Umweltfreundliche Herstellung von Batterieelektroden

Herkömmliche Prozesse zur Herstellung von Batterieelektroden sind auf den
Einsatz von meist toxischen Lösungsmitteln angewiesen und benötigen viel
Platz und Energie. Nicht so DRYtraec® – ein neu entwickeltes
Trockenbeschichtungsverfahren des Fraunhofer-Instituts für Werkstoff- und
Strahltechnik IWS. Die Technologie ist umweltfreundlich und
kosteneffizient, kann breit eingesetzt werden und hat so das Potenzial,
die Batterieelektrodenherstellung zu revolutionieren.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) prognostiziert für
das Jahr 2030 in Deutschland einen Energieverbrauch von etwa 655
Terawattstunden – und damit einen Anstieg um fast 20 Prozent im Vergleich
zu heute. Eine entsprechende Studie hatte die Prognos AG im Auftrag des
BMWi durchgeführt. Die Zahl stellt eine erste Abschätzung dar, endgültige
Ergebnisse sollen im Herbst vorliegen. Doch klar ist, dass der
gesamtgesellschaftliche Energiebedarf kontinuierlich zunimmt. Gerade im
stark wachsenden Elektromobilitätssektor wird daher nach neuen Wegen
gesucht, um den Energiebedarf bei der Herstellung von Batterien zu
reduzieren und somit so kosteneffizient und gleichzeitig so
umweltfreundlich wie möglich zu gestalten. Mit DRYtraec® hat ein
interdisziplinäres Forschungsteam am Fraunhofer IWS in Dresden hierfür
eine vielversprechende Lösung entwickelt, die bei der Herstellung der
Batterieelektroden ansetzt.
Elektroden sind ein zentraler Baustein jeder Batterie und bestehen in der
Regel aus einer Metallfolie, die mit einer dünnen Beschichtung überzogen
ist. Die Beschichtung enthält dabei die aktiven Komponenten, die für die
Energiespeicherung verantwortlich sind. Ȇblicherweise erfolgt der
Beschichtungsprozess nass-chemisch mit sogenannten Slurry-Ansätzen«,
erklärt Dr. Benjamin Schumm, Gruppenleiter Chemische
Beschichtungsverfahren am Fraunhofer IWS. Aus Aktivmaterial, Leitrußen und
Bindern wird zusammen mit einem Lösungsmittel eine Art Paste hergestellt,
mit der zunächst eine nasse Schicht auf der Metallfolie erzeugt wird.
»Damit das Lösungsmittel anschließend wieder verdampfen kann, werden
riesige Anlagen mit sehr langen Trocknungsstrecken benötigt. Diesen
Prozess können wir mit DRYtraec® effizienter gestalten.«
Spezieller Binder und Scherkräfte durch rotierende Walzen
Für das neue Beschichtungsverfahren werden grundsätzlich ähnliche
Ausgangsstoffe wie in den Slurry-Ansätzen verwendet. Die Trockenvariante
des Fraunhofer IWS kommt dabei ohne Lösungsmittel aus, setzt dafür aber
auf einen speziellen Binder. Zusammen bilden die Materialien ein Pulver,
das in einen Kalanderspalt, also einen Spalt zwischen zwei entgegengesetzt
rotierende Walzen, gegeben wird. Entscheidend ist, dass sich eine der
Walzen dabei schneller dreht als die andere. So entsteht eine Scherkraft,
die dafür sorgt, dass der Binder fadenförmige Netzwerke, sogenannte
Fibrillen, ausbildet. »Man kann sich das in etwa wie ein Spinnennetz
vorstellen, das die Partikel mechanisch verankert«, beschreibt Schumm. Auf
der schneller rotierenden Walze bildet sich durch Druck und Bewegung ein
feiner Film. Dieser wird anschließend in einem zweiten Kalanderspalt auf
eine Stromableiterfolie übertragen. Hierbei können ohne großen Mehraufwand
auch beide Seiten gleichzeitig beschichtet werden. Im letzten Schritt wird
die entstandene Rolle dann je nach Bedarf zugeschnitten und die einzelnen
Teile entsprechend gestapelt, um so die fertige Batteriezelle zu erzeugen.
Erfolg durch gebündelte Kompetenzen in Chemie und Produktionstechnik
Mit DRYtraec® ergeben sich somit im Vergleich zu bisherigen
Batterieelektrodenbeschichtung
Vorteile. Der Wegfall von toxischen Lösungsmitteln und langen,
energiefordernden Trocknungsanlagen kommt der Umwelt zugute. Indem das
neue Verfahren die Produktion beschleunigt und die Anlage nur ein Drittel
der Fläche einer herkömmlichen Lösung einnimmt, entstehen zudem auf
vielfältige Weise Einsparungseffekte.
Den Erfolg des DRYtraec®-Verfahrens sieht Schumm vor allem in der breit
gefächerten Expertise des Forschungsteams am Fraunhofer IWS begründet. So
gebe es Kollegen mit Expertise im Fachbereich Chemie, die an der optimalen
Pulvermischung gearbeitet haben, genauso aber auch Experten aus der
Produktionstechnik, denen es gelungen sei, die Anlagen so zu entwickeln,
dass der Trockenfilm nie selbsttragend ist und somit stabil bleibt.
Breite Anwendungsmöglichkeiten
Im Rahmen des Förderprojekts »DryProTex« wurden bereits erste
DRYtraec®-Prototypenanlagen in Betrieb genommen. Hierbei zeigte sich, dass
eine kontinuierliche Elektrodenherstellung möglich ist – und das auch
unabhängig vom jeweiligen Batterietyp: »Das Einsatzspektrum der
Technologie ist nicht auf eine bestimmte Zellchemie beschränkt«, betont
Schumm. »Die Anwendung bei Lithium-Ionen-Zellen ist genauso möglich wie
bei Lithium-Schwefel- oder Natrium-Ionen-Zellen. Auch Feststoffbatterien
haben wir mit im Blick. Diese werden in Zukunft eine immer größere Rolle
spielen, aber die Materialien vertragen keine nass-chemische Verarbeitung.
Hier liefern wir mit DRYtraec® einen vielversprechenden Ansatz.«
Das Interesse der Industrie ist groß. Derzeit laufen Gespräche mit
mehreren Automobil- und Zellherstellern, um die Realisierung von diversen
Pilotanlagen zu planen. Über die Elektrodenherstellung mit DRYtraec®
hinaus betrachten die Fraunhofer-Forschenden anhand vieler weiterer
Projekte die gesamte Prozesskette der Batteriezellenentwicklung
ganzheitlich, um so die Zukunft der Batterie maßgeblich mitzugestalten.