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Mehrheit der Arbeitnehmer*innen unterstützt Energiewende, will aber stärkere Bindung an soziale Kriterien

Neue Befragung

Mehrheit der Arbeitnehmer*innen unterstützt Energiewende, will aber
stärkere Bindung an soziale Kriterien – AfD-Wählende unterscheiden sich
grundlegend

Eine Mehrheit der Arbeitnehmer*innen in Deutschland unterstützt die
Energiewende, also den Ausbau der erneuerbaren Energien und den
Kohleausstieg. Sorgen bereiten die möglichen wirtschaftlichen und
arbeitsmarktpolitischen Folgen, zudem hält nur rund ein Drittel der
Beschäftigten die aktuellen Ziele für den Ausbau Erneuerbarer für
realistisch, ein Drittel ist unentschieden, ein Drittel findet sie
unrealistisch. Generell gibt es deutliche Unterschiede entlang der
parteipolitischen Präferenzen: Die Anhängerschaft der AfD unterscheidet
sich in ihren Ansichten grundlegend von den Wähler*innen der
demokratischen Parteien und steht der Energiewende überwiegend kritisch
gegenüber. Auch die BSW-Wählerschaft hat teils eigene Auffassungen, wenn
auch nicht so stark abweichend wie diejenige der AfD. Unabhängig von der
politischen Präferenz ist eine deutliche Mehrheit der Arbeitnehmer*innen
in Deutschland dafür, die staatliche Förderung und Gestaltung der
Energiewende an klare soziale Kriterien und gute Arbeitsbedingungen zu
binden, wozu Tarifverträge und Mitbestimmung zählen. Das zeigt eine neue
Studie von Prof. Dr. Vera Trappmann und Dr. Felix Schulz von der
Universität im britischen Leeds. Die von der Hans-Böckler-Stiftung
geförderte Studie basiert auf Daten einer repräsentativen Befragung von
rund 2000 abhängig Beschäftigten in Deutschland.*

Eine Mehrheit der im April und Mai 2024 Befragten, nämlich 59 Prozent,
stimmt zu, dass die Energiewende unabdingbar ist, um die Klimaziele zu
erreichen. 25 Prozent sind unentschieden. Und 16 Prozent der Befragten
halten sie nicht für zwingend notwendig. „Ein erheblicher Anteil von vier
Zehnteln ist also nicht von der Notwendigkeit der Energiewende zur
Erreichung der nationalen Klimaziele überzeugt“, so Schulz und Trappmann
(detaillierte Grafiken zu allen Fragen in der Studie; Link unten).

Die größte Zustimmung findet eindeutig die Solarenergie: 61 Prozent der
Befragten sind der Meinung, dass Deutschland einen großen oder sehr großen
Anteil seiner Energie aus der Sonne beziehen sollte. Bei Windkraft sagen
das 52 Prozent und bei Biomasse 34 Prozent. 23 Prozent der Befragten
sprechen sich für einen hohen bis sehr hohen Anteil von Erdgas aus. Knappe
Mehrheiten stehen hinter dem Ziel, zwei Prozent der Fläche Deutschlands
für Windenergie auszuweisen. Gleiches gilt für einen weitgehenden
Kohleausstieg.

Gleichzeitig ist jeweils eine knappe Mehrheit der Meinung, dass die
Kernenergie und einige Kohlekraftwerke auch in Zukunft als
Übergangsenergiequellen für die Industrie benötigt werden. Ein immer
wieder genannter Grund dafür ist die Angst vor Versorgungsengpässen und
Preissteigerungen: 37 Prozent aller Befragter befürchten eine geringere
Versorgungssicherheit, 42 Prozent rechnen nicht mit sinkenden Preisen im
Zuge der Energiewende. Bei beiden Aussagen zeigen sich zudem rund 30
Prozent unentschieden. Nur eine Minderheit ist mit Technologien wie
Wasserstoff, der als elementarer Baustein für die Transformation
energieintensiver Industrien gilt, und CO₂-Speicherung vertraut.

