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HMTM unterzeichnet Hochschulvertrag: Über 1 Million Euro pro Jahr für Ausbau- und Innovationsprogramm

Prof. Lydia Grün und Staatsminister Markus Blume bei der Unterzeichnung des Hochschulvertrags  Wolfgang M. Weber  StMWK/Wolfgang M. Weber
Prof. Lydia Grün und Staatsminister Markus Blume bei der Unterzeichnung des Hochschulvertrags Wolfgang M. Weber StMWK/Wolfgang M. Weber

Die Hochchule für Musik und Theater München hat den Hochschulvertrag
2023-2027 mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst
unterzeichnet. Das bedeutet knapp 1,3 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr,
um Stärken auszubauen, Potentiale zu nutzen, Wandel und Innovation zu
fördern – für eine bestmögliche Ausbildung der Kunst- und
Kulturgestalter*innen von morgen. Präsidentin Prof. Lydia Grün dazu:
»Gemeinschaftserfolg unserer Hochschule für Stärkung, Ausbau und
Innovation im Musik-, Tanz- und Theaterstudium.«

Gestern, Donnerstag, 21. September 2023, unterzeichnete Prof. Lydia Grün,
Präsidentin der Hochschule für Musik und Theater München (HMTM), den
Hochschulvertrag mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft
und Kunst. Dies ist der Startschuss für ein umfassendes und ganzheitliches
Ausbau- und Innovationsprogramm an der HMTM. Für insgesamt fünf Jahre, von
Januar 2023 bis Dezember 2027, erhält die Hochschule für Musik und Theater
München jährlich knapp 1,3 Millionen Euro zusätzliche Personal- und
Sachmittel sowie drei Professuren.

Diese Innovationsmittel werden eingesetzt, um vorhandene Stärken
auszubauen, Potentiale zu nutzen und Wandel und Innovation zu fördern. Mit
zehn Leitprojekten, die sich an alle Bereiche der Hochschule richten, der
umfassenden Stärkung der künstlerischen Lehre und dem Ausbau von
Wissenschaft und Forschung reagiert die HMTM auf die Veränderungen in
Kunst und Gesellschaft.

Prof. Lydia Grün:
»Der Hochschulvertrag versetzt uns in die Lage, unsere Studierenden so zu
stärken, dass sie die aktuellen und zukünftigen gesellschaftlichen
Herausforderungen aktiv und verantwortungsvoll mitgestalten werden. Wir
sind dem Freistaat und Staatsminister Blume sehr dankbar, dass uns dieser
Vertrag nicht nur Planungssicherheit bis Ende 2027 gibt. Durch die
umfangreichen Innovationsmittel unterstreicht der Freistaat außerdem sein
klares Bekenntnis für die Zukunft von Musik, Tanz und Theater. Die
Hochschule für Musik und Theater München leistet einen entscheidenden
Beitrag zur Sicherung der kulturellen Infrastruktur in Bayern.
Dieser Hochschulvertrag ist ein Gemeinschaftserfolg unserer Hochschule.
Nur dank eines intensiven Austauschs mit allen Hochschulinstituten während
der Vertragsverhandlung in den vergangenen zehn Monaten konnten wir diese
gemeinsame Vision für unsere Hochschule entwickeln und in konkrete
Handlungsfelder und Projekte übertragen, die allen Studierenden
zugutekommen. Mein ausdrücklicher Dank daher an alle Beteiligten.«

Die bayerischen Kunsthochschulen werden durch die einzelnen
Hochschulverträge auch insgesamt gestärkt: In mehreren
Kooperationsvorhaben von zwei oder mehreren Kunsthochschulen gemeinsam
werden etwa Projekte in den Themenfeldern Nachhaltigkeit und Klimaschutz,
Lehrentwicklung, Gesundheit oder Gleichstellung und Diversität umgesetzt.
An der HMTM wird dabei die Koordinierungsstelle zur Digitalisierung der
bayerischen Kunsthochschulen weiter gestärkt und ausgebaut. Von besonderer
Bedeutung für die HMTM ist auch das gemeinsame Projekt mit der Akademie
der Bayerischen Künste München zur Erforschung einer kritischen
Institutionengeschichte.

