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F&E-Projekte zur intelligenten Planung und Steuerung des Autoumschlags in Häfen erfolgreich abgeschlossen

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Mit künstlicher Intelligenz zu mehr Effektivität und Effizienz beim
Autoumschlag | Tests auf einem der weltgrößten Autohäfen | Projektpartner
waren das BIBA – Bremer Institut für Produktion und Logistik an der
Universität Bremen, BLG LOGISTICS und 28Apps Software

Zirka 70.000 Pkw-Stellplätze, jährlich rund 1.000 Autoschiffe, dazu
Tausende Autozüge und -Lkw: Mit jährlich 1,7 Millionen umgeschlagenen Pkw
(2022) zählt der BLG AutoTerminal Bremerhaven zu den weltweit größten.
Genau hier erfolgten die Tests in den Forschungsvorhaben „Isabella“ und
„Isabella 2.0“. Sie haben sich mit der Prozessplanung und -steuerung des
Automobilumschlags in Häfen mithilfe von mathematischer Optimierung,
Simulation und künstlicher Intelligenz (KI) beschäftigt. Auch „Isabella
2.0“ wurde nun erfolgreich abgeschlossen. Beteiligt waren jeweils die
Partner BLG LOGISTICS, 28Apps Software (Bremen) sowie das BIBA – Bremer
Institut für Produktion und Logistik an der Universität Bremen.

Das Leistungsangebot auf dem BLG-Terminal umfasst nahezu alle
Dienstleistungen der Fahrzeuglogistik, von der Lagerung und technischen
Aufbereitung der Autos bis hin zu deren Umschlag. Die Planung und
Steuerung der hochkomplexen und -dynamischen Prozesse des Autoumschlags in
Binnen- und Seehäfen lassen sich mit dem „Isabella“-System grundsätzlich
effektiver und effizienter gestalten, so das Ergebnis der Forschungen. Das
System bietet Optionen zur Erhöhung der Umschlagszahlen, zur Reduzierung
der Schiffsliegezeiten und zur besseren Platzausnutzung – und damit zur
Sicherung der Konkurrenzfähigkeit und von Arbeitsplätzen.

Unterstützung vom Terminal

Laut Projektpartner BLG seien die entwickelten Lösungen zukunftsträchtig
und die Anwendung in der Praxis werde derzeit diskutiert. Ein wichtiger
Faktor sei auch gewesen, dass das Terminal-Personal bereits während der
prototypischen Prüfungen des Systems in das Projekt eingebunden war. In
die F&E-Arbeit waren Erfahrungen der operativen Anwenderinnen und Anwender
vor Ort eingeflossen sowie Arbeitspsychologen involviert.

Schnelle Anpassung an aktuelle Bedingungen

Das intelligente Planungs- und Steuerungssystem hat die Bewegungen der Pkw
in See- und Binnenhäfen im Fokus und integriert dabei die zeitkritischen
Prozesse der externen Verkehrsträger Zug, Lkw und Schiff mit deren Be- und
Entladung. Mithilfe von mobiler Datenerfassung und Echtzeitstatusmeldungen
ermöglicht der Steuerungsalgorithmus individuelle Zuweisungen von
Fahraufträgen in Echtzeit, die Routenoptimierung für die Fahrpersonal-
Shuttlebusse und so eine schnelle Anpassung an aktuelle Bedingungen.

Eine interaktive, digitale Oberfläche visualisiert das Terminalgelände
dreidimensional: Ein Multitouch-Tisch zeigt das Abbild des virtuellen
Modells vom Terminal, dessen digitalem Zwilling. Dieser unterstützt
Planung sowie Steuerung und führt zu besseren Ergebnissen. Auf dem Tisch
lassen sich verschiedene Detaillierungsebenen und alle relevanten
Planungsinformationen wie die Terminalbelegung anzeigen. Das Isabella-
System kann unterschiedliche Planungsszenarien simulationsbasiert bewerten
und die Ergebnisse über den Tisch darstellen.

Mobile Apps für einfache Anwendung

Die Zuweisung der Aufträge erfolgt digitalisiert, die Zuordnung der
Aufträge für die Fahrzeugbewegungen auf dem Terminal geschieht abhängig
vom Standort der Fahrzeuge sowie der einzelnen Fahrerinnen und Fahrer.
Dafür wurde ein Steuerungsalgorithmus entwickelt und innerhalb einer
Simulationsumgebung geprüft. In dem realen System erfolgt die
Kommunikation zwischen dem Steuerungssystem und dem Personal am
Autoterminal über mobile Apps. Für die Ermittlung der genauen Standorte
der Fahrer und Fahrzeuge wurde zu geeigneten Ortungssystemen geforscht.