„Wir sehen deutlich eine große Unsicherheit mit Blick auf die Folgen der
Energiewende auf dem Arbeitsmarkt“, sagt Christina Schildmann, Leiterin
der Abteilung Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung. „Bestes
Beispiel: Bei der Aussage ‚Die Jobs in den Branchen der erneuerbaren
Energien werden gut bezahlt sein‘ antworten fast 50 Prozent mit ‚Ich
stimme weder zu noch lehne ich ab‘. Das zeigt, wie groß die Fragezeichen
in den Köpfen der Beschäftigten zu den sozialen und
arbeitsmarktpolitischen Folgen der Energiewende sind.“

-Wähler*innen von AfD und BSW antworten deutlich anders-

Entlang des parteipolitischen Spektrums zeichnen sich klare Trends ab:
Generell befürworten die Anhänger*innen der etablierten demokratischen
Parteien die Energiewende stärker und liegen in fast allen Fragen näher
beieinander. Aber sie lassen sich noch einmal in zwei Lager einteilen: Die
Anhängerschaft der Grünen, der SPD und der Linken unterstützt die
Energiewende stärker und konsequenter als die der Union und der FDP. Wenig
überraschend stimmen 93 Prozent der Anhänger*innen der Grünen der Aussage
zu, dass die Energiewende unverzichtbar ist, um die nationalen Klimaziele
zu erreichen. Bei der Linken liegt die Zustimmung bei 90 Prozent und bei
der SPD bei 83 Prozent. Jeweils 67 Prozent der Beschäftigten, die CDU/CSU
oder FDP wählen würden, stimmen der Aussage zu, dass die Energiewende
unabdingbar ist.

Die Anhängerschaft der AfD hebt sich mit deutlich geringeren
Zustimmungswerten von den anderen ab. Hier halten nur 24 Prozent die
Energiewende für unverzichtbar. Allerdings, so betonen Trappmann und
Schulz, gebe es in dieser Gruppe noch viele Unentschlossene. Nicht
eindeutig zu verorten sind die Anhänger*innen des BSW. Mit 41 Prozent
stimmen sie der Energiewende seltener zu als die der etablierten
demokratischen Parteien, aber häufiger als die der AfD.

Bei den Wähler*innen von AfD und BSW ist die Angst vor Preissteigerungen
und Arbeitsplatzverlusten überdurchschnittlich ausgeprägt. Stark steigende
Preise nach dem Kohleausstieg befürchten beispielsweise 71 Prozent der
AfD-Anhänger*innen, beim BSW sind es 57 Prozent. Arbeitsplatzverluste
erwarten 70 beziehungsweise 63 Prozent. Bei der Wählerschaft der anderen
Parteien erwartet nur eine Minderheit, dass die Preise stark steigen
werden, wobei allerdings unter Wähler*innen von SPD, FDP und Union ein
gutes Drittel bis knapp 50 Prozent damit rechnet. Ähnlich ist das Muster
bei der Frage nach Jobverlusten durch den Kohleausstieg.

-Neben wirtschaftlichen auch ideologische Gründe für Ablehnung-

Was sind die Gründe für die unterschiedlichen Einstellungen? Man könnte
vermuten, dass die Sympathisant*innen von AfD und BSW mehr Angst vor
Preissteigerungen und Arbeitsplatzverlust haben, weil sie im Durchschnitt
über ein geringeres Einkommen und einen niedrigeren Bildungsabschluss
verfügen. Die Wissenschaftlerin und der Wissenschaftler können jedoch
zeigen, dass die signifikanten Unterschiede auch nach Kontrolle von
soziodemografischen Merkmalen wie Einkommen, Bildung und Bundesland
bestehen bleiben. Das bedeutet: Die Anhängerschaft der AfD und des BSW hat
zwar mehr Angst vor den wirtschaftlichen Folgen der Energiewende. Dies ist
aber nicht ausschließlich auf eine schlechtere wirtschaftliche Situation
im Vergleich zu den Wähler*innen der anderen Parteien zurückzuführen.
Neben sozioökonomischen Aspekten spielten offenbar auch ideologische
Aspekte eine Rolle, erklären die Forschenden. Sie verweisen auf frühere
Studien, nach denen AfD-Wähler*innen generell häufiger Zweifel an der
Existenz des menschengemachten Klimawandels haben. Diese Einstellung sei
bei vielen bereits vor dem Wechsel ins Lager der AfD vorhanden gewesen.