Zum Hintergrund:

Hochschulvertrag und Rahmenvereinbarung als zentrale Steuerungselemente
der bayerischen Hochschulpolitik

Der Hochschulvertrag konkretisiert die Umsetzung der zehn Handlungsfelder
der Rahmenvereinbarung durch die jeweilige Hochschule. Die
Rahmenvereinbarung »Hochschulen 2023 bis 2027 – Agilität, Exzellenz und
Innovation für Bayerns Hochschullandschaft« wurde im Juli 2023 zwischen
allen staatlichen Hochschulen in Bayern und dem Freistaat unterzeichnet.
Der individuelle Hochschulvertrag definiert in diesem Zusammenhang die
Vorhaben zur strategischen Profilbildung der jeweiligen Hochschule. Das
Erreichen der hochpolitischen Ziele unterstützt der Freistaat mit
erheblichen finanziellen Leistungen: Die Strategiefondsmittel für die
Profilbildung der Hochschulen wurden um 10 Millionen Euro auf fast 55
Millionen Euro pro Jahr aufgestockt.

Als Instrument der Hochschulsteuerung lösen die Hochschulverträge die 2006
eingeführten Zielvereinbarungen ab und setzen damit einen Baustein des
Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes (BayHIG) um.

Durch die Rahmenvereinbarung und den Hochschulvertrag erhält die
Hochschule für Musik und Theater München die verlässliche Zusage ihrer
Finanzierung bis Ende 2027. Diese Finanzierung ist dabei an die Erfüllung
vereinbarter Kenngrößen gekoppelt.

Originalpublikation:
https://hmtm.de/organisation/hochschulvertrag-2023-2027/

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Innovations- und Technologiezentrum ITZ Plus - Vorreiter für zukunftsfähige Ideen und Wachstum

Die Kooperationspartner für das ITZ Plus, u.a. Knut Tropf (Abteilungsleiter Ländlicher Raum/Ministerium Ernährung, Ländlicher Raum und Verbraucherschutz), Miguel Avila Albez (EU-Kommission) (Mitte)  Foto: Stadt Biberach
Die Kooperationspartner für das ITZ Plus, u.a. Knut Tropf (Abteilungsleiter Ländlicher Raum/Ministerium Ernährung, Ländlicher Raum und Verbraucherschutz), Miguel Avila Albez (EU-Kommission) (Mitte) Foto: Stadt Biberach

Auf knapp 3.800 Quadratmetern bringt das Innovations- und
Technologietransferzentrum ITZ Plus Wissenschaft und Wirtschaft zusammen,
um dort drängende Fragen der Zukunft zu lösen und die Region Biberach zu
einer zukunftsweisenden Modellregion zu entwickeln. Zentraler
wissenschaftlicher Partner ist die Hochschule Biberach (HBC).

Miguel Avila Albez, Vertreter der EU Kommission GD-REGIO und Knut Tropf,
der für Ländlicher Raum, Landentwicklung, Bioökonomie und EFRE zuständige
Abteilungsleiter im Landwirtschaftsministerium Baden-Württemberg, haben am
heutigen Freitag (den 22. September 2023) zusammen mit dem
Oberbürgermeister der Stadt Biberach, Norbert Zeidler, das neue Gebäude
eingeweiht. Zudem waren der Landkreis Biberach und die IHK Ulm als
Gesellschafter des ITZ Plus vertreten sowie Professor Dr. Matthias Bahr,
Rektor der Hochschule Biberach.

