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Vom Singvogel bis zum Kranich - die jungsteinzeitliche Vogeljagd in Obermesopotamien

Pfeiler 43 aus Göbekli Tepe mit der Darstellung eines Geiers mit ausgebreitetem Gefieder. Geier waren nicht nur die wichtigsten Vögel in der Ikonographie der frühneolithischen Jäger-Sammlergruppen, die Vögel wurden auch bejagt.  N. Pöllath  SNSB-SPM
Pfeiler 43 aus Göbekli Tepe mit der Darstellung eines Geiers mit ausgebreitetem Gefieder. Geier waren nicht nur die wichtigsten Vögel in der Ikonographie der frühneolithischen Jäger-Sammlergruppen, die Vögel wurden auch bejagt. N. Pöllath SNSB-SPM

Für Jäger-Sammler-Gemeinschaften aus Obermesopotamien, heutige Türkei,
waren Vögel zu Beginn der Jungsteinzeit, ca. 9.000 Jahre v. Chr., eine
wichtige Nahrungsquelle. Das zeigt eine neue Studie der SNSB- und LMU-
Archäozoolog:innen Dr. Nadja Pöllath und Prof. Joris Peters. Die beiden
Wissenschaftler:innen untersuchten die Überreste von Vögeln aus den beiden
jungsteinzeitlichen Siedlungen Göbekli Tepe und Gusir Höyük in der
heutigen Türkei und veröffentlichten ihre Ergebnisse nun in der
Fachzeitschrift Archaeological and Anthropological Sciences.

Neben großen und kleinen Säugetieren, vom Auerochsen bis zum Hasen, oder
Fischen bejagten die Menschen in Südostanatolien vor 11.000 Jahren auch
das gesamte Spektrum an Vogelarten. Gejagt wurden sie vor allem, aber
nicht ausschließlich, im Herbst und Winter, d.h. dann, wenn viele
Vogelarten größere Schwärme bildeten und Zugvögel das Gebiet durchquerten.
Die Artenlisten sind daher sehr umfangreich: In der Ausgrabungsstätte der
frühsteinzeitlichen Siedlung Göbekli Tepe etwa, rund 18 km nordöstlich der
heutigen südanatolischen Stadt Şanlıurfa gelegen, fanden die
Forscher:innen Überreste von 84 Vogelarten. Dr. Nadja Pöllath, Kuratorin
an der Staatssammlung für Paläoanatomie München (SNSB-SPM) und Prof. Dr.
Joris Peters, Inhaber des Lehrstuhls für Paläoanatomie,
Domestikationsforschung und Geschichte der Tiermedizin an der LMU München
sowie Direktor der Staatssammlung, identifizierten die jungsteinzeitlichen
Vögel mit Hilfe moderner Vergleichsskelette aus der Referenzsammlung der
Staatssammlung.

Überrascht hat die beiden im Falle von Göbekli Tepe die große Zahl von
kleinen Singvögeln, darunter vor allem Stare und Ammern. Grundsätzlich
haben die Jäger von Göbekli Tepe alle Le-bensräume in der Umgebung ihrer
Siedlung für die Vogeljagd aufgesucht. Gejagt wurde an Gewässern, in
Wäldern sowie auch im offenen Gelände.
„Warum am Göbekli Tepe so viele kleine Sperlingsvögel bejagt wurden,
wissen wir nicht genau. Aufgrund ihres geringen Lebendgewichts steht der
Aufwand eigentlich in keinem guten Verhältnis zum Ertrag. Vielleicht waren
sie einfach eine Delikatesse, die im Herbst den Speiseplan bereicherte,
oder sie hatten eine Bedeutung, die wir aus den Knochenresten noch nicht
ablesen können“, kommentiert Nadja Pöllath ihre Ergebnisse.

