Das Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und
Plasmatechnik FEP als ein führender Anbieter von Forschung und Entwicklung
auf dem Gebiet von Dünnschichttechnologien hat für seinen Anlagenpark
gemeinsam mit der Firma Johnson Controls Systems & Service GmbH (Johnson
Controls) eine besonders effiziente Wärmepumpe projektiert und
installiert.
Das Fraunhofer FEP arbeitet an innovativen Lösungen auf den Gebieten der
Vakuumbeschichtung, der Oberflächenbehandlung und der organischen
Halbleiter. Grundlage dieser Arbeiten sind die Kernkompetenzen
Elektronenstrahltechnologie, Sputtern, plasmaaktivierte Hochratebedampfung
und Hochrate-PECVD sowie Technologien für organische Elektronik und
IC-/Systemdesign.
Johnson Controls ist ein führender Anbieter von Produkten und
Serviceleistungen im Bereich Heizungs-, Lüftungs-, Klima- und
Kältetechnik, industrieller Kühl- und Kältetechnik, Gebäudeautomation
sowie Sicherheitstechnik und Brandschutz. Bereits seit 1997 ist Johnson
Controls mit seiner Niederlassung in Dresden als Ausrüster des Fraunhofer
FEP mit der MSR- sowie Gebäudeleittechnik tätig.
Resultierend aus den Arbeitsgebieten des Fraunhofer FEP benötigen die
Versuchsanlagen eine sehr umfangreiche und stabile Kühlwasserversorgung
auf einem Temperaturniveau von ungefähr 25 Grad Celsius. Das in den
Versuchsanlagen erwärmte Kühlwasser (~28 °C) fließt dabei zu einem
Sammeltank zurück und wird von dort aus (abgekühlt durch einen Kühlturm)
wieder den Versuchsanlagen zur Verfügung gestellt. Im aktuellen Fall liegt
die thermische Leistung unter Berücksichtigung der gegebenen
Gleichzeitigkeiten der Versuchsdurchführung bei maximal 500 Kilowatt.
Die Versuchsanlagen des Fraunhofer FEP befinden sich fast ausschließlich
in großen Technikumshallen. Die Temperierung dieser Hallen erfolgt mittels
zentraler Raumlufttechnik (RLT). Als Heizmedium steht hier aus Fernwärme
umgewandelte Nahwärme zur Verfügung. Die maximale thermische Leistung
dieser RLT-Geräte liegt insgesamt bei ungefähr 400 Kilowatt.
Das Fraunhofer FEP ist immer auf der Suche nach innovativen technischen
Lösungen. Aufgrund des im Institut vorhandenen Fachwissens über den
gleichzeitigem Abwärmeanfall und der benötigten Heizenergie hatten die
Techniker die innovative Idee, eine Wärmepumpenanwendung zu konzipieren,
die beides nutzbringend verbindet. Bereits in einem ähnlichen Fall haben
Fraunhofer FEP und Johnson Controls gemeinsam eine Wärmepumpe zur Nutzung
der Abwärme (15 kW) aus einem IT-Serverraum zur Versorgung der Heizung des
Büro-Gebäudes realisiert. Die als „Abfallprodukt“ im Wärmepumpenprozess
anfallende „Kälte“ wird dabei für die aktive Kühlung des Serverraumes
genutzt. Diese Anwendung war technisch und wirtschaftlich so erfolgreich,
dass nun der nächste größere Schritt gegangen werden sollte. Dokumentiert
wird der wirtschaftliche Erfolg durch ein Return on Invest von unter drei
Jahren. Üblicherweise erreichen Wärmepumpenanwendungen eine Leistungszahl
von ~4,5. Die beschriebene Anlage weist jedoch sogar eine Leistungszahl
von ~7,5 auf. Dabei stellt die Leistungszahl das Verhältnis von gewonnener
thermischer Energie zu aufgewendeter elektrischer Energie dar.
Für die ausgewogene Dimensionierung der neuen Wärmepumpe musste ein
Leistungsbereich ermittelt werden, der möglichst hohe
Vollbenutzungsstunden garantiert. Aufgrund von verschiedenen Messungen
wurde die Wärmepumpe wie folgt ausgelegt: Heizleistung 115 Kilowatt,
Kühlleistung 90 Kilowatt.
