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Ärzte-Odyssee wegen unklarer Herzschmerzen: Oft stecken die kleinen Gefäße des Herzens dahinter

Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Kardiologe, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, Ärztlicher Direktor des Agaplesion Bethanien-Krankenhauses Frankfurt a. M.  Foto: Andreas Malkmus  Deutsche Herzstiftung
Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Kardiologe, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, Ärztlicher Direktor des Agaplesion Bethanien-Krankenhauses Frankfurt a. M. Foto: Andreas Malkmus Deutsche Herzstiftung

Weltherztag: Herzstiftung macht auf Gefäßerkrankungen des Herzens
aufmerksam und wie man sich vor ihnen schützt. Zusätzlich zur koronaren
Herzkrankheit (KHK) als Hauptursache des Herzinfarkts, rücken auch
Erkrankungen der kleinen Herzgefäße (Mikrogefäße) in den Fokus der
Herzmedizin

Erkrankungen des Herzens, die durch eine verminderte Blutzufuhr und den
dadurch entstehenden Sauerstoff- und Nährstoffmangel verursacht werden,
sind die mit Abstand häufigste Herzerkrankung. Der Herzinfarkt ist
darunter die fatalste Erscheinung mit all seinen schwerwiegenden Folgen
wie Herzschwäche oder plötzlicher Herztod. Diesem Ereignis geht allerdings
oft jahrzehntelang unbemerkt die koronare Herzkrankheit (KHK) voraus.
Hierbei verengen typischerweise Ablagerungen aus Cholesterin, Kalk,
Entzündungszellen und Bindegewebe zunehmend die Blutgefäße, vor allem die
Koronararterien im Herzmuskel (Arteriosklerose/„Arterienverkalkung“).
„Besonders wichtig ist deshalb, dass jeder seine persönlichen
Gesundheitswerte wie LDL-Cholesterin, Blutzucker und Blutdruck kennen
sollte, um sein individuelles Herzinfarkt-Risiko zu verringern“, sagt
Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen.
Herzstiftung. „Ebenso wichtig ist, die Anzeichen einer Erkrankung der
Herzkranzgefäße, die sich bereits lange vor dem Infarkt unter körperlicher
Belastung mit Symptomen wie Atemnot, Brustenge und Brustschmerzen
bemerkbar machen können, gut zu kennen“, so der Kardiologe anlässlich des
Weltherztags unter dem Motto „Schütze Deine Gefäße!“. Hierzu stellt die
Herzstiftung ein umfangreiches Infopaket zur Verfügung unter
https://herzstiftung.de/weltherztag
„Wer einen Herzinfarkt erleidet, kann sein Herz vor irreparablen Schäden
und Komplikationen bis hin zum Tod nur schützen, indem er oder sie bei
Verdacht auf Herzinfarkt sofort den Rettungsdienst mit dem Notruf 112
alarmiert“, warnt Voigtländer, der Ärztlicher Direktor des Agaplesion
Bethanien-Krankenhauses in Frankfurt am Main ist. Denn beim Herzinfarkt
zählt jede Minute, weil der Infarkt jederzeit in bösartige
Herzrhythmusstörungen wie Kammerflimmern übergehen kann, die zum
Herzstillstand führen und nach wenigen Minuten den Tod bedeuten.
Herzinfarkte ereignen sich meist zu Hause. Daher ist es auch wichtig, bei
Bewusstlosigkeit bereits dort mit der Wiederbelebung zu beginnen. Das über
den Notruf 112 herbeigerufene Rettungsteam kann dann mit einem
Defibrillator das flimmernde Herz wieder in seinen normalen Rhythmus und
den Patienten anschließend sofort in die nächstgelegene Klinik zur
Infarktversorgung bringen. Infos unter https://herzstiftung.de
/herznotfall-verhalten

