Zukunftsaufgabe: Krebsprävention braucht Forschung
Memorandum benennt Defizite und Handlungsfelder für Deutschland
Bonn/Heidelberg, 17.10.2023 (sts) – Weniger Krebsdiagnosen und eine
geringere Krebssterblichkeit: Eine Vision, die Realität werden könnte,
wenn vorhandene Potentiale besser genutzt würden. Experten appellieren
daher an die Politik, Präventionsmaßnahmen konsequent umzusetzen und
insbesondere die defizitäre Präventionsforschung zu stärken. Der Aufruf
basiert auf dem „Memorandum zur Krebs-Präventionsforschung in
Deutschland“. Dieses wurde von der Deutschen Krebshilfe und dem Deutschen
Krebsforschungszentrum (DKFZ) erarbeitet und im Anschluss an die Nationale
Krebspräventionswoche im September bundesweit 320 Entscheidern der
Gesundheits- und Forschungspolitik zugeleitet.
Wissenschaftlichen Schätzungen zufolge wird die Zahl der jährlichen
Krebsneuerkrankungen von aktuell 510.000 auf 600.000 im Jahr 2030
ansteigen. Neben der demografischen Entwicklung spielen Lebensstilfaktoren
wie Rauchen, ungesunde Ernährung, Übergewicht, Bewegungsmangel,
Alkoholkonsum, häufiges Sonnenbaden und Solarienbesuche eine große Rolle.
Auch bestimmte Infektionen tragen zum Entstehen von Krebs bei. Vermeidbare
Krebsrisikofaktoren verursachen in Deutschland rund 40 Prozent aller neu
auftretenden Krebserkrankungen. „Die Möglichkeiten der Krebsprävention
sowie der Präventionsforschung werden bislang völlig unzureichend
genutzt“, so Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen
Krebshilfe. „Gleichzeitig sind auch die Ursachen für das Entstehen der
übrigen 60 Prozent der Krebsfälle noch nicht völlig entschlüsselt.“
Krebs vorbeugen – Woran mangelt es?
„Die Krebsprävention und Krebsfrüherkennung könnten unsere schärfsten
Waffen gegen Krebs werden“ betont Professor Dr. Dr. h.c. Michael Baumann,
Vorstandsvorsitzender des DKFZ in Heidelberg. „Trotzdem herrscht in
Deutschland ein eklatanter Mangel an langfristiger und zielgerichteter
Forschung und auch die Umsetzung unseres Wissens ist unzureichend.“ Das
Memorandum benennt folgende weitere Defizite: Es fehlt an koordinierten
und langfristig angelegten Informationskampagnen sowie einer flankierenden
Evaluationsforschung. Die bisherigen Aktivitäten der Krebsprävention und
-früherkennung sind unzureichend auf unterschiedliche Bevölkerungsgruppen
ausgerichtet und vor allem Menschen mit hohem Krebsrisiko werden nicht
erreicht. Der Handlungsbedarf ist groß: „Wir brauchen geeignete Strukturen
sowie den gesundheitspolitischen Willen, der Bevölkerung mittels
geeigneter Maßnahmen eine gesunde Lebensweise sowie die Inanspruchnahme
der Krebsfrüherkennung zu erleichtern“, so Professor Dr. Thomas
Seufferlein, Vorsitzender des Fachausschusses 'Krebs-Prävention und
-Früher¬kennung' der Deutschen Krebshilfe, in dem zusammen mit dem DKFZ
das Memorandum angestoßen wurde.
Handlungsfelder mit erhöhtem Forschungsbedarf
„Krebsprävention“, „Krebsfrüherkennung“, „Versorgung“ und
„Digitalisierung“: In diesen Bereichen muss mehr geforscht werden, um
Antworten und Lösungsansätze auf folgende Kernfragen zu erhalten: Welche
Innovationen bieten neue Erkenntnisse zum Entstehen von Krebs? Was
motiviert Menschen, bekannte Krebsrisikofaktoren zu meiden? Wie können
Tumore noch präziser entdeckt werden? Was erhöht die Gesundheitskompetenz
auf individueller und Systemebene? Welche Potentiale bietet die
Digitalisierung für die Krebsprävention? Um Fortschritte in den oben
genannten Feldern zu erreichen sind zudem Fortschritte in der Datenanalyse
und dem Datenmanagement notwendig.
Die Deutsche Krebshilfe und das DKFZ appellieren an die Gesundheits- und
Forschungspolitik, die im Memorandum dargelegten Möglichkeiten und
Notwendigkeiten auszuschöpfen und ein konzertiertes, zielgerichtetes
Agieren zu initiieren.
Interessierte aus den Bereichen Gesundheit und Forschung erhalten weitere
Informationen sowie die Kurz- und Langfassung des Memorandums unter
www.krebshilfe.de/memorandum und www.dkfz.de/Memorandum.
Memorandum zur Krebs-Präventionsforschung – Forderungen an die Politik
Um die steigenden Krebsneuerkrankungszahlen zu senken und Krebs möglichst
früh zu erkennen werden folgende Forderungen erhoben:
• Adäquate Finanzierung von Krebspräventionsforschung (Grundlagen- und
Implementierungsforschung sowie epidemiologische Forschung)
• Entwicklung und Finanzierung von Strukturen zur Nutzung von
Krebsprävention
• Unterstützung der Krebsprävention durch politische Initiativen
• Implementierung zielgerichteter, bevölkerungsbezogener
Krebspräventionsinitiativen bereits ab dem Kindesalter
• Implementierung von risikoadaptierten, zielgruppenspezifischen Krebs-
Screening-Programmen
• Verbesserung / Stärkung der Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung
• Unterstützung beim Ausbau und der Nutzung digitaler Möglichkeiten
Nationales Krebspräventionszentrum
Die Krebspräventionswoche ist Teil der Aktivitäten des Nationalen
Krebspräventionszentrums, das das DKFZ und die Deutsche Krebshilfe
gemeinsam in Heidelberg aufbauen, um das große ungenutzte Potenzial der
Krebsprävention zu heben. Das Nationale Krebspräventionszentrum bündelt
unter einem Dach die umfangreiche Präventionsforschung des DKFZ, eine
ambulante Präventionsklinik – in der unter anderem Präventionsstudien
durchgeführt werden sollen – und ein Bürger-Informationszentrum. Experten
werden dort – auch in Kooperation mit weiteren Krebszentren –
wissenschaftlich fundierte Programme entwickeln, um Präventionsmaßnahmen
an das persönliche Krebsrisiko anpassen zu können. Im Präventionszentrum
sollen außerdem zielgruppengerechte Kampagnen entworfen werden, um
gemeinsam mit weiteren Partnern das Bewusstsein für die Prävention
bundesweit in die Breite zu tragen. Die Deutsche Krebshilfe fördert das
Nationale Krebspräventionszentrum mit 25 Millionen Euro. Das DKFZ
investiert zusammen mit weiteren Partnern einen Betrag in gleicher
Größenordnung in das neue Gebäude.