-Unabhängig von Parteipräferenzen will deutliche Mehrheit klare Bindung an
soziale Kriterien und gute Arbeitsbedingungen-

Es gibt aber auch Mehrheiten über Parteigrenzen hinweg: Die
Anhängerschaften aller Parteien, auch die der AfD und des BSW, sprechen
sich laut Studie mehrheitlich dafür aus, staatliche Subventionen an
soziale Aspekte und gute Arbeitsbedingungen zu knüpfen – eine Idee, für
die sich der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften stark gemacht haben.
Insgesamt stimmen 68 Prozent dem Vorschlag zu, 26 Prozent sind
unentschieden und nur sechs Prozent sind dagegen.

Zudem stimmt eine Mehrheit von insgesamt 67 Prozent zu, dass die
Energiewende erfolgreicher wird, wenn Bürgerinnen und Bürger sowie
Beschäftigte mitbestimmen können. Am größten ist die Zustimmung bei
Anhänger*innen der Linken mit 71 Prozent und des BSW mit 67 Prozent. Es
folgen die SPD mit 64 Prozent, die Union mit 60 Prozent, die Grünen mit 57
Prozent, die FDP mit 54 Prozent und die AfD mit 52 Prozent.

„Insgesamt legen die Ergebnisse unserer Studie nahe, dass die Forderungen,
die ökologische Transformation sozial zu gestalten, nicht nur eine Fußnote
in der politischen Diskussion ausmachen können, sondern zentral werden
müssen, um den Zuspruch zu demokratischen Parteien der Mitte
aufrechtzuerhalten und wieder zu stärken“, schreiben Schulz und Trappmann.
Sie leiten daraus vier zentrale Handlungsempfehlungen ab:

1. Förderung an soziale Bedingungen knüpfen. Staatliche Investitionen
sollten an Kriterien guter Arbeit wie Tariflöhne und Betriebsräte geknüpft
werden. Vor allem in den neu entstehenden Branchen sollten mehr
Tarifverträge abgeschlossen werden. Hier müsse auch die Bundesregierung
aktiver werden und mehr Druck auf die Unternehmen ausüben, um die
Tarifbindung in der Branche der erneuerbaren Energien zu erhöhen.

2. Energiewende braucht Mitbestimmung. Neben der demokratischen Teilhabe
sollten die Bürgerinnen und Bürger auch an den finanziellen Vorteilen der
erneuerbaren Energien, zum Beispiel Windparks, beteiligt werden. Dies kann
die Akzeptanz von Projekten in der Region erhöhen. Dazu sollte die bereits
bestehende politische Unterstützung für „Bürgerwindparks“ und ähnliche
Beteiligungskonzepte ausgebaut werden.

3. Haushalte finanziell entlasten. Allein auf marktwirtschaftliche
Maßnahmen zu setzen, wird nicht funktionieren. So belasten zum Beispiel
marktbasierte CO₂-Preise die unteren und mittleren Einkommensgruppen
überproportional. Um einen Ausgleich zu schaffen, könnten zum einen
Senkungen der Steuern auf Lebensmittel mit günstiger CO₂-Bilanz und den
öffentlichen Verkehr das allgemeine Preisniveau senken und so die
Haushalte entlasten. Zum anderen müssen durch eine Reform der
Schuldenbremse mehr öffentliche Mittel für die Dekarbonisierung der
Infrastruktur bereitgestellt werden. Das würde Bürgerinnen und Bürgern die
Möglichkeit geben, CO₂-Emissionen zu vermeiden und damit Geld zu sparen,
etwa durch leistungsfähigen und günstigen öffentlichen Nahverkehr. Ebenso
muss die Bundesregierung ihr Versprechen für mehr bezahlbaren,
energieeffizienten und emissionsarmen sozialen Wohnungsbau einlösen.

