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Geflügelwissenschaften: Bio-Eier gewinnen Qualitätsrennen – mit Abstrichen

Geflügelwissenschaftler der Universität Hohenheim vergleicht
konventionelle und Bio-Eier / Dünne Schalen haben nichts mit Geflügelpest
zu tun

Besseres Aroma und etwas gesünder, aber mehr Keime und weniger Dotter – so
das Fazit von Prof. Dr. Michael Grashorn am Institut für
Nutztierwissenschaften der Universität Hohenheim. Der
Geflügelwissenschaftler vergleicht Bio-Eier mit Eiern aus Bodenhaltung.
Der Auslauf von Bio-Legehennen im Grünen bringt mehr Abwechslung in deren
Ernährung. Die Versorgung mit Nährstoffen ist dadurch aber etwas
ungünstiger: In Bio-Eiern sinkt der Dotteranteil und die Keimbelastung
steigt. Entwarnung gibt Prof. Dr. Grashorn bei übereilten Befürchtungen
angesichts Eiern mit dünnen Schalen: Es gäbe keinen Zusammenhang mit der
Geflügelpest.

Die ausgewogenere Ernährung macht’s: Frei laufende Bio-Hühner picken auf
der Wiese öfter Kamille oder andere Pflanzen mit ätherischen Ölen. Dadurch
haben Bio-Eier ein besseres Aroma und durch das vermehrte Fressen von
Pflanzenbestandteilen öfter höhere Gehalte an Omega-3-Fettsäuren.

Das Eiklar von Bio-Eiern hat häufiger auch eine bessere Konsistenz. Es ist
fester und gallertiger. Geflügelwissenschaftler Prof. Dr. Grashorn von der
Universität Hohenheim erklärt: „Das ist auf höhere Aktivitäten der
Eiklarenzyme und das stärker ausgebildete Immunsystem der Bio-Legehennen
zurückzuführen.“

Dagegen führt Freilandhaltung dazu, dass Bio-Legehennen etwas weniger
Nährstoffe bekommen, insbesondere die essentiellen Aminosäuren und die
Energiebilanz sind geringer. Dadurch verringert sich der Dotteranteil.

„Generell ist die Keimbelastung aber etwas höher“, so Prof. Dr. Grashorn.
„Häufiger auftretende Infektionen der Bio-Legehennen führen auch dazu,
dass die Schalenfarbe ihrer Eier variabler ist. Eier aus konventioneller
Bodenhaltung haben eine einheitlichere Schalenfarbe.“

Das Gelbe vom Ei

Die Dotterfarbe von Bio-Eiern ist weniger intensiv. Sie sind blasser, eher
gelb. „Das liegt daran, dass im Bio-Landbau keine synthetischen Farbstoffe
als Futterzusatzstoffe eingesetzt werden dürfen“, so Prof. Dr. Grashorn.

Die konventionelle Haltung darf Farbstoffe einsetzen, die Eidotter von
diesen Eiern sind daher eher intensiv orange. „Das Einzige, das man mit
Sicherheit an der Dotterfarbe überprüfen kann, ist: Bio-Eier mit intensiv
gefärbtem Dotter sind wohl eher untergeschobene, konventionelle Eier“,
erklärt Prof. Dr. Grashorn.

„Im Allgemeinen wollen die deutschen Verbraucher, vor allem im mittel- bis
süddeutschen Raum, intensiver gefärbte Dotter. Entsprechend werden diese
auch vermehrt im Handel angeboten. Selbst die Holländer produzieren
speziell für den deutschen Markt Eier mit intensiv orange gefärbten
Dottern, während sie selbst gelbe Dotter bevorzugen.“

Dünne Eierschalen kommen nicht von Geflügelpest

Kalzium – das ist der Baustoff, aus dem Eierschalen bestehen. In diesem
Jahr sind sie besonders dünn. Sogar der baden-württembergische Minister
für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Peter Hauk warnte unlängst in
der BILD-Zeitung die Konsumenten: „Man muss vorsichtiger sein, wenn man
Eier ausbläst oder färbt. Die Schalen sind in diesem Jahr besonders dünn
und zerbrechlich.“

Warum das so ist – dafür kommen mehrere Ursachen in Betracht:
Fütterungsfehler oder schlechteres Aufnehmen von Kalzium durch ältere
Legehennen. In der Regel legen Hennen über 12-15 Monate Eier. Gegen Ende
dieser Zeit nimmt die Schalendicke deutlich ab, weil die Hennen das
Kalzium im Futter schlechter verwerten können.

