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Lifestyle

Elbphilharmonie Hamburg, The Tallis Scholars »Das Hohelied der Liebe«, 15. Mai 2023 besucht von Léonard Wüst

Die Tallis Scholars beim Konzert in der Elbphilharmonie Foto Daniel Dittus
Die Tallis Scholars beim Konzert in der Elbphilharmonie Foto Daniel Dittus

Besetzung und Programm:

The Tallis Scholars Vokalensemble

Leitung Peter Phillips

Sebastián de Vivanco
Magnificat Octavi Toni / aus: Liber magnificarum
Robert Parsons
O bone Jesu
Heinrich Isaac
Tota pulchra es
Sebastián de Vivanco
Sicut lilium
Sebastián de Vivanco
Veni, dilecte mi
Costanzo Festa
Quam pulchra es
Judith Weir
Ave regina caelorum
Orlando di Lasso
Ave regina caelorum
Francis Poulenc
Salve regina
William Cornysh
Salve Regina

Manchmal fragt man sich schon, was diese Architekten denken. Vielleicht sollte man denen mal beibringen, dass halt ab und zu das Spektakuläre, das rein Ästhetische zugunsten der Funktionalität und Zweckdienlichkeit etwas in den Hintergrund gehörte.

Fehlende Aufsichtspflicht der Budgetverantwortlichen

Es wäre doch auch die Pflicht der Budgetverantwortlichen, falls für die Renovierung, den Bau der Objekte zum Teil, oder ganz, öffentliche Mittel aufgewendet werden, die entsprechenden Pflichten, Auflagen im Vertrag besonders zu vermerken und auch zu kontrollieren, gegebenenfalls einzuschreiten.

Zürcher Tonhalle als Negativbeispiel

Tonhalle Zürich rosser Konzertsaal
Tonhalle Zürich rosser Konzertsaal

So sind in der Tonhalle in Zürich, bei Renovationskosten (2017 – 2020) von 175 Millionen Franken grad mal ca. ein Dutzend Damentoiletten vorhanden. Das mag ja gereicht haben, als im Jahre 1895 Johannes Brahms bei der Eröffnung am 19. Oktober 1895 das erste Konzert, unter anderem mit einem eigenen Werk dirigierte. Damals waren die meisten Besucherinnen wohl aus der Stadt und konnten teilweise in der Konzertpause das stille Örtchen in ihrem Zürcher Zuhause aufsuchen und benutzen.

Insgesamt umfasst der Saal neu 1430 Plätze, 116 weniger als vor dem Umbau.

Man kann annehmen, dass etwa die Hälfte der Konzertbesucher*innen dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen sind und 12 WCs für ungefähr 700 Personen wohl kaum ausreichend sind.

Hier die Antwort, wieso ich das in einem Konzertbericht schreibe.

Obwohl Schweizer, also Angehöriger eines Berg – oder zumindest Alpenvolkes bin ich mir Bergsteigen, dazu noch in einem Konzertsaal, überhaupt nicht gewohnt, da dessen auch nicht mächtig und auch nicht schwindelfrei.

Bergsteigen im Konzertsaal

Elbphilharmonie-grosser-Konzertsaal-Foto-Christian-Charisius
Elbphilharmonie-grosser-Konzertsaal-Foto-Christian-Charisius

Da ist es auch nicht unbedingt tröstlich zu sehen, da nicht alle Besuchenden im Teenager – oder Twen Alter, dass auch andere mehr als Mühe haben, ohne Seil und Steigeisen, sich auf den Rängen zu bewegen und ihre Plätze zu erreichen.Einmal mehr ärgerte ich mich über die, als Zuschauertribünen deklarierten Steilrampen im großen Konzertsaal in der, zugegebenermaßen, wunderschönen Elbphilharmonie in Hamburg, deren Bau am Ende mit rund 866 Millionen Euro etwas mehr als das 11,24-fache der mit ursprünglich 77 Millionen Euro geplanten Summe zu Buche schlug, also fast eine Milliarde, eigentlich unvorstellbar, aber dann auch so Besucher unfreundlich.

Inklusion heute ein ganz großes Thema, nicht so in der Elphi

Blick aif Hamburg vom 15. Stock der Elbphilharmonie
Blick aif Hamburg vom 15. Stock der Elbphilharmonie

Besonders in den heutigen Zeiten, wo doch überall Inklusion ein großes Thema ist man damit sogar wirbt um sich ein positives Image zu erschaffen, wäre es doch nicht mehr als angebracht und selbstverständlich, dass man dieser wichtigen Angelegenheit, die, zumindest in der Schweiz, sogar in der Verfassung festgeschrieben ist, Rechnung trägt und so wenigstens Minimalstandards einhält.

Wenn Du nicht grad Tickets in der teuersten Kategorie, also Parterre hast und in den oberen Stockwerken kein Ticket in Reihe 6, 5 geht auch noch, ist äußerste Vorsicht angebracht, vor allem für Personen, die nicht mehr so trittsicher sind und auch für solche, die nicht mehr ganz gut sehen.