4. Vertrauen in Energiesicherheit schaffen. Die Bundesnetzagentur hat
versichert, dass die Energieversorgung auch nach dem Kohle- und
Atomausstieg gesichert ist. In der Bevölkerung ist dies jedoch noch nicht
angekommen – es herrscht große Verunsicherung, die den Rückhalt für die
Energiewende schmälert. Die Forschenden empfehlen daher
Informationskampagnen.

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Professionelle Kommunikation kann Medienecho zu Nachhaltigkeitsthemen positiv beeinflussen

Bei eigener KPI-Berichterstattung zu wichtigen CRSD-Themen fällt die Darstellung unabhängig vom Thema überwiegend positiv aus  Hochschule Macromedia
Bei eigener KPI-Berichterstattung zu wichtigen CRSD-Themen fällt die Darstellung unabhängig vom Thema überwiegend positiv aus Hochschule Macromedia

Spätestens ab Anfang kommenden Jahres müssen große und alle
kapitalmarktorientierten Unternehmen sowie große Versicherungen und Banken
in der Europäischen Union neue Standards bei der Berichterstattung über
Nachhaltigkeitsthemen erfüllen. Doch wie gut sind die Firmen in
Deutschland auf diese neue Herausforderung eigentlich vorbereitet? Und
welche Aspekte in dieser neuen Selbstberichterstattung beeinflussen
wiederum die entsprechende Medienberichterstattung? Das war Thema einer
Studie, die die Hochschule Macromedia gemeinsam mit der Hamburger
Agenturgruppe Faktenkontor jetzt veröffentlicht hat.

Untersucht wurde dabei die Selbst- und Medienberichterstattung von 50
Unternehmen, die im sogenannten „DAX 50 ESG“ zusammengefasst sind. Diese
Unternehmen haben basierend auf der branchenbezogenen
Nachhaltigkeitsperformance, ihrem Börsenwert und Umsatz Eingang in den
Index gefunden. Die Selbstberichterstattung wurde dabei anhand der jeweils
umfangreichsten Nachhaltigkeitskommunikation des einzelnen Unternehmens
(zumeist Nachhaltigkeitsberichte) in einer händischen Inhaltsanalyse von
Studierenden untersucht. Für die Medienberichterstattung wurden insgesamt
4,5 Millionen Medienbeiträge zu den erwähnten Firmen aus 210.000 Medien
mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz analysiert. Alle Analysen beziehen
sich auf das komplette Jahr 2023.

Zum einen zeigt sich dabei, dass die künftig wichtigen CSRD-Standards nur
von sehr wenigen Organisationen im Untersuchungszeitraum überhaupt schon
vollständig beachtet wurden (20%). Zum anderen wird aber auch deutlich,
dass für die Organisationen, die das bereits praktizieren, damit eher eine
leichte Zunahme negativer, kritischer Berichterstattung verbunden ist.
Umgekehrt zeigen die Daten aber auch, dass die aktive Einbringung von
sozialen sowie Umweltthemen einen neutralisierenden oder sogar positiven
Einfluss haben kann. Dasselbe gilt für die Nennung möglichst konkreter
Kennzahlen für einzelne Nachhaltigkeitsbereiche.

„Professionalität in der Kommunikationsarbeit scheint zu zumindest weniger
negativer oder sogar mehr neutralerer Berichterstattung zu führen“,
erläutert Jörg Forthmann von der Agentur Faktenkontor. Florian Meißner,
einer der beiden Studienleiter auf Seiten der Hochschule Macromedia,
ergänzt: „Dafür spricht auch, dass über Unternehmen mit vielen
Mitarbeitenden und mit hohem Umsatz positiver oder zumindest neutraler
berichtet wird.“ Co-Studienleiter Holger Sievert warnt: „Aber auch
professionellste Kommunikationsarbeit kann gewisse Aspekte nicht
beeinflussen – beispielsweise definiert die jeweils gegebene Branche zu
hohem Maße Grundtonalitäten vor.“

Ein Webinar zur Studie findet am 12. November von 10:00 bis 11:00 Uhr
statt. Hier können Sie sich anmelden. Für 2025 sind zudem Erkenntnisse der
Erhebung bereits bei mehreren namhaften internationalen Konferenzen
eingereicht, um diese auch außerhalb des deutschen Sprachraums
interessierten Expert:innen zugänglich zu machen.

