NRW-Premiere: Neue Medizintechnik zur Therapie von Herzrhythmusstörungen
Bad Oeynhausener Herzspezialisten setzen erstmals einen Einkammer-
Defibrillator mit Elektrode außerhalb des Herzens ein, der auch über eine
Stimulationsfunktion verfügt.
Herzwochen-Veranstaltung im HDZ NRW am 8. November 2023, 18:00 Uhr,
Eintritt frei.
Zur Behandlung von schweren Herzrhythmusstörungen in Verbindung mit
Herzstillstand haben die Herzspezialisten PD Dr. Guram Imnadze und Dr.
Thomas Eitz am Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen,
erstmals einem Patienten ein weltweit neuartiges Defibrillator-System mit
außerhalb des Herzens liegender Elektrode und zusätzlicher
Stimulationsfunktion eingesetzt.
„Für bestimmte Patientengruppen ist dieses neue System eine gute
Alternative zu den bisherigen implantierbaren Defibrillatoren, die unseren
Patientinnen und Patienten bereits eine hohe Sicherheit bieten, um einen
drohenden Herzstillstand zu vermeiden und im Notfall mit der Auslösung
eines elektrischen Schocks zu begegnen“, erläutert Prof. Dr. Philipp
Sommer, Klinikdirektor der Klinik für Elektrophysiologie/Rhythmologi
HDZ NRW, unter dessen Leitung der erstmalige Einsatz der neuen
Medizintechnik in Nordrhein-Westfalen erfolgreich durchgeführt wurde. Das
6,4x5,1x1,3 Zentimeter kleine und 77 Gramm leichte System wird unterhalb
der linken Achselhöhle unter der Haut implantiert. Eine Vollnarkose ist in
aller Regel nicht notwendig.
Elektrische Stimulation korrigiert die Herzfrequenz
Im Unterschied zu bisherigen extrakardialen Systemen kann die neue
Defibrillator-Generation namens Aurora EV-ICD (Hersteller: Medtronic) dank
einer Stimulations-Funktion erstmals auch kleine Pausen und kurze
Aussetzer des Herzschlags behandeln. Wie ein Schrittmacher sendet das
Gerät dann elektrische Impulse an das Herz, um die Herzfrequenz zu
korrigieren und den oft gefürchteten schmerzhaften Schock zu vermeiden.
Bei einem zu schnellen oder unregelmäßigen Herzrhythmus kann das System
zunächst einmal kleine elektrische Signale senden, um die Herzfrequenz zu
korrigieren und einen schmerzhaften Schock zu vermeiden.
Nur wenn der unregelmäßige Herzrhythmus anhält, stellt das Gerät durch
eine Defibrillation den normalen Herzrhythmus wieder her und verfügt
darüber hinaus als einziger extravaskulärer Defibrillator zusätzlich über
eine Stimulations-Funktion. Dadurch kann der neue Einkammer-Defibrillator
auch Pausen des Herzschlages behandeln. Dabei werden elektrische Impulse
an das Herz gesendet, um die Herzfrequenz zu korrigieren.
„Mit einer schonenden Platzierung des Aggregats unterhalb des Brustbeins
sowie der außerhalb des Herzens befindlichen Elektrode können wir das
Risiko bestimmter Langzeitkomplikationen wie Infektionen oder
Gefäßverschlüsse verringern“, erläutert Professor Sommer. Mit einer
prognostizierten Laufzeit von knapp zwölf Jahren biete das System eine
hohe Patientensicherheit.
Die Wirksamkeit des neuen Defibrillators, der jüngst die CE-Zulassung für
den europäischen Markt erhielt, wurde in einer weltweiten Zulassungsstudie
belegt, an der 356 Patienten mit dem Risiko eines plötzlichen Herztodes
teilnahmen.
Moderne Therapiemethoden zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen stehen
auch im Mittelpunkt der diesjährigen Herzwochen-Veranstaltung am 8.
November 2023, zu der die Herzkliniken des HDZ NRW Interessierte,
Betroffene und Angehörige in den Hörsaal des Klinikums an der Georgstr. 11
in Bad Oeynhausen einladen. Beginn: 18:00 Uhr, der Eintritt ist frei.
Hintergrundinformation:
Was ist ein implantierbarer Defibrillator?
Ein implantierbarer Defibrillator oder ICD (= implantierbarer Cardioverter
Defibrillator) ist ein kleines Gerät zur Behandlung von
Herzrhythmusstörungen. Vom Gerät gehen ein oder zwei drahtförmige
Elektroden ab, über welche die Herztätigkeit dauerhaft überwacht wird.
Implantierbare Defibrillatoren retten seit mehr als 40 Jahren Leben, indem
sie einen lebensrettenden Schock oder schmerzfreie Stimulationstherapie
abgeben, um lebensbedrohliche schnelle und/oder unregelmäßige Herzschläge
zu regulieren.
Was ist ein plötzlicher Herzstillstand?
Ein plötzlicher Herzstillstand (SCA) ist ein plötzlicher, abrupter Verlust
der Herzfunktion. Die meisten Fällte werden durch eine schnelle und/oder
unregelmäßige Aktivität des Herzens verursacht, die als ventrikuläre
Tachykardie (VT) oder Kammerflimmern (VF) bezeichnet wird. Dabei handelt
es sich um Anomalien des elektrischen Reizleitungssystems des Herzens.
Klinik für Elektrophysiologie/Rhythmologi
Als Spezialklinik zur Behandlung von Herz-, Kreislauf- und
Diabeteserkrankungen zählt das Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-
Westfalen (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, mit 36.000 Patientinnen und Patienten
pro Jahr, davon 14.800 in stationärer Behandlung, zu den größten und
modernsten Zentren seiner Art in Europa. Das HDZ NRW ist seit 1989
Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum. Die Professorenschaft des
HDZ NRW ist zusätzlich seit 2023 Mitglied der Medizinischen Fakultät OWL
der Universität Bielefeld.
Die Klinik für Elektrophysiologie/Rhythmologi
spezialisiert auf die Behandlung von Herzrhythmusstörungen mit einem
Leistungsspektrum von rd. 1.700 Ablationen jährlich. In der Klinik werden
elektrophysiologische Untersuchungen mittels modernster, strahlungsarmer
Technologie zur Behandlung von Rhythmusstörungen durchgeführt. Die
Implantation und Nachsorge von Herzschrittmachern und Defibrillatoren
(ICD) ist integraler Bestandteil der Patientenversorgung im HDZ NRW. In
Kooperation mit der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie werden
jährlich mehr als 1.000 Schrittmacher/Defibrillator-Op
durchgeführt.
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