Ade Homeoffice: Zurück in den Betrieb – aber wie?

Stellungnahme von Arbeitsrechtler Prof. Dr. Peter Wedde von der Frankfurt
UAS: „Holen Arbeitgeber Beschäftigte aus dem Homeoffice in die Betriebe
zurück, müssen sie Vorkehrungen zur Sicherstellung des Gesundheitsschutzes
treffen“
Die Verlagerung betrieblicher Arbeit ins Homeoffice war eine wirksame
Maßnahme gegen die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus. Ganz nebenbei hat der
Kampf gegen die Pandemie dieser Arbeitsform auf breiter Front zum
Durchbruch verholfen. Das bedeutet aber nicht, dass die Büro- und
Verwaltungsgebäude in Zukunft leer bleiben werden, weil alle Beschäftigten
nur noch von zu Hause arbeiten.
Im Gegenteil: Die zunehmenden Zahlen der geimpften Beschäftigten,
Inzidenzraten in einer von Experten für erträglich eingestuften
Größenordnung und wirksame Hygienekonzepte führen vielfach dazu, dass die
Arbeit wieder zurück in zentrale Betriebsstätten geholt wird.
„Verlangt ein Arbeitgeber von seinen Beschäftigten, wieder ausschließlich
oder überwiegend im Betrieb tätig zu werden, so müssen sie dem nachkommen.
Ein Recht, dauerhaft im Homeoffice arbeiten zu können, gibt es nur, wenn
es arbeitsvertraglich ausdrücklich so vereinbart ist. Mit Blick auf die
allgemeinen arbeitsvertraglichen Fürsorge- und Rücksichtnahmepflichten
sollten Arbeitgeber die Aufforderung zur Rückkehr an betriebliche
Arbeitsplätze immer mit einer Ankündigungsfrist versehen, die so
ausgestaltet ist, dass Beschäftigte die notwendigen organisatorischen
Vorkehrungen treffen können“, betont Prof. Dr. Peter Wedde, Professor für
Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft an der Frankfurt
University of Applied Sciences (Frankfurt UAS).
Voraussetzung für die Wiederaufnahme der Arbeit in der Betriebsstätte sei,
dass es dort ein Hygienekonzept gibt, dessen Wirksamkeit nachvollziehbar
überprüft worden ist, etwa durch eine Gefährdungsbeurteilung.
Beschäftigten sollten beispielsweise in ausreichendem Umfang
Atemschutzmasken und Schnelltests zur Verfügung gestellt werden. Zwischen
einzelnen Arbeitsplätzen müsse es einen ausreichenden Mindestabstand und
gegebenenfalls Abtrennungen geben. Auch für den notwendigen Luftaustausch
und gegebenenfalls für eine Filterung der Atemluft müsse gesorgt werden.
Für kleinere Büros könne dies insgesamt bedeuten, dass dort nur
Einzelarbeitsplätze besetzt werden können.
„Werden die notwendigen Hygienemaßnahmen getroffen, können sich
Beschäftigte der Wiederaufnahme der Arbeit an betrieblichen Arbeitsplätzen
auch nicht mit Hinweis auf mögliche Ansteckungsgefahren verweigern“, so
Wedde. Dies gelte nur dann nicht, wenn Hygienemaßnahmen ganz fehlen oder
unzureichend sind.
Arbeitgeber dürfen eine Tätigkeit im Betrieb nicht davon abhängig machen,
dass Beschäftigte ihnen das Bestehen eines vollen Impfschutzes nachweisen.
Denn eine entsprechende gesetzliche oder vertragliche Informationspflicht
gibt es nicht. Zum Schutz der Belegschaften können sie aber eigene
Testmöglichkeiten anbieten oder alternativ die Vorlage externer
Testnachweise verlangen.
Weigern sich Beschäftigte, angebotene Tests durchzuführen oder
entsprechende Nachweise vorzulegen, können sie von Arbeitgebern zur
Sicherstellung des Schutzes der übrigen Belegschaft verpflichtet werden,
gesonderte individuelle Schutzmaßnahmen zu treffen: etwa das permanente
Tragen einer medizinischen Maske oder sich nur in bestimmten abgetrennten
Bereichen des Betriebs aufzuhalten. „Allerdings müssen sich derartige
Maßnahmen auf das aus hygienischer Sicht Notwendige beschränken. Eine
gezielte Diskriminierung wegen der Weigerung, Informationen über besonders
geschützte Gesundheitsdaten zu geben, müssen Arbeitgeber vermeiden“,
erklärt Wedde.
Zugleich müssten die entsprechenden Beschäftigten gewisse Nachteile in
Kauf nehmen. Weist ein Beschäftigter beispielsweise mit einem ärztlichen
Attest nach, dass er aus gesundheitlichen Gründen eine vorgeschriebene
Schutzmaske nicht tragen darf, müsse er in Kauf nehmen, dass seine
Bewegungsfreiheit innerhalb eines Betriebsgebäudes auf bestimmte Bereiche
begrenzt wird.
Unabhängig hiervon ist es den einzelnen Beschäftigten selbst natürlich
unbenommen, dem Arbeitgeber ihren Impfstatus auf freiwilliger Basis
eigenständig mitzuteilen. Tun sie dies, dürfen Arbeitgeber diese
Information ausschließlich bezogen auf den Ansteckungsschutz verwenden.
Entsprechendes gilt für die Ergebnisse von Schnelltests, die ihm bekannt
sind. Da die hierbei festgestellten Resultate sehr kurzlebig sind, dürfen
Informationen hierzu allenfalls ein paar Tage aufbewahrt werden und sind
dann zu löschen.
Da es weder eine Impfpflicht noch eine Informationspflicht gibt, können
Beschäftigte vom Arbeitgeber nicht verlangen, dass sich in ihrem
Arbeitsbereich nur geimpfte Personen aufhalten. Solange es ein wirksames
betriebliches Hygienekonzept gibt, das von allen Beschäftigten eingehalten
wird, stehe einer Zusammenarbeit von geimpften und ungeimpften Personen
nichts entgegen. „Wen das stört, der sollte bedenken, dass es Kolleginnen
oder Kollegen gibt, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden
dürfen und deren Diskriminierung man unbedingt vermeiden muss“, betont
Wedde.
Zur Person:
Prof. Dr. Peter Wedde ist Professor für Arbeitsrecht und Recht der
Informationsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Sciences
(Frankfurt UAS). Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehört das individuelle
und kollektive Arbeitsrecht sowie Daten- und Beschäftigtendatenschutz. Er
ist Herausgeber von juristischen Fachkommentaren zum gesamten
Individualarbeitsrecht, zum Betriebsverfassungs- und zum Datenschutzrecht
sowie Autor zahlreicher Buch- und Zeitschriftenbeiträge und
Onlinepublikationen. Als Referent vertritt er seine Schwerpunktthemen
regelmäßig auf Fachkonferenzen und in Praxisforen.
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