„Vermutlich werden dieses Jahr zur Osterzeit mehr Herden mit älteren
Legehennen gehalten als in früheren Jahren“, so Prof. Dr. Grashorn. „Die
Entscheidung, ab 1. Januar 2017 nur noch Junghennen mit nicht gekürztem
Schnabel einzustallen, könnte Betriebe veranlasst haben ihre Legehennen
länger zu halten.“

Hinzu kämen Lieferengpässe bei den Junghennen, die durch die Geflügelpest
entstanden seien. Denn von den seuchenhygienischen Sperrmaßnahmen seien
zum Teil auch Zucht- und Vermehrungsbetriebe betroffen gewesen.

Befürchtungen, die dünnen Schalen könnten mit der Geflügelpest
zusammenhängen, kann Prof. Dr. Grashorn jedoch mit Sicherheit entkräften:
„Es ist zwar richtig, dass virale Erkrankungen, zum Beispiel der Atemwege,
die Schalenbildung stören und so dünnschalige Eier gebildet werden. Die
Aviäre Influenza H5N8 ist aber nicht der Grund für das gehäufte Auftreten
dünnschaliger Eier.“

„Der Infektionsverlauf der derzeitigen Aviären Influenza in betroffenen
Betrieben ist rasant. Die dünnschaligen Eier treten fast zeitgleich mit
den klinischen Symptomen auf, die ja zu einer sofortigen Sperrung der
Betriebe führen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Eier aus einem infizierten
Betrieb gekauft werden, ist daher äußerst gering. Wenn doch derartige Eier
in den Handel kämen, wäre die Anzahl in Relation zur Gesamtanzahl der Eier
sehr gering und würde das verbreitete Auftreten dünnschaliger Eier nicht
erklären.“

„Außerdem ist eine Infektion des Menschen mit Aviärer Influenza über Eier
bisher nicht nachgewiesen worden“, gibt Prof. Dr. Grashorn Entwarnung.
„Der Infektionsweg der Geflügelpest geht über die Schleimhäute der
Atemwege.“

Hintergrund: Ostereier und Osterhase

In Deutschland legen ca. 45 Mio. Legehennen über 40 Mio. Eier täglich.
Warum Ostereier nicht von einem Huhn, sondern von einem Hasen gebracht
werden, ist nicht eindeutig geklärt. Bis zum Mittelalter waren immer
wieder andere Tiere die Überbringer, zum Beispiel Fuchs, Auerhahn, Hahn,
Storch, Kuckuck oder Kranich.

In den letzten Jahrhunderten hat diese Aufgabe unumstritten der Hase
übernommen. Umstritten ist aber, warum das so ist. Die gängigste
Erklärung: Sowohl Hasen als auch Eier stehen im Frühling für
Fruchtbarkeit, Erneuerung und Nachwuchs. Eltern sollten aber darauf
achten, ihren Kindern zu erklären, dass nicht der Osterhase, sondern die
Hühner für das Eierlegen zuständig sind.

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Unter der Haut

Eine Tätowierung kann eine infektiöse Reaktion hervorrufen.  UKRVom 28. bis 30. März 2017 veranstaltet die European Society of Tattoo and
Pigment Research (ESTP) ihren internationalen Kongress zur Tattoo- und
Pigmentforschung erstmals in Regensburg. Das Programm bietet Tätowierern,
Wissenschaftlern und Medizinern eine Plattform zum Austausch.

