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Innovationsförderung: „Never change a running system“

Am 14. November 2024 soll die sogenannte Bereinigungssitzung zum
Gesetzentwurf des Bundeshaushalts 2025 stattfinden. Sie markiert den
Abschluss der Beratungen im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages.
Die AiF Allianz für Industrie und Forschung setzt sich erneut entschieden
für eine verbesserte Finanzierung der Förderungsprogramme für die
angewandte Forschung ein, darunter die weltweit einzigartige Industrielle
Gemeinschaftsforschung (IGF) und das Zentrale Innovationsprogramm
Mittelstand (ZIM).

AiF zu Bundeshaushaltverhandlungen 2025

Am 14. November 2024 soll die sogenannte Bereinigungssitzung zum
Gesetzentwurf des Bundeshaushalts 2025 stattfinden. Sie markiert den
Abschluss der Beratungen im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages.
Die AiF Allianz für Industrie und Forschung setzt sich erneut entschieden
für eine verbesserte Finanzierung der Förderungsprogramme für die
angewandte Forschung ein, darunter die weltweit einzigartige Industrielle
Gemeinschaftsforschung (IGF) und das Zentrale Innovationsprogramm
Mittelstand (ZIM). Beide Programme sind im Einzelplan 09 des
Haushaltvolumens für das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz
(BMWK) festgehalten.

Innovationsförderung erst recht in Krisenzeiten bewährt

„Investitionen in die Innovationsförderung sind nachweislich erfolgreiche
Investitionen in die Wettbewerbs- und Weltmarktfähigkeit der deutschen
Wirtschaft und gleichzeitig für den Erfolg des Transformationsprozesses
der Wirtschaft. So hat beispielsweise ein großer Teil der IGF-
Forschungsprojekte in den vergangenen Jahren branchenübergreifend wirksame
Lösungen in der Kreislaufwirtschaft, bei der Ressourceneinsparung,
Digitalisierung sowie bei der Einführung und Nutzung von Künstlicher
Intelligenz realisiert“, erklärt AiF-Vorstand Thomas Reiche.

Die AiF vereint industriegetragene, gemeinnützige Forschungsvereinigungen,
die Unternehmen unterschiedlicher Größen und Branchen vertreten und
Gemeinschaftsforschung organisieren. „Das IGF-Förderprogramm hat die
Innovationskraft und den Erfolg der deutschen Wirtschaft – erst recht in
Krisenzeiten – enorm gestärkt und unsere Republik als eine der größten
Volkswirtschaften der Welt und ehemaligen Exportweltmeister geprägt. Never
change a running system“, plädiert Reiche. Dieses Förderprogramm
ermöglicht Unternehmen ohne eigene Forschungsabteilungen unter dem Dach
dieser Forschungsvereinigungen eine umfassende Forschungs- und
Entwicklungstätigkeit.

Mit Blick auf das deutlich reduzierte Gesamtbudget des BMWK im aktuellen
Haushaltsentwurf wertet Reiche das Gleichbleiben der Mittel für die IGF in
Höhe von 180,1 Millionen Euro im aktuellen Entwurf zunächst als positiv.
Wiederum weist er auf die erheblich gestiegenen Kosten und einen höheren
Verwaltungsanteil – seit 2024 auch für einen Projektträger – hin. Das
beeinflusse die reinen Forschungsgelder negativ. „Motivierend für den
forschenden Mittelstand wäre somit eine maßvolle Erhöhung des IGF-
Budgets“, sagt der AiF-Vorstand und Geschäftsführer des FEhS – Instituts
für Baustoffforschung e.V.

ZIM-Mittelkürzung um 20 Prozent für AiF, BDI und DIHK unverständlich

Ganz anders sieht es beim kürzlich mit besten Ergebnissen evaluierten ZIM
aus. Für das wichtige technologie- und branchenoffene
Forschungsförderprogramm für mittelständische Unternehmen sollen die
Fördergelder um ein Fünftel gekürzt werden. Das stößt nicht nur bei der
AiF und ihren Mitgliedern, sondern auch bei ihren Partnern auf
Unverständnis. Im aktuellen Bundeshaushaltsgesetzentwurf sind für das
Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand nur noch 502 Millionen Euro
angesetzt. 2024 standen in dem für mittelständische Unternehmen wichtigen
Förderprogramm noch 628 Millionen Euro für  Forschungsprojekte zur
Verfügung.