Die einzelnen Reihen, nur über sehr steil angeordnete Stufen erreichbar, sind nicht mit durchgehendem Handlauf versehen, sodass teilweise ein (relativ gefährliches) B balancieren von Reihe zu Reihe vonnöten ist. Wenn Du Glück hast, stellt Dir ein anderer, hilfsbereiter, Besucher kurz seine Schulter zum Abstützen zur Verfügung, bis Du sicher an Deinem Platz angekommen bist.

Zum Konzert der britischen Vokalartist*innen

Tallis Scholar in der Elbphilharmonie
Tallis Scholar in der Elbphilharmonie

Seit ihrer Gründung vor genau 50 Jahren bilden die britischen Tallis Scholars eines der weltweit führenden Vokalensembles für Renaissance- und geistliche A-cappella-Musik. Die Tallis Scholars sind eine Ikone der Alten Musik. Gegründet vor 50 Jahren und bekannt für ihre Interpretationen des Renaissance-Repertoires. Mit dem waren sie jetzt auch in der Elbphilharmonie zu Gast – und gaben dem Konzert eine beinahe mystische Aura.

Elbphilharmonie: Diese Liebe war leider ein bisschen zu kühl

Tallis Scholars mit Leiter Peter Philipps
Tallis Scholars mit Leiter Peter Philipps

Sechs Sängerinnen und vier Sänger standen da auf der Bühne im Großen Saal, stimmungsvoll ausgeleuchtet. Die Musik von Komponisten wie Sebastián de Vivanco oder Heinrich Isaac schien fast wie von selbst zu fließen. Dirigent Peter Phillips brauchte nur ein paar kleine Gesten, mehr nicht. Unterstützt von der kristallinen Akustik, verströmte das Ensemble den typischen Tallis-Sound: Er hat eine fast schon schmerzliche Klarheit. Mit Akkorden, die den Raum sirren lassen. Mit einer unglaublichen Transparenz. Und mit einem hellen, vibrato losen Strahl der Soprane, der manchmal wie ein vokales Laserschwert durch die Luft schneidet und auf dem Trommelfell kitzelt.

Peter Phillips Leitung der Tallis Scholars
Peter Phillips Leitung der Tallis Scholars

Das klingt wie ein Konzentrat der britischen Chortradition. Allein, es passte nur so halb zum Programm. Für den Themenschwerpunkt „Liebe“ beim Internationalen Musikfest hatten die Tallis Scholars einige Hohelied-Motetten ins Zentrum gerückt. Also Vertonungen jener König Salomo zugeschriebenen Texte aus dem Alten Testament, die von den Wonnen der Liebe schmachten und dabei auch erotische Bilder und Metaphern nutzen.

Da nicht ein ausgewiesener Chormusikkenner, diesem Genre auch nicht grad besonders zugeneigt, geniesse ich diese Art Musik lieber in Kathedralen, Klöstern oder anderen Kirchen, Locations, die sich für sakrale Musik besser eignen, als ein relativ nüchterner Konzertsaal.

Trotz allem ist der Besuch eines Events in der Hamburger Elbphilharmonie immer ein ganz besonderes Ereignis und ich verbinde dies auch immer mit dem, für mich stimmigen Rahmenprogramm in Form der Anreise per Fähre ab den Landungsbrücken und einem gepflegten Nachtessen in www.carls-brasserie.de  vis a vis des monumentalen Herzog – de Meuron Baus vor dem Konzert.

Kurzer Trailer des Konzertes

www.youtube.com/watch?v=Hsq_2dwlzko 

Die längste Rolltreppe  Westeuropas in der Elbphilharmonie Hamburg

www.youtube.com/watch?v=3r2JAQYcCIY

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: Léonard Wüst und Diverse

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The Tallis Scholars in der Elbphilharmonie Hamburg

The Tallis Scholars Foto Rodrigo Perez

The Tallis Scholars in der Elbphilharmonie Hamburg

Peter Phillips Leitung der Tallis Scholars

The Tallis Scholars in der Elbphilharmonie Hamburg

The Tallis Scholars mit Leiter Peter Philipps

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Festival Strings Lucerne Konzert IV «Zu Acht», Zeugheersaal Schweizerhof Luzern , 4. Juni 2023, besucht von Léonard Wüst

Das Lucerne Festival Strings Oktett bei der Intonation von Eugene Enescu im Zeugheersaal
Das Lucerne Festival Strings Oktett bei der Intonation von Eugene Enescu im Zeugheersaal

Besetzung und Programm
Die Festival Strings Chamber Players in Grossbesetzung: zu acht!
ANTONÍN DVOŘÁK
· Streichquartett F-Dur op. 96 «Amerikanisches»
GEORGE ENESCU
· Streichoktett C-Dur op. 7

Letztes Konzert der Saison im vollbesetzten Zeugheersaal an diesem, schon fast hochsommerlichen Sonntag.