Über Macromedia

Die Hochschule Macromedia ist eine Multi-Campus-Hochschule. Privater
Träger ist die Macromedia GmbH mit Sitz in München. Weitere Standorte
sind Berlin, Frankfurt, Freiburg, Hamburg, Köln, Leipzig, München und
Stuttgart mit rund 5500 Studierenden sowie die Studienzentren Düsseldorf
und Hannover. Insgesamt beinhaltet das Studienangebot der Hochschule
Macromedia ein breit gefächertes Portfolio staatlich anerkannter Bachelor-
und Masterabschlüsse in deutscher und englischer Sprache, aktuell 15
Studiengänge mit 106 Vertiefungsrichtungen. Thematische Schwerpunkte des
Studienangebots liegen in den Bereichen Medien, Management und
Kommunikation, Digitale Technologien und Design, Sport, Psychologie,
Games, Journalismus, Film, Fashion, Musik und Schauspiel.

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Erstmals in Bayern: Prof. Dr. Melanie Messer ist neue Professorin für Pflegewissenschaft in Würzburg

Prof. Dr. Melanie Messer hat den neu eingerichteten Lehrstuhl für Pflegewissenschaft an der Universitätsmedizin Würzburg übernommen.  Foto Braitsch, Trier.  UKW
Prof. Dr. Melanie Messer hat den neu eingerichteten Lehrstuhl für Pflegewissenschaft an der Universitätsmedizin Würzburg übernommen. Foto Braitsch, Trier. UKW

Institut für Pflegewissenschaft gegründet/ Bachelorstudiengang
„Pflegewissenschaft“ soll 2025 starten

Eine Premiere in Bayern: Prof. Dr. Melanie Messer hat den neu
eingerichteten Lehrstuhl für Pflegewissenschaft an der Universitätsmedizin
Würzburg übernommen – die erste Professur dieser Fachdisziplin an einer
staatlichen Universität im Freistaat. Gleichzeitig leitet sie das neu
gegründete Institut für Pflegewissenschaft am Universitätsklinikum
Würzburg (UKW). Zum Wintersemester 2025/26 soll der Bachelorstudiengang
„Pflegewissenschaft“ in Würzburg erstmals starten. Damit nimmt Würzburg
eine Vorreiterrolle als wichtiger Standort für die universitäre
Pflegewissenschaft und in der akademischen Pflegeausbildung ein.

Prof. Messer wechselte Anfang Oktober von der Universität Trier nach
Würzburg, wo sie die Professur für Pflegewissenschaft mit Schwerpunkt
„Klinische Pflege über die
Lebensspanne“ innehatte und die Abteilung Pflegewissenschaft II leitete.

Forschungsschwerpunkte in evidenzbasierter Pflege- und
Versorgungsforschung

Das Institut für Pflegewissenschaft in Würzburg wird sich insbesondere mit
den klinischen und strukturellen Herausforderungen der Versorgung bei
chronischen Erkrankungen und Multimorbidität befassen. Prof. Messer
erklärt: „Meine Forschung zielt darauf ab, bedarfsgerechte, innovative
Pflegeansätze zu entwickeln und die Versorgungsqualität nachhaltig zu
verbessern.“ Sie forscht zur Sicherung und Förderung von
Versorgungsqualität, Patienten- und Nutzerzentrierung, Gesundheits- und
digitaler Gesundheitskompetenz, Public Health Nursing und neuen
Technologien sowie Pflege in Krisensituationen. „Würzburg bietet
hervorragende Voraussetzungen für Forschung und Lehre und ich freue mich
sehr auf eine eng vernetzte interprofessionelle Zusammenarbeit“, so die
Pflegewissenschaftlerin.