Ursache für Brustschmerzen nicht selten trotz Katheteruntersuchung
ungeklärt
Nach Expertenschätzungen liegen bei 50 Prozent der Patienten mit Verdacht
auf KHK und Angina Pectoris-Symptomen (Brustschmerzen), die eine
Herzkatheteruntersuchung erhalten, allerdings nicht die typischen
Verengungen der Herzkranzgefäße vor, sondern andere Ursachen. Zunehmend
rücken hierbei Engstellen der ganz kleinen Herzgefäße in den Fokus, die
durch eine Fehlfunktion zu Herzschmerzen und einer deutlich
eingeschränkten Belastbarkeit der Patienten führen. Eine solche koronare
mikrovaskuläre Dysfunktion (CMD) oder mikrovaskuläre Angina ist durch eine
eingeschränkte Dehnbarkeit oder eine verstärkte Verkrampfungsneigung
(Koronarspasmen) der kleinen und kleinsten Herzgefäße gekennzeichnet.
„Betroffene mit Symptomen der mikrovaskulären Angina wie Brustschmerzen,
Brustenge und Atemnot schon bei geringer körperlicher Belastung
unterliegen einem hohen Leidensdruck. Häufig wird aufgrund des fehlenden
Befunds in den großen Herzkranzgefäßen auch auf eine psychische Erklärung
ausgewichen“, berichtet Prof. Voigtländer und betont: „Besonders wichtig
ist daher eine weitergehende Diagnostik, damit die eigentliche Ursache –
nämlich eine mögliche Fehlfunktion der kleinen und kleinsten
Herzkranzgefäße gefunden wird.“ Nur so könne auch rasch die passende
Therapie gefunden werden. „Wie bei der KHK, liegen den Erkrankungen der
Mikrogefäße des Herzens Risiken wie Bluthochdruck, hohes LDL-Cholesterin,
Diabetes oder genetische Faktoren zugrunde, die eine entsprechende
Behandlung mit Medikamenten und Veränderungen des Lebensstils erfordern“,
erklärt der Kardiologe.
Frauen sind aufgrund hormoneller Unterschiede und der unterschiedlichen
Herzanatomie (im Schnitt kleineres Herz, kleinere Gefäße) häufiger von
mikrovaskulärer Angina betroffen als Männer. Zum Weltherztag informiert
die Herzstiftung über die CMD im Herzstiftungs-Podcast unter
https://herzstiftung.de/podcast-unklare-herzschmerzen

Diagnose „mikrovaskuläre Angina“ meist erst nach Odyssee durch Arztpraxen
Bis es mit Hilfe bildgebender Verfahren (Herz-Ultraschall, MRT oder
Positronenemissionstomographie/PET) zur Diagnose einer mikrovaskulären
Angina kommt, haben Betroffene häufig eine Odyssee durch eine Vielzahl an
(Fach-)Arztpraxen hinter sich. Entsprechend hoch ist der Leidensdruck,
weil die Belastbarkeit im Alltag aufgrund der immer wieder auftretenden
Beschwerden Atemnot und Brustschmerzen eingeschränkt ist. Kardiologen wie
Prof. Dr. med. Peter Ong, Oberarzt der Abteilung für Kardiologie und
Angiologie des Robert-Bosch-Krankenhauses Stuttgart, spezialisiert auf die
Erforschung und kardiologische Versorgung von Patienten mit einer
mikrovaskulären Angina, fordern einen „ganzheitlichen Blick auf die
Herzdurchblutung“. Denn diese kleinen und kleinsten feinverzweigten
Blutgefäße im Herzmuskel regeln 80 bis 90 Prozent der Durchblutung und
sind damit die Hauptversorger des Herzens mit Sauerstoff und Nährstoffen.
Doch noch liege – auch in der Diagnostik – der Blick vor allem auf den
großen Herzgefäßen, die jedoch nur wie große Leitungsrohre das Blut zur
eigentlichen Verteilerstelle lieferten. „Gerade bei Patienten, die über
zwei bis drei Jahre über anhaltende Beschwerden im Brustkorb klagen, aber
keine Diagnose vorliegt, sollte man deshalb unbedingt auch an eine
mikrovaskuläre Angina denken und dazu die vorhandenen modernen
Untersuchungsverfahren einsetzen“, betont Prof. Ong.

Gut therapiebar mit Medikamenten
Nach aktueller Studienlage ist laut Prof. Ong das Risiko für schwere
Ereignisse wie Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall durch eine mikrovaskuläre
Angina zwar geringer als bei Patienten, die eine KHK mit Stenosen
(Verengungen) der großen Herzgefäße haben. Dennoch bestehe ein nicht zu
unterschätzendes Risiko für diese Ereignisse. Eine medikamentöse
Behandlung senkt dieses Risiko und verbessert vor allem die Lebensqualität
deutlich. Oft lindere bereits die medikamentöse Therapie von
Bluthochdruck, Diabetes und hohem LDL-Cholesterin die Beschwerden.
Individuell kommen für die Betroffenen darüber hinaus – je nach Ursache
der mikrovaskulären Angina – weitere Medikamente in Frage: Patienten mit
Koronarspasmen profitieren zum Beispiel häufig von Kalziumantagonisten und
Nitratpräparaten, bei akuten Beschwerden vor allem von einem Nitrospray.
Patienten mit einer eingeschränkten Erweiterungsfähigkeit der Gefäße
profitieren wiederum sehr häufig von Betablockern. „Ist erst einmal die
Diagnose bei diesen Patienten gestellt, können wir ihnen mit Medikamenten
effektiv helfen und dazu beitragen, ihre Belastbarkeit im Alltag und ihre
Prognose zu verbessern“, bestätigt Kardiologe Prof. Ong.
(wi/ne)

Info-Service zum Weltherztag
Informationen zum Themenschwerpunkt des Weltherztags „Schütze Deine
Gefäße!“ finden Sie unter: https://herzstiftung.de/weltherztag

