftlich hochrelevanten Themas der
digitalen Resilienz, die in emergenCITY von der Grundlagenforschung bis
hin zum Transfer reicht, mache emergenCITY zu einem Leuchtturmprojekt der
TU Darmstadt, führte Matthias Oechsner, Vizepräsident der TU Darmstadt
aus. Matthias Hollick, wissenschaftlicher Koordinator von emergenCITY
verwies auf die dafür notwendige Interdisziplinarität des Zentrums, in dem
Wissenschaftler:innen aus unterschiedlichen Fachbereichen an resilienten
Informations- und Kommunikationstechnologien zusammen forschen.

Notfallkommunikation in Stadtquartieren:
Projekt „Digitaler Heinerblock“

Der Informatik-Professor stellte den Ministerinnen, dem Minister sowie dem
BBK-Präsidenten anwendungsnahe Forschungsprojekte zur Notfallkommunikation
in Stadtquartieren vor. So begleitet emergenCITY die Stadt Darmstadt im
Projekt „Digitaler Heinerblock“ bei der Transformation eines
verkehrsberuhigten Quartiers. Dazu entwickeln die Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler Sensorboxen für Straßenlaternen, die im Katastrophenfall
Nachrichten von Behörden auf Smartphones senden.

„Kommunikation im Katastrophenfall ist essentiell, teils sogar
überlebenswichtig“, erklärte Hollick. „Unser Ziel ist es, resiliente
Informations- und Kommunikationssysteme zu entwickeln, die es Menschen in
Städten ermöglicht, während und nach einer Katastrophe handlungsfähig zu
bleiben, um schnell in die Normalität zurückzukehren.“ Für das BBK
entsteht Resilienz auch durch Redundanz, das heißt, durch die
gleichzeitige Verfügbarkeit voneinander unabhängiger Systeme. BBK-
Präsident Ralph Tiesler unterstrich die wichtige Rolle von resilienten
Informationssystemen: „Zum bundesweiten Warntag haben wir zum Beispiel
über das Zusammenspiel verschiedener Warnmittel 95 Prozent der Menschen
erreicht. Wir müssen für die Zukunft weitere digitale Innovationen in die
Praxis des Bevölkerungsschutzes überführen, um uns resilient
aufzustellen.“

Eine dieser Innovationen ist die „Litfaßsäule 4.0“, eine digitale,
energieautarke Warnkomponente für Litfaßsäulen, die Bewohnern während
eines langanhaltenden Stromausfalls Informationen und Handlungsanweisungen
anzeigt. „Damit informationstechnologische Lösungen auch bei
stadtpolitischen Entscheidungen berücksichtigt werden können, arbeiten in
emergenCITY Informatiker, Sozial- und Geisteswissenschaftler Hand in
Hand“, erklärte Michèle Knodt, stellvertretende Koordinatorin bei
emergenCITY und Professorin für Politikwissenschaft an der TU Darmstadt.

Hollick betonte zum Abschluss: „Hier bei emergenCITY gehen wir über die
optimierte Warnung der Bevölkerung in Katastrophen hinaus. Wir forschen
auch daran, wie digitale Systeme die Resilienz der Gesellschaft allgemein
erhöhen können, statt sie zu gefährden.“

Den Besuch der Ministerinnen und des Ministers begleiteten der SPD-
Bundestagsabgeordnete Andreas Larem sowie die hessischen
Landtagsabgeordneten Bijan Kaffenberger (SPD) und Peter Franz (CDU).

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Forschung an der Energiewende – Kennzahlen aus sechs Jahren Betrieb

Kombination aus Windenergieanlage, Photovoltaik und Großbatterie am Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT  Fraunhofer ICT
Kombination aus Windenergieanlage, Photovoltaik und Großbatterie am Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT Fraunhofer ICT

Das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT in Pfinztal forscht
an der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Eine Windkraftanlage und
Photovoltaik versorgen den Campus. Das Institut zieht nach sechs Jahren
eine positive Bilanz und gibt einen Ausblick auf die weiteren Ausbaupläne.