Ab dem Wintersemester 2025/26 soll der Bachelorstudiengang
„Pflegewissenschaft“ starten. Die Absolventinnen und Absolventen erwerben
sowohl den akademischen Grad Bachelor of Science (B.Sc.) als auch die
staatliche Berufszulassung als Pflegefachperson (B.Sc.). Damit wird
Würzburg dringend benötigte, akademisch qualifizierte Pflegefachpersonen
ausbilden, die zukünftig auch erweiterte heilkundliche Aufgaben übernehmen
können.

Ein zukunftsweisender Studiengang

Durch die enge Kooperation mit dem Universitätsklinikum erhalten
Studierende eine praktische und wissenschaftliche Ausbildung in
verschiedenen Versorgungsbereichen. Prof. Messer: „Das Studium legt
besonderen Wert auf evidenzbasierte klinische Pflege, digitale
Technologien, Qualitätsentwicklung und interprofessionelle
Zusammenarbeit“. Dieser Studiengang wird als erster an einer staatlichen
Universität in Bayern starten. „Akademisch qualifizierte
Pflegefachpersonen sind entscheidend, um in intra- und
interprofessioneller Zusammenarbeit die zukünftigen Herausforderungen im
Gesundheitswesen zu bewältigen und eine qualitativ hochwertige Versorgung
zu sichern“, so Messer weiter.

Prof. Messer studierte Pflegewissenschaft und Public Health in Frankfurt
am Main und Bremen und promovierte 2017 an der Universität Bielefeld. Sie
arbeitete unter anderem am IQWIG (Institut für Qualität und
Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen) in Köln. Anschließend forschte und
lehrte sie an der Universität Bielefeld und am dortigen Institut für
Pflegewissenschaft (IPW). Am IQTIG (Institut für Qualitätssicherung und
Transparenz im Gesundheitswesen) in Berlin leitete sie den Stabsbereich
„Patientenbelange“, bevor sie 2021 den Ruf nach Trier annahm.

Seit 2023 im Sachverständigenrat des Bundesgesundheitsministeriums

Ihre Expertise ist auch in der Politik gefragt: 2023 berief sie
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in den Sachverständigenrat
„Gesundheit und Pflege“, wo sie stellvertretende Vorsitzende ist. Zudem
wurde sie vor Kurzem in den wissenschaftlichen Beirat des IQTIG berufen.

Prof. Dr. Matthias Frosch, Dekan der Medizinische Fakultät in Würzburg,
erklärt: „Bereits seit 2022 gibt es bei uns den Studiengang
Hebammenwissenschaften, jetzt beginnen wir mit dem Aufbau des Angebotes
für die Pflegewissenschaft und werden damit unser Lehrangebot weiter
bedarfsgerichtet ergänzen. Damit leisten wir einen zusätzlichen wichtigen
Beitrag zur Ausbildung der dringend benötigten Fachkräfte im
Gesundheitswesen. Und mit Prof. Messer kann die Würzburger
Universitätsmedizin gleichzeitig weitere Schwerpunkte in der
Versorgungsforschung setzen. Auf ihre neuen Impulse in Forschung und Lehre
freue ich mich sehr.“ Das Forschungsprofil der Medizinischen Fakultät in
Würzburg erhalte damit einen neuen zukunftsorientierten Impuls, so Prof.
Frosch.

Marcus Huppertz, Pflegedirektor am Würzburger Universitätsklinikum, betont
„Wir leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Akademisierung der Pflege
und können damit natürlich unser Angebot in Würzburg innovativ ausbauen.
Gleichzeitig wird mit dem neuen Institut eine nationale Sichtbarkeit für
die Pflegewissenschaft geschaffen. Ein wichtiges Element ist dabei auch
die Übertragung neuer Erkenntnisse aus der Pflegewissenschaft in die
tägliche Praxis. Zu dieser Translation wird das neue Institut um Prof.
Messer einen wichtigen Beitrag leisten. Das UKW gestaltet damit aktiv die
Zukunft der Pflege und nimmt bayernweit eine Vorreiterrolle ein.“

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Erste universitäre Konfliktakademie wird eröffnet