Hören Sie rein! Über die mikrovaskuläre Angina informieren der aktuelle
Podcast mit Prof. Dr. Peter Ong (Stuttgart) unter https://herzstiftung.de
/podcast-unklare-herzschmerzen
Weitere Informationen zur mikrovaskulären Angina bietet die Herzstiftung
unter https://herzstiftung.de/unklare-herzschmerzen

Informationen rund das Thema Schutz der Herzgefäße bietet der Ratgeber
„Koronare Herzkrankheit und Herzinfarkt“, kostenfrei zu bestellen bei der
Herzstiftung unter https://herzstiftung.de/bestellung oder Tel. 069
955128-400

Herzinfarkt-Risiko-Test
Die Herzstiftung bietet unter https://herzstiftung.de/risiko einen
kostenfreien Herzinfarkt-Risikotest an.
HerzFit-App
Die HerzFit-App ist kostenfrei im Apple Store (für iPhone) oder im Google
Play Store (Android) für das Smartphone verfügbar. Informationen zur
HerzFit-App und ihrer Funktionsweise sind unter www.herzstiftung.de
/herzfit-app abrufbar.

Zusatzmaterial für Redaktionen zum Weltherztag

KHK und Herzinfarkt: Zahlen
Die Herzerkrankung mit der höchsten Morbidität (vollstationäre
Krankenhausaufnahmen) und Mortalität (Gestorbene) im Jahr 2021 ist nach
Angaben des aktuellen „Deutschen Herzberichts 2022“ der Deutschen
Herzstiftung die Koronare Herzkrankheit (KHK) (=ischämische
Herzkrankheiten) mit 552.669 vollstationären Krankenhausaufnahmen (davon
Herzinfarkt: 194.409) und 121.172 Sterbefällen (davon Herzinfarkt: 45.181
Gestorbene) in Deutschland.

Auf diese Herzinfarkt-Anzeichen achten
Ein typisches Herzinfarkt-Symptom sind schwere Schmerzen, die länger als
fünf Minuten andauern. Die Schmerzen sind typisch im Brustkorb, häufig
hinter dem Brustbein. Zusätzlich können Schmerzen im Rücken (zwischen den
Schulterblättern) oder im Oberbauch (Verwechslung mit „Magenschmerzen“
möglich) ein Alarmzeichen sein. Die Schmerzen können in Arm, Hals oder
Oberbauch ausstrahlen, sie sind flächenhaft und werden als brennend und
drückend mit Engegefühl in der Brust beschrieben. Je älter die Person mit
Herzinfarkt ist, desto weniger ausgeprägt kann der typische Brustschmerz
sein. Bei Frauen häufiger als bei Männern können – zusätzlich zu den oben
genannten Schmerzen oder auch alleine – weitere Symptome wie Atemnot,
Übelkeit oder Erbrechen, Schwitzen, Benommenheit oder Schwindel sowie
unerklärliche Müdigkeit ein Alarmzeichen sein. Weitere Infos zu den
infarkttypischen Alarmzeichen: https://herzstiftung.de/herzinfarkt-
anzeichen

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Maschinelles Lernen hilft, Vorboten eines Erdbebens zu erkennen

Labor-Studie liefert ermutigende Ergebnisse für Prognose der „Zeit bis zum
Beben“. Forschende erzeugten in Gesteinsprobe winzige Bebenprozesse. Am
Sonnabend, 4. November, sprechen zwei Forschende des GFZ genau über das
Thema der Pressemitteilung bei der „Berlin ScienceWeek“ : Erdbeben im
Labor und in der Natur (13.30 Uhr, im Museum für Naturkunde). Der Eintritt
ist frei.

Erdbeben mit ihren direkten Auswirkungen wie Tsunamis, Bränden und
Erdrutschen sind die zweitgrößte Naturgefahr weltweit – nach tropischen
Stürmen. Die Vorhersage des Zeitpunkts, der Stärke und des Ortes von
Erdbeben ist daher von entscheidender Bedeutung, aber noch nicht möglich.
Sie gilt als der Heilige Gral der Seismologie in aller Welt. Seit
Jahrzehnten bemühen sich Forschende, zuverlässige diagnostische
Vorläuferphänomene von Erdbeben zu ermitteln, d.h. einen Parameter oder
eine Kombination von Parametern, die vor einem Erdbeben gemessen werden
und es ermöglichen, mit hoher Wahrscheinlichkeit den Zeitpunkt eines
bevorstehenden Erdbebens vorherzusagen.