Zurückversetzt in einen Salon der Pariser «Haute volée»

vlnr Daniel Dodds Violine  Izabela Iwanowska Violine Dominik Fischer Viola Jonas Iten Violoncello
vlnr Daniel Dodds Violine Izabela Iwanowska Violine Dominik Fischer Viola Jonas Iten Violoncello

Schon bei den ersten Tönen fühlt man sich zurückversetzt in einen Salon der «Haute volée» in Paris, Wien, Budapest oder Prag des 19. Jahrhunderts, als solch intime Konzert Abende zu «geben»  ein Muss war für jede*n Angerhörige*n der Oberschicht der Metropolen Europas und dies oft mit den angesagtesten Virtuosen der damaligen Zeit wie z.B. Franz Liszt, Fréderic Chopin, Georges Bizet, Hector Berlioz usw.

Antonín Dvorák Streichquartett Nr. 12 “American”

Meisterwerk aus Amerika

Das Lucerne Festival Strings Chamber Players Quartett
Das Lucerne Festival Strings Chamber Players Quartett

Amerika im Sommer 1893 – in dem kleinen Ort Spillville, 350 Kilometer westlich von Chicago. Der Komponist erholt sich von den Strapazen der hektischen Großstadt New York. Die Landschaft am Turkey River beeindruckt und inspiriert ihn. In nur zwei Wochen komponiert er sein Streichquartett in F-Dur op. 96.

Doch auch die Musik der Neuen Welt, der Jazz findet Eingang in sein Werk. Im “Amerikanischen Quartett” notiert der Komponist Rhythmik, die die klassische Streichquartettbesetzung schon fast in eine groovende Jazzband verwandelt.

Antonín Dvorák in Amerika

Ende September 1892 reiste Antonín Dvořák zum ersten Mal nach Amerika. In New York sollte er Direktor des National Conservatory of Music werden. Sein Auftrag lautete, die Musikkultur des Landes aufzubauen. Für den fest in Böhmen verwurzelten, fast 50-jährigen Komponisten war es kein leichter Schritt, die Heimat zu verlassen und sich auf eine andere Gesellschaft einzustellen. Dennoch unternahm Dvořák dieses Wagnis, stieg auf einen Dampfer und reiste über den Atlantik.

Spazieren, Plaudern, Komponieren

Das Lucerne Festival Strings Chamber Players Quartett
Das Lucerne Festival Strings Chamber Players Quartett

Das „Amerikanische Quartett“ ist neben der Sinfonie „Aus der Neuen Welt“ eines der berühmtesten Werke aus Dvořáks Zeit in Amerika. Diese dauerte (mit Unterbrechung) von Herbst 1892 bis zum Frühling 1895. Das Quartett schrieb er während der ersten Sommerfrische, die er in Spillville in Iowa zubrachte – über tausend Meilen von New York entfernt.

Die sehr tschechisch geprägte Gemeinde dort war für Dvořák ein Ersatz für den Aufenthalt in Vysoká in Böhmen, wo er sonst seine Ferien zubrachte. Erholsam, auch wenn er in Spillville oft sehr einsam war. „Früh stand er um vier auf, und ging spazieren – zum Bach oder zum Fluss – und um fünf kehrte er zurück. Nach dem Spaziergang plauderte er ein wenig, kehrte heim, arbeitete …, dann ging er wieder spazieren“, erinnerte sich Dvořáks Reisebegleiter Josef Jan Kovarík.

Irgendwo zwischen Spazieren und Plaudern fand Dvořák die Ideen für ein neues Streichquartett. Innerhalb gerade einmal zwei Juniwochen war es fertig. Dank der Freiheit und Offenheit, die es ausstrahlt, wie offensichtlich die Musik die Naturklänge nachahmt, ist gelegentlich der Bezug zur „Pastorale“ von Beethoven gezogen worden. Vielleicht hört man im ersten Satz aber auch eine Eisenbahnfahrt durch die Prärie? Ganz gleich, dieser Musik wohnt in jedem Fall eine große imaginative Kraft inne.

Einflüsse aus vielen Welten

Wie schon in seiner Neunten Sinfonie gestaltet Dvořák die Themen seines Streichquartetts sehr originell. Für die Melodien verwendet er häufig die Fünftonleiter. Das erinnert an Gospels wie „Swing Low, Sweet Chariot“. Andererseits ist das Quartett auch stark von der europäischen Musik beeinflusst: die Folge der Sätze etwa, auch die enge Verzahnung der Stimmen oder das schnelle Wandern der Motive durch die Partitur.

Mit dem zweiten Satz erreicht das Stück einen elegischen Höhepunkt, es verdichtet sich wortwörtlich in der Höhe. Das Scherzo schöpft seine Kraft aus kurzen, aufstrebenden Figuren und einem raffinierten Frage-und-Antwort-Spiel. Das Finale ist ein Meisterstück aus rhythmischem Witz, melodischer Schönheit, klanglichem Volumen und großen Kontrasten.

Im Januar 1894 wurde das 12. Streichquartett Dvořáks in Boston uraufgeführt. Bis heute genießt es große Popularität. Von „amerikanischer“ ist es längst zur Weltmusik geworden.