Prof. Dr. Andreas Zick und Dr. Kerstin Eppert von der ConflictA laden gemeinsam mit ihrem Team zur Eröffnungskonferenz der Konfliktakademie „ConflictA“ ein.  Fotos (v.li.): Universität Bielefeld/Michael Adamski, Universität Bielefeld/Sarah Jonek
Prof. Dr. Andreas Zick und Dr. Kerstin Eppert von der ConflictA laden gemeinsam mit ihrem Team zur Eröffnungskonferenz der Konfliktakademie „ConflictA“ ein. Fotos (v.li.): Universität Bielefeld/Michael Adamski, Universität Bielefeld/Sarah Jonek

In der deutschen Gesellschaft schwelen massive Konflikte: Nicht nur die
Politik scheint zerstritten, Terrorangriffe führen zu einer
Migrationsdebatte, die ungelöst bleibt, Klimaaktivismus wird von
Klimaleugner*innen angegriffen, die Spaltung der Gesellschaft ist ein
Topthema. Lösungen werden gerade in Krisenzeiten oft von neuen Konflikten
überlagert. Dabei gibt es an die Wissenschaft hohe Erwartungen, wobei auch
sie angegriffen wird, wie die Pandemie gezeigt hat. Zeit also, sich über
Konflikte besser zu verständigen und innovative Formate für
Konfliktbearbeitung zu entwickeln. Das soll nun mit der ersten
Konfliktakademie an einer deutschen Universität, der „ConflictA“,
gelingen.

Gefördert wird sie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit
rund acht Millionen Euro als Projekt des Instituts für interdisziplinäre
Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld. Mit einer
Fachkonferenz mit vielen Mitmachelementen wird die ConflictA am 30.
Oktober offiziell eröffnet.

Schon die vergangenen Studien des 1996 gegründeten IKG zeigen eine
kritische gesellschaftliche Entwicklung. „Unsere Daten belegen einen
Anstieg rechtsextremer Einstellungen und Gewalt nicht nur an den Rändern,
sondern auch in der Mitte der Gesellschaft und allein das ist für viele
Menschen wie auch Institutionen eine besondere Herausforderung, die gut
verhandelt werden muss“, sagt Professor Dr. Andreas Zick,
wissenschaftlicher Direktor des IKG und Initiator der ConflictA. „Wie
schützen wir die Demokratie? Wie gelingt in Krisenzeiten eine kluge
Aushandlung von Konflikten, die aus Interessengegensätzen resultieren,
ohne dass Populismus und Extremismus weiter Menschen an sich binden können
und die Konflikte eher stärker werden? Wie bremsen wir politische Gewalt,
die aus Konflikten resultiert?“

ConflictA analysiert Konflikte umfassend und organisiert den Austausch
darüber

Die neu gegründete Akademie soll diesen Entwicklungen entgegenwirken. Sie
soll dazu dienen, bundesweit den Austausch von Wissen und Expertise zu
Konflikten voranzutreiben und zu systematisieren. Das Ziel ist es, Ansätze
zur Konfliktbearbeitung und Handlungsempfehlungen zum Umgang mit
innergesellschaftlichen und demokratierelevanten Konflikten verfügbar zu
machen. „Mit der ConflictA schaffen wir eine Plattform, um
gesellschaftliche Konflikte zu analysieren und Strategien für einen
konstruktiven Umgang zu entwickeln“, sagt Dr. Kerstin Eppert,
wissenschaftliche Leiterin der ConflictA. Die Akademie setzt dabei auf
einen Ansatz, der Forschung, Praxis und Politikberatung verbindet. „Wir
bringen Konfliktanalysen mit Debatten und Lösungsfindungen enger in einem
Haus zusammen“, erklärt Andreas Zick und er nennt das Grundprinzip der
Akademie: „Konflikte beforschen, besprechen, bearbeiten und daraus
lernen.“

Ein Schwerpunkt der Arbeit von ConflictA wird auf der kommunalen Ebene
liegen. Kerstin Eppert: „Viele der Konflikte, mit denen wir uns
beschäftigen, entstehen vor Ort in Städten und Gemeinden, und wirken sich
auf unser Zusammenleben aus. Deshalb ist es entscheidend, dass wir
gemeinsam mit lokalen Akteur*innen daran arbeiten. Unser Ziel ist, die
gemeinsam entwickelten Methoden und Zugänge als Werkzeugkasten für
Konfliktbearbeitung allen Interessierten zur Verfügung zu stellen.“