Gesteinsdeformation im Labor weist auf wichtige Vorläuferprozesse hin

In einer neuen Studie berichten Dr. Sadegh Karimpouli und ein Team aus der
Sektion „Geomechanik und wissenschaftliches Bohren“ des Deutschen
GeoForschungsZentrums (GFZ) zusammen mit Forschenden des Deutschen
Klimarechenzentrums in Hamburg, der Stanford University, USA, und der
University of Memphis, USA, über einen erfolgreichen Ansatz zur Vorhersage
der „Zeit bis zum Erdbeben“ –bei Gesteinsdeformationsexperimenten im
Labor. Die Forschenden nutzten die akustische Überwachung der Experimente
durch spezielle Mikrophone und neuartige Techniken des maschinellen
Lernens (ML) zur Analyse der akustischen Wellenformen. Die Ergebnisse
wurden in der Zeitschrift Earth and Planetary Science Letters
veröffentlicht. Die Studie wurde durch das EU-Projekt HORIZON DT-GEO
finanziert. „Wir denken, dass unsere Ergebnisse sehr ermutigend sind“,
sagt Erstautor Dr. Karimpouli vom GFZ.

Unabhängig davon, ob die in Gesteinen aufgestaute Energie durch winzige
oder große Erdbeben freigesetzt wird, ob also lediglich ein Zentimeter-
oder ein 100-Kilometer-Teil einer tektonischen Verwerfung aktiviert wird,
geht man davon aus, dass seismischen Ereignissen im allgemeinen
Vorläuferprozesse vorausgehen. Diese Vorgänge lassen sich jedoch in der
Natur nicht ohne weiteres messen, da man nicht nah genug an den Ort des
Geschehens in mehreren Kilometern Tiefe herankommt. „Deshalb bringen wir
Gesteinsproben ins Labor und führen dort Experimente unter voller
Kontrolle der Randbedingungen durch. Und: Bei diesen Experimenten können
wir systematisch Vorläuferprozesse beobachten, die dem Gesteinsbruch
vorauseilen, so genannte akustische Emissionen. Dank der hochauflösenden
Überwachung im Labor können diese Prozesse erkannt, interpretiert und dann
für die Erdbebenprognose im Labor genutzt werden“, sagt Dr. Grzegorz
Kwiatek, Arbeitsgruppenleiter in der GFZ-Sektion „Geomechanik und
wissenschaftliches Bohren“. Er hat die Studie konzipiert und das Projekt
betreut.

„Observationslücke“ zwischen Labor- und Naturmaßstab

Erdbeben sind das Endergebnis eines komplexen tektonischen Ladeprozesses,
bei dem sich Energie in der Erdkruste entlang von großen und kleinen
Störungszonen ansammelt. Die unzureichende Auflösung, also mögliche
Genauigkeit, bei der Beobachtung von Erdbeben in der Natur sowie die
Komplexität der natürlichen Verwerfungssysteme machen es jedoch schwierig,
die Bedeutung verschiedener Parameter zu untersuchen, die in der Natur als
Indikatoren für Vorläuferprozesse gelten könnten. Man spricht hier von
einer Observationslücke zwischen Labor- und Naturmaßstab.
Um die Unzulänglichkeiten der Feldbeobachtungen auszugleichen, griff die
Forschungsgruppe auf Daten aus „Stick-Slip-Experimenten“ im Labor zurück,
mit denen mehrere Erdbebenzyklen einschließlich der
Erdbebenvorläuferprozesse in einer vollständig kontrollierten Umgebung
nachgestellt werden können. „Stick-slip“ bedeutet, dass die Verwerfung
gleitet („slip“), dann stoppt („stick“) und dann wieder belastet wird, bis
sie erneut gleitet.

Viele Mini-Beben in Gesteinsprobe beschleunigen Forschung

Dies ist ein Analogon des seismischen Erdbebenzyklus in der Natur, wo es
allerdings Jahrzehnte oder Jahrhunderte dauert, bis der gleiche Bereich
wieder ein Erdbeben erzeugt. Um die Forschung zu beschleunigen, stellt man
die Prozesse im Labor im Zeitraffer nach.
Dr. Thomas Goebel vom Center for Earthquake Research and Information,
University of Memphis, USA, einer der Koautoren der Studie, führte solche
Experimente im geomechanischen Hochdrucklabor des GFZ durch. Die
zylindrische Granitprobe mit einem Durchmesser von 5 cm und einer Höhe von
10 cm, die eine raue Verwerfung mit einer komplexen Verwerfungsoberfläche
enthielt, wurde Spannungen ausgesetzt, die typischerweise in der Erdkruste
mehrere Kilometer unter unseren Füßen wirken. Sie wurde dann weiter
belastet, um ein Verwerfungsgleiten auszulösen.

Die Experimente führten zu wiederholten Rutschungen der komplexen
Verwerfung, die Tausende von akustischen Emissionen erzeugten, was das
periodische Auftreten von großen und kleinen Erdbeben an großen
Verwerfungssystemen wie der Nord- und Ostanatolischen Verwerfung in der
Türkei oder der San-Andreas-Verwerfung in Kalifornien nachahmt.
Der Unterschied zwischen dem natürlichen und dem Labormaßstab besteht in
der sorgfältigen Kontrolle der Veränderungen der Spannungs- und
Störungscharakteristika. Dies geht einher mit der Möglichkeit, sowohl die
seismischen als auch die aseismischen Prozesse mit hoher Auflösung unter
Verwendung von Piezosensoren (einer Art Labormikrophone) und anderen
Instrumenten genau zu überwachen. Ein aseismischer Prozess ist eine
langsame Bewegung einer Verwerfung, bei der im Gegensatz zu den schnellen
Bewegungen eines Erdbebens keine zerstörerischen seismische Wellen erzeugt
werden.

