Statement: Politik, Wirtschaft und Gesellschaft soll Wissen zum Klimaschutz nutzen
10 Punkte-Plan für die Umsetzung von Klima- und Ressourcenschutz in
Ballungsräumen
Im Bewusstsein der Verantwortung für kommende Generationen und vom
Forschergeist getrieben, fordern die Wissenschaftler/-innen des
Frankfurter Forschungsinstituts für Architektur, Bauingenieurwesen,
Geomatik (FFin) die Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf, das Wissen
zum Klimaschutz zu nutzen. Weil Klimaschutz zum zentralen Handlungsfeld
geworden ist, hat das FFin der Frankfurt University of Applied Sciences
(Frankfurt UAS) einen Maßnahmenkatalog erstellt. Der „Frankfurter 10
-Punkte-Plan für die Umsetzung von Klima- und Ressourcenschutz in
Ballungsräumen“ umfasst Stadt-entwicklung, Kreislaufwirtschaft,
Gebäudesanierung, Energieplus-Standard bei Neubauquartieren,
Energieerzeugung, Strom- und Wärmespeicher, Nachhaltige Mobilität, Smart
City sowie Bio-Ökonomie.
Stellvertretend für das FFin nehmen Prof. Dr. Martina Klärle, Professorin
für Landmanagement mit dem Forschungsschwerpunkt Erneuerbare Energien und
Vizepräsidentin für Forschung, Weiterbildung und Transfer der Frankfurt
UAS, und Prof. Dr. Hans Jürgen Schmitz, Professor für technische
Gebäudeausrüstung, Stellung zum 10-Punkte-Plan. „Der Plan steht
exemplarisch für die dringende Notwendigkeit, unseren Umgang mit
begrenzten Ressourcen in eine nachhaltige Urbanität zu transformieren. Er
ist für europäische Ballungsräume erstellt und orientiert sich an
Frankfurt/Rhein-Main“, so Klärle. „Eine nachhaltige Entwicklung muss die
Lebensgrundlage der Menschheit sichern und Lebensqualität im Rahmen der
ökologischen Grenzen der Erde gestalten. Die Würde des Menschen und dessen
Überleben sowie die soziale Gerechtigkeit dieser und kommender
Generationen stehen stets im Mittelpunkt“, ergänzt Schmitz. Dafür sei eine
Veränderung von Lebensgewohnheiten in allen Bereichen unerlässlich.
Menschen müssten sensibilisiert und aktiviert werden, Verantwortung für
den persönlichen ökologischen Fußabdruck zu übernehmen und Gewohnheiten zu
ändern. Individuelle Ansprüche müssen sich langfristigen,
gemeinwohlorientierten Zielen unterordnen.
Um bei der Siedlungs- und Verkehrsflächenentwicklung den
Ressourcenverbrauch für zukünftige Infrastrukturen zu minimieren, ist der
Innenentwicklung Vorrang vor der Außenentwicklung zu gewähren.
Außenentwicklung ist auf maximal 0,5 Prozent der bebauten Fläche pro Jahr
zu reduzieren. Abzuwägen ist zwischen dem dringend benötigten Wohnraum in
Städten und dem Flächenverbrauch. „Mit kompakten Stadtstrukturen, einer
verträglichen Dichte und attraktiven öffentlichen Räumen kann eine
bauliche, funktionale und soziale Vielfalt mit kurzen Wegen sichergestellt
werden“, betont Klärle. „Eine Effizienzsteigerung allein reicht nicht,
sondern muss mit erheblicher Reduzierung des Bedarfs einhergehen. Da das
Konsumverhalten die Unternehmen beeinflusst, muss den Verbrauchern die
gemeinsame Verantwortung des Tuns und Lassens vor Augen geführt werden“,
so Schmitz. Eine Kreislaufwirtschaft sei für alle genutzten Ressourcen
einzuführen. „Es müssen Anreize geschaffen werden, ressourcenintensive
Prozesse und Produkte durch nachhaltige zu ersetzen. Ein
ressourcensparender Bau und Betrieb von Gebäuden muss durch Förderungen
begünstigt werden“, betont Schmitz. Da bei Industrie, Gewerbe und Verkehr
der Energieverbrauch um ein Vielfaches höher ist als bei privaten
Haushalten, liege hier das höchste Einsparpotenzial. Konzepte zur
Reduzierung des fossilen Energieverbrauchs müssen hier umgesetzt und
vorhandene Technologien konsequent genutzt werden. Für Stadtquartiere und
öffentliche Gebäude sind ganzheitliche Konzepte zur Energiegewinnung und
-einsparung zu entwickeln. Das FFin fordert den massiven Ausbau der
Energieversorgung mit Erneuerbaren Energien in Bestandsquartieren. „Die
Energetische Gebäudesanierung ist auf fünf Prozent pro Jahr anzuheben“, so
Schmitz.
In Ballungsräumen entstehen weiterhin viele Neubauten. „Diese können durch
gute Dämmung, technisch intelligente Gebäudeenergiesysteme, energieaktive
Gebäudehüllen und gebäudeintegrierte Anlagen ohne überzogenen technischen
Aufwand mehr Energie erzeugen als sie benötigen“, erklärt Klärle. Bei der
Energiebilanz der Plusenergiegebäude kann so auch die Energie kompensiert
werden, die für die Erstellung benötigt wurde. Deshalb sollten Neubauten
in netzdienliche Quartierslösungen eingebunden und alle Neubauten im
Energie-Plus-Standard erstellt werden. Auch in Ballungsräumen müsse die
Energieversorgung auf 100 Prozent Erneuerbare Energien umgestellt werden.