Freuen sich über den Applaus vlnr Daniel Dodds Violine  Izabela Iwanowska Violine Dominik Fischer Viola Jonas Iten Violoncello
Freuen sich über den Applaus vlnr Daniel Dodds Violine Izabela Iwanowska Violine Dominik Fischer Viola Jonas Iten Violoncello

Die Wiedergabe des Dvořákschen Meisterwerks durch das Strings Chamber Players Quartett zeichnete sich aus durch höchste Präzision, viel Schwung und sichtliche Spielfreude, bestechende kurze Solosequenzen der einzelnen Stimmen und vollkommene Harmonie im Zusammenspiel, kurz, Kammermusik als musikalischer Leckerbissen. Daniel Dodds wusste seine Mitmusiker*innen mit kurzen Blickkontakten und wenigen Kopfbewegungen perfekt mitzunehmen auf der akustischen Reise durch die Partitur. Das sichtlich beeindruckte Publikum honorierte diese Leistung denn auch mit einem langanhaltenden, kräftigen Applaus.

George Enesccu Oktett C-Dur Opus 7

Das Lucerne Festival Strings Oktett bei der Intonation von Eugene Enescu im Zeugheersaal
Das Lucerne Festival Strings Oktett bei der Intonation von Eugene Enescu im Zeugheersaal

Enescus Oktett, das erstaunliche Werk eines Neunzehnjährigen, ist im Jahr 1900 an der Schwelle von französischem Einfluss und zunehmend sich ausprägender Individualstilistik entstanden

Daniel Dodds leitete das Ensemble, insgesamt sechs Musiker und zwei Musikerinnen, vom ersten Pult aus – hochqualifizierte, hochkarätige Individuen der gleichen Generation, vereint im Willen, eine Spitzenleistung zu erbringen. Dodds hatte das Heft in der Hand, aber wenn seine Stimme pausierte, übernahmen die Führer anderer Stimmgruppen zwanglos die Leitung. Wieder hörte ich kongeniales, engagiertes und konzentriertes Musizieren aus einem Geist, obwohl es sich nicht um ein langjähriges, in dieser Konstellation, festgefügtes Ensemble handelt.

Des Rumänen Leidenschaftlichkeit in Noten umgesetzt

Das Lucerne Festival Strings Oktett bei der Intonation von Eugene Enescu im Zeugheersaal
Das Lucerne Festival Strings Oktett bei der Intonation von Eugene Enescu im Zeugheersaal

Und erst die Musik! Schon der Eingangssatz ist sehr leidenschaftlich, spannend, erinnert im Temperament gelegentlich an Mendelssohns Oktett, doch ohne dessen persistente, oft nervöse Motorik: hier sind es rasch schreitende Pizzicato, die den Fluss am Laufen halten. Enescus Musik ist intensiv, glühend, äußerst expressiv, hinreißend, oft dramatisch, gegen Schluss auch rührend, intim. Kurz vor dem verklingenden Schluss hat die erste Violine ein Solo, das in seiner wehmütigen Art an den langsamen Satz aus Dvořáks Neunter erinnert. Das Très fougeux ,sehr resolut und ebenso leidenschaftlich intoniert, aber auch genauso vielfältig: neben dramatischen, eruptiven Abschnitten steht ein inniges Violinsolo, das von Richard Strauss sein könnte.

Dramatik pur im Ablauf

Die Ausführenden geniessen den langanhaltenden Schlussapplaus
Die Ausführenden geniessen den langanhaltenden Schlussapplaus

Diese Segmente stehen nicht einfach nebeneinander, sondern bilden einen sinnfälligen dramatischen Ablauf, in dem die Spannung auch über Pausen gehalten wird, hin zum erst furios-heftigen Schluss, der dann doch leise verklingt: Musik, die mir manchmal fast das Herz stocken ließ. Der langsame Satz, meist con sordino, folgt attacca: ruhig schreitend, Soli mit wunderbaren, sehnsüchtigen Melodien, hier aber nie schwülstig, und auch da, über Steigerungswellen hinweg, ebenso im pp, ließ die Spannung, die Intensität nie nach. Ein Crescendo zu einem tremolierten Fortissimo leitet nahtlos über in den abschließenden Mouvement de valse. Dieser erinnerte mich in seinem Zug, dem Vorwärtsdrang, der Dramatik an Ravels La valse – manchmal ähnlich übersteigert, aber ohne dessen absurde Komponente: wiederum hinreißend in seiner dramatischen Polyphonie. Später mischen sich wunderbar wehmütige Walzermelodien in das vielfältige Geschehen. Ein ungemein faszinierendes Werk, das das Oktett der Festival Strings Chamber Players überzeugend darzubieten wusste und so das Auditorium ungemein beeindruckte, was sich durch den langanhaltenden, stürmischen Schlussapplaus manifestierte.

Fazit dieses Sonntagnachmittag im Schweizerhof

Einmal mehr ein wundervoller Konzertnachmittag in exquisitem Ambiente, eine Konzertreihe, eigentlich aus der «Corona Not» geboren, die nach Fortsetzung ruft, war doch der Zeugheersaal, mit seiner Kapazität von ca. 200 Plätzen, seit Konzertreihe Beginn im Juni 2020, immer voll besetzt.