Zwei bislang unbekannte Vorläuferphänomene sind besonders interessant

Das Projektteam hat aus den aufgezeichneten seismischen Daten im Labor 47
seismo-mechanische und statistische, zeitabhängige Parameter ausgewählt
und extrahiert, die Informationen über die räumliche und zeitliche
Entwicklung von Spannungen und Schäden in der Labor-Störungszone liefern.
Diese Sammlung enthält z. B. klassische, aus Vorbeben abgeleitete
Vorläuferparameter wie die Seismizitätsrate oder das Verhältnis von
kleinen und großen seismischen Ereignissen.

Das Team verwendete jedoch auch zwei neue Vorhersageparameter, die
Hinweise auf die lokale Schadensentwicklung und die Heterogenität des
Spannungsfeldes auf der und um die Verwerfungsebene geben. Beide Parameter
lassen sich aus der Untersuchung sehr kleiner Signale ableiten, die
typischerweise im seismischen Hintergrundrauschen verborgen sind. Sie
stammen aus der Ableitung des Verwerfungstyps aus den kleinskaligen
akustischen Emissionen und deren Bewegungsmechanismus.

Dr. Sadegh Karimpouli, der Hauptautor der Studie, erklärt: „Der
Grundgedanke bei der Auswahl dieser Parameter war zum einen, die Menge an
signifikanten Eingangsdaten zu maximieren, die die Komplexität des
Erdbebenprozesses abdecken. Andererseits wollten wir Parameter entwickeln,
die im Zusammenhang mit den physikalischen Prozessen in der
Verwerfungszone leicht zu verstehen sind. Schließlich wollten wir ihre
Vorhersagefähigkeiten durch Modelle des maschinellen Lernens (ML)
quantifizieren und bewerten, um dann die Zeit bis zum bevorstehenden
Versatz im Gestein zu bestimmen – und das ist gelungen.“
Noch zu wenig Daten bei komplexen Verwerfungen: Maschinelles Lernen
erschwert
Die Autoren stellen auch einen Unterschied in der Genauigkeit ihrer
Ergebnisse im Vergleich zu Studien anderer Gruppen fest, die an einfachen,
glatten Verwerfungen durchgeführt wurden. Diese Unterschiede passen gut zu
den aktuellen Modellen, wonach die Verwerfungsstruktur und -komplexität
eine wichtige Rolle bei der Auslösung und der Stärke von Erdbeben spielen
und die Möglichkeiten der Erdbebenvorhersage effektiv bestimmen.
Dr. Karimpouli unterstreicht: „Die Vorhersage der Zeit bis zum Erdbeben
für komplexe raue Verwerfungen wie in unserem Fall ist viel schwieriger.
Die Komplexität ergibt sich aus der hundertfach geringeren Anzahl von
Eingabedaten, was es ML erschwert, zu 'lernen'.“ Er fügt hinzu: „Unsere
Beobachtungen des ML-Trainingsprozesses deuten jedoch darauf hin, dass wir
mit mehr Eingabedaten aus mehr Experimenten die Leistung des Modells
verbessern könnten.“

Resümee

Besonders wichtig an dieser Studie ist, dass das Team in der Lage war, die
Bedeutung von Parametern, die Erdbeben vorausgehen, zu gewichten. Sie
stellten fest, dass das neu eingesetzte neuronale Netz jede Information
ausnutzt, auch solche, die der menschliche Beobachter auf den ersten Blick
für unwichtig halten könnte. Zwar ist es bis zu einem universellen
Erdbebenvorhersagesystem noch ein gutes Stück Weg. Die Forschenden kommen
aber zu dem Schluss, dass die neuen Erkenntnisse das Potenzial haben, die
Vorhersage natürlicher Erdbeben entlang tektonischer Verwerfungen in der
Natur erheblich voranzubringen.

Derzeit arbeiten die Wissenschaftler:innen daran, ihre Methoden vom
Labormaßstab auf den Feldmaßstab zu übertragen, indem sie geeignete, aber
seltene Feldbeobachtungen verwenden.

Die vorliegende Studie zeigt, dass mithilfe von ML-Algorithmen, die auf
physikalischen Parametern basieren, eine genauere Aussage über den
Zeitraum zwischen bestimmten Vorläuferphänomenen und einem Beben auch für
komplexe, heterogene, raue Verwerfungen möglich sein könnte.