Sie besäßen Potenzial insbesondere zur Produktion von Solarenergie.
Dennoch könnten sich Ballungsräume aufgrund des hohen Energiebedarfs nur
mit großem Aufwand selbst mit Erneuerbaren Energien versorgen. Deshalb
müsse in Kooperation mit den Umlandgemeinden ein regional abgestimmter
Energieleitplan erstellt werden. „Das Umland muss als Energieproduzent der
Ballungsräume fungieren und darüber hinaus die regionale Wertschöpfung
sicherstellen. Standortanalysen bilden dafür die Entscheidungsgrundlage“,
so Klärle. Speicher sind eine der Schlüsseltechnologien für den Ausbau
Erneuerbarer Energien. „Es müssen genügend Speicherkapazitäten an den
richtigen Kopplungspunkten bereitgestellt werden. In den Ballungsräumen
müssen Wärme- und Stromspeicher über ein intelligentes Lastenmanagement in
die vorhandenen Netze integriert werden“, so Schmitz. In naher Zukunft
werde auch der Bedarf an Kältespeichern während der heißen Jahreszeiten
steigen. Strom- und Wärmenetze müssen Bestandteil der Quartiersentwicklung
werden. Für den Ballungsraum sind zwei Prozent des Wärme- und Strombedarfs
als Speicherkapazität bereit zu stellen und intelligent zu vernetzen,
fordert Schmitz.
„Lebenswerte Ballungsräume brauchen Nachhaltige Mobilität. Auch im
Verkehrssektor muss sich von klimaschädlichen fossilen Energieträgern
verabschiedet und auf emissionsfreie Antriebskonzepte gesetzt werden“,
betont Klärle. Notwendig ist eine Verhaltensänderung in der Bevölkerung,
zu Lasten des noch vorherrschenden motorisierten Individualverkehrs. Zu
stärken sind Angebote für Fußgänger/-innen, Radfahrer/-innen, öffentliche
Verkehrsmittel sowie Sharing-Angebote. „Ein 100 Prozent emissionsfreies
Mobilitätskonzept mit jährlich drei Prozent weniger Autoverkehr ist zu
erarbeiten“, so Klärle.
Die teilweise widersprüchlichen Bedarfe gilt es, untereinander gerecht
abzuwägen. Durch Digitalisierung werden Energieströme zwischen Produktion
und Bedarf optimiert, was in der Energiebilanz trotz hohem Strombedarf der
Digitalisierung zu einer deutlichen Einsparung führe. Um maximale
Einsparmöglichkeiten zu erkennen, sind alle Verbrauchs- und
Produktionsdaten gebäudescharf zu erfassen und zu analysieren.
Flächendeckend seien intelligente Stromzähler zur Steuerung der
Energieströme einzuführen. „Ökonomie und eine gerechte Gesellschaft
funktionieren nur auf der Basis einer stabilen Ökologie, deshalb muss
Wachstum im Sinne einer Kreislaufwirtschaft neu verstanden werden. Nach
dem Verursacherprinzip sind alle Kosten, auch die aus Endlagerung und
Klimaschäden, zu benennen. Ein sozial gerechtes Preismodell ist zu
entwickeln, in dem alle Kosten sowie Einnahmen berücksichtigt werden“,
fordern Klärle und Schmitz.
Zur Person Martina Klärle
Prof. Dr. Martina Klärle ist seit 2019 Vizepräsidentin für Forschung,
Weiterbildung und Transfer an der Frankfurt UAS. Die Professorin für
Landmanagement mit dem Forschungsschwerpunkt Erneuerbare Energien lehrt
seit 2007 an der Hochschule. Zuvor hatte sie eine Reihe von Unternehmen
gegründet. Von 2016 bis 2019 war sie vom hessischen Wirtschaftsministerium
mit der Geschäftsführung der Hessischen Landgesellschaft mbH (HLG)
betraut. Sie ist Mitbegründerin des Frankfurter Forschungsinstituts
Architektur, Bauingenieurwesen, Geomatik (FFin) und des Center for Applied
European Studies (CAES).
Zur Person Hans Jürgen Schmitz
Prof. Dr. Hans Jürgen Schmitz ist seit 2010 Professor für technische
Gebäudeausrüstung an der Frankfurt UAS. Zuvor war er als Energieberater
tätig. Seit 2012 ist er stellvertretender Direktor des FFin. Er ist
Mitglied im hochschuleigenen Forschungslabor Baukultur und Siedlungsbau
der Nachkriegsmoderne und forscht in der Fachgruppe Kommunalpolitik als
eGaming.
Informationen zum Frankfurter Forschungsinstitut für Architektur,
Bauingenieurwesen und Geomatik (FFin) unter: <www.frankfurt-
university.de/ffin>. Der 10-Punkte-Plan ist hier öffentlich zugänglich:
<https://www.frankfurt-
university.de/fileadmin/standa
/FFin_FRA-UAS_10_Punkte_Plan.p
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Frankfurt University of Applied Sciences, Hochschulleitung,
Vizepräsidentin, Prof. Dr. Martina Klärle, Telefon: +49 69 1533-2418,
E-Mail:
• Geomatik, Prof. Dr. Hans Jürgen Schmitz, Telefon: +49 69 1533-2766,
E-Mail:
Originalpublikation:
https://www.frankfurt-
university.de/fileadmin/standa
/FFin_FRA-UAS_10_Punkte_Plan.p