Für dieses Projekt konnte nicht auf eine Standardlösung zurückgegriffen
werden. Johnson Controls als Lieferant der Wärmepumpe installierte ein
System aus zwei Verdichtern (je 50 %), von denen einer stufenlos regelbar
und der zweite einstufig ausgelegt wurde.
Heizungsseitig wurde die Wärmepumpe in den RLT-Zubringerkreis eingebunden.
Die Anpassung der Regelung und Hydraulik war schwierig, wurde aber gelöst.
Eine ausschließliche Versorgung des RLT-Kreises hätte in den Nachtstunden
und am Wochenende aufgrund des Institutsbetriebes zum Stillstand der
Wärmepumpe geführt. Somit wurde in dem statischen Heizkreis (Leistung max.
50 kW) ein – wenn auch kleiner – zusätzlicher Abnehmer gefunden, der eine
Teillast übernehmen kann. Hinzu kommt, dass der Wärmeanfall in den
Versuchsanlagen am Wochenende ohnehin sehr eingeschränkt ist.
Sämtliche Aufgabenstellungen – ob im laufenden Institutsbetrieb oder bei
Anforderungen an Um-/Erweiterungsbauten – wurden gemeinsam mit Johnson
Controls (Niederlassung Dresden) in einem vertrauensvollen und
partnerschaftlichen Verhältnis durchgeführt. Den Projektbeteiligten war
klar, dass das anspruchsvolle Projekt nur so erfolgreich durchgeführt
werden kann und Anpassungen, auch nach erfolgter Inbetriebnahme,
unvermeidbar sind.
Gerd Obenaus, Leiter Technik am Fraunhofer FEP, erläutert die
Voraussetzungen für das gute Gelingen des anspruchsvollen Projektes: „Alle
Projektbeteiligten müssen sich im Klaren sein, dass hier mit erheblichem
Aufwand für Inbetriebnahmen und nachgelagerten Anlagenoptimierungen zu
rechnen ist. Außerdem muss der Betreiber vor Ort seine Anlage sowie die
zugehörige Peripherie/Anlagenfahrweise sehr gut kennen. Die Fähigkeit und
der Wille des Betreibers, selbst Optimierungen im Betrieb auszuführen,
sind dringend notwendig und für den Erfolg unverzichtbar.“
Frank Rostalsky, Teamleiter Service MSR der Niederlassung Dresden,
beschreibt die gestellten Anforderungen: „Von uns wird erwartet, dass wir
uns auf die vorgegebene Verfahrensweise einstellen und dem Betreiber die
Möglichkeiten dazu geben. Hierfür war es notwendig, alle Parameter der
Anlage offenzulegen und für Optimierungen freizugeben.“
Während der umfangreichen Inbetriebnahme wurden auch Schwachstellen
(hydraulisch und regelungstechnisch) an anderen – aber nun von der
Wärmepumpe zu versorgenden – Anlagen festgestellt und behoben.
Der Regelbetrieb der Anlage wurde im November 2016 gestartet. Über das
normale Maß hinaus wurden viele Mess- und Zähleinrichtungen installiert.
Sie sollen den wirtschaftlichen und störungsfreien Betrieb der Anlagen
sicherstellen und dokumentieren helfen. Mit ersten Aussagen hinsichtlich
der Betriebserfahrungen und Wirtschaftlichkeit wird im Sommer 2017
gerechnet. Die Techniker des Fraunhofer FEP stehen mit ihrem Know-how auch
für externe Kunden bereit, um umweltfreundliche Anlagenkonzepte zu
erarbeiten.
Fraunhofer FEP und Johnson Controls planen, sich mit der umgesetzten
Wärmepumpenlösung für den Deutschen Innovationspreis für Klima und Umwelt
(IKU) zu bewerben. Mit dem Deutschen Innovationspreis für Klima und Umwelt
(IKU) zeichnen das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit sowie der Bundesverband der Deutschen Industrie alle
zwei Jahre Ideen aus, die im Bereich Klima- und Umweltschutz neue Wege
aufzeigen.