TU Berlin: Alchemistische Wunderheilmittel aus Wittenberg
Spektakulärer archäologischer Fund zeichnet ein neues Bild der Alchemie
des 16. Jahrhunderts / Einladung zum Vortrag am 24. April 2017
Eine mit Unmengen von Glasscherben angefüllte Abfallgrube, gefunden bei
Grabungen im ehemaligen Franziskanerkloster in Wittenberg, wurde zu einer
der größten archäologischen Entdeckungen der Chemie- und
Alchemiegeschichte der frühen Neuzeit in Europa. Die Scherben der Grube
lassen sich in das letzte Drittel des 16. Jahrhunderts datieren. Sie
erregten im chemischen Labor und der Restaurierungswerkstatt des
Landesmuseums für Vorgeschichte Sachsen-Anhalt schon wegen ihrer
merkwürdigen Anhaftungen Interesse und ließen sich schließlich in 18
Monate andauernder Kleinarbeit zu der größten erhaltenen alchemistischen
Laborausstattung Deutschlands zusammensetzen.
Der Chemiker Dr. Chr.-Heinrich Wunderlich, der die Untersuchungen an
Chemikalienresten der Gerätschaften unternahm, wird in einem Vortrag über
den Gang seiner Untersuchungen und die daraus folgende Rekonstruktion der
Produktionsprozesse eines alchemistischen „Pharmabetriebes“ berichten.
Wir möchten Sie zu der Veranstaltung herzlich einladen.
Zeit: 24. April 2017, 17.15 Uhr
Ort: TU Berlin, Straße des 17. Juni 115, 10623 Berlin, Chemiegebäude,
Hörsaal C 130
Der Vortrag ist öffentlich. Der Eintritt ist frei.
Chr.-Heinrich Wunderlich staunte nicht schlecht über die Unmengen von
Quecksilber- und Antimonverbindungen, die er vorfand. Hauptarbeitsgebiet
des Wittenberger Alchemisten war nämlich die Produktion von Heilmitteln
aus Antimonverbindungen, deren Herstellung auf eine Idee des berühmten,
aber auch umstrittenen Alchemisten und Mediziners Paracelsus zurückgehen.
Der Wittenberger Fund räumt nach Ansicht Wunderlichs jedenfalls mit
überkommenen, einseitigen Vorstellungen über die Tätigkeit der Alchemisten
auf: „Weder war Alchemie in der Renaissancezeit eine finstere
Geheimwissenschaft, noch waren Alchemisten allesamt auf die Herstellung
von Gold und Betrug aus.“ Ein solches negatives Bild gehe im Wesentlichen
auf das 18. und 19. Jahrhundert zurück, als sich Chemie und Physik als
eigenständige naturwissenschaftliche Disziplinen emanzipierten, und man
sich von ihren Vorläufern distanzieren wollte.
Wunderlich, der unter anderem archäometrische Untersuchungen an der
berühmten Himmelsscheibe von Nebra vornahm, wird in seinem Vortrag auch
darüber sprechen, was moderne Naturwissenschaftler mit den Alchemisten
vergangener Jahrhunderte verbindet. „Ihre Fragen und ihre Hoffnungen waren
dieselben, die uns auch heute noch zur Forschung animieren: Bis heute
verbindet uns mit den frühen Alchemisten die Sehnsucht, die Geißeln der
Menschheit – Krankheit, Hunger und Armut – zu besiegen, aber dabei auch
Macht, Ruhm und Wohlstand zu erwerben", so Wunderlich.
Die Ausstellung „Alchemie, die Suche nach dem Weltgeheimnis" im
Landesmuseum Halle, die auf dem Wittenberger Laborfund beruht, ist noch
bis zum 5. Juni 2017 zu sehen.
Der Vortrag ist eine gemeinsame Veranstaltung der Gesellschaft Deutscher
Chemiker e.V. und der TU Berlin, Fachgebiet Biologische Chemie.
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