Tattoos erfreuen sich mittlerweile einer breiten gesellschaftlichen
Akzeptanz. Rund zehn Millionen Menschen in Deutschland tragen bereits ein
oder mehrere Hautbilder, in Europa sind es fast 100 Millionen. Ob und wie
der Körper aber auf Tätowierungen reagiert, ist bisher nicht ausreichend
untersucht. Um die Forschung auf diesem Gebiet voranzutreiben, wurde 2013
die ESTP gegründet. Die Gesellschaft organisiert alle zwei Jahre einen
europaweiten Kongress, auf dem Mediziner, Wissenschaftler und
professionelle Tätowierer sowie Vertreter von nationalen und
internationalen Behörden, Industrie und Handel zusammentreffen, um ihr
Wissen auszutauschen. Dieses Mal findet der Europäische Kongress zur
Tattoo- und Pigmentforschung (ECTP) vom 28. bis 30. März 2017 am
Universitätsklinikum Regensburg (UKR) statt. „Ziel des dreitätigen
Kongresses ist es, das Fachwissen und die spezielle Expertise im Bereich
Tätowierungen und Pigmente zusammenzubringen sowie die Forschung auf
diesem Gebiet zu intensivieren und zu fördern“, so Professor Dr. Wolfgang
Bäumler, Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Klinik und Poliklinik für
Dermatologie des UKR und diesjähriger Tagungspräsident des ECTP.

Vor etwa 20 bis 30 Jahren galten Tätowierungen noch als Randerscheinungen
gesellschaftlicher Außenseiter. Im Laufe der Zeit wurden die Hautbilder
aber immer beliebter und finden sich heute in allen Altersgruppen und
Gesellschaftsteilen. Tattoo-Studios gibt es inzwischen in jeder Stadt.
Diese Entwicklung wirft aber auch Fragen nach gesetzlichen Regelungen auf,
um das Risiko von Infektionen, allergischen Reaktionen und anderen
Gesundheitsproblemen zu reduzieren.
Erst seit 2009 unterliegen Tattoofarben einer Tätowiermittelverordnung,
die eine Negativliste mit verbotenen Substanzen beinhaltet. Man weiß
heute, dass Farbpigmente nach dem Tätowieren von der Haut durch die
Lymphgefäße in andere Organe des Körpers abtransportiert werden und sich
beispielsweise in Lymphknoten und Leber einlagern.
Der Kongress bietet seinen Teilnehmern eine Plattform, sich anhand von
Fachvorträgen und Open-Sessions zu den unterschiedlichen Regelungen über
den Einsatz von Tätowiermitteln in den USA und der EU zu informieren und
mit Vertretern vom Bundesinstitut für Risikobewertung, dem
Bundesverbraucherschutzministe

rium, der Europäischen Chemikalienagentur
ECHA sowie der amerikanischen Food and Drug Administration FDA zu
diskutieren.

Ein weiterer Fokus des Kongresses liegt auf dem Aspekt, wie Tattoos wieder
entfernt werden können. Hier gilt die Lasertherapie als das schonendste
Verfahren, um die Entfernung eines ungeliebten künstlichen Hautbilds zu
versuchen. Auf dem ECTP am UKR wird den Teilnehmern per Videokonferenz
eine Tattooentfernung live demonstriert.

Bisher gibt es keine epidemiologischen Studien darüber, wie sich
Tattoofarben im Körper auswirken, so dass aktuell nicht klar ist, ob es zu
Langzeitfolgen kommen kann. „Insgesamt gibt es in Sachen Tattoo noch viel
Aufklärungsbedarf, einerseits um das Tätowieren sicherer zu machen,
andererseits um bei Menschen das Bewusstsein für die Risiken und mögliche
Folgen, die mit einer Tätowierung einhergehen, zu schärfen“, resümiert
Professor Bäumler.
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Klaus Farin referierte an der Koblenz in vollem Hörsaal über Jugendkulturen in Deutschland