Dr. Sebastian Bolay, Leiter des Bereiches Energie, Umwelt, Industrie der
Deutschen Industrie und Handelskammer (DIHK) und Mitglied des AiF-Senates
spricht sich ebenfalls für verbesserte Rahmenbedingungen aus: „Wir
beobachten seit einiger Zeit eine gewisse Innovationsmüdigkeit. Für ein
Land, dessen eigentlicher Rohstoff Innovationen sind, ist das ein
Alarmsignal. Auch der letzte DIHK-Innovationsreport zeigte einen
historischen Tiefstand an F&E-Aktivitäten. „Der Mangel an Fachkräften und
die zunehmende Bürokratie bremsen die Innovationsfähigkeit der deutschen
Wirtschaft stark aus. Nur noch ein Drittel der deutschen Unternehmen
plant, seine Innovationsaktivitäten auszuweiten“, zitiert Bolay den Report
aus seinem Haus.

Dr. Carsten Wehmeyer, Referent für Digitalisierung und Innovation beim
Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI), schließt sich dem an und
erklärt rückblickend: “Das Aussetzen des ZIM von Oktober 2021 bis August
2022 darf sich keinesfalls wiederholen, denn das hatte eine nachhaltige
Verunsicherung der forschenden Unternehmen zur Folge.“ Wiederum beschreibt
Wehmeyer das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand als
Erfolgsgeschichte der KMU-Förderung: „Es hat in den vergangenen
Jahrzehnten aufgrund seiner Themenoffenheit und Niederschwelligkeit stark
zur Steigerung der Innovationskraft im Mittelstand beigetragen.“ Reiche
erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass der Mittelstand mindestens 70
Prozent unserer Wirtschaft ausmacht.

Nach der Bereinigungssitzung werden die Stellungnahme des Bundesrates
inklusive der Gegenäußerung der Bundesregierung sowie die gutachtlichen
Stellungnahmen der Fachausschüsse erörtert. Am Ende der Sitzung wird die
vom Haushaltsausschuss empfohlene Endfassung des Haushalts 2025 fixiert.
Allein zu den Ergebnissen dieser Sitzung gibt es eine weitere „ergänzende“
Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses. Sie kann durchaus Änderungen
an Einzelplänen beinhalten.

Über die AiF
Die Allianz für Industrie und Forschung ist das Forschungs- und
Transfernetzwerk für den deutschen Mittelstand. Unter ihrem Dach schließen
sich industriegetragene Forschungsvereinigungen zusammen, die Unternehmen
unterschiedlicher Größen und Branchen repräsentieren und
Gemeinschaftsforschung organisieren. Seit 1954 fördert sie erfolgreich die
Innovationskraft der deutschen Wirtschaft. Nach einer Restrukturierung und
Neuausrichtung fokussiert sich die AiF als Interessenvertreter an der
Schnittstelle zwischen Industrie und Forschung.

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Falling Walls Winner: Neue Technologie für die Festkörperbatterie

Das Start-up Qkera hat neue Elektrolyt-Komponenten für Festkörperbatterien
entwickelt. Mit einer hohen Energiedichte, großer Stabilität und niedrigen
Produktionskosten will die Ausgründung der Technischen Universität München
(TUM) dieser Batterietechnologie zum Durchbruch verhelfen, unter anderem
in der Elektromobilität. Vom Falling Walls Science Summit wurde Qkera als
eines der 25 besten Science Start-ups weltweit ausgewählt.

Als Achillesferse für den Durchbruch der Elektromobilität gilt nach wie
vor die Leistungsfähigkeit der Batterien – als große Hoffnung, dies zu
ändern, wird seit langem die Festkörperbatterie gehandelt. Anders als bei
herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien wird hier kein flüssiger, sondern
ein fester Elektrolyt verwendet. Das verspricht eine höhere Energiedichte
und damit mehr Reichweite und kürzere Ladezeiten. Doch bislang hat sich
die Technologie noch nicht auf dem Massenmarkt durchgesetzt.