Konferenz führt in Perspektiven der ConflictA ein

Die Auftaktkonferenz am 30. Oktober macht anschaulich, mit welchen
Ansätzen die ConflictA beitragen soll, gesellschaftliche Spannungen zu
adressieren. Veranstaltet wird sie in der Ravensberger Spinnerei, dem
Historischen Museum und der Hechelei im Ravensberger Park in Bielefeld.
Das Programm reicht von wissenschaftlichen Vorträgen über
praxisorientierte Diskussionen bis zu interaktiven Formaten. Durch die
Veranstaltung führt die Moderatorin Aisha Camara. Auf dem Programm stehen
unter anderem:

•       ein Gespräch über Konflikte und Möglichkeiten ihrer konstruktiven
Lösung
•       ein Fachpanel „Stadt, Land, Konflikt?“ zu kommunaler
Konfliktbearbeitung
•       ein interaktives Podium „Dissens in der Demokratie“ zur
dialogorientierten Konfliktkultur
•       eine Diskussionsrunde „Konflikträume in der Gesellschaft – Gewalt
gegen Mädchen und Frauen sichtbar machen“
•       ein interaktive Entwicklungsspiel „Szenen eines kommunalen
Konflikts“ am Beispiel des „Bremer Platanenstreits“

„Auf der Konferenz wollen wir nicht nur die ConflictA vorstellen, sondern
auch zeigen, wie wir arbeiten. Deshalb bieten wir einen Raum für
gesellschaftlichen Dialog an und binden alle Teilnehmenden aktiv mit ein“,
erläutert Kerstin Eppert. Zu den Vortragenden der Konferenz gehören unter
anderem Expert*innen für Friedensforschung, Konflikt- und Raumforschung,
Erziehungs- und Bildungswissenschaften, Soziale Arbeit und
Dialogforschung, außerdem kommunal tätige Konfliktberater*innen,
Expertinnen aus der Frauenberatung, zivilgesellschaftliche Akteur*innen
und Künstler*innen. Zu der Veranstaltung gehört ein kulturelles
Begleitprogramm mit Ausstellungen und Musik auf dem Gelände der
Ravensberger Spinnerei.

ConflictA adressiert drängende Themen

In den kommenden Jahren wird sich die Akademie verschiedenen
Konfliktphänomenen widmen. In drei großen Programmlinien befasst sie sich:
•       mit der Auswirkung von globalen Transformationen und Krisen auf
innergesellschaftliche Konflikte
•       mit der Frage, welche Kontextfaktoren dazu führen, dass sich
Konflikte destruktiv entwickeln oder wieder eine konstruktive Wendung
nehmen können
•       damit, wie politische Rahmung und kulturelle Ressourcen Konflikte
beeinflussen

Die ConflictA verknüpft angewandte Forschung, wissenschaftliche Begleitung
und Beratung sowie die Entwicklung von Bildungs- und Transferangeboten.
Sie erforscht praxisbezogene Konfliktinterventionen für
zivilgesellschaftliche Akteur*innen und Einrichtungen der Daseinsvorsorge.
Zu letzteren gehören etwa kommunale Dienstleister, Schulen und
Sicherheitsbehörden. Zugleich arbeitet die Akademie daran,
Forschungswissen durch Qualifizierungs- und Professionalisierungsangebote
in die Praxis zurückzuführen. In ihrer Arbeit setzt die ConflictA einen
Schwerpunkt auf Wissenskommunikation und die Vermittlung von
Konfliktsensibilität und -kompetenzen auch in der breiten Bevölkerung.

Langfristiges Engagement

Die Konfliktakademie ist zunächst auf vier Jahre angelegt und wird vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund acht Millionen Euro
gefördert. In der seit Juni 2023 laufenden Aufbauphase bis Dezember dieses
Jahres werden Pilotstudien umgesetzt, deren Ergebnisse die Basis für die
erste Förderphase bis März 2027 bilden.

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