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Inbetriebnahme der ersten deutschen Forschungsanlage zur Herstellung von Recyclingdüngern aus Trockentoiletteninhalten

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Im Rahmen des Forschungsprojekts zirkulierBAR, das am Leibniz-Institut für
Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) koordiniert wird, wurde heute auf dem
Gelände der Kreiswerke Barnim GmbH in Eberswalde feierlich eine
Urinaufbereitungsanlage sowie ein Humusregal zur Verwertung von Inhalten
aus Trockentoiletten eröffnet. Mit der Inbetriebnahme ist das zirkulierBAR
Reallabor nun komplett. Die Fertigstellung ist ein wichtiger Meilenstein
für Forschung und Praxis im Bereich der regionalen Kreislaufwirtschaft.

Bei der Eröffnung der Anlage waren hochrangige lokale, kommunaler Landes-,
Bundes- und EU-Vertreter*innen geladen. Es sprachen Michael Kellner,
Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und
Klimaschutz (BMWK) und Mitglied des Deutschen Bundestages, Tobias Dünow,
Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des
Landes Brandenburg (MWFK), Dr. Wolf Junker, Leiter des Referats
Ressourcen, Kreislaufwirtschaft; Geoforschung im Bundesministerium für
Bildung und Forschung (BMBF), Daniel Kurth, Landrat des Landkreises
Barnim, Götz Herrmann, Bürgermeister der Kreisstadt Eberswalde sowie
Christian Mehnert, Geschäftsführer der Kreiswerke Barnim GmbH. Prof. Dr.
Nicole van Dam, wissenschaftliche Direktorin des koordinierenden IGZ,
leitete in die Forschungsthematik ein.

Michael Kellner: „Ich freue mich ganz besonders über die Eröffnung dieser
Forschungsanlage. Im Rahmen der Fortschreibung der Rohstoffstrategie haben
wir die Kreislaufwirtschaft als eine zentrale Säule aufgenommen. Diese
Anlage zeigt, wie innovativ und praxisnah Kreislaufwirtschaft sein kann
und dass Kreislaufwirtschaft auf den unterschiedlichsten Ebenen
funktioniert. Ich wünsche dem Projekt großen Erfolg, damit Forschung und
Erprobung, wie sie in den nächsten Jahren im Reallabor stattfinden, in die
Praxis übernommen werden. Eberswalde und der Barnim sind schon jetzt eine
Vordenkerregion in Sachen Kreislaufwirtschaft. Auf dem Gelände der
Kreiswerke wird sich in den nächsten Jahren zeigen, wie wasser- und
ressourcenschonender Recyclingdünger für die Landwirtschaft hergestellt
werden kann.“

Tobias Dünow: "Kreislaufwirtschaft statt linearer Ressourcenverbrauch –
das ist das Gebot der Stunde, egal ob es um Energie, Wasser, Nährstoffe
oder sonstige Rohstoffe unserer Erde geht. Mit dem Recyclingdünger von
zirkulierBAR kann man die hohe Produktivität in der Landwirtschaft
beibehalten und zugleich Energie, Wasser und wertvolle Rohstoffe
einsparen. Dass es möglich ist, wissen wir – aber wie genau, das wird ab
heute hier in Eberswalde, in der deutschlandweit ersten Anlage zur
Herstellung von Dünger aus menschlichen Ausscheidungen erforscht.
Brandenburg ist nicht nur Land der Bioökonomie und der Energiewende – hier
treiben wir auch die Nährstoff- und Sanitärwende voran.“
Christian Mehnert: „Wenn wir Veränderungen in Umwelt-, Natur- und
Ressourcenschutz wollen, müssen wir Möglichkeiten schaffen und Projekte
zulassen. Für diese Offenheit neuen Projekten gegenüber steht der
Kreiswerke-Verbund.“

