Moderne Forschungspolitik in Sicht: Position des RatSWD zum Koalitionsvertrag auf Bundesebene
Der Koalitionsvertrag der neuen Regierung setzt aus Sicht des Rats für
Sozial- und Wirtschaftsdaten (RatSWD) neue und positive Akzente. Die
Digitalisierung soll ressortübergreifend vorangetrieben werden und eine
vertiefte Zusammenarbeit zwischen Politik und Wissenschaft wird
angestrebt. Besonders begrüßt wird das Ziel, ein Forschungsdatengesetz zu
erarbeiten und Daten insgesamt für die Wissenschaft besser zugänglich zu
machen. Der RatSWD wird die Umsetzung der Vorhaben eng begleiten und
unterstützen.
Der Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten (RatSWD) setzt sich schon seit
Langem für den Zugang zu administrativen und wissenschaftlichen Daten ein.
In seinem Positionspapier (siehe auch
https://www.konsortswd.de/aktu
anlässlich der Bundestagswahl definierte er diesbezüglich in sieben
Handlungsfeldern konkrete Empfehlungen an die Politik – darunter auch die
Verbesserung der Datenbereitstellung sowie die Erarbeitung eines
Forschungsdatengesetzes. Der RatSWD bewertet es als große Chance für die
Wissenschaft in Deutschland, dass viele der RatSWD-Forderungen in den
Koalitionsvertrag für die neue Bundesregierung aufgenommen wurden.
Besonders hervorzuheben sind folgende Punkte:
- Ein Forschungsdatengesetz soll den Zugriff für Forschende auf Daten
umfassend verbessern und vereinfachen. Forschungsklauseln sollen
eingeführt werden.
- Der Registermodernisierung wird Priorität eingeräumt. Durch ein
Registergesetz und ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz soll der Zugang zu
Daten für die Wissenschaft erleichtert werden.
- Ein Digital Service Act zielt auf den Zugang zu Daten großer Plattformen
für Forschende ab.
- Die nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) in Deutschland soll
weiterentwickelt werden und eine Stärkung des europäischen
Forschungsdatenraums wird angestrebt.
- Die neue Bundesregierung möchte gemeinsam mit den Ländern die
Aussagekraft der Kriminal- und Strafrechtspflegestatistiken nachhaltig
verbessern.
- Ein geplantes Institut für empirische Steuerforschung soll eine aktuelle
und bessere Datenlage schaffen, etwa für die Evaluierung von
Steuerregelungen und als Grundlage für evidenzbasierte Gesetzgebung.
- Forschungsbedarfe sollen ressortübergreifend wirksamer adressiert und
Wissenschaft soll insbesondere in Krisensituationen beschleunigt und
effektiver gefördert werden.
Die angestrebten Initiativen bewertet der RatSWD sehr positiv, zuvorderst
das geplante Forschungsdatengesetz. Nichtsdestotrotz gilt es, an dieser
Stelle darauf hinzuweisen, dass eine erfolgreiche Verbesserung der
Forschungsdatenlage in Deutschland nur in Kooperation mit der Wissenschaft
gelingen kann. Dies trifft im Besonderen auf die Registermodernisierung,
die Weiterentwicklung der Kriminal- und Strafrechtspflegestatistiken und
den Aufbau eines Steuerforschungsinstituts zu. Für den Forschungsstandort
Deutschland ist es zudem von zentraler Bedeutung, allen Forschenden die
gleichen Rechte beim Datenzugang zu gewähren. Dem RatSWD ist es daher
wichtig, dass diskriminierungsfreie Datenzugänge für die
Wissenschaftsgemeinschaft eingerichtet werden. Entscheidend wird jeweils
die genaue Umsetzung der Vorhaben sein, die der RatSWD gern eng begleiten
und unterstützen wird.
Der Koalitionsvertrag verspricht einen wissenschaftspolitischen Aufbruch
und eine Modernisierung der Kooperation zwischen Wissenschaft und Politik.
Evidenzbasierte politische Entscheidungen können nur auf der Grundlage
freier, unabhängiger, aber auch handlungsfähiger Forschung getroffen
werden. Die Handlungsfähigkeit der Wissenschaft könnte durch die Novellen
der neuen Bundesregierung erheblich verbessert werden.
Als unabhängiges wissenschaftliches Beratungsgremium der Bundesregierung
freut sich der RatSWD auf die Zusammenarbeit und bietet auch in der 20.
Legislaturperiode seine Unterstützung bei der Weiterentwicklung des
deutschen Wissenschaftssystems an.
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Der Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten (RatSWD) berät seit 2004 die
Bundesregierung und die Regierungen der Länder in Fragen der
Forschungsdateninfrastruktur für die empirischen Sozial-, Verhaltens- und
Wirtschaftswissenschaften. Im RatSWD arbeiten zehn durch Wahl legitimierte
Vertreterinnen und Vertreter der sozial-, verhaltens- und
wirtschaftswissenschaftlichen Fachdisziplinen mit zehn Vertreterinnen und
Vertretern der wichtigsten Datenproduzenten zusammen.
Der RatSWD ist Teil des Konsortiums für die Sozial-, Verhaltens-,
Bildungs- und Wirtschaftswissenschaften (KonsortSWD) in der Nationalen
Forschungsdateninfrastruktur (NFDI). Er versteht sich als
institutionalisiertes Forum des Dialoges zwischen Wissenschaft und
Datenproduzenten und erarbeitet Empfehlungen und Stellungnahmen. Dabei
engagiert er sich für eine Infrastruktur, die der Wissenschaft einen
breiten, flexiblen und sicheren Datenzugang ermöglicht. Diese Daten werden
von staatlichen, wissenschaftsgetragenen und privatwirtschaftlichen
Akteuren bereitgestellt. Derzeit hat der RatSWD 40 Forschungsdatenzentren
(Stand: Juni 2021) akkreditiert und fördert deren Kooperation.
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