Rund 150 Gäste kamen, um diesen Anlass zu feiern und die außergewöhnliche
Architektur und hochmoderne Ausstattung des Zentrums zu bestaunen. Das ITZ
Plus ist ein Leuchtturmprojekt, dessen Bedeutung über die Grenzen der
Region Biberach hinausreicht. Hier werden Unternehmen gemeinsam mit
wissenschaftlichen Partnern innovative Projekte rund um die Zukunftsthemen
Biotechnologie, Energie sowie angrenzende Technologiefelder bearbeiten und
so in einer Zeit von Umbrüchen und Veränderungen zukunftsweisende
Erkenntnisse gewinnen und in die Anwendung überführen. OB Zeidler sagte:
„Wir dürfen uns auf unserem Erfolg auch hier in der Region nicht ausruhen:
Der Wirtschaftsstandort Biberach braucht Pflege, braucht Weiterentwicklung
und Innovation: Die Unternehmen hier in der Region wissen das längst: Das
ITZ Ist ein Baustein, der dazu beitragen kann, soll und wird!“ Im
Mittelpunkt steht die gezielte Förderung von Innovationskultur und Start-
Ups, insbesondere in den Themenfeldern Medizin, Umwelt und Nachhaltigkeit.
Damit wird das ITZ Plus zum kraftvollen Motor für mutige Entwicklungen in
der Region – und zu einem Magnet für junge Menschen, ihre Ideen und
Initiativen.

Eine besondere Ehre erwies Herr Avila Albez dem ITZ Plus, der eigens aus
Brüssel nach Biberach angereist war. „Das Projekt ITZ Plus der
Förderperiode 2014-2020 und das Projekt von strategischer Bedeutung TIB,
der Förderperiode 2021-2027, tragen zur Zielerreichung des EFRE-Programms
Baden-Württemberg der Europäischen Union bei“, meinte er und gratulierte
allen Beteiligten zu einem Gebäude mit „besonderer Strahlkraft“. Mit dem
im RegioWIN 2030 prämierten Leuchtturmprojekt Transferzentrum für
Industrielle Bioökonomie (TIB) wird das Erfolgskonzept des ITZ Plus
erweitert und fortgeführt. Als Folgeprojekt unterstützt das TIB die
Transformation von einer erdölbasierten Wirtschaft hin zu einer
nachhaltigen Kreislaufwirtschaft. Der Fortschritt durch Forschung und
Entwicklung in den Bereichen Biotechnologie und Bioökonomie wird durch das
ITZ Plus und das Folgeprojekt TIB gestärkt und die Position Baden-
Württembergs als Innovationsraum erweitert und gefestigt.

Das ITZ Plus erhält Fördergelder aus dem Europäischen Fonds für Regionale
Entwicklung (EFRE) in Höhe von knapp 5 Millionen Euro. Das Land Baden-
Württemberg steuert eine weitere Summe von rund 2 Millionen Euro zum Bau
und 400.000 Euro als Anschub des Betriebs bei. Zusätzliche finanzielle
Unterstützung leisten der Landkreis Biberach sowie die Industrie- und
Handelskammer Ulm. Die Stadt Biberach ist mit rund 17 Mio. Euro der größte
Investor und gleichzeitig Bauherr.

Ein weiterer besonders wichtiger Kooperationspartner ist die Hochschule
Biberach. Professor Dr.-Ing. Matthias Bahr, Rektor der HBC, nahm den mit
dem ITZ Plus verbundenen Auftrag an die Hochschule an, „mit Forschung und
Transfer Zukunft zu gestalten“. Dabei zog er eine Parallele zum Silicon
Valley in Kalifornien, das er im Rahmen einer Summer School gerade erst
wieder besucht hat. Beeindruckt von dessen enormer Innovationskraft
erinnerte er an die Anfänge des berühmten Standorts: „Was die Standfort
University dort initiiert hat, ähnlich wie hier, würde man heute als
Start-Up Hub“ bezeichnen, so Bahr. Entscheidend für den Erfolg sei die
Beteiligung einer Hochschule und deren wissensbegierigen und
unternehmerisch denkenden Studierenden, der angewandten Forschung und
damit die erfolgreiche Überführung von Erkenntnissen in die Praxis sowie
die dauerhafte Unterstützung von Forschung und Gründungen durch
Investitionskapital, so der Apell von Rektor Matthias Bahr an die
Anwesenden aus Region und Politik.