Nicole van Dam: „Interdisziplinarität ist in die DNA des IGZ
eingeschrieben. Um erfolgreiche Lösungen für die vielfachen
gesellschaftlichen Herausforderungen zu erarbeiten, müssen wir aber
gemeinsam alle gesellschaftlichen Akteur*innen an einen Tisch holen.
zirkulierBAR ist das beste Beispiel für ein gelungenes transdisziplinäres
Projekt.“

Im zirkulierBAR-Reallabor werden künftig zwei Arten von Recyclingdüngern
produziert: Aus dem getrennt gesammelten Urin entsteht in der
Urinaufbereitungsanlage ein flüssiger Stickstoffdünger, der weitere
wichtige Pflanzennährstoffe in hoher Konzentration enthält. Er ist in
seiner Wirkung mit synthetischen Mineraldüngern vergleichbar.
Die Fäzes werden im neu erbauten Humusregal aufbereitet und sind aufgrund
ihres hohen Gehaltes an Phosphor und organischer Substanz Grundbaustein
für einen Recyclingkompost. Dieser ist für den Humusaufbau in sandigen
oder ausgelaugten Böden besonders gut einsetzbar und wird daher als
„Humusdünger“ bezeichnet. Die Qualität von Fäkalkomposten wurde bereits in
Pflanzversuchen getestet und ist vergleichbar mit anderen qualitativ
hochwertigen Komposten.

Dr. Ariane Krause, zirkulierBAR-Projektkoordinatorin am IGZ: „Deutschland
braucht eine Sanitär- und Nährstoffwende, damit sanitäre Systeme künftig
nicht mehr mit Trinkwasser betrieben werden müssen. Werden unverdünnte
Trockentoilettenabfälle adäquat aufgearbeitet, entstehen nicht nur weniger
Schadstoffe, es werden auch weniger synthetische Dünger benötigt. Im
Koalitionsvertrag hat sich die Ampel zu geschlossenen Stoffkreisläufen und
der Anpassung des bestehenden rechtlichen Rahmens bekannt. Jetzt müssen
die verantwortlichen Ressorts zusammenarbeiten, um dieses Ziel auch
umzusetzen.“

Die neue zirkulierBAR-Forschungsanlage kann jährlich circa 200 Kubikmeter
Feststoffe aus Trockentoiletten und 100 Kubikmeter getrennt gesammelten
Urin zu Forschungs- und Versuchszwecken aufbereiten. Der Testbetrieb mit
wissenschaftlicher Begleitforschung erstreckt sich zunächst über die Jahre
2023 und 2024.

Über das Projekt
zirkulierBAR ist ein inter- und transdisziplinäres Forschungsprojekt in
Eberswalde (Landkreis Barnim) unter der Leitung des Leibniz-Instituts für
Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ). Kommunen und zukunftsorientierte
Unternehmen schaffen gemeinsam mit Universitäten und
Forschungseinrichtungen ein Reallabor für nachhaltige regionale
Kreislaufwirtschaft. Die Vision ist es, Nährstoffe aus verzehrten
Lebensmitteln zurückzugewinnen und diese wieder der Landwirtschaft
zuzuführen. Das Projekt zirkulierBAR wird gefördert vom Bundesministerium
für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Fördermaßnahme
REGION.innovativ.

Über das IGZ
Das Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) e.V. ist ein
Forschungsinstitut der Leibniz-Gemeinschaft und trägt mit wissenschaftlich
fundierten Erkenntnissen aus der Grundlagen- und Anwendungsforschung im
Gartenbau zur Lösung aktueller globaler Herausforderungen bei. Dazu
gehören der Erhalt der Biodiversität sowie die Bekämpfung des Klimawandels
und eine immer noch weitverbreiteten Fehlernährung. Das Institut wird
gemeinschaftlich durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und
Kultur des Landes Brandenburg (MWFK) und das Bundesministerium für
Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) finanziert. Das IGZ hat seinen Sitz in
Großbeeren.