Das will das Start-up Qkera ändern. Das Team um Forschende am
Exzellenzcluster e-conversion hat Elektrolyt-Komponenten entwickelt, die
Batterien ermöglichen, deren Energiedichte das Team auf 30 bis 50 Prozent
höher als bei herkömmlichen Akkus beziffert. Die Komponenten zeichnen sich
außerdem dadurch aus, dass sie besonders dünn und stabil sind. Genauso
wichtig: Das Team hat ein Herstellungsverfahren entwickelt, das niedrige
Produktionskosten ermöglicht. Nicht nur in Autos, auch in Smartphones und
Laptops könnte die Technologie zum Einsatz kommen.

Qkeras Elektrolyte bestehen aus einer Lithium-Ionen-leitenden Oxid-
Keramik. „Es ist im Endeffekt fast das gleiche Material, aus dem auch eine
Kaffeetasse besteht“, erklärt Jennifer Rupp, Professorin für
Festkörperelektrolyte an der TUM und Co-Gründerin von Qkera. Das bringt
auch Vorteile bei Sicherheit und Nachhaltigkeit. Keramik ist praktisch
nicht entflammbar, und die Batterien kommen ohne Seltene Erden aus, die
oft in Krisengebieten abgebaut werden. „Unsere Technologie ermöglicht
beispielsweise auch leistungsstarke Batterien mit Lithium-Eisen-Phosphat-
Kathoden, die eigentlich weniger Leistung aufweisen als Kobalt-haltige
Alternativen – und das Material ist in Europa abbaubar“, erklärt Dr.
Andreas Weis, Co-Gründer und Chief Technology Officer bei Qkera.

Förderung im TUM Venture Lab

Jennifer Rupp forscht schon ihr ganzes Berufsleben lang an diesem Thema.
„Irgendwann war mir aber klar, dass ich eine eigene Firma gründen muss,
sonst verliere ich die Kontrolle über die Technologie.“ Im November 2023
wurde Qkera ins Leben gerufen. „Ich habe lange Zeit in den USA geforscht
und hätte auch dort gründen können. Aber es war mein Wunsch, das in
Deutschland zu tun“, erzählt Rupp. „Wir möchten damit auch einen Beitrag
dazu leisten, dass wir in Europa beim Thema Energiespeicherung nicht von
anderen Staaten abhängig sind.“

Qkera wird im TUM Venture Lab ChemSPACE gefördert. Die TUM Venture Labs
sind auf je ein bedeutendes Technologiefeld spezialisiert. Den
Gründungsteams bieten sie auf diesem Gebiet spezifische technische
Infrastruktur, maßgeschneiderte Ausbildungsprogramme, Expertise für den
jeweiligen Markt und eine globale Vernetzung mit der Branche. Mit einer
Finanzierung wurde Qkera im Programm „Funding for Innovators“ von
UnternehmerTUM, dem Zentrum für Gründung und Innovation an der TUM,
unterstützt.

„Im ersten Jahr seit der Unternehmensgründung haben wir technologisch sehr
viele Fortschritte gemacht“, sagt Andreas Weis. Die Herstellung erfolgt
heute bei weniger als der Hälfte der üblichen Synthesetemperatur und wurde
auf eine hohe Geschwindigkeit optimiert, was Treibhausgase einspart und
somit das Klima schont. Der Prototyp soll noch in diesem Jahr an
Batteriehersteller gehen, die die Qkera-Komponenten für unterschiedliche
Batteriedesigns einsetzen können sollen.

Sieger bei Falling Walls

Als einen der wichtigsten wissenschaftlichen Durchbrüche des Jahres sieht
die Jury von Falling Walls die Arbeit des Teams. Zum Jahrestag des
Berliner Mauerfalls richtet die gemeinnützige Falling Walls Foundation
immer rund um den 9. November in Berlin den gleichnamigen Science Summit
aus, um einer breiten Öffentlichkeit zu zeigen, welche Mauern von der
Wissenschaft niedergerissen werden. Die Veranstaltung gilt als eines der
wichtigsten Austauschformate zwischen Forschung und Gesellschaft sowie
innerhalb der Wissenschaft. In fünf Forschungsfeldern und in der Kategorie
Science Start-ups wählt Falling Walls die wichtigsten Errungenschaften.
Qkera ist neben 24 anderen Start-ups aus aller Welt einer der Sieger der
Auswahlrunde aus mehr als 1.100 Unternehmen.