Zudem braucht es überall einen zuverlässigen Datenempfang. Dafür haben die
Projektpartner in Zug und Lkw zum Beispiel den neuen Mobilfunkstandard 5G
genutzt sowie darüber hinaus ein lokales Kommunikationsnetzwerk für den
Datenempfang in Schiffen. Hier wurde prototypisch ein Mesh-WLAN evaluiert.
Es weist gute Reaktionszeiten, Übertragungsgeschwindigkeiten und
Reichweiten im ganzen Schiffsrumpf auf.

Was bisher nicht möglich war

Für die logistische Leistungsfähigkeit des Systems wurden Methoden der
Sensitivitätsanalyse genutzt, um das ideale Verhältnis von Pkw-Fahrerinnen
und -Fahrern auf dem Terminal zu den Shuttles zu ermitteln. Für die
Zuweisungen von Fahraufträgen an Fahrpersonal und Shuttles wurde ein
Optimierungsalgorithmus entwickelt, der die operativen Unsicherheiten
eines Terminals mit abbilden kann.

Ein klassischer Optimierungsalgorithmus erfordert in der Regel viel
Rechenzeit, da viele Optionen durchgespielt werden müssen. Ein neuronales
Netz führt deutlich schneller zu Ergebnissen. Daher wurde in einem zweiten
Schritt mittels eines neuen KI-Ansatzes ein rechenzeiteffizienteres Abbild
des Optimierungssystems geschaffen. So lassen sich erstmals
Optimierungsprobleme samt Nebenbedingungen abbilden. Das erlaubt
schnellste Anpassungen an aktuelle Situationen.

Virtual Reality unterstützt das Personal

Die im Projekt entwickelte Schulungsumgebung beziehungsweise -anwendungen
nutzen die Virtual Reality (VR), zum Beispiel per VR-Brillen. So kann
unter anderem neues Fahrpersonal zu verschiedenen Szenarien seiner
künftigen Aufgaben geschult werden, auch mit virtuellen Fahrten über den
Terminal. Andere Schulungseinheiten thematisieren häufige Fehlerquellen
und beantworten Fragen wie die zu den Ablageorten von Fahrzeugschlüsseln
in den vielen unterschiedlichen Pkw-Modellen auf dem Terminal.

Praxisorientiertes Zusammenspiel von Forschung, Entwicklung und Anwendung

In den beiden Projekten hat das BIBA zur Planung und Steuerung eines
Automobilterminals unter operativen Bedingungen geforscht und insbesondere
einen leistungsstarken Optimierungsalgorithmus für die Steuerung der
Fahrzeugbewegungen entwickelt. BLG LOGISTICS als Anwendungspartner hat
sein Praxiswissen nebst Daten eingebracht und mit den Autoterminals
Bremerhaven, Hamburg und Kelheim die Testumgebung zur Erprobung gestellt.
Hier könnten nun nach Projektende und in weiterer Zusammenarbeit
Entwicklungen aus den Isabella-Projekten im Produktivbetrieb genutzt
werden. Technologie- und Entwicklungspartner 28Apps-Software hat für die
Umsetzung des Konzepts die Softwarelösungen für die virtuelle
Schulungsumgebung, den Multitouch-Tisch und die technische Umsetzung des
Optimierungsalgorithmus entwickelt.

Eckdaten zu den Projekten „Isabella“ und „Isabella 2.0“

Die insgesamt 6-jährigen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten umfassten
zwei Projekte: „Isabella“ („Automobillogistik im See- und Binnenhafen:
Interaktive und simulationsgestützte Betriebsplanung, dynamische und
kontextbasierte Steuerung der Gerät- und Ladungsbewegungen“) und „Isabella
2.0“ („Automobillogistik im See- und Binnenhafen: Integrierte und
anwenderorientierte Steuerung der Gerät- und Ladungsbewegungen durch
künstliche Intelligenz und eine virtuelle Schulungsanwendung“).

Die beiden Isabella-Projekte hatten einen Gesamtumfang von 7,3 Millionen
Euro und wurden vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV,
zuvor BMVI) im Programm für Innovative Hafentechnologien (IHATEC) mit
gesamt 5,1 Millionen Euro gefördert sowie vom Projektträger TÜV Rheinland
begleitet.