Der Referent Klaus FarinEinen ebenso interessanten wie unkonventionellen Vortrag zum Thema
„Zwischen Kommerz und Engagement – Jugendkulturen in Deutschland“ hielt
Klaus Farin am RheinMoselCampus der Hochschule Koblenz in einem vollen
Hörsaal. Weitere Studierende und sonstige Gäste hörten sich auf dem Flur
an der geöffneten Tür die spannenden Ausführungen des Gründers des Archivs
der Jugendkulturen e.V. (Berlin) an. Angeboten wurde die Veranstaltung vom
Fachbereich Sozialwissenschaften und vom Institut für Forschung und
Weiterbildung (IFW) der Hochschule Koblenz sowie von der FachstellePlus
für Kinder- und Jugendpastoral Koblenz.

Einen ebenso interessanten wie unkonventionellen Vortrag zum Thema
„Zwischen Kommerz und Engagement – Jugendkulturen in Deutschland“ hielt
Klaus Farin am RheinMoselCampus der Hochschule Koblenz in einem vollen
Hörsaal. Weitere Studierende und sonstige Gäste hörten sich auf dem Flur
an der geöffneten Tür die spannenden Ausführungen des Gründers des Archivs
der Jugendkulturen e.V. (Berlin) an. Angeboten wurde die Veranstaltung vom
Fachbereich Sozialwissenschaften und vom Institut für Forschung und
Weiterbildung (IFW) der Hochschule Koblenz sowie von der FachstellePlus
für Kinder- und Jugendpastoral Koblenz.

Klaus Farin macht keinen Hehl daraus, selbst nie studiert zu haben.
Trotzdem ist es ihm gelungen, sich mit vielen stark beachteten
Publikationen und unzähligen Vorträgen einen Namen als
Jugendkulturforscher zu machen. In seinem Vortrag berief er sich auf
wissenschaftliche Untersuchungen, Studien und Umfragen, berichtete aber
auch aus seiner täglichen Arbeit mit den Jugendlichen und ließ weitere
persönliche Erfahrungen und biographische Hintergründe einfließen.

Als Grundlage seines Vortrags definierte Farin den Begriff Jugendkulturen.
Es handele sich dabei um informelle Gebilde ohne offizielle Mitgliedschaft
– es zähle allein die subjektive Entscheidung des Jugendlichen, dazu zu
gehören. Motiv der Jugendlichen sei die Abgrenzung gegenüber der „Masse“,
insbesondere gegenüber der Welt der Erwachsenen. Die Zugehörigkeiten zu
Jugendkulturen seien fließend, häufig wechseln die Jugendlichen zwischen
unterschiedlichen Szenen. Der größte Teil der Jugendkulturen hat
gemeinsame Wurzeln, viele gehen beispielsweise auf den Punk zurück und
haben sich von dort aus weiterentwickelt und ausdifferenziert.

„Jugendkulturen hängen immer stark mit Kommerz zusammen – schon zu Zeiten
von James Dean ging es darum, eine bestimmte Jeans zu tragen und bestimmte
Musik zu hören“, betonte Farin. Im Folgenden beschrieb er den Prozess vom
ersten Aufkommen einer Jugendkultur über ihr Aufgreifen durch die
Industrie bis hin zu ihrem Niedergang im Mainstream. Als Bespiel nannte er
die Techno-Bewegung, die nach dem Mauerfall ihren Anfang in kleinen
illegalen Partys in leerstehenden Ostberliner Gebäuden genommen hatte.
Später etablierten sich ganz legale Techno-Clubs und Boutiquen, in denen
die spezifische Kleidung zu kaufen war: „Spätestens, als Schlagersänger
wie Heino ihren Lieder mit Technobeats unterlegten und damit auf der
Loveparade auftraten, war diese Jugendkultur tot“. Einen ähnlichen Prozess
habe der HipHop durchlaufen: „Wenn eine Jugendkultur so dominant wird, bis
hin zur Massenkultur, ist es für deren ernsthafte Vertreter Zeit, weiter
zu ziehen.“