Mehr Informationen:
Jedes Jahr werden an der TUM mehr als 70 technologieorientierte
Unternehmen gegründet. TUM und UnternehmerTUM unterstützen Start-ups mit
Programmen, die exakt auf die einzelnen Phasen der Gründung zugeschnitten
sind – von der Konzeption eines Geschäftsmodells bis zum Management-
Training, vom Markteintritt bis zum möglichen Börsengang. Die TUM Venture
Labs bieten Gründungsteams aus je einem bedeutenden Technologiefeld ein
ganzes Ökosystem in unmittelbarer Anbindung an die Forschung. Bis zu 30
Teams können den TUM Incubator nutzen, um sich auf den Start ihres
Unternehmens vorzubereiten. UnternehmerTUM investiert mit einem eigenen
Venture-Capital-Fonds in vielversprechende Technologieunternehmen und
bietet mit dem MakerSpace eine 1.500 Quadratmeter große Hightech-Werkstatt
für den Prototypenbau.

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Have you seen this book? Die „Library of Lost Books“

Bahnbrechendes Projekt zur Suche nach von den Nationalsozialisten
geplünderten jüdischen Büchern kommt nach Frankfurt.

FRANKFURT. Vom 15. November 2024 bis zum 31. Januar 2025 ist die
Ausstellung „Library of Lost Books“ an der Universitätsbibliothek Johann
Christian Senckenberg zu sehen. Die verlorenen Bücher standen einst in der
Bibliothek der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums Berlin. Als
eine der wichtigsten jüdischen Lehr- und Forschungseinrichtungen vor dem
Zweiten Weltkrieg beherbergte die Hochschule eine der bedeutendsten
jüdischen Buchsammlungen. Zehntausende Bände zur jüdischen Geschichte und
Kultur wurden während des Holocaust geraubt und sind heute weltweit
verstreut. Mit „Library of Lost Books“ initiierten die Leo Baeck Institute
Jerusalem und London sowie die Freunde und Förderer des Leo Baeck
Instituts e.V. eine globale Buchsuche. Nach Berlin, Prag und London kommt
die „Library of Lost Books“ jetzt nach Frankfurt. Denn auch hier wurde man
fündig.

Mehr erfährt man über das Projekt und die Suche nach den geraubten Büchern
der Bibliothek der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums auf
<libraryoflostbooks.com>. Die Multimedia-Website wurde mit dem Grimme
Online Award in der Kategorie Kultur und Unterhaltung ausgezeichnet.

Die Ausstellung ist eine Kooperation der Universitätsbibliothek mit den
Leo Baeck Instituten Jerusalem und London sowie dem Buber-Rosenzweig-
Institut der Goethe-Universität.

Ausstellung „Library of Lost Books“
Eröffnung: 14. November 2024, 19 Uhr,
Foyer der Zentralbibliothek d. Universitätsbibliothek
Begrüßung: Dr. Irene Aue-Ben-David, Direktorin des Leo Baeck Instituts
Jerusalem.
Prof. Dr. Christian Wiese, Direktor des Buber-Rosenzweig-Instituts an der
Goethe- Universität.

Die Ausstellung ist vom 15. November 2024 bis 31. Januar 2025 im Foyer der
Zentralbibliothek der Universitätsbibliothek Frankfurt am Main am
Freimannplatz 1 in 60325 Frankfurt am Main zu sehen. Geöffnet Mo-Fr
8:30-21:20 Uhr, Sa-So 10-18 Uhr.

