„Berlin City Card“: Gutachten zeigt Chancen und Grenzen einer Stadtkarte für mehr Teilhabe
Eine neue Studie der EHB untersucht die Potenziale und Grenzen einer
möglichen „Berlin City Card“ und anderer Modelle zur Förderung der
Teilhabe von Menschen ohne regulären Aufenthaltsstatus in Berlin. Das
Gutachten im Auftrag der Berliner Senatsverwaltung (SenASGIVA) zeigt Wege
auf, wie eine Stadtkarte und ergänzende Maßnahmen den Zugang zu Bildung,
Gesundheit und sozialen Angeboten verbessern könnten. Ein solcher Schritt
könnte Berlin in der Integration und Unterstützung undokumentierter
Menschen stärken und ein Zeichen für gesellschaftlichen Zusammenhalt
setzen.
Forschende der Evangelischen Hochschule Berlin (EHB) haben im Auftrag der
Berliner Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung,
Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung ein umfangreiches Gutachten
zur Einführung einer Berliner Stadtkarte (Berlin City Card) erstellt, das
Ende Oktober veröffentlicht wurde. Die Untersuchung beleuchtet, inwieweit
eine Stadtkarte oder alternative Modelle den Zugang zu grundlegenden
Versorgungsangeboten für Menschen ohne regulären Aufenthaltsstatus in
Berlin verbessern könnten und zeigt die rechtlichen Grenzen auf.
Im rechts- und sozialwissenschaftlichen Gutachten „Möglichkeiten und
Grenzen der Einführung einer Berliner Stadtkarte (Berlin City Card) und
alternativer Modelle“ werden neben praxisbezogenen Empfehlungen auch
internationale Modellbeispiele und umfassende Interviews mit Expert:innen
und Betroffenen vorgestellt. Ziel der Untersuchung ist es, Wege zur
verbesserten Teilhabe undokumentierter Menschen in Berlin zu finden und
den Zugang zu Bereichen wie Gesundheit, Wohnen, Arbeit und Bildung zu
erleichtern.
Das Gutachten verdeutlicht, dass undokumentierte Menschen in Berlin,
obgleich sie das Recht auf eine angemessene Gesundheitsversorgung und
Zugang zu Bildung haben, derzeit vor erheblichen Hürden stehen, wenn es um
den Zugang zu wesentlichen städtischen Leistungen geht. Ein bedeutendes
Ergebnis der Studie ist, dass die Einführung einer „weichen“ Stadtkarte -
die kein amtliches Ausweisdokument darstellt - durchaus möglich und
sinnvoll wäre. Sie könnte eine neue Form der Zugehörigkeit zur
Stadtgesellschaft vermitteln und die Nutzung von Angeboten in den
Bereichen Weiterbildung, Kultur und öffentlichem Leben für alle
Einwohner:innen Berlins erleichtern.
Professorin Dr. Stefanie Kron, Projektleiterin der Untersuchung an der
Evangelischen Hochschule Berlin, betont: „Mit einer Stadtkarte könnte
Berlin einen wichtigen Schritt gehen, um undokumentierten Menschen den
Zugang zu städtischen Ressourcen zu erleichtern. Die Stadtkarte kann
helfen, administrative Abläufe zu vereinfachen und Brücken in die
Stadtgesellschaft zu bauen. Damit setzt Berlin ein Zeichen der Teilhabe
und des Miteinanders.“
Im rechtswissenschaftlichen Teil des Gutachtens wird darauf hingewiesen,
dass die Stadt Berlin aufgrund bundesgesetzlicher Regelungen nur begrenzt
handlungsfähig ist. Trotzdem wäre die Einführung einer Stadtkarte auf
Landesebene möglich, solange diese nicht als offizielles Ausweisdokument
fungiert. Damit wären jedoch rechtliche Anpassungen notwendig, um
Datenschutzanforderungen zu gewährleisten.
Neben der Stadtkarte wird die Einrichtung einer Clearingstelle angeregt,
um soziale Angebote für undokumentierte Menschen zentral zu koordinieren.
Weitere Empfehlungen umfassen die Einführung einer elektronischen
Gesundheitskarte für undokumentierte Menschen sowie
Sensibilisierungsmaßnahmen und Schulungen für Behörden und Institutionen,
die regelmäßig mit Menschen ohne geregelten Aufenthalt in Kontakt stehen.
Die Berliner Stadtkarte könnte in Zukunft eine wichtige Rolle im Bestreben
spielen, gesellschaftliche Teilhabe für alle Bürger:innen zu fördern und
die Rechte von undokumentierten Menschen zu stärken.
Projektleitung: Prof. Dr. Stefanie Kron, Professur für Soziale Arbeit mit
Schwerpunkt Quantitative und Qualitative Forschung
Wissenschaftliche Mitarbeitende: Zozan Bulut (Sozialwissenschaften), Dr.
Nele Austermann, Julia Gelhaar & Yannick Gerdes (Rechtswissenschaften),
Studentische Mitarbeiterin: Merve Wewerke
Laufzeit: Juli 2023 bis Juni 2024
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