Lichterketten, Straßenlaternen und Werbedisplays: Gerade im Dezember
erhellen wir die dunkle Jahreszeit mit Außenbeleuchtung. Dass diese uns
nicht nur in eine weihnachtliche Stimmung versetzt, sondern auch negative
Folgen für Mensch und Natur haben kann, ist bereits länger bekannt. Ein
internationales Forscherteam, das vier Jahre lang im Rahmen des
europäischen „Verlust der Nacht“-Netzwerks zusammengearbeitet hat, hat nun
praktische Leitlinien für die Außenbeleuchtung veröffentlicht. Sie sollen
dazu beitragen, Licht in unseren Städten künftig nachhaltiger einzusetzen
– zum Wohle von Mensch und Umwelt.
„Licht wirkt“, sagt Sibylle Schroer, die das Netzwerk koordiniert, „auf
Pflanzen und Tiere ebenso wie auf uns Menschen.“ Schon kleine Mengen
künstlichen Lichts zur falschen Zeit können die innere Uhr aus dem Takt
bringen, die Hormonausschüttung beeinträchtigen oder ganze Ökosysteme
nachhaltig verändern. Räuber-Beute-Beziehungen geraten durcheinander und
nachtaktive Arten verlieren zunehmend ihre Lebensräume. „Langfristig kann
das die Biodiversität beeinträchtigen“, erklärt die Wissenschaftlerin des
Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) Berlin.
Dennoch neigen wir gerade in der dunklen Jahreszeit dazu, unsere Städte
intensiv zu beleuchten. Seit Jahren beobachten Wissenschaftler die
zunehmende und weltweite Erhellung der Nacht.
Wie man Licht richtig einsetzt, zeigen Forscher mit praktischen
Handlungsempfehlungen, die jetzt veröffentlicht wurden:
1) Kaltweißes bzw. blaues Licht mit Wellenlängen unterhalb von 500
Nanometern möglichst vermeiden: Der hohe Anteil kurzwelligen, blauen
Lichts in kaltweißen LED und Energiesparlampen beeinträchtigt besonders
den Tag- und Nachtrhythmus höherer Wirbeltiere sowie des Menschen.
Chronische Verschiebungen dieses Rhythmus können den Schlaf, den
Stoffwechsel und die Immunabwehr stören und damit zu schwerwiegenden
Gesundheitsproblemen führen. Krankheiten wie unterdrückter Fettabbau,
Diabetes oder Depressionen können die Folge sein. Außenbeleuchtung sollte
deshalb eine Farbtemperatur von maximal 3000 Kelvin haben, empfehlen die
Forscher.
2) Lampenschirme verwenden, die das Licht dahin lenken, wo es
gebraucht wird: Geeignete Lampenschirme verhindern, dass Licht in die
Augen von Fußgängern, in Fenster oder in den Himmel strahlt, wo es sich
schnell ausbreitet und großflächig ganze Nachtlandschaften erhellt. „Licht
sollte grundsätzlich nach unten leuchten, auch Fassadenbeleuchtung sollte
immer von oben nach unten gerichtet sein“, rät Sibylle Schroer. Vermieden
werden sollten vor allem in den Boden eingelassene Spots, die das Licht
nach oben abstrahlen.
3) Straßen mit möglichst geringer Intensität beleuchten: Landstraßen
sollten nicht stärker als mit einer Leuchtdichte von 0,3 Candela pro
Quadratmeter beleuchtet werden. Das entspricht in etwa 4 Lux. Dieser Wert
ist angelehnt an die niedrigste Klasse der EU-Norm für Straßenbeleuchtung
(EN13201). „EU-Normen empfehlen viel hellere Werte als sie momentan in
den meisten Gemeinden umgesetzt sind“, berichtet Sibylle Schroer. Eine
europaweite Einhaltung der Normen könne somit zu einem drastisch höheren
Energieverbrauch und CO2 -Ausstoß in der Straßenbeleuchtung führen. Die
Forscher weisen darauf hin, dass niedrigere Beleuchtungswerte keinesfalls
die Sicherheit einschränken und fordern deshalb eine Überprüfung und
Absenkung der Werte.
4) Außenbeleuchtung den Nutzungszeiten anpassen: Nach 22:00 Uhr oder
nach Mitternacht wird Straßenbeleuchtung mit viel geringerer Intensität
benötigt und kann gedimmt werden. Die Beleuchtung könnte um 50 bis 80
Prozent gesenkt werden, wenn neben Straßenlaternen nachts auch private
Leuchten oder Werbedisplays ausgeschaltet werden würden. „Haus- und
Ladenbesitzer sollten ihre Beleuchtung möglichst komplett ausschalten,
wenn kein unmittelbarer Bedarf mehr gegeben ist“, empfiehlt Sibylle
Schroer.
Diese und weitere Empfehlungen sind auch als Flyer für Bürgerinnen und
Bürger sowie für Schutzgebiete verfügbar:
<http://www.cost-lonne.eu/wp-content/uploads/2016/07/Flyer-1-general-
outdoor-lighting.pdf>
<http://www.cost-lonne.eu/wp-content/uploads/2016/07/Flyer-LoNNe-
statement-NPA.pdf>
Die Leitlinien sind die Ergebnisse einer vierjährigen interdisziplinären
Zusammenarbeit des Netzwerkes „Verlust der Nacht“, in dem 67
wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 16
unterschiedlichen Fachdisziplinen und 18 Ländern zusammenarbeiten.
Gefördert wird das Netzwerk durch die Europäische Kooperation für
Wissenschaft und Technik (EU-COST Aktion ES1204, 2012 – 2016). Nach der
Förderphase wird das Netzwerk als externer Partner in der Europäischen
Bewusstseinsplattform für nachhaltige und soziale Innovationen STARS4ALL
fortgeführt.
Weitere Informationen unter <www.cost-lonne.eu>