Und Landrat Mario Glaser, Gesellschafter und Aufsichtsratsmitglied,
betonte: „Das ITZ Plus ist ein Gemeinschaftswerk von Stadt, Kreis, IHK,
Hochschule und regionalen Firmen. Der Neubau hier steht für die Innovation
in unserer Region und unserem Landkreis. Vor allem das Zusammenspiel der
verschiedenen Partner bei diesem Projekt zeigt beispielhaft auf, was alles
gemeinsam erreicht werden kann und was uns hier in Biberach so stark
macht“.
In seinem Grußwort stellte Dr. Jan Stefan Roell, Präsident der Industrie-
und Handelskammer Ulm, die Bedeutung des neuen Technologie- und
Wissenstransferangebotes für die regionale Wirtschaft heraus: „Die
zunehmende Komplexität von Produkten und Dienstleistungen sowie knappe
personelle und finanzielle Ressourcen lassen Forschung und Entwicklung
insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen zu einer immer größeren
Herausforderung werden. Vielfach sind sie deshalb auf Kooperationspartner
aus der Wissenschaft angewiesen. Mit dem ITZ Plus entsteht nun ein
solches, exzellentes Angebot direkt vor unserer Haustür. Das ist ein
großer Gewinn für die regionale Wirtschaft. Deshalb hat die IHK Ulm das
ITZ Plus auch von Beginn an unterstützt.“

Nikolaus Hertle, Geschäftsführer der Betreibergesellschaft und zugleich
Gastgeber, bedankte sich bei den Verantwortlichen für den Mut, in das
Projekt zu investieren und zeigte sich rundum zufrieden: Nach dem ein oder
anderen Stolperstein in der Bauphase - die Corona-Pandemie, Material- und
Lieferengpässe hatten zu Verzögerungen geführt -  sei das ITZ Plus ein
gelungenes Prestigeobjekt geworden. Schon jetzt gäbe es mehr Interessenten
als Platz zur Verfügung stünde, meinte er, und verwies gleichzeitig auf
das Transferzentrum Industrielle Bioökonomie (TIB), welches in den
Startlöchern steht. Am 28. September kommt der Landwirtschaftsminister
Peter Hauk extra nach Biberach, um den Förderbescheid für das neue Zentrum
persönlich zu überreichen.  „Die Möglichkeiten für zukünftige Projekte
gehen also weiter“.

Die strategische Bedeutung des Gesamtprojekts zeigt sich auch in der
bestehenden Mitgliedschaft des ITZ Plus im Biopharma Cluster South
Germany, eines der weltweit führenden Zentren für die Entwicklung und
Produktion von Biopharmazeutika. Mit seinen Akteuren aus Grundlagen- und
angewandter Wissenschaft, Industrie und kommunalen Partnern bündelt der
Cluster alle Kompetenzen, um neue Therapien von der Forschung bis zum
Patienten zu bringen. Als Teil des Clusters stärkt und ergänzt das ITZ
Plus die dort vorhandenen Kompetenzen.

Auch architektonisch ist mit dem ITZ Plus ein Leuchtturm entstanden,
dessen äußeres Merkmal die besondere Dachform darstellt, eine auf der
ganzen Länge nach Süden ausgerichtete markante Kurve sowie eine Fassade
aus regionalen Ziegeln. Das Münchner Architekturbüro Deubzer + Rimmel
Architekten schuf mit seinem Entwurf „einen veredelten Rohbau mit
ausgeprägtem Werkstattcharakter, der den wechselnden Anforderungen und
Zielsetzungen des ITZ Plus standhalten wird“, erläuterte Professor
Maximilian Rimmel, der an der HBC im Studiengang Architektur Entwerfen und
Raumgestalten lehrt, bei der symbolischen Schlüsselübergabe.

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„Weniger ist mehr“: Kinderwunschpaare unterschätzen oft die Risiken der Mehrlingsschwangerschaft

Prof. Dr. med. Jan-Steffen-Krüssel  Universitätsklinik Düsseldorf
Prof. Dr. med. Jan-Steffen-Krüssel Universitätsklinik Düsseldorf

Im Rahmen der Veröffentlichung des neuen D·I·R Jahrbuchs 2022 und einer
dortigen Sonderauswertung: Interview mit Herrn Prof. Dr. med. Jan-Steffen
Krüssel, Vorstandsmitglied des Deutschen IVF-Registers.