Vernissage & Empfang zur Eröffnung: 14. November 2024 ab 19 Uhr im Foyer
der Zentralbibliothek in Bockenheim. Während der Eröffnung wird
fotografiert, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Pressegespräch mit den Kurator*innen: Im Vorfeld der Eröffnung besteht die
Möglichkeit für Pressevertreter*innen die Kurator*innen der Ausstellung zu
sprechen. Kontakt und Pressefragen allgemein: Bernhard Wirth, Stabsstelle
Kommunikation & Ausstellungen der Bibliothek, Tel. +49 (69) 798 39223;
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Pressemappe Library of Lost Books:
<https://libraryoflostbooks.com/de/materialien/>

Informationen zu Ausstellungen und weiteren Veranstaltungen der
Universitätsbibliothek: https://www.ub.uni-frankfurt.de/veranstaltungen/

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Opernhaus Zürich: Ballett Clara Musik von Clara Schumann, Robert Schumann, Johannes Brahms und Philip Feeney besucht von Marinella Polli

Clara Szenenfoto der Produktion von Carlos Quezada

Clara Szenenfoto der Produktion von Carlos Quezada

Clara Szenenfoto der Produktion von Carlos Quezada

Choreografie und Inszenierung Cathy Marston Musikalische Leitung Daniel Capps Musikarrangements und Originalkomposition Philip Feeney Szenarium Cathy Marston, Edward Kemp Bühnenbild Hildegard Bechtler Kostüme Bregje van Balen Lichtgestaltung Martin Gebhardt Dramaturgie Edward Kemp, Michael Küster
Besetzung:
Philharmonia Zürich Ballett Zürich Junior Ballett Klavier Ragna Schirmer

Nach ihrem beeindruckenden, der grossen Cellistin Jacqueline du Pré gewidmeten Ballett ‘The Cellist‘, setzt sich nun die Choreographin Cathy Marston mit Clara Schumann auseinander.

Erneut eine bedeutende Musikerin 

Clara Szenenfoto der Produktion von Carlos Quezada
Clara Szenenfoto der Produktion von Carlos Quezada

Clara Wieck Schumann, eine moderne Frau wie wir wissen, und, wie auch Cathy Marston in ihrem Ballett klar zeigt. Eine Frau, die sich als bedeutendste Pianistin ihrer Zeit und grossartige, aber leider verkannte Komponistin in den Dienst der Musik stellte, und deswegen als Künstlerin, Tochter, Ehefrau eines nicht unkomplizierten Mannes, Mutter (acht Kinder in dreizehn Jahren!), Pflegerin, Managerin und Muse sicher kein einfaches Leben hatte. Carstons Ballett erzählt von einer komplizierten Kindheit, von der schwierigen und oft belastenden Beziehung zum Vater, von einer frühreifen, grossen Liebe zu Robert Schumann, die dazu zu einer anderen symbiotischen und nicht weniger problematischen Beziehung wurde. Auch die innige Freundschaft zu dem vierzehn Jahre jüngeren Johannes Brahms, der von Clara aber auch von Robert Schumann sofort sehr fasziniert war, wird nicht vergessen. Das Ballett erzählt aber vor allem von Talent, Inspiration, Leidenschaft, vollkommene Hingabe, und auch von der ständigen Notwendigkeit, richtig zwischen Kunst und alltäglichem Leben, zwischen Gehorsamkeit und Freiheitsdrang zu entscheiden.

Ein interessantes, reiches Tanzvokabular

Clara Szenenfoto der Produktion von Carlos Quezada
Clara Szenenfoto der Produktion von Carlos Quezada

Die choreographische Sprache der Direktorin vom Ballett Zürich ist reich und drückt mühelos alle Situationen und Emotionen aus: Liebe, Zärtlichkeit und Illusion, Desillusion, Pathos und Schmerz. Wenn im ersten Akt die alltäglichen Aufgaben, Aspekte, Situationen und Konflikte der Familie Wieck herausgearbeitet werden, wird im zweiten Akt das Leben von Clara beschrieben: Clara als Ehefrau, als Mutter, als Managerin, die andauernd versucht, Lösungen zu Schumanns beruflichen Schwierigkeiten zu finden. Ein Familienleben, das leider nicht immer so idyllisch ist und das auch die Freundschaft zum jungen Brahms nicht verbessert. Die Choreographie ist hier sehr präzis und ausdrucksvoll. Im dritten Akt wird Clara als die Muse, als die Inspirationsquelle des Komponisten Brahms präsentiert – auch diese sind choreographisch perfekt dargestellte Momente. Die Idee der britischen Choreographin, eine Aufsplittung auf sieben Claras, das heisst auf sieben Aspekte (oder auf die sieben Noten) einer facettenreichen Persönlichkeit auf die Bühne zu bringen, ist einfach genial. Sehr aussagekräftig sind dann auch die Ensemblemitglieder, die wie eine lebende Kulisse, als Noten oder als Klaviertastatur auftreten. Man muss hier aber auch sagen, dass der in drei Akten gegliederte Ballettabend (dazu noch zwei unendliche Pausen) einfach zu lang wird, und dies trotz Pas de Deux und Pas de Trois und Bilder von atemberaubender Schönheit.