Die Bewohner von Gusir Höyük, einer ebenfalls frühneolithischen Siedlung
am Ufer des Gusir-Sees, etwa 40 km südlich der heutigen Provinzhauptstadt
Siirt, noch weiter im Südosten der heutigen Türkei, hielten es dagegen
anders: Sie begrenzten ihre Vogeljagd auf nur zwei Arten: das Chukar-
Steinhuhn (Alectoris chukar) und das Rebhuhn (Perdix perdix), die im
offenen hügeligen Grasland zu Hause waren. Nahegelegene Flussauen und den
See, an dessen Ufern die Siedlung lag, ignorierten sie offenbar, denn
Überreste von Wasservögeln fanden die Münchener Forscher:innen in Gusir
Höyük nicht. „Gusir Höyük ist die einzige uns bekannte jungsteinzeitliche
Gemeinschaft in Obermesopotamien, die bei der Vogeljagd – obwohl vorhanden
– bewusst Feuchtgebiete und Flusslandschaften mieden. Unsere Ergebnisse
deuten darauf hin, dass es sich dabei um eine kulturelle Eigenheit der am
Gusir Höyük siedelnden Gruppe handelt“, so Prof. Joris Peters. „Im
Vergleich mit anderen frühneolithischen Fundorten in der Region zeigten
sich viele Gemeinsamkeiten zwischen den Orten im Euphratbecken, während im
Tigrisbecken die Gemeinsamkeit darin besteht, dass fast jede Siedlung eine
ganz eigene Strategie zur Nahrungsbeschaffung entwickelte“, ergänzt Nadja
Pöllath.

Nicht alle Vögel wurden auch von den jungsteinzeitlichen Siedlern
Obermesopotamiens gegessen. Manche Vogelarten wie z. B. Kraniche oder
Greifvögel hatten wohl eher symbolische Bedeutung und könnten auch
rituellen Zwecken gedient haben, vermuten die Forscher:innen. Solche
soziokulturellen Aspekte der Beziehungen zwischen Menschen und Vögeln gilt
es zukünftig zu untersuchen.

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Auf die Lage der Landfrauen aufmerksam gemacht

Verleihung des GEWISOLA-Kommunikationspreises anlässlich der Jahrestagung der GEWISOLA in Göttingen an Dr. Christine Niens, Dagmar Wicklow, Anika Bolten (Universität Göttingen) und Dr. Susanne Padel, Dr. Zazie von Davier, Imke Edebohls (Thünen-Institut).  Universität Göttingen
Verleihung des GEWISOLA-Kommunikationspreises anlässlich der Jahrestagung der GEWISOLA in Göttingen an Dr. Christine Niens, Dagmar Wicklow, Anika Bolten (Universität Göttingen) und Dr. Susanne Padel, Dr. Zazie von Davier, Imke Edebohls (Thünen-Institut). Universität Göttingen

GEWISOLA-Kommunikationspreis für Wissenschaftlerinnen des Thünen-Instituts
und der Universität Göttingen

In der Landwirtschaft gehören Frauen seit jeher dazu, meist ohne dass
ihnen besondere Aufmerksamkeit zuteilwird. Ein mehrjähriges
Forschungsprojekt über die Lebenssituation von Frauen auf
landwirtschaftlichen Betrieben hat hier wichtige Einblicke geliefert.
Durchgeführt wurde es von Wissenschaftlerinnen der Universität Göttingen
und des Thünen-Instituts in Braunschweig. Für den Transfer ihrer
Ergebnisse in die Öffentlichkeit wurden sie jetzt mit dem GEWISOLA-
Kommunikationspreis ausgezeichnet.

Die Preisträgerinnen hätten mit ihrer Studie ein gesellschaftlich
hochrelevantes und aktuelles Thema aufgegriffen, so die Begründung der
Jury. Das Team habe es geschafft, durch eine beeindruckende
Öffentlichkeitsarbeit die Bedeutung von Frauen in der Landwirtschaft in
die breite Öffentlichkeit zu tragen. Der Kommunikationspreis wird von der
Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaues
(GEWISOLA) verliehen. Auf deren Jahrestagung in Göttingen nahmen Zazie von
Davier, Imke Edebohls und Susanne Padel vom Thünen-Institut für
Betriebswirtschaft sowie Anika Bolten, Christine Niens und Dagmar Wicklow
von der Universität Göttingen, Lehrstuhl für Soziologie Ländlicher Räume,
den Preis jetzt entgegen.

Die Autorinnen haben ihre Erkenntnisse über verschiedene Medien
verbreitet. Zu nennen sind eine Fotobroschüre, ein policy brief, Artikel
in Fachzeitschriften, Social-Media-Aktivitäten, zahlreiche Vorträge sowie
Interviews in Funk und Fernsehen. Als Folge haben auch viele Zeitungen und
Zeitschriften wie FAZ, Freundin oder Emma darüber berichtet.

Vor allem die Fotobroschüre „Frauen.Leben.Landwirtschaft“, aber auch der
policy brief waren nach Ansicht der Jury sehr gelungene Beispiele für den
Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis und die Gesellschaft.