Farin geht jedoch davon aus, dass es künftig keine derart dominanten
Jugendkulturen mehr geben werde – zu breit sei inzwischen der
gesellschaftliche Mainstream, zu ausdifferenziert die möglichen
Lebensformen: „Was ‚normal‘ ist, kann heutzutage nicht mehr definiert
werden.“

Im weiteren Verlauf seines Vortrages lieferte Farin eine
Zustandsbeschreibung der heutigen Jugendlichen, von denen die Medien
völlig zu Unrecht ein negatives Bild zeichneten: „In den letzten zwölf
Jahren ist die Jugendkriminalität jedes Jahr kontinuierlich gesunken – wir
haben die bravste Jugendgeneration seit Ende des 2. Weltkrieges.“ Dies
konnte er mit weiteren Zahlen belegen: Heutzutage tränken weniger als die
Hälfte der Minderjährigen Alkohol, nur 5 Prozent kifften, nur 12 Prozent
rauchten. Auch der erste Geschlechtsverkehr fände später statt als früher
und vorzugsweise in festen Beziehungen. Zugleich sei das Jugendstrafrecht
in den letzten Jahren immer weiter verschärft worden: „Früher hieß es, die
Jugend sei unsere Zukunft. Heute wird Jugend als ‚Sicherheitsrisiko‘ der
Gesellschaft dargestellt.“

Dass die Jugendlichen heutzutage so brav sind, führte Farin auf die
geringeren Freiräume für Jugendliche und junge Erwachsene sowie auf den
gestiegenen Leistungsdruck der Gesellschaft zurück: „Wenn Sie einen
14-jährigen heute nach seiner größten Sorge befragen, erzählt er Ihnen
nichts mehr von Akne und seiner Angst vor dem ersten Sex. Seine größte
Angst ist die um Arbeitslosigkeit.“ Auch die Verschulung der
Hochschulbildung habe zu einem starken Rückgang des rebellischen
Potentials geführt: „Rebellion braucht freie Ressourcen – und die sind
nicht mehr vorhanden.“ Zwar gebe es noch gesellschaftliches Engagement,
dies falle jedoch viel geringer aus als früher.

Die Studierenden nahmen die Gelegenheit wahr, sich rege mit
unterschiedlichen Fragen zu beteiligen, die ihre Lebenswelten betreffen –
vom Begriff „Hipster“ bis zu religiösen Szenen und weiteren Phänomenen.

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Mick, Keith, Ronnie und Charlie rocken in Freiburg

Merchandise-Artikel  Foto: Sandra MeyndtDie Universität übernimmt eine Sammlung zu der Band „The Rolling Stones“
mit mehr als 15.000 Tonträgern
Das Zentrum für Populäre Kultur und Musik (ZPKM) der Albert-Ludwigs-
Universität übernimmt eine wohl einzigartige Sammlung: Die „Reinhold Karpp
Rolling Stones Collection“ umfasst mehr als 15.000 Tonträger, dazu eine
Vielzahl von Büchern, Zeitungsausschnitten, Fankorrespondenz und
Merchandise-Produkten, die von Basecaps über Spielzeug bis hin zu Uhren,
Telefonkarten und sogar einem Flipperautomaten reichen.

Noch stehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Zentrums ganz
am Anfang ihrer Arbeit – welche weiteren Kleinode der Populärkultur und
-musik sich noch in den gut 100 Kartons verstecken, wird sich erst nach
und nach zeigen. Die Familie des 2012 verstorbenen Sammlers Reinhold Karpp
stellt das Depositum zunächst für zehn Jahre der Universität Freiburg zur
Verfügung. Karpp war es ein Anliegen, dass die Sammlung als Einheit
bestehen bleibt. „Wir bedanken uns ganz herzlich bei der Familie Karpp
dafür, dass sie diese großartige Kollektion dem ZPKM zur Verfügung stellt.
Diese Entscheidung ist für uns ein großer Erfolg, denn sie zeigt, wie viel
Anerkennung unser erst im Jahr 2014 gegründetes Zentrum in kürzester Zeit
für seine Arbeit erworben hat“, sagt Prof. Dr. Gunther Neuhaus, Prorektor
für Forschung der Universität Freiburg.