Dazugehörige Infographik: „Die Entscheidung der Kinderwunschpaare, wie
viele Embryonen zurückgegeben werden sollen, ist eine sehr wichtige!“

Paare in der Kinderwunschbehandlung haben die Vorstellung, dass beim
Transfer von zwei Embryonen die Chancen auf eine Schwangerschaft deutlich
steigen. Sie unterschätzen dabei aber die Wahrscheinlichkeit von
Mehrlingen und die damit verbundenen möglichen Komplikationen in der
Schwangerschaft sowie bei und nach der Geburt. Experten empfehlen deshalb
den Single-Embryo-Transfer, also die Rückgabe von nur einem Embryo, als
Standard. Aus ihrer Sicht ist „Weniger mehr“. Ein Interview mit Prof. Dr.
med. Jan-Steffen Krüssel, Vorstandsmitglied des Deutschen IVF-Registers:

Wie erleben Sie Paare in der Kinderwunschbehandlung?

Jan-Steffen Krüssel:

Die Paare wollen natürlich gerne schwanger werden und sie wollen, wenn es
irgendwie geht, sehr schnell schwanger werden. Das ist ja auch
verständlich, und zwar nicht nur, weil sonst vielleicht benötigte mehrere
Behandlungen aufwändig und teuer sind.

Ist es dann sinnvoll, sich direkt zwei befruchtete Eizellen einsetzen zu
lassen?

Jan-Steffen Krüssel:

Nein, mit Blick auf die nicht zu unterschätzenden Komplikationen und
Risiken einer Mehrlingsschwangerschaft für Mutter und Kinder versuchen
wir, die Paare zu beraten und zu überzeugen, sich nur einen Embryo
einsetzen zu lassen.

Wie ist die aktuelle rechtliche Situation?

Jan-Steffen Krüssel:

Wir dürfen in Deutschland aufgrund des Embryonenschutzgesetzes drei
Embryonen zurückgeben. Das war früher Standard, weil damals die
Erfolgsaussichten noch schlechter waren. Die haben sich aber deutlich
verbessert, wir können heute im Labor viel mehr machen und die
Schwangerschaftsraten sind deutlich besser geworden.

Was passiert beim Transfer von mehreren Embryonen?

Jan-Steffen Krüssel:

Die Schwangerschaftsrate erhöht sich bei Rückgabe von mehreren Embryonen
nicht so drastisch, wie man das vielleicht denkt. Was sich aber doch sehr
stark erhöht ist das Risiko, dass Mehrlinge entstehen. Wenn ich also zwei
Embryonen zurückgebe, kann es sogar auch sein, dass nicht nur Zwillinge,
sondern gar Drillinge oder Vierlinge entstehen - und das kommt auch vor.

Welches Vorgehen finden Sie sinnvoll?

Jan-Steffen Krüssel:

Unsere Aufgabe ist es, den Paaren die Risken von
Mehrlingsschwangerschaften und dabei den deutlich zu früh geborenen
Kindern genau zu erklären. Bereits Zwillinge werden zu über 80% zu früh
geboren. Letztendlich müssen aber die Paare entscheiden, wie viele
Embryonen zurückgegeben werden sollen.

Wie stellt sich die Situation gerade dar?

Jan-Steffen Krüssel:

Erfreulicherweise ist der Anteil der Zyklen, in denen gar drei Embryonen
transferiert werden in den letzten Jahren verschwindend klein geworden.
Und auch der Anteil der Transfers von zwei Embryonen ist rückläufig – eben
im Sinne eines Single-Embryo-Transfers, also der Rückgabe von nur einem
Embryo.

Wirkt sich das auf die Schwangerschaftsraten aus?

Jan-Steffen Krüssel:

Wir sehen in den Statistiken des Deutschen IVF-Registers: wenn ich nur
einen idealen Embryo zurückgebe, dann ist die durchschnittliche
Schwangerschaftswahrscheinlichkeit über alle Altersgruppen bei 31,5
Prozent. Wenn ich zwei ideale Embryos zurückgebe, dann ist sie höher, aber
nur sechs bis sieben Prozentpunkte. Aber: das Risiko einer
Mehrlingsschwangerschaft erhöht sich gleichzeitig um das mehr als
20-fache, also um mehr als 2.000%!

