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Gemeinschaftsdiagnose Herbst 2025: Expansive Finanzpolitik kaschiert Wachstumsschwäche

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Die deutsche Wirtschaft lässt die Talsohle hinter sich und dürfte in den
kommenden zwei Jahren wieder etwas an Dynamik gewinnen. Nach der
Stagnation in der ersten Jahreshälfte prognostiziert die Projektgruppe
Gemeinschaftsdiagnose in ihrem Herbstgutachten für das laufende Jahr eine
Zunahme des Bruttoinlandsproduktes von 0,2 Prozent.

In den beiden
kommenden Jahren dürfte eine expansive Finanzpolitik den Anstieg der
Wirtschaftsleistung dann spürbar auf 1,3 bzw. 1,4 Prozent beschleunigen.
Damit bleibt die Prognose der Institute für dieses und nächstes Jahr
gegenüber dem Frühjahrsgutachten in etwa unverändert. (...)

(...)  „Die deutsche Wirtschaft steht nach wie vor auf wackeligen Beinen“,
sagt Dr. Geraldine Dany-Knedlik, Leiterin des Bereichs Prognose und
Konjunkturpolitik im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW
Berlin). „In den beiden kommenden Jahren erholt sie sich zwar spürbar.
Angesichts anhaltender struktureller Schwächen wird diese Dynamik
allerdings nicht von Dauer sein.“

Zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit und Investitionen in Infrastruktur
und Klimaschutz nutzt die Bundesregierung erweiterte Verschuldungsregeln.
Daraus ergeben sich in den kommenden Jahren Impulse – allerdings mit
Einschränkungen: Erstens fließen Mittel, etwa für Bau- und
Rüstungsprojekte, wegen langer Planungs- und Vergabezeiten langsamer ab
als im Haushalt vorgesehen. Zweitens dienen Kredite auch dazu, eine
eigentlich fällige Konsolidierung zu vermeiden. Drittens entsteht 2027
trotz der verschobenen Mittel aus den erweiterten Kreditmöglichkeiten ein
erheblicher Konsolidierungsbedarf.

Die Binnenwirtschaft kommt dennoch spürbar in Fahrt, allerdings werden die
strukturellen Probleme nur kaschiert: Grundlegende standortstärkende
Reformen bleiben aus: Die Perspektiven verschlechtern sich, was sich auch
in voraussichtlich sinkenden Wachstumsraten des Produktionspotenzials
widerspiegelt. Hohe Energie- und Lohnstückkosten im internationalen
Vergleich, Fachkräftemangel sowie eine weiter abnehmende
Wettbewerbsfähigkeit bremsen die langfristigen Wachstumsaussichten
weiterhin.

Während die Dienstleistungsbereiche, insbesondere im öffentlichen Sektor,
in den kommenden zwei Jahren kräftig zulegen, wird die Erholung im
Produzierenden Gewerbe wohl nur verhalten ausfallen. Vor allem die
Auslandsnachfrage nach deutschen Waren schwächelt – wegen der schwindenden
Wettbewerbsfähigkeit und höherer Zölle. Daher fallen kräftige Zuwächse bei
den Exporten dieses Mal als Treiber aus. Gestützt durch die expansive
Finanzpolitik konzentriert sich die Erholung auf die Binnenwirtschaft.

Mit der konjunkturellen Belebung dürfte sich auch die Lage am Arbeitsmarkt
spürbar verbessern. Zusammen mit steigenden real verfügbaren Einkommen
stärkt das den privaten Konsum und damit die konsumnahen Dienstleistungen.
Die Verbraucherpreise werden im Prognosezeitraum voraussichtlich um gut
zwei Prozent steigen.

Insgesamt ist die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland erheblichen
Risiken ausgesetzt: Der Handelsstreit zwischen den USA und der EU birgt
großes Eskalationspotenzial, insbesondere wenn EU-Zusagen nicht
eingehalten werden können. Hinzu kommt, dass die gesamtwirtschaftlichen
Auswirkungen der expansiven Finanzpolitik schwer abschätzbar sind und
stark von der konkreten Ausgestaltung abhängen.

Deutschland steht wirtschaftspolitisch an einem Wendepunkt, denn die
Wachstumsaussichten verschlechtern sich zusehends. Zur Orientierung für
den “Herbst der Reformen” präsentieren die Institute einen
wirtschaftspolitischen Kompass mit zwölf Punkten. Würden diese Reformen
zeitnah umgesetzt werden, dürfte dies nicht nur das langfristige
Wachstumspotenzial der deutschen Wirtschaft stärken, sondern bereits
kurzfristig stimulieren.

Langfassung des Gutachtens

Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose: Expansive Finanzpolitik kaschiert
Wachstumsschwäche. Herbst, Berlin 2025. Abrufbar unter
https://gemeinschaftsdiagnose.de/category/gutachten/.

Über die Gemeinschaftsdiagnose

Die Gemeinschaftsdiagnose wird zweimal im Jahr im Auftrag des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie erstellt. Am Herbstgutachten
2025 haben mitgewirkt:

• Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)

• ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der
Universität München e.V. in Kooperation mit dem Österreichischen Institut
für Wirtschaftsforschung (WIFO)

• Kiel Institut für Weltwirtschaft

• Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH)

• RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Kooperation mit dem
Institut für Höhere Studien (IHS) Wien

Kiel Institut
für Weltwirtschaft

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