Kernergebnisse der Studie

Die Studie hat gezeigt, dass die Gleichstellung der Geschlechter auf den
landwirtschaftlichen Betrieben noch nicht erreicht ist. Nur 11 % der
Betriebe werden von Frauen geleitet; bei der vorgesehenen Hofnachfolge
liegt der Frauenanteil bei rund 18 %. Es gibt in der Landwirtschaft
erhebliche Zugangsbarrieren für Frauen, unter anderem durch veraltete
Geschlechterbilder und traditionelle Vererbungspraxen. Die soziale
Absicherung der Frauen fürs Alter oder im Falle von Scheidung, Trennung
oder Tod der Betriebsleitung sind unsicher.

Die Studie zeigte aber auch hoffnungsvolle Entwicklungen, etwa eine
leichte Tendenz zu mehr weiblicher Hofnachfolge. Auch nimmt der Anteil von
Frauen zu, die eigenständig landwirtschaftliche Betriebe gründen.

Weitere Infos und Ergebnisse auf der Projektseite <https://www.studie-
frauen-landwirtschaft.de/>

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DIVI entwickelt Kindernotfallkarte für leichtere Anwendung von Medikamenten im Kindernotfall

DIVI-Kindernotfallkarte  © Bernd Landsleitner & Florian Hoffmann
DIVI-Kindernotfallkarte © Bernd Landsleitner & Florian Hoffmann

Beim Kindernotfall muss es schnell gehen! Was wiegt der Säugling? Wie
schwer ist das Grundschulkind? Wie muss entsprechend das Medikament
dosiert werden? Wie viel ist zu viel? Wie viel zu wenig? Die exakte
Berechnung der gewichtsadaptierten Medikamentenapplikation stellt den
Rettungsdienst und alle Erstversorger vor eine der größten
Herausforderungen. So kommt es nicht selten zu folgenschweren
Dosierungsfehlern. Die DIVI-Sektion Pädiatrische Intensiv- und
Notfallmedizin hat deshalb jetzt die allgemeingültige DIVI-
Kindernotfallkarte entwickelt und veröffentlicht.

„Die DIVI-Kindernotfallkarte soll die Anwendung von Medikamenten beim
Kindernotfall deutlich erleichtern”, wünschen sich die federführenden
Sektionsmitglieder Dr. Bernd Landsleitner und Professor Florian Hoffmann.
Sie betonen: „Je schneller die Karte in jedem Rettungswagen verfügbar ist,
desto besser!“

In der DIVI-Kindernotfallkarte wird auf eine Verdünnung weitestgehend
verzichtet, da der Verdünnungsvorgang, besonders im Notfall, eine
zusätzliche Fehlerquelle darstellt. Plakativ und farblich gut zu
unterscheiden stellt die Karte die Angabe der zu applizierenden
Medikamente in Millilitern dar. Die wichtigsten und unterschiedlichen
Medikamente sind nach Indikationen sortiert.

Kindernotfall ist immer eine Herausforderung

„Kindernotfälle sind zum Glück selten“, betont Florian Hoffmann, der als
Oberarzt im Dr. von Haunerschen Kinderspital in München arbeitet. Der
derzeitige Anteil von Kindernotfällen liegt bei unter zehn Prozent. So
stellt selbst für die Teams in Kindernotaufnahmen der lebensbedrohliche
Notfall eines kleinen Menschen keine klinische Routine dar. „Das bedeutet
eine zusätzlich erhöhte Stressbelastung für das Team und damit eine große
Fehlerquelle in der Behandlung“, betont Bernd Landsleitner, leitender
Oberarzt der Abteilung Anästhesie und Intensivmedizin der Cnopfschen
Kinderklinik in Nürnberg.

Gabe von Medikamenten im Kindernotfall nie ohne unterstützendes System!

Entsprechend wird im Kindernotfall bereits seit 2021 empfohlen: Keine
intravasale Gabe von Medikamenten, die eine geringe therapeutische Breite
aufweisen oder bei Fehldosierung großen Schaden anrichten können (wie zum
Beispiel Adrenalin oder Analgetika), ohne vorherige Überprüfung durch ein
unterstützendes System. Dies können kognitive Hilfen wie zum Beispiel eine
Tabelle oder ein Lineal sein. „Hier orientieren wir uns bereits an der
S2k–Leitlinie Medikamentensicherheit bei Kindernotfällen, die unter DIVI-
Beteiligung entstanden ist“, so Landsleitner.

Die DIVI-Kindernotfallkarte stellt jetzt eine solche kognitive
Unterstützung dar. Die Karte darf, soll und kann weitergegeben, empfohlen
und vervielfältigt werden!

