ntegration: Herkunft beeinflusst Erwerbsbeteiligung von Immigrantinnen
Kulturelle Normen im Herkunftsland spielen eine wichtige Rolle für die
Erwerbsbeteiligung zugewanderter Frauen. Je weiter die
Arbeitsmarktbeteiligung zwischen Männern und Frauen im Herkunftsland
auseinanderklafft, desto geringer ist die Erwerbsbeteiligung von
Immigrantinnen im Zuwanderungsland. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie
des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und der Universität
Duisburg-Essen (UDE), die nun in der Fachzeitschrift Economic Inquiry
erschienen ist. Allerdings setzt sich der kulturelle Effekt nicht fort:
Bei Immigrantinnen der zweiten Generation spielt die Herkunft keine Rolle
mehr für die Erwerbsbeteiligung. ...
Für die Untersuchung wurden Daten des European Social Survey zu
Immigrantinnen in 26 europäischen Ländern ausgewertet.
Das Wichtigste in Kürze:
- Zugewanderte Frauen haben im Durchschnitt eine deutlich niedrigere
Erwerbsbeteiligung als deutsche Frauen. Eine aktuelle Studie des RWI und
der UDE zeigt nun: Die Erwerbsbeteiligung von Immigrantinnen der ersten
Generation wird entscheidend durch die kulturellen Normen hinsichtlich der
Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen im Herkunftsland beeinflusst. In
anderen Worten: Immigrantinnen arbeiten im europäischen Zuwanderungsland
durchschnittlich mehr, wenn auch die Erwerbsbeteiligung von Frauen im
Herkunftsland höher ist.
- Bei Immigrantinnen der zweiten Generation ist der Effekt kaum noch
vorhanden. Der kulturelle Einfluss des Herkunftslandes auf die
Erwerbsbeteiligung von Immigrantinnen nimmt mit der Zeit ab und wird nicht
an die im Zuwanderungsland geborenen Töchter weitergegeben. Frühere
Studien für die USA haben hingegen gezeigt, dass der kulturelle Effekt
auch noch die Erwerbsbeteiligung von Immigrantinnen der zweiten Generation
beeinflusst. Zudem scheint der Effekt in den USA auch für die erste
Generation größer zu sein als der nun durch die RWI-Studie für Europa
ermittelte Effekt.
- Wie stark sich die Herkunft auf das Verhalten von Immigrantinnen auf dem
Arbeitsmarkt auswirkt, hängt demnach auch von institutionellen Faktoren im
Zuwanderungsland ab. Die RWI-Studie deutet darauf hin, dass dies auch
innerhalb von Europa gilt: In Zuwanderungsländern mit weniger großzügigen
Sozialsystemen – zum Beispiel in Mittel- und Osteuropa – beeinflusst die
kulturelle Herkunft das Verhalten auf dem Arbeitsmarkt tendenziell
stärker. Sind die Sozialsysteme des Aufnahmelandes besser ausgebaut, hat
die kulturelle Herkunft tendenziell einen geringeren Einfluss auf die
Erwerbsbeteiligung.
- Die RWI-Studie deutet zudem darauf hin, dass der kulturelle Effekt auf
die Erwerbsbeteiligung bei geringqualifizierten Immigrantinnen tendenziell
stärker ausgeprägt ist.
„Die Alterung der einheimischen Bevölkerung belastet die Wirtschaft und
die Sozialsysteme vieler europäischer Länder,“ sagt Julia Bredtmann,
Leiterin der RWI-Forschungsgruppe Migration und Integration. „Eine höhere
Erwerbsbeteiligung zugewanderter Frauen könnte einen Teil der fehlenden
Arbeitskräfte ersetzen und zugleich einen großen Beitrag zur Integration
leisten.“ Ko-Autor Sebastian Otten, Professor für Arbeitsmarkt- und
Migrationsökonomik an der Universität Duisburg-Essen, ergänzt: „Dass die
kulturelle Herkunft eine wichtige Rolle für die Erwerbsbeteiligung spielt,
ist eine wichtige Information für die Gestaltung der Einwanderungs- und
Integrationspolitik.“