Was ist eigentlich entscheidend für den Erfolg?

Jan-Steffen Krüssel:

Das Alter der Frau ist für sich betrachtet der größte Einflussfaktor für
die Schwangerschaftswahrscheinlichkeit. Je älter die Frauen werden, desto
geringer wird die Wahrscheinlichkeit, dass eine Schwangerschaft entsteht.

Was wünschen Sie sich von den Paaren in der Kinderwunschbehandlung?

Jan-Steffen Krüssel:

Mein Wunsch wäre, dass sich jedes Paar nur einen Embryo zurückgeben lässt
und wenn es einen zweiten gibt, den dann einfriert, für spätere mögliche
Behandlungen.
Das ist heute technisch gar kein Problem mehr.

Welche Fortschritte gibt es denn?

Jan-Steffen Krüssel:

Wir geben nicht irgendeinen Embryo zurück, sondern einen der sich gut
entwickelt. Wir können die befruchteten Eizellen sehr verlässlich bis zum
fünften Tag kultivieren und sehen dann, ob sie es geschafft haben. Die
Qualität der Laborarbeit und Verfahren ist in den letzten Jahren immer
besser geworden.

Was ist denn heute Standard in Bezug auf die Anzahl der transferierten
Embryonen?

Jan-Steffen Krüssel:

In vielen Ländern gibt man tatsächlich nur einen Embryo zurück. Schweden
oder die Niederlande machen das nahezu nur noch und sind dabei sehr
erfolgreich. Bei uns ist da noch Überzeugungsarbeit nötig. Viele
Kinderwunschpaare unterschätzen das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft
komplett – oder nehmen es leider und fälschlicherweise sogar bewusst in
Kauf.

Wie sieht es in ihrem Zentrum aus?

Jan-Steffen Krüssel:

Wir sind eines der zehn größten deutschen Zentren, mit Abstand das größte
universitäre Zentrum, und wir machen ungefähr 2.000 Behandlungen pro Jahr.
Wir hatten im letzten Jahr nur 12 Behandlungen als Ausnahmen, bei denen
wir zwei Embryonen eingesetzt haben. Trotzdem ist unsere durchschnittliche
Schwangerschaftsrate keinesfalls schlechter als die durchschnittliche
Schwangerschaftsrate aller Kinderwunschzentren, die zum Teil zwei,
manchmal sogar auch drei Embryonen zurückgeben.

Paare, die sich entscheiden, müssen mit Kosten für den Prozess des
Einfrierens, die Kyrokonservierung, rechnen, die sie selbst zahlen müssen.

Jan-Steffen Krüssel:

Das ist leider so, denn die Krankenkassen übernehmen derzeit keine Kosten
für das Einfrieren und die (sinnvollen!) Auftauzyklen. Trotzdem ist es
mehr als sinnvoll, weil sich die Paare so noch eine weitere Möglichkeit
eröffnen, ohne dass eine neue Hormonbehandlung nötig ist. Das spart unterm
Strich Zeit und Geld.

Bietet das den Kinderwunschpaaren tatsächlich eine „zweite Chance“?

Jan-Steffen Krüssel:

Wenn der erste Transfer zur Geburt führt, steht der kryokonservierte
Embryo dem Paar auch Jahre später für ein Geschwisterkind zur
Verfügung. Die Embryoqualität entspricht weiterhin dem Alter der Frau
bei der Entnahme der Eizelle. Und wer nicht schwanger wurde, kann damit in
einem nächsten Zyklus einen weiteren Versuch starten, ohne die sonst
notwendigen Vorbehandlungen der Eizell-Entnahme.

Das Interview führte Simona Meier, freie Journalistin, Düsseldorf.

Weitere Informationen, Zahlen und Analysen bietet das Deutsche IVF-
Register (D·I·R)® in seinem aktuellen Jahrbuch, das am 22.09.2023
erschienen ist:
https://www.deutsches-ivf-register.de/jahrbuch.php

An gleicher Stelle finden Sie dort auch eine Sonderausgabe, die sich mit
den wichtigsten neuesten Daten und Fakten in kommentierter Form an alle
Paare mit einer ungewollten Kinderlosigkeit, an alle Paare, die aktuell in
Kinderwunschbehandlung sind und auch allgemein an die interessierte
Öffentlichkeit richtet.