Für die grafische Umsetzung der DIVI-Kindernotfallkarte danken beide
Autoren Andreas Adams von www.mediflip.de.

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6. Antiquity Slam: Zehn Minuten vor dem Ischtar-Tor


6. Antiquity Slam  Berliner Antik-Kolleg
6. Antiquity Slam Berliner Antik-Kolleg
Wie wurde der Mensch in der griechischen Antike definiert? Woraus bestand
die Kleidung der Kelten, Germanen und Vikinger? Und wo bitte ist Ischtar
auf dem Ischtar-Tor? Beim diesjährigen Antiquity Slam am 4. Oktober um 20
Uhr im Pergamonmuseum auf der Museumsinsel Berlin stellen junge
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Fächern und
Disziplinen wie Altorientalistik, Archäologie oder Philosophie ihre
Forschungen vor. Für die Präsentation haben die sieben Teilnehmerinnen und
Teilnehmer jeweils nur zehn Minuten Zeit. Außerdem müssen sie versuchen,
das Publikum für ihr Forschungsthema zu begeistern: Lautstärke und Dauer
des Applauses entscheiden über den besten Vortrag.

Der Antiquity Slam ist ein Science Slam, bei dem sich alles um die
Altertumswissenschaften dreht. Das Format bietet einen unterhaltsamen
Rahmen, um aktuelle Forschung auf kurzweilige Art für die breite
Öffentlichkeit, aber auch das Fachpublikum aufzubereiten.

Die Veranstaltung am 4. Oktober ist eine Kooperation des Berliner Antike-
Kollegs mit dem Vorderasiatischen Museum der Staatlichen Museen zu Berlin.
Der Eintritt ist kostenfrei, aufgrund der begrenzten Teilnehmerzahl ist
eine Anmeldung über die Website der Staatlichen Museen erforderlich. Der
Einlass zum Antiquity Slam beginnt ab 19:30 Uhr.

Die Vortragenden geben Einblicke in die Vielfalt der
altertumswissenschaftlichen Forschung: Die Textilforscherin Ronja Lau
berichtet über Modetrends bei Kelten, German und Vikingern, der Archäologe
Frederic Auth nimmt "Spießgesellen in der letzten Taverne vor der Grenze"
in den Blick und Benjamin Wilck fragt philosophisch: „Sind Sie die Nummer
Zwei?“. Die Althistorikerin Denise Reitzenstein klärt auf, dass Gorgo weit
mehr war, als „nur“ die Frau an der Seite des Leonidas von Sparta und
Polly Lohmann betrachtet aus archäologischer Perspektive neuzeitliche
Spannungsfelder zwischen Archäologie und Politik. Auch die
Altorientalistik darf im Vorderasiatischen Museum nicht fehlen: Lisa
Wilhelmi berichtet von Mord und Intrigen am hethitischen Königshof und
Gösta Ingvar Gabriel erklärt direkt vor Ort das Ischtar-Tor. Durch den
Abend führt der erfahrene Science Slam Moderator Simon Hauser.

Das Berliner Antike-Kolleg veranstaltet den Antiquity Slam bereits zum
sechsten Mal. Die erste Veranstaltung fand 2016 auf der Museumsinsel
Berlin statt. Videos der vergangenen fünf Antiquity Slams sind auf der
Website des Berliner Antike-Kollegs verfügbar.

Das Berliner Antike-Kolleg ist ein Verbund der Humboldt-Universität zu
Berlin, der Freien Universität Berlin, der Berlin-Brandenburgischen
Akademie der Wissenschaften, des Deutschen Archäologischen Instituts, der
Stiftung Preußischer Kulturbesitz und des Max-Planck-Instituts für
Wissenschaftsgeschichte. Es fördert die Zusammenarbeit in Forschung,
Lehre, Öffentlichkeitsarbeit und die Entwicklung digitaler Anwendungen auf
allen Gebieten der Altertumswissenschaften. Das Kolleg wird von Prof. Dr.
Tonio Sebastian Richter von der Freien Universität Berlin, Prof. Dr.
Philip van der Eijk von der Humboldt-Universität zu Berlin und Dr. Philipp
von Rummel, Generalsekretär des Deutschen Archäologischen Instituts, als
Vorstand geleitet.

Zeit und Ort:04.10.2023 | 20:00 Uhr, Einlass ab 19:30,Pergamonmuseum –
Staatliche Museen zu Berlin, Bodestraße 1-3, 10178 Berlin