Im KMU-akut Programm »Effiziente Wasseraufbereitung« – kurz EWA – bündeln
die Fraunhofer-Institute IFAM und ISC gezielt ihre Expertise für die
Bereiche elektrochemische Prozesstechnik, Partikeltechnologie und
Materialanalytik. Gemeinsam mit und für Industriepartner arbeiten sie in
vier Themenfeldern an einer effizienten Aufbereitung der wichtigen
Ressource Wasser. Interessierte Unternehmen können in einem kostenlosen
Online- Industrieworkshop am 4. November 2021 zu den Themen
Batterierecycling, Lithiumgewinnung, alternative Klärprozesse und
Meerwasserentsalzung für grünen Wasserstoff mehr erfahren.
Viele Verfahren greifen auf die Ressource Wasser zurück – als Rohstoff für
die Produktion ebenso wie als Transport-, Löse- oder Trennmittel für
industrielle Prozesse. Um die wertvolle Ressource Wasser so nachhaltig wie
möglich zu nutzen und Trinkwasserreserven zu schonen, werden im KMU-akut
Projekt EWA verschiedene wasserbasierende Prozesse untersucht und Lösungen
für eine effektive Wasseraufbereitung erarbeitet. Die im Projekt
federführenden Fraunhofer-Institute für Fertigungstechnik und Angewandte
Materialforschung IFAM und für Silicatforschung ISC verfügen über eine
breite Materialbasis und technologisches Know-how für verschiedene
innovative adsorptive, physikalische und elektrochemische Trennverfahren.
Gemeinsam mit Industriepartnern sollen diese für den Fortschritt in der
Wasseraufbereitung eingesetzt werden.
KMU-spezifische Fragestellungen zur effizienten Wasseraufbereitung im
Fokus
Die klassische, kommerzielle Prozesswasseraufbereitung ist für viele
kleine und mittlere Unternehmen entweder überdimensioniert, zu spezifisch,
zu kostspielig oder einfach ungeeignet. Im Rahmen des Projekts EWA soll
diese Lücke geschlossen und Lösungsansätze entwickelt werden, die durch
ihre Flexibilität, Skalierbarkeit und einen vergleichsweise geringen
Kostenaufwand die Bedürfnisse potenzieller Unternehmenspartner erfüllen.
Entsprechend sollen gezielt zahlreiche, akute Fragestellungen aus der
Industrie gelöst werden. Gemeinsam mit den drei weiteren Fraunhofer-
Instituten IKTS, ISE und IGB sowie derzeitig fünf Industriepartnern werden
die Themenbereiche Batterierecycling, Lithiumgewinnung, Alginit in
Klärprozessen und Meerwasserentsalzung für die Leitmärkte
Energiewirtschaft, Chemische Industrie, Gesundheitswirtschaft sowie
Anlagen- und Maschinenbau in Machbarkeitsstudien und Validierungsprojekten
adressiert. Einen guten Überblick für die Arbeitsweise der EWA-
Projektpartner vermittelt zum Beispiel das Teilprojekt zur effizienten und
nachhaltigen Aufbereitung von Prozesswasser aus Lithium-Ionen-Batterie-
Recyclinganlagen.
Effiziente und nachhaltige Aufbereitung von Prozesswasser aus Lithium-
Ionen-Batterie-Recyclinganlagen
Mit der steigenden Anzahl von Elektrofahrzeugen fallen in der Folge mehr
verbrauchte Traktionsbatterien an. Bei der ressourcenschonenden und
effizienten Rückgewinnung von Batteriematerialien spielen das direkte
Recycling und der Umgang mit Wasser für die Nachhaltigkeit dieser
Technologie eine entsprechend große Rolle. »Wertvolle Batteriematerialien
möglichst effizient zurückzugewinnen und Prozesswasser so zu reinigen,
dass es im Kreislauf geführt werden kann, ist das Ziel im EWA-Projekt. Im
Anschluss liegen die Materialien im Idealfall sortenrein vor und können
direkt wieder zu neuen Batterien verarbeitet werden«, erklärt Michael
Hofmann vom Fraunhofer ISC und Leiter des EWA-Teilprojekts
Batterierecycling das Vorhaben.