Über das Deutsche IVF-Register

Die Öffentlichkeit fordert Information und Transparenz im Hinblick auf
Diagnostik und Behandlungen auf dem sensiblen Gebiet der
Kinderwunschmedizin. Diese Forderung ist berechtigt. Nur mit einer
zuverlässigen und kontinuierlichen Auswertung der Behandlungsergebnisse
möglichst vieler Kinderwunschzentren, wie sie das Deutsche IVF-Register
leistet, kann dieser Forderung gefolgt werden.  Darüber hinaus dient diese
Auswertung wissenschaftlichen Erkenntnissen und damit verbunden
Verbesserungen der medizinischen Versorgung und Ergebnisse. Aber auch bei
der Beratung und letztlich der Entscheidungsfindung der ungewollt
kinderlosen Paare sind die Auswertungen des Deutschen IVF-Registers von
elementarer Bedeutung.

Mit der Auswertung der Behandlungen und ihrer Ergebnisse aus nahezu allen
deutschen Kinderwunschzentren stellt das Deutsches IVF-Register (D·I·R)®
einen einzigartigen Datenschatz dar, der mittlerweile über 2,3 Millionen
Behandlungen und seit 1997 fast 390.000 geborene Kinder in Deutschland
enthält. Das Deutsche IVF-Register (D·I·R)® ist ein gemeinnütziger Verein.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Herr Prof. Dr. med. Jan-Steffen Krüssel, Vorstandsmitglied des Deutschen
IVF-Registers und Leiter eines universitären Kinderwunschzentrums

Originalpublikation:
https://www.deutsches-ivf-register.de/perch/resources/infographik-set-det-
dir-jahrbuch-2022.pdf

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Wie viel Bildschirmzeit ist für Kinder angemessen?

Prof. Dr. David Martin  Foto: UW/H
Prof. Dr. David Martin Foto: UW/H

Eine neue Leitlinie, die unter Beteiligung der Uni Witten/Herdecke
entstanden ist, gibt Tipps für einen optimalen Umgang mit Bildschirmmedien
im Alltag.

Wie lange darf mein Kind fernsehen, vor dem Computer sitzen oder mit dem
Smartphone spielen? Diese und ähnliche Fragen stellen sich Familien im
Alltag häufig. Um Orientierung im Umgang mit Bildschirmmedien zu bieten,
haben die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ)
und die Universität Witten/Herdecke (UW/H) nun eine neue Leitlinie
veröffentlicht. Sie gibt praktische Tipps und hat zugleich einen
präventiven Charakter.

Für Kinder zwischen 3 und 6 Jahren empfehlen die Expert:innen
beispielsweise, während der Bildschirmnutzung eine Sand- oder Stoppuhr
laufen zu lassen. Denn viele Kinder merken nicht, wie viel Zeit sie an den
Geräten verbringen. Alternativ trägt die Begrenzung der Nutzung auf
einzelne Tage dazu bei, Gewohnheiten zu vermeiden. Bei älteren Kindern,
die bereits eigene Konsolen besitzen, kann es hilfreich sein, die Geräte
nach dem Spielen im Schrank aufzubewahren – getreu dem Motto: Aus den
Augen, aus dem Sinn. Insgesamt umfasst die Leitlinie 55
verhaltenspräventive Empfehlungen zur Nutzung von Bildschirmmedien.
Darüber hinaus beschreibt sie Möglichkeiten, wie Eltern und Ärzt:innen mit
übermäßiger Nutzung  umgehen können, und geht auf präventive Maßnahmen in
Zeiten von digitalem Fernunterricht ein.