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: Angela Henzi und Fabrice Umiglia www.fsl.swiss

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Das Lucerne Festival Strings Chamber Players Quartett

vlnr Daniel Dodds Violine Izabela Iwanowska Violine Dominik Fischer Viola Jonas Iten Violoncello

 

Freuen sich über den Applaus vlnr Daniel Dodds Violine Izabela Iwanowska Violine Dominik Fischer Viola Jonas Iten Violoncello

 

Das Lucerne Festival Strings Oktett bei der Intonation von Eugene Enescu im Zeugheersaal

Das Lucerne Festival Strings Oktett bei der Intonation von Eugene Enescu im Zeugheersaal

 

Daniel Dodds Violine links und Thomas Schrott Violine

Die Ausführenden geniessen den langanhaltenden Schlussapplaus

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Herbert Hubers Vorliebe für den Safran und was er darüber brechtet

Safran in voller Blüte und schönster Farbe
Safran in voller Blüte und schönster Farbe

Wie ich Safran liebe! Sei es in einem hausgemachten Weisswein-Fischsösschen, in einem Risotto mit Lotoreis aus dem Maggiadelta oder im Emmentaler Lamm-Safran Voressen. Dann die feinen hausgemachten Pastavariationen von «Vilmas Pasta» in Grosswangen oder die fixfertigen Tagliorini aus der Kernser Pasta- Manufaktur. Auch einem Spätzliteig kann man etwas Safran zugeben. Und in der klassischen Bouillabaisse ist er natürlich ein Muss.

Auch vor Süssem macht der «König der Gewürze» nicht Halt. Ihm wird schon in dem Kinderliedchen «Backe, backe Kuchen» mit der Zeile «Safran macht den Kuchen gel» die Ehre erwiesen. Auch eine Caramelcreme, mit Safran und etwas Lavendel gewürzt, mundet herrlich. Das Internet liefert zahllose weitere Rezeptideen mit Safran. Toll sind auch die Safranrezepte von Daniel Bumann, bekannt seit der Sendung «Der Restauranttester». Als gebürtiger Walliser beherrscht er das Kochen mit Safran aus dem FF. Eine meiner eindrücklichsten kulinarischen Erinnerungen mit Safran habe ich damals noch in seinem Restaurant Chesa Pirani erleben dürfen.

Zeus schlief auf einem Safranbett

Die feinen Fäden tragen den Geschmack in sich
Die feinen Fäden tragen den Geschmack in sich

Die Geschichte des Safrans geht weit zurück in die griechische Mythologie, wo behauptet wird, dass Zeus auf einem Bett aus Safran geschlafen habe. Unvorstellbar fast. Verwendet wurde Safran damals schon als Heil- und Würzmittel. Im achten Jahrhundert führten die Araber (Maurenherrschaft) die Spanier in die Safrankultur ein, und über Frankreich gelangte er in die Schweiz. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Österreich das Anbauzentrum Mitteleuropas. Des Safrans höchste Qualität wurde als «Crocus austriacus» bezeichnet. Safran – der wissenschaftliche Name lautet Crocus sativus – ist eine Krokus-Art und hat ihren Namen aus dem Arabisch-Persischen «za’faran». Aus den Stempeln ihrer Blüten wird das ebenfalls Safran genannte Gewürz gewonnen. Nur einmal pro Jahr blüht Safran. Auch bei uns in der Schweiz im Walliser Dörfchen Mund und neustens auch im Bündnerland.

Violettes Blütenmeer in Mund

Safran in voller Blüte
Safran in voller Blüte

Man weiss, dass Safran in ganz Europa schon seit der Renaissance sehr gefragt ist und damit intensiv gehandelt wurde. Die Verwendung von und der Handel mit Safran sind in der Schweiz mindestens seit dem 15. Jahrhundert gut belegt. Aber sein Anbau? Die Legende erzählt, dass Safran im Dorf Mund seit dem 14. Jahrhundert ununterbrochen angebaut wurde. Es ist nur eine sehr geringe Produktion mit zwei bis drei Kilo pro Jahr, aber ihr Ruf geht weit über die Grenzen des Wallis hinaus. Seit 1977 unternehmen die Einwohner des Dorfes alles, um ihr Verschwinden zu verhindern. So ist es ihnen gelungen, diese Kultur zu bewahren und die Produktion noch zu steigern. Das Dorf wurde damit zu einer einmaligen Besonderheit in den Alpen: Es beherbergt eine Safrananbaufläche von gut anderthalb Hektar (14 000 m2).