Ausgangspunkt für die Projektarbeit ist das Verfahren der
elektrohydraulischen Zerkleinerung – eine Entwicklung des Projektpartners
Impulstec – womit die Batterien in einzelne Materialfraktionen zerlegt
werden können. »In dem wasserbasierten Prozess entstehen grobe und feine
Materialfraktionen sowie Stoffe, die in Lösung gehen. Um die wertvollen
Batteriematerialien möglichst vollständig und getrennt abzuscheiden und
das Prozesswasser von störenden Verunreinigungen zu befreien, waren wir
auf der Suche nach geeigneten Aufbereitungsverfahren«, berichtet Robert
Jüttner vom Recyclingspezialisten MAB Recycling. »Das EWA-Projekt kam da
wie gerufen, um uns mit kompetenten Forschungspartnern und
Technologieanbietern an einen Tisch zu setzen und gemeinsam an der
Entwicklung einer effizienten Prozesswasserreinigung zu arbeiten«, ergänzt
Jüttner. Die Prozesschemie beim Batterierecycling ist anspruchsvoll. Der
Recyclingspezialist liefert als Rohmaterial das Prozesswasser und erhält
im Gegenzug Analysenergebnisse und wichtiges Know-how, um die eigene
Wasseraufbereitung voranzubringen. Mit den EWA-Partnern die Ergebnisse zu
diskutieren und eine breite Wissens- und Erfahrungsbasis für die
unterschiedlichen technischen Aspekte zur Verfügung zu haben, das sei
einer der wesentlichen Vorteile bei EWA. »Das KMU akut-Projekt spart uns
Zeit und Wege. Mit den Ergebnissen aus EWA haben wir schneller eine
fundierte Basis für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und die nötigen
Informationen für die anlagentechnische Umsetzung«, ist Jüttner überzeugt.
Der dritte Industriepartner im Projekt ist die Firma CEPA, ein Hersteller
von Industriezentrifugen. Das Unternehmen arbeitet schon seit geraumer
Zeit gemeinsam mit der Fraunhofer-Gesellschaft in verschiedenen
Forschungsprojekten an der Weiterentwicklung der Zentrifugentechnologie
für anspruchsvolle Anwendungen. »Viele unserer Kunden haben wasserbasierte
Prozesse und der verantwortungsvolle Umgang mit der Ressource Wasser wird
immer wichtiger«, erklärt Felix Seiser, Projektleiter bei CEPA.
Gemeinsames Ziel sei es, die Prozesswassermenge zu reduzieren und soweit
wie möglich im Kreislauf zu führen. Die Aufgabe ist anspruchsvoll, denn
gerade bei der zentrifugengestützten Auftrennung der unterschiedlichen
Materialfraktionen erfordert der Prozess relativ geringe Konzentrationen,
d. h. eine große Wassermenge. »Als Maschinenbauer mit der Expertise
Feststoffseparation profitieren wir von dem Austausch mit den
Forschungsinstituten und von den direkten Analysemöglichkeiten im Projekt.
Was bisher vielleicht nur im Labormaßstab getestet wurde, kann jetzt mit
dem vereinten Wissensschatz in einen größeren Prozessmaßstab überführt
werden. Auf Workshop-Ebene mit allen Projektpartnern werden übergreifende
Themen adressiert, bei regelmäßen Treffen auf Teilprojektebene lassen sich
spezifische Fragestellung detaillierter bearbeiten. Damit schafft EWA
einen guten Ausgangspunkt für uns und unser Ziel, Prozesswasser bei der
Materialtrennung zu reduzieren und mit unserer Zentrifugentechnologie ein
leistungsfähiges Verfahren zur Prozesswasseraufbereitung zu entwickeln«,
beschreibt Seiser den Mehrwert der Zusammenarbeit.