Weiterführende Arbeiten

Die Arbeitsgruppe „Faulting Mechanics“ unter der Leitung von Dr. Grzegorz
Kwiatek untersucht innerhalb der von Prof. Marco Bohnhoff geleiteten GFZ-
Sektion ‚Geomechanik und wissenschaftliches Bohren‘ die Möglichkeiten zur
Verallgemeinerung der entwickelten ML-Modelle und zur effektiven Nutzung
von seismo-mechanischen Vorläufern auf allen räumlichen Skalen der
Erdbebenprozesse.

Auf der Skala geologischer Lagerstätten setzt die Forschungsgruppe aktuell
ML-Modelle ein, um beispielsweise bei der hydraulischen Stimulierung
geothermischer Lagerstätten zu vermeiden, dass es zu größeren
„Runaway“-Erdbeben kommt: Wenn solche Beben vorhergesagt werden, kann der
Injektionsprozess entsprechend gesteuert werden. So lässt sich der Abbruch
eines Geothermieprojektes vermeiden.

Originalstudie: Sadegh Karimpouli et al.: “Explainable machine learning
for labquake prediction using catalog-driven features” (in: Earth and
Planetary Science Letters, DOI:
https://doi.org/10.1016/j.epsl.2023.118383)

Weitere Informationen und verwandte Projekte:

Projekt GEOREAL
https://www.gfz-potsdam.de/presse/meldungen/detailansicht/geothermie-
forschungsprojekt-startet-am-ktb-tiefenlabor


Geothermie-Projekt Helsinki
https://www.gfz-potsdam.de/presse/meldungen/detailansicht/verbessertes-
risikomanagement-fuer-die-geothermie

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Neuer Masterstudiengang Nachhaltigkeitsmanagement startet

Mit dem Sommersemester 2024 startet an der Technischen Hochschule Augsburg
(THA) der neue Masterstudiengang Nachhaltigkeitsmanagement. Vom 15.
November bis zum 15. Dezember können sich Studieninteressierte erstmalig
dafür bewerben. Am Freitag, 10. November, um 15 Uhr, findet online eine
Informationsveranstaltung zum neuen Angebot statt. Alle Infos dazu gibt es
auf der Webseite der THA unter: https://www.tha.de/master-
nachhaltigkeitsmanagement.

Für die Technische Hochschule Augsburg ist Ressourceneffizienz schon seit
langem ein Leitthema. Egal, ob Ingenieur:innen, Informatiker:innen oder
Studierende der Sozialen Arbeit: Der Institution ist es ein großes
Anliegen, dass alle Studierenden – unabhängig von ihrer Fachrichtung – für
Nachhaltigkeitsthemen sensibilisiert werden. „Unsere Studierenden setzen
sich in eigenen Projekten, wie beispielsweise dem ‚nachhaltigen Campus‘,
und in eigenen Modulen damit auseinander, wie die THA umweltfreundlicher
und sozialer gestaltet werden kann. Auch in der Hochschulleitung haben wir
mit einer Vizepräsidentin für Forschung und Nachhaltigkeit, einem
Nachhaltigkeitsbeirat, einer Task Force Nachhaltigkeit und einem
Klimaschutzmanager eine gute Basis für die Zukunft geschaffen. Selbst die
Energieeffizienz der Gebäude behalten wir im Blick“, erzählt Sabine
Joeris, Professorin an der Fakultät für Wirtschaft.

Mit dem neuen Masterstudiengang Nachhaltigkeitsmanagement baut die THA ihr
Angebot an der Fakultät für Wirtschaft weiter aus. Das Studium dauert
regulär fünf Semester. „Die Lehrveranstaltungen finden an drei Tagen die
Woche statt, damit die Studierenden ihr Studium und ihre Mitarbeit in
einem Unternehmen durch ein duales Modell realitätsnah verbinden können.
Nachhaltigkeitsmanagement kann aber auch in Vollzeit studiert werden. Der
Studiengang setzt bewusst auf Interdisziplinarität: Er kann mit jedem
Bachelorabschluss studiert werden und viele Module werden gemeinsam von
Professor:innen aus unterschiedlichen Fakultäten gelehrt. Der Vorteil
liegt auf der Hand: Stärken und Perspektiven verschiedener Fachbereiche
werden zusammengeführt, damit die Studierenden ein umfassenderes
Verständnis von unternehmerischen Nachhaltigkeitsfragestellungen erlangen.
Ein besonderes Highlight ist das vierte Semester, in dem sie an konkreten
Projekten aus der Region arbeiten. Unternehmen können Projektideen bei der
THA einreichen, die in Gruppen von fünf bis sechs Studierenden bearbeitet
und dann von Professor:innen als Coach betreut werden“, sagt Joeris, die
die Studiengangsleitung übernimmt.

