Rückläufiger Trend beim Einsatz von Antibiotika bei Masttieren
BfR wertet Daten zur Therapiehäufigkeit und zum Antibiotikaverbrauch aus
Antibiotika werden bei Masttieren zunehmend seltener eingesetzt. Dies ist
das Ergebnis des Berichts des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR)
zur „Therapiehäufigkeit und Antibiotikaverbrauchsmengen 2018-2021:
Entwicklung in zur Fleischerzeugung gehaltenen Rindern, Schweinen, Hühnern
und Puten“. Das BfR hat die Aufgabe, die von den Ländern übermittelten
Daten zum Antibiotikaeinsatz jährlich auszuwerten und eine Risikobewertung
zur Antibiotikaresistenz vorzunehmen. In seinem jetzt veröffentlichten
Bericht berücksichtigt das BfR die Daten aus den Jahren 2018 bis 2021 und
vergleicht diese mit dem Jahr 2017. „Die erfreuliche Botschaft ist, dass
bei den erfassten Nutztierarten ein rückläufiger Antibiotika-
Gesamtverbrauch zu sehen ist, wenn auch mit Schwankungen“, so Professorin
Dr. Annemarie Käsbohrer, Leiterin der Fachgruppe Epidemiologie, Zoonosen
und Antibiotikaresistenz, die den Bericht erstellte. Auch das Vorkommen
von antibiotikaresistenten Keimen in Schlachttieren ist eher rückläufig.
„Allerdings ist dieser Rückgang bei den Nutzungsarten unterschiedlich und
spiegelt nicht den beobachteten Rückgang des Verbrauchs wieder. Wir müssen
das Resistenzverhalten von Keimen noch besser verstehen lernen und die
Anstrengungen zur Reduktion intensivieren, um langfristig einen Abfall der
Resistenzrate erreichen zu können“, sagt Käsbohrer.
Zum Bericht „Therapiehäufigkeit und Antibiotikaverbrauchsmengen 2018-2021:
Entwicklung in zur Fleischerzeugung gehaltenen Rindern, Schweinen, Hühnern
und Puten“
<https://www.bfr.bund.de/cm/34
antibiotikaverbrauchsmengen-20
Das BfR hat in seinem Bericht vier Kenngrößen in den Mittelpunkt gestellt.
Zunächst wurde die betriebliche Therapiehäufigkeit betrachtet. Dieser Wert
gibt an, an wie vielen Tagen im Halbjahr durchschnittlich bei einem Tier
einer Nutzungsart in einem Betrieb eine antibiotisch wirksame Substanz
angewendet wurde. Diese Werte wurden für Masthähnchen und -puten,
Mastferkel und -schweine sowie Mastkälber und -rinder berechnet. So
konnten auch Betriebe ermittelt werden, die im Laufe eines Halbjahres
keine Antibiotika einsetzten, sogenannte Nullanwender-Betriebe. Zudem hat
das BfR betrachtet, bei welchen der Nutzungsarten insgesamt am häufigsten
antimikrobielle Substanzen zum Einsatz kommen (populationsweite
Therapiehäufigkeit) und wie sich die Verbrauchsmengen über den Zeitraum
entwickelten.
Den höchsten Anteil der Nullanwender-Betriebe pro Halbjahr gab es bei
Mastrindern. Etwa 85 % dieser Betriebe verzichteten pro Halbjahr auf den
Einsatz von Antibiotika. Bei Mastkälbern setzten etwas mehr als die Hälfte
der Betriebe in einem Halbjahr keine Antibiotika ein. Bei Mastschweinen
und -ferkeln umfasste der Anteil an Nullanwender-Betrieben, die in einem
Halbjahr keine Antibiotika einsetzen, etwa ein Viertel der Betriebe. Bei
Masthühnern und -puten schwankte der Anteil an Nullanwender-Betrieben
zwischen 15 und 20 % pro Halbjahr.
