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Suche nach Schwarzen Rauchern im Roten Meer - Expedition zur Erforschung von Hydrothermalquellen gestartet

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Es ist eine der unwirtlichsten Gegenden auf der
Erde: Der Meeresboden in den tiefsten Tiefen des Roten Meeres, wo die
Arabische und die Afrikanische Platte auseinanderdriften und zu
Vulkanismus entlang der Spreizungsachse führen. Mit einer gemeinsamen
Expedition wollen Forschende des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für
Ozeanforschung Kiel und der saudi-arabischen King Abdullah University of
Science and Technology (KAUST) jetzt erstmals systematisch nach
Hydrothermalquellen im Roten Meer suchen, um das geologische System und
die dortige Tierwelt zu erforschen.

Die Küsten des Roten Meeres sind ein Paradies zum Schnorcheln und Tauchen.
Doch die Schönheit der farbenprächtigen Riffe täuscht darüber hinweg, dass
diese Meeresumgebung zu den rauesten der Welt gehört. Mit seinen hohen
Temperaturen, die selbst an den tiefsten Stellen nie unter 20 Grad Celsius
sinken, ist das Rote Meer zehnmal wärmer als die meisten anderen tiefen
Ozeane. Außerdem ist der Salzgehalt deutlich höher. Dieser war in der
letzten Kaltzeit vor rund 20.000 Jahren, als das Rote Meer durch einen
starken Meeresspiegelabfall von den Weltmeeren fast komplett abgeschnitten
wurde, noch um Einiges angestiegen. Die damaligen Veränderungen haben zu
einem großen Artensterben geführt, von dem sich ein Großteil der
Tiefseefauna und -flora noch immer nicht erholt hat. Das tiefe Rote Meer
ist daher ein idealer Ort, um zu untersuchen, wie sich Leben unter
extremen Bedingungen entwickelt und durchsetzt, was Aufschluss über die
frühe Evolution des Lebens auf der Erde geben könnte.
Wissenschaftler:innen des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung
Kiel und der King Abdullah University of Science and Technology (KAUST)
starten jetzt zu einer Expedition, die erstmals systematisch nach
Hydrothermalquellen entlang des Grabens im Roten Meer sucht, um das
geologische System und die Entwicklung hydrothermaler Ökosysteme in einem
der jüngsten Ozeane der Erde zu untersuchen.

Mit dem Forschungsschiff METEOR geht es vom saudi-arabischen Hafen Jeddah
aus zum Grabenbruch in der Mitte des Roten Meeres. An dieser aktiven
Plattengrenze zwischen Afrika und Arabien streben die tektonischen Platten
um 10 bis 16 Millimeter pro Jahr auseinander, was zu vulkanischer
Aktivität führt. Diesen als Ozeanisches Rift bezeichneten Bereich wollen
die Wissenschaftler:innen nach hydrothermalen Schloten absuchen.

„Das Rote Meer ist ein junges Ozeanbecken mit einer fast 2000 Kilometer
langen unerforschten vulkanisch aktiven Riftachse. Wir rechnen mit vielen
unentdeckten heißen Quellen“, sagt Fahrtleiter Dr. Nico Augustin,
Meeresgeologe am GEOMAR. Neben der Erforschung der geologischen Aspekte
der hydrothermalen Systeme im Roten Meer solle es auch um die Frage gehen,
welche Tiergemeinschaften sich um die Schlote im Roten Meer entwickelt
haben, ergänzt Co-Leiterin Professorin Dr. Froukje van der Zwan. Sie hat
am GEOMAR promoviert und ist seit 2019 an der KAUST. Van der Zwan:
„Aufgrund der einzigartigen Umweltbedingungen wissen wir bislang nicht,
wie die Tierwelt an den Schloten im Roten Meer aussieht. Ist sie
vergleichbar oder völlig anders als das, was wir aus anderen Ozeanen
kennen?“

Das Rote Meer ist in den Geo- und Biowissenschaften für seine
lebensfeindlichen, hyper-salzhaltigen Unterwasserseen, die so genannten
Solebecken bekannt. Einige sind bis zu 70 Grad Celsius heiß und enthalten
metallhaltige Schlämme, ein Zeichen für hydrothermale Aktivität bei hohen
Temperaturen. Deren Quellen wurden nie geortet oder untersucht, da selbst
hochmoderne Roboterausrüstung nicht in eine heiße Sole eindringen kann,
ohne schwere Schäden zu riskieren. Doch diese Solbecken machen nur einen
winzigen Teil der so genannten neovulkanischen Zone im Graben aus. Die
Expedition M194 HEXPLORES (Hydrothermal Exploration of the Red Sea,
Hydrothermale Erforschung des Roten Meeres) wird sich auf den Rest der
Grabenachse konzentrieren, der mit modernen Beobachtungssystemen am
Meeresboden zugänglich ist.

Das Hauptinstrument wird das ROV KIEL 6000 sein, ein ferngesteuerter
Tauchroboter, der mit Scheinwerfern, Kameras und Greifern ausgestattet
ist. „Das ROV stellt unsere Augen und unsere Hände am Meeresboden dar“,
sagt Augustin. Darüber hinaus planen die Forschenden, ein geschlepptes
Videobeobachtungssystem und Wassersäulensensoren einzusetzen, um die
Schlote zu finden. Sobald sie gefunden sind, werden sie kartiert und
detailliert dokumentiert, um die einzigartigen hydrothermalen Lebensräume
und die tektonischen und magmatischen Prozesse, die zu ihrer Entstehung
geführt haben, zu untersuchen. „Mit dem ROV-Einsatz werden wir nun
erstmals in der Lage sein, hochwertige Flüssigkeitsproben ganz präzise aus
diesen einzigartigen Systemen zu nehmen. Die aus deren Analyse gewonnenen
Informationen sind entscheidend für das Verständnis der zugrunde liegenden
geologischen Prozesse und des Ökosystems im Zusammenhang mit der
hydrothermalen Aktivität“, sagt Professorin Dr. Sylvia Sander, Leiterin
der Forschungsgruppe Marine Mineralische Rohstoffe (MMR) am GEOMAR.

Mehrere vorangegangene Expeditionen des GEOMAR und der KAUST haben den
Grundstock für diese gemeinsame Fahrt gelegt, indem sie wertvolle Daten
über die Geologie des Roten Meeres gesammelt haben. Nun hoffen die
beteiligten Wissenschaftler:innen, während der seit fast zehn Jahren
geplanten Expedition endlich die aktiven Schlote im Graben zu
lokalisieren. Unter den 27 Teilnehmenden aus zehn Ländern sind unter
anderem Forschende des saudischen National Center of Wildlife (NCW), des
British Antarctic Survey (BAS) und der Universitäten von Ottawa, Kanada,
und Macau, China.

Expedition auf einen Blick:

METEOR-Expedition 194
Name: HEXPLORES (Hydrothermal EXPLOration of the REd Sea)
Fahrtleitung: Dr. Nico Augustin (GEOMAR), Prof. Dr. Froukje van der Zwan
(KAUST)
Start: 10. Oktober 2023, Jeddah (Saudi-Arabien)
Ende: 7. November 2023, Piräus (Griechenland)

Projekt-Förderung:

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert die Expedition als
Mittelgeberin über das Begutachtungspanel Forschungsschiffe (GPF)