Variable Einsatzbereiche nach dem Studium

Studierende der neuen Fachrichtung erhalten ein umfassendes Verständnis
für die Relevanz globaler Nachhaltigkeitsziele und der sich daraus
ergebenden Anforderungen an Organisationen. So können Absolvent:innen den
Grad der Nachhaltigkeit in Firmen weiter erhöhen. Sie lernen etwa, eine
nachhaltige Unternehmensinfrastruktur zu gestalten,
Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen und zu kommunizieren, nachhaltige
Produkte zu entwickeln und diese nachhaltig zu produzieren, aber auch
Diversität, Inklusion und Gesundheit am Arbeitsplatz umzusetzen.
Unterstützt werden die Studierenden von einem eigenen Fachbeirat mit
Expert:innen aus verschiedenen Betrieben und Institutionen.

Dank einer Vielzahl an Wahlmöglichkeiten können sich die jungen Menschen
während des Studiums auf einzelne Gebiete spezialisieren. Damit sie die
Theorie auch gleich in die Praxis umsetzen können, sollen in Kooperation
mit regionalen Unternehmen eigene Nachhaltigkeitsprojekte und -tage ins
Leben gerufen werden.

Vielfältige Berufsaussichten

Bei erfolgreichem Abschluss des Studiums erhalten Studierende den
akademischen Grad Master of Arts (M. A.). Die Absolvent:innen können nach
ihrem Abschluss zum Beispiel in beratenden Stabsstellen tätig sein oder in
betrieblichen Funktionen dafür sorgen, die soziale und ökologische
Nachhaltigkeit zu verbessern. Egal, ob Entwicklung, Einkauf, Produktion,
Logistik, Facility Management oder Personalwesen: In allen
Unternehmensbereichen lassen sich klimaschonende und soziale Prozesse
implementieren und umsetzen.

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AWMF: Gut gemeinte EU-Regelungen behindern Patientenversorgung und medizinische Innovation

Unverzichtbare Nischenprodukte, wie sie
beispielsweise in der Kinderkardiologie zum Einsatz kommen, könnten
infolge der europäischen Medizinprodukteverordnung (MDR) vom Markt
verschwinden, und die medizinische Innovation im Bereich von
Labordiagnostik und medizinischen Interventionen könnte aus denselben
Gründen ausgebremst werden. Davor warnt die Arbeitsgemeinschaft der
Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF) im
Vorfeld ihrer Delegiertenkonferenz am 4. November 2023, bei der es um
dieses Thema gehen wird.

Da es bei chirurgischen Nischenprodukten häufig keine vergleichbaren
Ersatzprodukte gibt, wirkt sich dies unmittelbar negativ auf die
Versorgung der Patientinnen und Patienten aus. Die AWMF fordert daher die
Koordination durch die Task-Force „Orphan Devices“ auf europäischer Ebene.
Um die Innovationsfähigkeit bei der Entwicklung neuer Medizinprodukte zu
erhalten, müssten Hürden bei der Verfügbarkeit bereits existierender Daten
verringert und die Nutzung von Registerdaten der Fachgesellschaften
ermöglicht werden. Zudem fordert die AWMF in Bezug auf die Neuregelung der
EU-Verordnung über In-vitro-Diagnostika (IVDR), dass Laboren auch
zukünftig die eigene Entwicklung innovativer Diagnostika möglich sein
sollte.

Seit Mai 2021 gilt die europäische Medizinprodukteverordnung, die Medical
Device Regulation (MDR), welche die Marktzulassung von Medizinprodukten,
etwa für chirurgische Instrumente, Implantate, Verbandsstoffe oder
Röntgengeräte regelt. „Als AWMF unterstützen wir das Ziel der MDR, die
Patientensicherheit durch einheitliche europäische Standards zu erhöhen.
Zugleich ist es jedoch wichtig, dass die neuen Regelungen nicht zu
Engpässen in der aktuellen Versorgung führen und dass die
Innovationsfähigkeit der Medizin nicht verschlechtert wird“, betont
Professor Dr. med. Dr. med. dent. Henning Schliephake, stellvertretender
Präsident der AWMF.

Das gelte zum Beispiel für Nischenprodukte, die nur in geringer Stückzahl
benötigt werden und deren Re-Zertifizierung so aufwendig ist, dass
Hersteller sie vom Markt nehmen, erläutert Professor Dr. med. Ernst Klar,
Vorsitzender der Ad-hoc-Kommission „Bewertung von Medizinprodukten“ der
AWMF. So könnte beispielsweise eine speziell für Kinder entwickelte
Biopsie-Zange vom Markt verschwinden, die nach einer Herztransplantation
eine schonende Entnahme von Gewebeproben aus dem Herzen zum Nachweis einer
Abstoßungsreaktion ermöglicht. „Andere Biopsie-Zangen sind größer und
setzen einen erweiterten Gewebedefekt, was zu einer größeren
Verletzungsgefahr und damit einer schlechteren Versorgung führen würde“,
betont der Experte. Gibt es diese Zange nicht mehr, verschlechtere sich
die Versorgung dieser Patienten. Um das zu vermeiden, unterstützt die AWMF
auf europäischer Ebene die neue Task-Force „Orphan Devices“. Sie soll für
Nischenprodukte, die aufgrund geringer Behandlungsfälle selbst keine
klinischen Daten generieren können, entsprechende Leitfäden mit
praktikablen Zulassungsanforderungen entwickeln.