Prävention leistet einen wichtigen Beitrag für eine gesunde Entwicklung
des Kindes

„Obwohl inzwischen viele gesundheitliche Risiken des übermäßigen
Medienkonsums bei Kindern bekannt sind, wird noch viel zu wenig über
Präventionsmaßnahmen gesprochen – sowohl in der Gesellschaft als auch in
der Medizin“, sagt Prof. Dr. David Martin, Inhaber des Lehrstuhls für
Medizintheorie, Integrative und Anthroposophische Medizin an der UW/H.
„Wenn wir einem übermäßigen Medienkonsum in Kindheit und Jugend vorbeugen,
können wir einen wichtigen Beitrag für eine gesunde seelische, geistige
und körperliche Entwicklung leisten.“

Erarbeitet wurde die Handreichung unter der Leitung der Deutschen
Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. Die Universität
Witten/Herdecke hat dazu eine Expert:innenkommission gebildet und
koordiniert. Die Ergebnisse wurden auch mit Patientenvertreter:innen
diskutiert.

Die Leitlinie AWMF S2k richtet sich an Familien sowie an Mediziner:innen,
Ärzt:innen und Psychiater:innen, die Kinder und Jugendliche behandeln.
Zudem soll sie übergeordneten Organisationen wie Krankenkassen, Schulen,
Kindergärten, Jugend-, Schul- und Versorgungsämtern,
Erziehungsberatungsstellen oder anderen Personen und Einrichtungen, die
sich mit Fragen zu Kindergesundheit und Kindeswohl auseinandersetzen,
Orientierung geben. Neben der Langversion für das Fachpublikum fasst eine
Kurzversion die wichtigsten Punkte für Erziehungsberechtigte zusammen.
Beide Versionen stehen auf der Internetseite der Arbeitsgemeinschaft der
Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zur Verfügung:
https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/027-075

Weitere Informationen:
Fachgesellschaften und Verbände in der Leitlinienkommission sind:
•       Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie e.V.
(DG-Sucht)
•       Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin e.V.
(DGSPJ)
•       Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention e.V.
(DGSMP)
•       Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. (BVKJ)
•       Gesellschaft für Seelische Gesundheit in der Frühen Kindheit
(GAIMH)
•       Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
•       Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e.V. (DGHWi)
•       Deutsche Gesellschaft für Psychologie e.V. (DGPs)
•       Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen
Gesundheitsdienstes e. V. (BVÖGD)
•       Patientenvertretung durch Fachverband Medienabhängigkeit e. V.
•       Leitlinienkoordination Universität Witten/Herdecke (UW/H)

Fachliche Ansprechpartner:innen

Dr. med. Silke Schwarz | Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für
Medizintheorie, Integrative und Anthroposophische Medizin | Silke.Schwarz
@uni-wh.de | 02330 / 62 3610

Prof. Dr. David Martin | Inhaber des Lehrstuhls für Medizintheorie,
Integrative und Anthroposophische Medizin | Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. | 02330
/ 62 4760

Ansprechpartnerin Presseteam: Lucy Mindnich, | Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. |
02302 / 926-78650

Über uns:
Die Universität Witten/Herdecke versteht sich seit 1983 als Bildungs- und
Forschungsort, an dem Menschen wachsen können. Mehr als 3.000 Studierenden
entwickeln sich hier zu Persönlichkeiten, die die Gesellschaft verändern
und gestalten wollen – nachhaltig und gerecht. Diese Veränderung streben
wir auch als Institution an. Sie bildet den Kern unseres Leitbildes und
ist Teil unserer DNA: Als die Universität für Gesundheit, Wirtschaft und
Gesellschaft sind wir von Beginn an Vorreiterin in der Entwicklung und
Anwendung außergewöhnlicher Lern- und Prüfungssettings.

In 16 Studiengängen und dem fächerübergreifenden WittenLab. Zukunftslabor
Studium fundamentale lernen unsere Studierenden, den Herausforderungen der
Zukunft ganzheitlich zu begegnen und aktuelle Entwicklungen kritisch zu
hinterfragen. Unsere Forschung ist frei und transdisziplinär. Institute,
Initiativen, Projekte, Kliniken und Ambulanzen erarbeiten innovative und
praxisorientierte Lösungen, die zur positiven und sinnstiftenden
Veränderung der Gesellschaft beitragen.

Wachsen und Wirken treibt uns an – mehr denn je: Here we grow!

www.uni-wh.de / blog.uni-wh.de / #UniWH / @UniWH

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