Schön geöffnet, bereit zum gepflückt werden
Schön geöffnet, bereit zum gepflückt werden

Ich erinnere mich an einen Ausflug nach Mund oberhalb von Naters im Wallis. Grenzenlos war mein Staunen ob des violetten Blütenmeeres. Riechen tut man dabei rein nichts. Der unverkennbare Safrangeruch entsteht nämlich erst nach dem Trocknen der Blüten. Feinsandig, leicht lehmig und lockertrocken – eher mager muss die Beschaffenheit des Bodens sein. Das ist in Mund, auf 1200 Metern über Meer an einem Sonnenhang, der Fall. Eine Reise dorthin lohnt sich. Der hiesige Safran ist AOP-zertifiziert. Da die Nachfrage grösser ist als das Angebot, ist der Safran hier meistens ausverkauft. In den Gaststätten des 700-Seelen- Dorfes sind feinste Safranspezialitäten von Reis über Kuchen und Brot bis hin zum Likör erhältlich. Auf dem beschilderten Safran-Lehrpfad,der durch verschiedene Äcker führt, wird auf Infotafeln Wissenswertes erläutert. Warum Safran so teuer ist, beispielsweise. Um ein einziges Gramm Safran zu erhalten, braucht es nämlich mindestens 180 Blüten. Denn nur die oberen drei Narbenschenkel (Fäden) enthalten das intensive Safranaroma.

Und mit dem Handpflücken müssen sich die Erntehelfer beeilen, denn die Narben müssen am gleichen Tag gezogen werden. Es ist also nur verständlich, dass Safran fast wie Gold behandelt wird. Kaufen kann man dieses «rote Gold» in kleinen Portionen als Pulver oder als Safranfäden.

Vorsicht vor Fälschungen

Im Mörser fein zu Pulverzerstossen
Im Mörser fein zu Pulver zerstossen

Es gibt auch Fälschungen, die leider weit verbreitet sind. Ich warne vor Safrankäufen in einem Souk oder Gewürzmarkt eines exotischen Landes. Souvenir hin oder her. Fälschungen können aus einer Kurkumamischung bestehen. In Spanien kann man den sogenannten Colorante kaufen, welcher sehr oft zum Färben der Paella dient, aber niemals den Geschmack echten Safrans hat. Die Farbe allerdings schon. Etwas davon auf die Hosen, das Hemd oder die Bluse – und futsch sind die Kleidungsstücke.

Auch Safranfäden werden gefälscht. Wer mit dem Aussehen und Geruch des richtigen Safrans vertraut ist, kann den Unterschied erkennen. Testen kann man auch, indem man zu einer Lösung des Pulvers Natronlauge beigibt. Handelt es sich um reinen Safran, bleibt die Lösung gelb. Ist Kurkuma drin, wird die Lauge trüb und verfärbt sich rot. Dies nur als guter Tipp, um einem allfälligem «Bschiss» vorzubeugen. Zu Hause allerdings ist dieser Test zu spät.

Konkurrenz im Bündnerland

Auch für eine feine Safransuppe wird er verwendet
Auch für eine feine Safransuppe wird er verwendet

Das Safrandorf Mund hat im Bündnerland Konkurrenz erhalten. Vorerst allerdings zwar nur eine bescheidene: in Mund werden um die 3 kg Trockengewicht geerntet. Doch zumindest stehen die Zeichen gut, dass Schweizer Safran, sorgfältig und selektiv angebaut, noch mehr als bis anhin seine Liebhaber finden wird.

Text   www.herberthuber.ch

Fotos www.pixelio.de

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Safran in voller Blüte

Safran ein edles Gewürz

Filigrane Handarbeit ist gefragt

Ds gelbe Gold ist rar und deshalb sehr teuer

Kein Safran keine Paella

Auch manch Getränk veredelt der Safran

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Festival Strings Lucerne & Kian Soltani, KKL Luzern, 26. Mai 2023, besucht von Léonard Wüst

Die Festival Strings Lucerne bereit zum Spiel in der Salle blanche des KKL Luzern
Die Festival Strings Lucerne bereit zum Spiel in der Salle blanche des KKL Luzern

Ausführende und Programm
Kian Soltani – Violoncello
Daniel Dodds – Violine & Leitung
Festival Strings Lucerne

NIELS WILHELM GADE
Noveletten für Streichorchester Nr. 1 F-Dur op. 53
ROBERT SCHUMANN
Konzert für Violoncello und Orchester a-Moll op. 129
FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY
Sinfonie Nr. 3 a-Moll op. 56 «Schottische»

NIELS WILHELM GADE Noveletten für Streichorchester Nr. 1 F-Dur op. 53

Music Director Daniel Dodds

Die Programmverantwortlichen der Festival Strings Lucerne machen das sehr geschickt mit dem «Konzertaufbau», programmieren zum Start meist eher unbekannte Werke, greifen erst danach in die Kiste mit dem «Grossen Repertoire».

Positive Effekte: 1. Das Auditorium lernt andere Kompositionen jenseits von Mozart, Beethoven, Haydn usw. kennen.

2.Die Spannung lässt sich dadurch kontinuierlich steigern, weiss man doch, dass nachher Gastsolisten auftreten, und/oder «grosse» Werke gespielt würden.

So ist ein gelungener Aufgalopp, das wohlwollend aufgenommene Warm Up, schon die halbe Miete. Das war auch an diesem fünftletzten, fast schon sommerlichen Frühlingsabend mit den Kompositionen des bei uns kaum bekannten Dänen Wilhelm Gade nicht anders.