Seit Mitte 2018 läuft am Campus des Fraunhofer-Instituts für Chemische
Technologie ICT eine 2-MW-Windkraftanlage im Forschungsbetrieb. Diese ist
gleichstromseitig mit einer großen Redox-Flow-Forschungsbatterie mit einer
Kapazität von 6 MWh verbunden. Im Sommer 2023 wurde zusätzlich eine 3.300
m² große Photovoltaikanlage mit 690 kWp Leistung gleichstromseitig in die
Gesamtanlage integriert.

Die Kombination aus Wind- und Sonnenenergie erhöht am Standort die
Stabilität und die Planbarkeit der Energieversorgung. Der Campus dient als
Reallabor für eine weitgehend autarke Energieversorgung von Gemeinden und
Industriegebieten durch erneuerbare Quellen. Die Kombination aus
Windkraft, Photovoltaik und der am Institut erforschten Großbatterie
liefert dabei wichtige Erkenntnisse für die Gestaltung und den Betrieb von
Micro-Grids. Micro-Grids sind lokale Netze, die die Energieerzeugung,
Energiewandlung und Energiespeicherung effizient in einem System
zusammenschließen.

Weitere Komponenten des Campus-Grid sind ein 400-kW-Blockheizkraftwerk
(BHKW), eine 900-kW-Supercap für kurzfristige Reserven zur
Netzstabilisierung sowie Chemielabore, Technikumsanlagen und Bürogebäude
mit 580 Beschäftigten als Verbraucher.

Die Forschungsziele in diesem Bereich umfassen vorrangig die deutliche
Kostensenkung sowie die technische Sicherheit und Resilienz der
Komponenten für eine kostengünstige und sichere Energiewende.

In dem Sechsjahreszeitraum hat die Windenergieanlage ungefähr 37.400
Betriebsstunden erreicht, was einer Jahresauslastung von etwa 60 %
entspricht. In diesem Zeitraum wurden 12,8 GWh Strom produziert, davon
zirka 85 % selbst genutzt. Die restlichen 15 %, 1,9 GWh, kamen dem
öffentlichen Netz zugute. Dies hat im genannten Zeitraum rechnerisch 70
Vierpersonenhaushalte CO2-neutral mit elektrischer Energie versorgt. Die
Inbetriebnahme der PV-Anlage Ende 2023 steigerte die Energieproduktion auf
dem Campus deutlich. Von Januar bis September 2024 hat die PV-Anlage 507
kWh Strom erzeugt. Der Anteil erneuerbarer Energien ist damit auf etwa
zwei Drittel des Gesamtstromverbrauchs des Instituts gestiegen.

Für die Jahre 2025/26 ist bereits der weitere Ausbau von
Photovoltaikanlagen und Energiespeichern projektiert, um dem Ziel einer
CO2-neutralen Liegenschaft näher zu kommen sowie die Energiekosten weiter
zu senken.

Im Bereich der Wärmewende besteht auf dem Campus noch Nachholbedarf: Pro
Jahr erzeugt das erdgasbetriebene BHKW etwa 2 GWh Wärme, den restlichen
Bedarf von rund 1,5 GWh decken Gaskessel und Ölheizung. In den nächsten
Jahren liegt der Fokus auf der Senkung des Wärmebedarfs, der Wandlung von
Power-to-Heat, sowie im Ausbau des Nahwärmenetzes.

Die zahlreichen Projekte mit Nachhaltigkeitsbezug des Fraunhofer ICT sind
keine Imagepflege, sondern werden zunehmend zum entscheidenden
Wirtschaftsfaktor und damit zu Forschungsthemen. Sie umfassen
Energieeffizienz in der Mobilität und Bauindustrie, die Kreislaufführung
von Stoffströmen, nachhaltiges Produktdesign, die Defossilierung
chemischer Prozesse, einen nachhaltigen Kreislauf von Stoffen und Energie,
die Nutzung nachwachsender Rohstoffe, die Substitution kritischer
Materialien und umfassende Lebenszyklusanalysen beispielsweise in der
Luftfahrtindustrie.

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