Für die Verbrauchsmengen von Antibiotika ist bei allen Nutzungsarten ein
rückläufiger Trend zu erkennen, wenn auch nicht immer gleichmäßig über den
Zeitraum 2017 bis 2021 verteilt. Die größten Antibiotikamengen wurden nach
wie vor bei Mastschweinen eingesetzt, gefolgt von -ferkeln, -puten,
-hühnern und -kälbern. Die Verbrauchsmengen bei Mastrindern sind
vernachlässigbar. Besonders erfreulich ist, dass auch ein Rückgang für die
zur Behandlung des Menschen besonders wichtigen Antibiotikagruppen bei
allen Nutzungsarten zu beobachten war.
Bei der durchschnittlichen Häufigkeit der Gabe von Antibiotika in den
einzelnen Betrieben zeigte sich meist eine abnehmende Tendenz, allerdings
durchaus auch mit höheren Werten in einzelnen Halbjahren. Allerdings ist
bei Masthühner-Betrieben ein deutlich ansteigender Trend zwischen 2017 und
2021 zu erkennen. Die durchschnittliche betriebliche Therapiehäufigkeit
stieg hier um 4,8 Tage an.
Die populationsweite Therapiehäufigkeit spiegelt diese Entwicklung wieder.
Die häufigsten Antibiotikaanwendungen erfolgen mit einer
durchschnittlichen Therapiehäufigkeit zwischen 20 und 25 Tagen im
Geflügelbereich, gefolgt von Mastkälbern und -ferkeln mit 10 bis 15 Tagen
sowie Mastschweinen mit etwa drei Tagen.
Das BfR hat die jetzt vorliegenden Daten zum Antibiotikaeinsatz bei
Masttieren auch mit den Daten aus dem Resistenz-Monitoring abgeglichen,
das gemeinsam mit den Ländern und dem Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL) durchgeführt wird. Beim Resistenz-Monitoring
wurde für die einzelnen Wirkstoffe häufiger ein Rückgang als ein Anstieg
der Resistenzrate beobachtet, allerdings gab es Unterschiede zwischen den
Tierarten. Die Veränderungen betrafen jedoch nicht notwendigerweise solche
Antibiotika-Substanzklassen, deren Einsatz in der jeweiligen Tier- und
Nutzungsart am stärksten reduziert wurden.
Aus Sicht des BfR müssen daher die Anstrengungen zur Reduktion des
Antibiotikaeinsatzes fortgesetzt und intensiviert werden, um die
Ausbreitung von Resistenzen zu verhindern und langfristig auch einen
Abfall der Resistenzraten erreichen zu können.
Rechtliche Grundlage für den jetzt erschienenen BfR-Bericht ist das
Tierarzneimittelgesetz (TAMG) vom 28. Januar 2022. Das Gesetz regelt, dass
Betriebe, die Rinder, Schweine, Hühner oder Puten zur Fleischerzeugung
halten, den Einsatz von Antibiotika dokumentieren und an die zuständigen
Landesbehörden übermitteln müssen. Dem BfR werden diese Daten in
pseudonymisierter Form übermittelt.
Das BfR hat die Daten aus den acht Halbjahren vom 1. Halbjahr 2018 bis zum
2. Halbjahr 2021 ausgewertet und mit der Situation im Jahr 2017
verglichen. Zukünftig wird das BfR jährlich untersuchen, wie sich die
Therapiehäufigkeit und der Antibiotikaverbrauch über die Zeit entwickeln.
Dies ist ein wichtiger Baustein zur Abschätzung der Wirkung der
Antibiotikaminimierungsstrateg
Übertragung resistenter Bakterien aus der Tierhaltung auf den Menschen.
Ziel der Antibiotikaminimierungsstrateg
in der Tierhaltung zu reduzieren, um so der Resistenzentwicklung von
Keimen, die auf den Menschen übergehen können, entgegenzuwirken. Wenn
Menschen mit antibiotikaresistenten Keimen in Kontakt kommen, wirken bei
Krankheiten notwendige Antibiotikatherapien möglicherweise nicht. Die
Auswertung der Daten zum Einsatz von Antibiotika und die Risikobewertung
zur Resistenzentwicklung von Keimen ist Grundlage für die zuständigen
Behörden, Maßnahmen zum Verbraucherschutz zu ergreifen.
Über das BfR
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftlich
unabhängige Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für
Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Es berät die Bundesregierung und die
Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien- und
Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in
engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.