Grosse Leistung der Tänzerinnen und Tänzer

Clara Szenenfoto der Produktion von Carlos Quezada
Clara Szenenfoto der Produktion von Carlos Quezada

Was Expressivität, Rhythmusgefühl, Ausdauer und Belastbarkeit betrifft, ist die Leistung aller Tänzerinnen und Tänzer des Balletts Zürich, des Junior Balletts und der Schülerinnen und Schüler der Tanzakademie Zürich grossartig. Perfekt Brandon Lawrence als Robert Schumann, sowie Joel Wollner als Brahms; sehr anmütig Giorgia Giani als Enfant prodige Clara. Und besonders gut auch McKhayla Pettingill als Clara die Managerin, Ruka Nakagawa als Clara die Künstlerin, ebenfalls Daniela Gomez Perez als Clara die Ehefrau, Inna Bilash als Clara die Pflegerin, Sujung Lim als Clara die Mutter, Francesca dall’Aria als Clara die Muse, und alle anderen.

Das Bühnenbild und die schönen Kostüme

Clara Szenenfoto der Produktion von Carlos Quezada
Clara Szenenfoto der Produktion von Carlos Quezada

Hildegard Bechtlers Bühnenbild fasziniert mit sparsamen aber essentiellen Requisiten. Auf der Bühne liegt ein stilisierter Deckel eines Flügels, am Anfang wohl als Liebesgarten von Clara und Robert, aber dann auch Fluchtort, Insel, Rückzugszimmer und am Ende als Grab. Dazu ein mobiles Bühnenelement, das eine Klaviertastatur darstellt. Pünktlich wie immer das Light Design von Martin Gebhardt und sehr interessant die Kostüme von Bregje van Balen, die für die sieben Claras plissierte, weisse Midi-Jüpes und differenzierte schwarze Tops kreiert hat. Die Farben der Anzüge und der Fracks der Männer ändern auch von Akt zu Akt je nach Situation.

Die suggestive Partitur von Philipp Feeney 

Clara Szenenfoto der Produktion von Carlos Quezada
Clara Szenenfoto der Produktion von Carlos Quezada

Philip Feeneys Partitur verbindet nicht nur Stücke von Clara (das Präludium f-Moll und das Scherzo Nr 1 d-Moll im 1. Akt, die Romanze op.21, Nr.1 C-Dur im 3. Akt), sondern auch von Robert Schumann (darunter das Klavierkonzert a-Moll op. 54, 1. Satz im 2 Akt), verschiedene Kompositionen von Johannes Brahms, sowie eigene Stücke. Ragna Schirmer, die deutsche Pianistin und Spezialistin für das Werk von Clara Schumann ist am Klavier zu erleben. Die Philharmonia Zürich wirkt sehr aufmerksam und motiviert unter der Leitung von Daniel Capps.

Am Ende des langen Abends schenkte das zahlreiche Publikum allen Beteiligten einen sehr warmen und langen Applaus.

Text: https://marinellapolli.ch/

Fotos: Carlos Quezada   www.opernhaus.ch 

Homepages der andern Kolumnisten:  www.gabrielabucher.ch  www.herberthuber.ch  www.maxthuerig.ch www.leonardwuest.ch

Clara Szenenfoto der Produktion von Carlos Quezada

Clara Szenenfoto der Produktion von Carlos Quezada

Clara Szenenfoto der Produktion von Carlos Quezada

Clara Szenenfoto der Produktion von Carlos Quezada

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