Gefährdete Brillenbären in Peru: Forschende finden Paddington Bär

Der Bestand von Brillenbären in Peru könnte größer als angenommen sein.
Darauf deutet eine neue Studie im Fachjournal "Ursus" hin, die von
Forschenden der Universität Göteborg, der Martin-Luther-Universität Halle-
Wittenberg (MLU) und der Stony Brook University in den USA durchgeführt
wurde. Sie beobachteten die gefährdeten Tiere in einem bislang
unerforschten Gebiet in den Anden. Anhand der Gesichtsmuster konnten sie
einzelne Individuen ausmachen und so Schätzungen über die
Populationsdichte erstellen. Das Team fand den ersten Brillenbären mit
goldenem Fell. Er ähnelt auffällig der englischen Kinderbuchfigur
Paddington Bär, die laut Autor Michael Bond (1926-2017) ebenfalls aus Peru
stammt.
Der Brillenbär Tremarctos ornatus ist ein sehr scheues Tier. Nur wenig ist
bislang über das Verhalten der Bären bekannt. So ging man zum Beispiel bis
in die 2000er Jahre fälschlicherweise davon aus, dass sie nachtaktiv sind.
"Weil sich die Tiere so rar machen, lassen sie sich nur schwer erforschen
und deshalb ist wenig über ihr Verhalten bekannt", sagt der Hauptautor der
neuen Studie Wilhelm Osterman von der Universität Göteborg. Die Bären
nehmen aber eine wichtige Rolle im Ökosystem der Anden ein. Der Brillenbär
ist die einzige heimische Bärenart in Südamerika und er ist eine
sogenannte Schirmspezies: Wird er beschützt, hat das positive Folgen für
viele andere Tier- und Pflanzenarten. Laut der Roten Liste gefährdeter
Arten gilt der Bär als vom Aussterben gefährdet. Der Verlust seines
Lebensraums ist eine der Hauptursachen für dessen Gefährdung.
Während einer Forschungsreise in Nordperu erfuhren die Forschenden von
einem bislang unerforschten Gebiet, in dem sich mehrere Brillenbären
aufhalten sollten. "Das weckte sofort unser Interesse, weil bislang nur
wenige Menschen die Gelegenheit hatten, die Tiere in freier Natur zu
beobachten", sagt die Biologin Julia Osterman von der MLU, die ebenfalls
an der Studie beteiligt war. Gemeinsam mit den Bewohnern vor Ort
entwickelten die Forscherinnen und Forscher einen Plan, um die Tiere in
der Region Copal zu beobachten.
Bei mehreren Erkundungen konnte das Team die Tiere tatsächlich beobachten
- bis zu vier an einem Tag. Jedes neue Tier wurde fotografiert und sein
Verhalten protokolliert. Anhand der Gesichtsmuster konnten die Forschenden
einzelne Individuen ausmachen und auf dieser Grundlage Berechnungen über
die Populationsdichte in der gesamten Region aufstellen. Demnach leben
mehr als zehn Tiere pro 100 Quadratkilometer in der Region, also doppelt
so viele wie bislang angenommen.
Das Team machte aber noch eine weitere interessante Entdeckung: Die
Forschenden beobachteten den ersten Brillenbären mit fast goldenem Fell.
Er ähnelt somit Paddington Bär, der ebenfalls ein Brillenbär mit goldenem
Fell ist. Normalerweise haben die Tiere nur dunkles, fast schwarzes Fell.
"Dass wir einen echten goldenen Bären gesehen haben, war etwas
Besonderes", sagt Fanny Cornejo von der Stony Brook University. Warum das
Fell dieses Bären golden und nicht schwarz war, können die Forschenden
aber nicht erklären. Hierfür wären weitere Untersuchungen notwendig.
Obwohl der Bestand der Bären in Nordperu möglicherweise größer als bislang
angenommen ist, gibt es laut dem Team keinen Grund zur Entwarnung: Die
Berechnungen basieren vermutlich auf einem lokalen Hotspot und ließen sich
deshalb nicht ohne Weiteres auf ganz Südamerika übertragen, sagt Julia
Osterman. Dennoch sei die Beobachtung, dass die Bären, die Einzelgänger
sind, sich gehäuft an einem Ort aufhalten, ein wichtiger Hinweis für neue
gezielte Schutzmaßnahmen. "Natürlich wäre es ideal, große Areale unter
Schutz zu stellen, aber das ist nicht immer realistisch. Kleinere
Schutzflächen sind in der Bevölkerung besser vermittelbar und könnten
ebenfalls einen großen Nutzen haben", sagt Wilhelm Osterman abschließend.
Originalpublikation:
Zur Studie: Osterman W., Cornejo F.M., Osterman J., An Andean bear
population hotspot in Northern Peru. Ursus (2021). DOI:
10.2192/URSUS-D-20-00005.3
https://doi.org/10.2192/URSUS-
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