Wer gerne hilft, sich für die Familie engagiert und religiös lebt, ist zufriedener als andere
Menschen, die anderen gerne helfen, denen ihre Familie sehr wichtig ist
oder ihr Glaube, sind im Durchschnitt mit ihrem Leben zufriedener als
andere. Das belegt eine Studie auf Basis der Daten der für Deutschland
repräsentativen Langzeitstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) am DIW
Berlin sowie einer australischen Langzeitstudie. Besonders groß ist die
Zufriedenheit, wenn sich in einer Beziehung beide Partner für andere und
die Familie engagieren. Das Streben nach Geld und Karriere sei hingegen
eher mit Unzufriedenheit verbunden, berichten die Forscher. Die Studie
wurde kürzlich in der Publikationsreihe SOEPpapers veröffentlicht.
In ihrer Analyse haben Gert G. Wagner, Senior Research Fellow beim SOEP am
DIW Berlin, und der australische Sozialwissenschaftler Bruce Headey von
der Universität Melbourne die Bedeutung von vier möglichen
„Glücksrezepten“ überprüft: Altruismus (also die Bereitschaft, anderen zu
helfen), Familienorientierung, ein religiöser Glaube sowie Geld und
Karriere. Um herauszufinden, in welchem Zusammenhang diese mit der
Zufriedenheit der Menschen stehen, analysierten die Forscher mehr als
100.000 Angaben von SOEP-Befragten im Alter von 25 bis 54 Jahren, die
zwischen 2003 und 2016 immer wieder befragt worden waren. Darüber hinaus
werteten sie – zur Kontrolle und Erhärtung der Ergebnisse – knapp 30.000
Angaben von Befragten der australischen Langzeitstudie HILDA (Household,
Income and Labour Dynamics in Australia) aus.
Das Ergebnis der Analysen zeigt: Je altruistischer Menschen sind, desto
zufriedener sind sie mit ihrem Leben. Als altruistisch definierten die
Forscher diejenigen Befragten, die es für wichtig halten sich besonders
häufig ehrenamtlich zu engagieren oder Freunden, Bekannten und Nachbarn zu
helfen. Auch familienorientierte Menschen, also Menschen, denen ihre
Kinder und Haus- und Gartenarbeit besonders wichtig sind, sind im
Durchschnitt zufriedener als ihre Mitmenschen. „Das ist vor allem dann der
Fall, wenn beide Partner die gleichen Werte leben“, sagt Studienautor Gert
G. Wagner. „Gegensätze ziehen sich zwar gerade am Anfang einer Beziehung
an. Aber wenn man Streit in der Familie vermeiden möchte, bewährt sich
eher das Motto „Gleich und Gleich gesellt sich gern.“
Eine Ausnahme bilden allerdings die allein erziehenden Mütter: Wenn ihnen
das Familienleben besonders wichtig ist, sind sie unzufriedener als
andere Menschen. „Alleinerziehende haben oft nicht die Zeit, die sie gerne
hätten, um sich um ihre Familie, Freunde, Bekannten und Nachbarn zu
kümmern“, sagt Bruce Headey von der Universität Melbourne.
Auch der religiöse Glaube kann der Studie zufolge die Lebenszufriedenheit
steigern. Das ließe sich auch dadurch erklären, dass religiöse Menschen
häufiger als andere altruistisch und familienorientiert leben, schreiben
die Autoren.
Wer hingegen vor allem nach materiellen Werten strebt, also mehr arbeiten
und auch mehr verdienen will als andere, ist im Durchschnitt unzufriedener
als er sein könnte. „Solche Menschen sind dem stetigen Stress ausgesetzt,
dass andere noch erfolgreicher sind. Denn nicht jeder kann an der Spitze
stehen“, erklärt Gert G. Wagner. Wer hingegen altruistisch,
familienorientiert und religiös lebe, ziehe seine Zufriedenheit daraus,
andere zu unterstützen und könne dabei nur gewinnen.
Anhand ihrer Analysen können die Wissenschaftler bisher allerdings nicht
ausschließen, dass nicht Geld und Karriere unglücklich machen, sondern
dass unglückliche Menschen versuchen, mit Hilfe von Geld und Karriere
zufriedener zu werden.
SOZIO-OEKONOMISCHES PANEL (SOEP)
Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) ist die größte und am längsten
laufende multidisziplinäre Langzeitstudie in Deutschland. Das SOEP im DIW
Berlin wird als Teil der Forschungsinfrastruktur in Deutschland unter dem
Dach der Leibniz-Gemeinschaft vom Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF) und den Ländern gefördert. Für das SOEP werden seit 1984
jedes Jahr vom Umfrageinstitut Kantar Public (zuvor TNS Infratest
Sozialforschung) in mehreren tausend Haushalten statistische Daten
erhoben. Zurzeit sind es etwa 30.000 Personen in etwa 15.000 Haushalten.
Die Daten des SOEP geben unter anderem Auskunft über Einkommen,
Erwerbstätigkeit, Bildung, Gesundheit und Lebenszufriedenheit. Weil jedes
Jahr dieselben Personen befragt werden, können nicht nur langfristige
gesellschaftliche Trends, sondern auch die gruppenspezifische Entwicklung
von Lebensläufen besonders gut analysiert werden.
Originalpublikation:
Bruce Headey, Gert G. Wagner: Alternative Values-Based ‘Recipes’ for Life
Satisfaction: German Results with an Australian Replication, SOEPpaper Nr.
982, 2018.
https://www.diw.de/sixcms/deta
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