Weitere EWA-Teilprojekte adressieren Wassernutzung und -reinigung bei der
Lithiumgewinnung, Klärprozessen und Meerwasserentsalzung
Lithiumgewinnung durch elektrochemisches »Ion Pumping«
Die Lithium-Ionen-Batterie stellt die derzeit verbreitetste elektrische
Speichertechnologie dar. Die immer größer werdende Nachfrage erfordert
eine Steigerung der Lithiumproduktion und damit auch die Erschließung
neuer Lithiumressourcen. Besonders die ressourcenschonende
Lithiumgewinnung aus Sole bzw. hydrogeologischen Quellen stellt eine
vielversprechende Alternative zur herkömmlichen Rohstoffgewinnung dar.
Mithilfe des sog. elektrochemischen »Ion Pumping« Verfahrens lassen sich
selektiv Lithium-Ionen aus wässrigen Lösungen extrahieren. Der Prozess
wird im EWA Projekt auf realistische Industrieszenarien zur
Lithiumgewinnung aus geothermischen Quellen angewandt und evaluiert.
Selektive Adsorption von Metallionen und Umweltschadstoffen
Magnetische Adsorberpartikel sind in der Lage (Schwer-)Metallionen und
Schadstoffe wie Medikamentenrückstände selektiv und effizient aus Prozess-
und Abwässern zu entfernen. Als Ausgangspartikel dienen Magnet- und
Silicatpartikel, die mit einer großen Vielzahl an Adsorberreagenzien
kombiniert werden können. Ein besonders effizienter und selektiver
Adsorber für Umweltschadstoffe ist Alginit. Es handelt sich um ein
spezielles, natürlich vorkommendes, recyclebares Mineral, das im Gegensatz
zur derzeit verwendeten Aktivkohle kostengünstig ist und eine hohe
Umweltverträglichkeit sowie sehr gute Abtrennleistung sowohl für
hydrophile als auch hydrophobe Stoffe aufweist. Die geschickte
Modifizierung von Alginit mit magnetischen Partikeln, sorgt dabei für eine
gleichbleibend effiziente Adsorptionsleistung und garantiert darüber
hinaus eine rückstandsfreie Abtrennung der Absorberpartikel aus den
behandelten Abwässern. Der somit entstandene kostenreduzierte Prozess, mit
hoher Nachhaltigkeit birgt großes Potenzial und stellt zukünftig eine
valide Alternative zur Anwendung in Kläranlagen dar.
Direkte Meerwasserentsalzung durch elektrochemische Verfahren
Für die zukünftige Wasseraufbereitung gelten elektrochemische Verfahren
aufgrund ihrer guten Reversibilität und Effizienz als besonders attraktiv.
Durch die Verwendung von sogenannten Landungstransferelektroden, wie sie
auch in elektrochemischen Energiespeichern eingesetzt werden, kann die
Entsalzungskapazität im Vergleich zu thermischen Verfahren und der
Umkehrosmose wesentlich erhöht werden. In dem Projekt Meerwasserentsalzung
wird aufbauend auf der Expertise zur Zink-Luft-Batterietechnologie ein
neuartiges Verfahren zur elektrochemischen Entsalzung von Meerwasser
eruiert. Dabei gilt es sowohl geeignete Gasdiffusionselektroden als auch
Katalysatoren sowie weitere Komponenten für den Aufbau eines Demonstrators
in Form einer skalierbaren Zink-Luft-Entsalzungszelle zu identifizieren.
Betrachtet wird dabei insbesondere die Möglichkeit einer direkten
Meerwasserentsalzung für die Elektrolyse zur
Herstellung von grünem Wasserstoff.
Workshop »Effiziente Wasseraufbereitung« – gemeinsam schneller profitieren
Der EWA-Industrieworkshop bietet tiefere Einblicke in die vier laufenden
Projekte und ermöglicht den direkten Austausch mit den beteiligten
Fraunhofer-Instituten und Projektpartnern über Fragestellungen und
Lösungsansätze rund um die schonende Nutzung der Ressource Wasser in
Produktionsprozessen.
Termin: 4. November, 10:00 bis 14.30 Uhr
Programm und Anmeldung unter
https://www.wasseraufbereitung.fraunhofer.de/de/workshop.html