Nordischer, aber keinesfalls kühler Ton

Der Auftakt ins Konzert ist geschafft
Der Auftakt ins Konzert ist geschafft

Vorherrschend in Gades Musik ist ein ausgeprägter „nordischer Ton“. Dabei greift er auf die Sagenwelt ebenso zurück wie auf folkloristische Elemente. Er bedient sich jedoch nicht bestehender Volkslieder, sondern erschafft Neues nach folkloristischer Manier und übernimmt es in seinen persönlichen Stil, womit er die national orientierte Symphonik entscheidend prägte.

Einst aus dem internationalen Konzertrepertoire verschwunden, finden seine Werke wieder zunehmende Beachtung. In Dänemark zählt Gade bis heute zu den bedeutendsten Komponisten der Romantik. Diese Romantik setzte das Luzerner Kammerorchester, noch ohne die Bläsersektion, in ein abgerundetes, harmonisch  sympathisches «Wohlhörprogramm» um, intonierten mit viel Feingefühl und Einfühlvermögen.

Bezug zu Robert Schumanns Schaffen

Kian Soltani Konzertfoto von Fabrice Umiglia
Kian Soltani Konzertfoto von Fabrice Umiglia

In Gades gedruckten Werken finden sich insgesamt drei Kompositionen mit dem Titel „Noveletten“. Der Begriff geht vermutlich auf Robert Schumann zurück, der ihn 1838 nach dem Namen der berühmten, englischen Sängerin Clara Novello (1818-1908) für seine acht Noveletten op. 21 für Klavier gebrauchte. “Novelette“ bezeichnet ein Charakterstück mit mehreren, oft unverbunden nebeneinander stehenden Themen.

Die Zuhörenden im sehr gut besetzten Konzertsaal bezeugten ihre Freude am guten Konzertauftakt  mit einem langanhaltenden Applaus.

ROBERT SCHUMANN Konzert für Violoncello und Orchester a-Moll op. 129

Clara Schumann war begeistert von dem Stück ihres Mannes Robert, sie schrieb: “Die Romantik, der Schwung, die Frische und der Humor, dabei die höchst interessante Verwebung zwischen Cello und Orchester ist wirklich hinreissend.“ Wie recht sie hatte. Der hochbegabte Cellist Kian Soltani verschmolz geradezu mit seinem Cello, das Orchester mit ihm  und der künstlerische Leiter ebenfalls.

Über den Solisten Kian Soltani

Der hochkonzentrierte Cellist Kian Soltani inmitten der Strings
Der hochkonzentrierte Cellist Kian Soltani inmitten der Strings

Sein Celloklang ist weich und voll wie Karamel, er spielt mit angenehmer Wärme und zieht das Orchester mit sich wie einen Lichtschein um die Flamme einer Kerze.

Individualität, Ausdruck und Präsenz zeichnen die künstlerischen Fähigkeiten des, als Sohn persischer Eltern im österreichischen Bregenz geborenen, Cellisten Kian Soltani aus.

Das komplexe Notengebilde Robert Schumanns bietet einem Ausnahmekünstler von Weltformat ausreichend Gelegenheiten sein volles Können zu demonstrieren, wenn dabei  so ein grossartiges Orchester wie die Strings auf Augen- respektive Ohrenhöhe agiert, ihm somit den Kang Teppich ausbreitet, auf dem er sich traumwandlerisch sicher  bewegen kann.

Saitensprünge der ganz besonderen Art

Kian Soltani Solist am Cello bei Schumanns Cellokonzert inmitten der Festival Strings Lucerne
Kian Soltani Solist am Cello bei Schumanns Cellokonzert inmitten der Festival Strings Lucerne

Die Partitur bietet genügend Möglichkeiten, mal verträumt sanft, mal offensiv zu agieren, dann schwelgerisch aber nicht süss, resolut aber nicht aggressiv. Soltani wechselt entsprechend den Intentionen des Komponisten die Farbe seines Spiels, wie dies Chamäleons in der Natur mit ihrer Haut tun.

Dieser Cellist lebt die Musik nicht nur mit seinen mal flinken Fingern bei den Läufen, mal weichen feinfühligen bei den Tremolo und Vibrato, er setzt die Partitur auch mit sehr viel Körpereinsatz und Mimik in Szene. Obwohl Solist, nie abgehoben, immer verschmolzen mit dem Orchester als Teil des Ganzen.

Kian Soltani ist einzuordnen bei den aktuell ganz Grossen seines Fachs und braucht den Vergleich mit z.B. Mischa Maisky, Sol Gabetta, Gautier Capuçon, David Geringas, Raphaela Gromes, Steven Isserlis, Antonio Meneses etc. keineswegs zu scheuen.

Dieser Meinung war auch das sichtlich beeindruckte Publikum und honorierte die Leistung der Ausführenden auf der Bühne mit stürmischem, langanhaltendem Applaus, der schlussendlich in eine stehende Ovation mündete, für die wir dann

mit einer Zugabe aus Schumanns «Fünf Stücken im Volkston» ursprünglich für Klavier und Cello, hier arrangiert für Cello und Streichorchester, belohnt wurden, bevor sich man in die Foyers begab, wo angeregt über das Gebotene diskutiert wurde.

FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY Sinfonie Nr. 3 a-Moll op. 56 «Schottische»

Solist und Orchester ergänzen sich perfekt
Solist und Orchester ergänzen sich perfekt

Wo machten echte Romantiker*innen im 19. Jahrhundert Urlaub? Natürlich im schottischen Hochland! James Macphersons Ossian-Sagen und die Werke des schottischen Dichters Walter Scott inspirierten sie dazu. Auch den 20-jährigen Felix Mendelssohn Bartholdy zog es dorthin, nachdem er in London als Dirigent und Pianist 1829 eine überaus erfolgreiche Konzertsaison hingelegt hatte. Mit seinem Freund Karl Klingemann zogen sie im Sommer los, um die sagenumwobenen Highlands zu erkunden. Station machten sie auch in Schottlands Hauptstadt Edinburgh und im Schloss Holyrood. Ein Ort mit einer düsteren Vergangenheit: Königin Maria Stuart hatte hier einst residiert. Und hier hatten ihre Gegner 1566 den Privatsekretär David Rizzio bestialisch ermordet – vor ihren Augen. Er habe an diesem Tag, an diesem Ort, den Anfang seiner “Schottischen Sinfonie” gefunden, so schreibt Mendelssohn an seine Familie nach Berlin.

Fortsetzung folgt… zwölf Jahre später

Schöne Bläsereinwürfe prägten Mendelssohns Schottische
Schöne Bläsereinwürfe prägten Mendelssohns Schottische

Doch erst über 12 Jahre später setzt er das Projekt um. Seine Sinfonie a-Moll, vollendet im Januar 1842, wird zwar heute als seine dritte gezählt, ist jedoch eigentlich seine letzte. Robert Schumann lobte in seiner Besprechung die formale Dichte des Werks; es bilde “ein engverschlungenes Ganzes”. Im Gestus erhaben und episch, wie es sich für eine romantische Sinfonie gehört, ist sie innovativ vor allem wegen ihres ausgeprägt lyrischen Stils: Mendelssohn Bartholdy arbeitet mit poetischen Liederthemen, “Liedern ohne Worte”. Liedstrukturen prägen die ganze Sinfonie. Zwar kommt die “Schottische” ohne ein spezifisches Programm aus, sie ist aber durchwirkt von schottischem Kolorit. Hörbar wird das etwa in den Dudelsackanklängen des zweiten Satzes oder im balladenhaften Tonfall des Sinfoniebeginns: “Es war einmal in fernen Zeiten” scheint die Musik hier artikulieren zu wollen. Assoziationen an eine düstere, schottische Landschaft mit verfallenen Gemäuern und versunkenen Geschichten stellen sich beim Hören wie von selbst ein – auch in der schaurigen Sturmmusik am Ende des Kopfsatzes.

Ein Mendelssohn wie ein sehr guter Cuvée aus dem Bordelais

Zur Interpretation passt eigentlich fast perfekt, wie man einen absoluten Spitzenwein aus dem Bordelais  beschreiben würde: Ein voluminöser (Orchester) Körper zusammengesetzt aus diversen Geschmacksnuancen, so dem Schmelz dunkler Schokolade der Celli, himbeerfruchtige Violinen und Violen dazu fügten sich harmonierende, auch etwas aufpeitschende Zitrus Fruchtaromen des Bläserregisters, das Tannin der Bässe, alles gut verbunden, geschmeidig und doch auch  noch vollmundig im Abgang, sprich Finale.

Daniel Dodds für einmal anders leitend

Die Festival Strings Lucerne bedanken sich für den langanhaltenden Schlussapplaus
Die Festival Strings Lucerne bedanken sich für den langanhaltenden Schlussapplaus

Auffallend, dass Music Director Daniel Dodds öfters mittels Gesten mit den Mitspielenden kommunizierte, bei ihm äusserst selten, beschränkt er sich doch sonst auf Zeichen, Aufforderungen etc. mittels Kopfnickens und Augenkontakt. Ein Zeichen der viel Aufmerksamkeit fordernden Partitur oder bloss maximale Absicherung, dass seine Mitmusikerinnen auch ganz im Sinn seiner Partitur Auslegung agieren?

Wie dem auch sei, dem Auditorium wars egal, bekam es doch eine ausserordentlich aufwühlende Intonation der «schottischen» vor Ohren geführt und genoss jede Note, jeden Takt des akustischen Mendelssohnschen Geniestreichs und bedankte sich dafür mit einem lautstarken, nicht enden wollenden Schlussapplaus.

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos:  Fabrice Umiglia www.fsl.swiss

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Kian Soltani Violoncello

Der Auftakt ins Konzert ist geschafft

Blickkontakt zwischen Solist Kian Soltani und Dirigent Daniel Dodds links vorne sitzend

Kian Soltani Solist am Cello bei Schumanns Cellokonzert inmitten der Festival Strings Lucerne

Volle Konzentration bei den Cellospielenden

Kian Soltani beim hingebungvollen Spiel

Solist Kian Soltani vertieft in sein Spiel

Die Festival Strings Lucerne bedanken sich für den langanhaltenden Schlussapplaus

 

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