„Die Politik muss darauf achten, dass die Umsetzung der MDR nicht zu einem
Rückgang an Innovationen bei Medizinprodukten führt. Denn auch für die
wissenschaftlichen Studien, die für die Zulassung neu entwickelter
Produkte notwendig sind, werden in der MDR sehr hohe Anforderungen
gestellt, die personell und strukturell aufwendig sind und gegenfinanziert
werden müssen“, so Klar. „Die AWMF fordert entsprechende Unterstützung
durch eine niederschwellig verfügbare Förderung durch das
Bundesministerium für Bildung und Forschung, um vor allem in den
forschenden wissenschaftlichen Institutionen und den Transferbereichen die
höheren materiellen und personellen Aufwände sicherstellen zu können“,
betont der stellvertretende Präsident der AWMF, Professor Schliephake.
Wesentliche Unterstützung kann aber auch durch klinische Daten aus den
Registern der Fachgesellschaften erfolgen, die in Koordination durch die
AWMF für die Neuzulassung und Re-Zertifizierung von Medizinprodukten
besser nutzbar gemacht werden müssen.

Verbot von PFAS darf nicht zu schlechterer Patientenversorgung führen

Engpässe in der Versorgung drohen auch durch das geplante Verbot von
Industriechemikalien wie Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS),
die beispielsweise Teil chirurgischer Instrumente sind sowie in
Herzschrittmachern oder Narkosegeräten vorkommen. Auch wenn die AWMF
grundsätzlich ein Verbot der umweltbelastenden Stoffe unterstützt, weist
sie daraufhin, dass bis zum Entwickeln von Ersatzsubstanzen die
medizinische Versorgung auf dem aktuellen Niveau gesichert bleiben muss.
Denn bisher gibt es für PFAS keine Ersatzstoffe, die genauso langlebig und
gut verträglich sind. „Wir befürchten, dass die Übergangsfristen zu kurz
sind, um gleichwertige Ersatzstoffe zu entwickeln“, so der Experte. Um die
Patientenversorgung dennoch aufrechtzuerhalten, fordert die AWMF, die
PFAS-Untergruppen risikoadaptiert einzustufen und je nach Risiko einen
weiteren Einsatz zu ermöglichen, bis Ersatzstoffe verfügbar sind. Darüber
hinaus brauche es eine entsprechende Forschung und Entwicklung von
unbedenklichen Ersatzstoffen sowie eine effiziente Kontrolle des
Produktionsprozesses und der Entsorgung von PFAS durch die Hersteller, um
die Umweltbelastungen zumindest zu senken.

Laboren sollte auch zukünftig eigene Entwicklung von Diagnostika möglich
sein

Auch im Bereich der Labordiagnostik und Pathologie bringt die Neuregelung
der Verordnung über In-vitro-Diagnostika (IVDR), welche das
Inverkehrbringen von In-vitro-Diagnostika regelt, viele Herausforderungen
mit sich. Häufig stellen Labore In-vitro-Diagnostika selbst her, etwa wenn
es für die Diagnostik von seltenen Erkrankungen keine kommerziell
verfügbaren Produkte gibt. Die neue EU-Verordnung sieht nun vor, dass
diese Produkte aus Eigenherstellung nicht mehr angewandt werden dürfen,
sobald gleichartige Produkte auf dem Markt verfügbar sind. „Eigenständig
entwickelte In-vitro-Diagnostik-Artikel, in die häufig viel Kapazität und
finanzielle Mittel fließen, müssten dann eingestellt werden“, erläutert
Professor Dr. med. Michael Vogeser, Vorsitzender der Ad-hoc-Kommission
„In-vitro Diagnostik“ der AWMF. „IVD aus Eigenherstellung fördern außerdem
die Innovation im Bereich der Universitätsmedizin und müssen auch
zukünftig mit vertretbarem Aufwand einsetzbar sein. Investitionen in
solche Verfahren wären nach den aktuellen Bestimmungen von vornherein
nutzlos, da sie jederzeit durch ein kommerzielles Produkt auf dem Markt
abgelöst werden könnten“, so Schliephake. Dieser Aspekt müsse bei der bis
zum Jahr 2027 vorgesehenen Evaluation der IVDR berücksichtigt werden. Hier
gelte es auch klarzustellen, dass die Regulation von Prozessen und
Verfahren in Laboren nach wie vor in der Verantwortung der
Mitgliedsstaaten liegt und somit in Deutschland im Rahmen der ärztlichen
Selbstverwaltung erfolgen müsse, so Vogeser.

Die aktuelle Stellungnahme der AWMF zum geplanten PFAS-Verbot finden Sie
hier:
https://www.awmf.org/service/awmf-aktuell/statement-of-the-association-of-
the-scientific-medical-societies-awmf-germany-on-the-emerging-pfas-ban

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