Reinhold Karpp wohnte in Windhagen bei Bonn. Seine große Leidenschaft für
die Rolling Stones begann bereits Mitte der 1960er Jahre. Damals war er
Schüler eines strengen Jungeninternats auf der Nordseeinsel Spiekeroog und
die Musik der Rolling Stones sprach seinen Drang nach Freiheit und
Unabhängigkeit wie keine andere an. 1964 sah er die Rolling Stones zum
ersten Mal live – in Blackpool/England. Seither sammelte er alles, was er
von der britischen Rockband finden konnte. „Sein Hauptinteresse galt immer
der Musik der Band und insbesondere den Vinylplatten“, sagt seine Tochter
Annette Karpp. Persönlich kennenlernen wollte ihr Vater die Stones nie,
das hätte er als aufdringlich empfunden. Bis die Sammlung ihren Weg ins
ZPKM fand, hatte sie ihren Platz im Dachgeschoss des Familienhauses in
Windhagen – eine ganze Etage nur für die Rolling Stones. Seine
Sammlungsgegenstände kaufte Karpp häufig auf großen Plattenbörsen, zum
Beispiel in Utrecht/Niederlande. Dazu, aber auch zu den gut 130 Konzerten,
die er im Lauf seines Lebens besuchte, nahm er gern seine Frau Arleen oder
seine drei Töchter – Sabine, Annette und Katharina – mit.

Für das ZPKM zeugt die Kollektion nicht nur von der Leidenschaft eines
Sammlers, sondern auch von der Ausdifferenzierung des Populären sowie den
Strategien der Musik¬vermarktung. „Der Wert der Sammlung ist aus
kulturgeschichtlicher Perspektive hoch, gerade weil sie nicht nur
Tonträger umfasst, sondern diese vielen – auf den ersten Blick vielleicht
kurios erscheinenden – Gegenstände populärer Kultur“, sagt Dr. Dr. Michael
Fischer, Geschäftsführender Direktor des ZPKM. Die „Reinhold Karpp Rolling
Stones Collection“ zeige deshalb auch, wie wichtig die Medialität und
Materialität für die Erforschung populärer Kulturen überhaupt ist: Musik
„materialisiert“ sich in Platten, CDs oder DVDs, aber auch in Form von
Fanartikeln, Plakaten oder Fotos. „Neben der Musik können mit der Sammlung
zudem soziale Praktiken untersucht werden, wie Star- und Fankulturen oder
unterschiedliche Formen, sich populäre Musik anzueignen – bis hin zur
Tätigkeit des Sammelns und Ordnens“, sagt Fischer.

Die Sammlung steht zukünftig der Wissenschaft und Forschung zur Verfügung.
In mittelfristiger Perspektive sollen die Exponate auch der Öffentlichkeit
in einer Ausstellung gezeigt werden.

Hintergrundinformationen:
Das Zentrum für Populäre Kultur und Musik (ZPKM) wurde im Jahr 2014
gegründet. Es ist aus dem traditionsreichen Deutschen Volksliedarchiv
hervorgegangen. Das Zentrum umfasst Sammlungen zu allen Genres und
Gattungen populärer Musik, neben der 1914 gegründeten Sammlung „Deutsches
Volksliedarchiv“ sind das Deutsche Musicalarchiv und das Popmusikarchiv
hervorzuheben. Diese Sammlungen bilden die Forschungsgrundlage des
Zentrums und ermöglichen Grundlagenforschung, wollen aber in gleicher
Weise die populäre Musik von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart
dokumentieren und als Kulturerbe bewahren.

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