Deutsche Wirtschaft stagniert in 2025: Inflationsgefahr nicht gestiegen

Der Generationswechsel in der US-Handelspolitik hat die Weltmärkte
erschüttert. Nachdem bereits im Februar 2025 Zölle auf Stahl und Aluminium
in Höhe von 25 Prozent oder mehr angekündigt wurden, kamen am 2. April,
dem „Liberation Day“, noch umfassendere Importzölle hinzu.
Diese
beinhalten einen allgemeinen Basiszoll von 10 Prozent auf alle Importe
sowie zusätzliche „Reziprozitätszölle“ auf bestimmte Länder, die bis zu
125 Prozent betragen können.
Zu den möglichen Auswirkungen auf die Preise und das Rezessionsrisiko in
Deutschland, der Eurozone und den USA wurden Finanzmarktexpertinnen und
-experten im Rahmen der Sonderfrage im ZEW-Finanzmarkttest befragt. Sie
gehen demnach davon aus, dass Deutschlands Konjunktur 2025 weiterhin
stagnieren wird. Obwohl eine Rezession für Deutschland für nicht
unwahrscheinlich gehalten wird, sehen die Befragten aktuell keine erhöhte
Gefahr für die Preisstabilität, sowohl in Deutschland als auch in der
Eurozone. Für die USA liefern die Ergebnisse ein anderes Bild.
„Die turbulente protektionistische Handelspolitik der USA könnte nicht nur
den Welthandel beeinträchtigen, sondern gravierende Folgen für die
Preisstabilität in den USA haben“, betont Dr. Lora Pavlova,
Wissenschaftlerin im ZEW-Forschungsbereich „Altersvorsorge und nachhaltige
Finanzmärkte“ und Leiterin des ZEW-Finanzmarkttest. „Für die kommenden
Jahre wird eine Inflationsrate von jeweils 2,3 Prozent erwartet, was die
entscheidende zwei-Prozent-Marke der EZB nur knapp übersteigt. Im
Gegensatz dazu übersteigt die erwartete US-Inflationsrate für die Jahre
2025 und 2026 mit 3,2 und 3,1 Prozent deutlich den Zielwert der Fed. Mit
2,9 Prozent im Jahr 2027 implizieren die Erwartungen einen dauerhaften
Druck auf das US-Preisniveau in der mittleren Frist.“
Stagnierende Konjunktur in Deutschland
Die Finanzmarktexpertinnen und -experten erwarten für Deutschland ein
durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 0,1 Prozent. Etwa 30 Prozent
der Befragten erwarten ein drittes Rezessionsjahr in Folge für
Deutschland. Die Wachstumsaussichten für die Eurozone sind dagegen etwas
optimistischer: Es wird erwartet, dass die EU im Jahr 2025 um 0,7 Prozent
wachsen wird. Bemerkenswert sind die Wachstumserwartungen für die USA: Die
Expertinnen und Experten erwarten trotz der Zollpolitik eine reale BIP-
Wachstumsrate von 1,5 Prozent für 2025.
Anstieg globaler wirtschaftlicher Unsicherheit
„Die aktuelle US-Handelspolitik sorgt aufgrund ihrer Dynamik für einen
massiven Anstieg globaler, wirtschaftspolitischer Unsicherheit. Das
spiegelt sich besonders deutlich in den Wachstumserwartungen der Befragten
für die USA wider“, erklärt ZEW-Präsident Prof. Achim Wambach, PhD. Obwohl
sie im Durchschnitt positiv ausfallen, sind sich die Befragten
diesbezüglich kaum einig. Insbesondere für 2025 verzeichnen die Prognosen
eine Standardabweichung von etwa einem Prozentpunkt. Im pessimistischsten
Szenario könnte die US-Wirtschaft demnach in 2025 um minus 2,5 Prozent
schrumpfen.
Über die Befragung
Der ZEW-Finanzmarkttest ist eine seit Dezember 1991 durchgeführte Umfrage,
in der monatlich die Erwartungen über die Entwicklung wichtiger
internationaler Volkswirtschaften erhoben werden. Derzeit sind dies
Deutschland, das Eurogebiet, die Vereinigten Staaten von Amerika sowie
China. Insgesamt besteht das Panel aus etwa 350 Finanzanalysten aus
Banken, Versicherungen und großen Industrieunternehmen. Angesprochen
werden die Experten/-innen der Finanz-, Research- und
volkswirtschaftlichen Abteilungen sowie der Anlage- und
Wertpapierabteilungen dieser Unternehmen. Die meisten Teilnehmer/innen
sind in Deutschland tätig.
Die Finanzexpertinnen und -experten werden nach ihren Erwartungen gefragt,
die sie auf einen Horizont von 6 Monaten hinsichtlich der Entwicklung der
Konjunktur, der Inflationsrate, der kurz- und langfristigen Zinsen, der
Aktienkurse und der Wechselkurse haben. Zusätzlich werden sie um eine
Einschätzung der Ertragslage in 13 deutschen Branchen gebeten. Neben einem
festen Umfrageteil werden laufend zu aktuellen Themen Sonderumfragen
durchgeführt. Aus den Erwartungen der Finanzmarktexperten/-innen zur
Entwicklung der wirtschaftlichen Lage in Deutschland werden die ZEW-
Konjunkturerwartungen berechnet, die sich als Frühindikator für die
Konjunkturentwicklung („ZEW-Index“) etabliert haben. Das ZEW kommuniziert
die Ergebnisse des Finanzmarkttests darüber hinaus ausführlich im
monatlich erscheinenden ZEW-Finanzmarktreport.