Frühjahrsprognose IfW Kiel: Deutsche Konjunktur stabilisiert sich


Die Aussichten für die deutsche Konjunktur haben sich leicht aufgehellt.
Das Bruttoinlandsprodukt dürfte laut Frühjahrsprognose des IfW Kiel in
diesem Jahr um 0,5 Prozent und im nächsten Jahr um 1,4 Prozent zulegen.
Die Raten liegen um 0,2 (2023) bzw. 0,1 Prozent (2024) höher als noch in
der Winterprognose erwartet. Der Preisanstieg hält sich hartnäckig und
betrifft die gesamte Breite des Warenspektrums. Durch die hohen Preise
sind die realen Lohnkosten so niedrig wie lange nicht mehr, und die
Einnahmen der öffentlichen Haushalte sprudeln. Erst 2024 dürfte die
Inflation wieder bei rund 2 Prozent liegen.
„Der Konjunkturkompass zeigt wieder nach oben, allerdings bleibt die
Aufwärtsdynamik verhalten. Die zuletzt deutlich rückläufigen Gaspreise
stimulieren die Konjunktur hierzulande zunächst nur wenig, sie entlasten
vor allem den Staatshaushalt, der nun mit weniger Subventionen im Rahmen
der sogenannten Energiepreisbremsen einspringen muss. Im Ergebnis ersetzen
nun niedrigere Importpreise den Impuls staatlicher Energiesubventionen,
was konjunkturell ähnlich wirkt“, kommentiert Stefan Kooths, Vizepräsident
und Konjunkturchef des IfW Kiel, die aktuelle Frühjahrsprognose für
Deutschland (Deutsche Wirtschaft im Frühjahr 2023: Konjunktur fängt sich,
Auftriebskräfte eher gering/https://www.ifw-
kiel.de/index.php?id=18005&L=1
Energiekrise flaut ab, Konjunkturaussichten hellen sich auf/https://www
.ifw-kiel.de/index.php?id=1800
(Weltwirtschaft im Frühjahr 2023: Hartnäckige Inflation, gebremste
Expansion/https://www.ifw-kiel
Nach einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im 4. Quartal 2022
zeichnet sich für den Jahresauftakt 2023 ein moderater Anstieg um gut 0,2
Prozent ab. Eine technische Rezession – also ein Rückgang der
Wirtschaftsleistung für zwei oder mehr Quartale in Folge – wäre damit
abgewendet.
Der Preisauftrieb bleibt zunächst hartnäckig, aber die Triebkräfte
wechseln. Während sich die Energiepreisdynamik auf der Verbraucherstufe
abschwächt, beschleunigt sich die Teuerung bei übrigen Gütern und betrug
zuletzt über 7 Prozent. Insgesamt wird die Inflation im Jahr 2023 laut
Schätzung 5,4 Prozent und im Jahr 2024 rund 2 Prozent betragen.
„Wichtig ist nun ein entschlossenes Gegensteuern der Geldpolitik“, so
Kooths. „Nachlassende Lieferengpässe und weniger krankheitsbedingte
Fehltage können etwas Druck aus dem Kessel nehmen, mehr aber auch nicht.
Auch der Staat muss seine Ansprüche den gesamtwirtschaftlichen
Möglichkeiten anpassen. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hat durch
die Krisen gelitten, dementsprechend schneller fachen defizitfinanzierte
Mehrausgaben die Inflation an.“
Erwartete Lohnerhöhungen stabilitätsgerecht
Die realen Lohnstückkosten sanken in den vergangenen beiden Jahren
ungewöhnlich stark, weil die Löhne den heimischen Preisen deutlich
hinterherhinken. „Das Verhältnis zwischen dem, was Arbeitskräfte kosten,
und dem, was sie erwirtschaften, ist im langjährigen Vergleich
außergewöhnlich günstig. Dies ist beschäftigungsfreundlich und wirkt den
dämpfenden Effekten der Energiekrise entgegen. Die sich abzeichnenden
Lohnerhöhungen von gut 5 Prozent in diesem und knapp 6 Prozent im
kommenden Jahr dürften von der Kostenseite keine Zweitrundeneffekte auf
die Inflation haben und sind daher stabilitätsgerecht“, so Kooths.
Auch aus diesem Grund bleibt der Arbeitsmarkt trotz der wirtschaftlichen
Schwächephase robust. Die Beschäftigung war bis zuletzt aufwärtsgerichtet.
Die Zahl der Erwerbstätigen steigt seit Sommer ohne große Tempoveränderung
und betrug zuletzt knapp 46 Mio. Personen. Damit dürfte sie ihren Zenit
erreicht haben und ab nächstem Jahr aufgrund der demografischen
Entwicklung rückläufig sein. Die Arbeitslosenquote sinkt von zuletzt 5,5
Prozent auf durchschnittlich 5,4 Prozent in diesem und 5,2 Prozent im
nächsten Jahr.
Strukturell höhere Energiepreise belasten den Wirtschaftsstandort
Sprudelnde Einnahmen und weniger Ausgaben für Energiesubventionen nehmen
Druck von den öffentlichen Haushalten. Deren Defizit in Relation zum
nominalen BIP dürfte von 2,6 Prozent im Jahr 2022 auf 1,4 Prozent im Jahr
2024 abschmelzen. Der Schuldenstand wird in diesem Zeitraum dann wohl von
66,4 Prozent auf 63,5 Prozent zurückgehen.
Hohe Energiepreise und eine verhaltene Weltkonjunktur lasten auf den
deutschen Exporten. Insbesondere die Erholung des Euroraums sowie der
Schwellenländer wirken ab der Jahresmitte aber belebend. Zudem profitieren
Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe von ihren hohen Auftragsbeständen,
die sie nun angesichts nachlassender Lieferengpässe abarbeiten können.
Insgesamt rechnet das IfW Kiel mit einem Zuwachs der Exporte von 0,5
Prozent in diesem und 3,5 Prozent im kommenden Jahr.
„Die insgesamt schwache wirtschaftliche Dynamik ist auch als ein
deutlicher Verlust an dauerhafter Wirtschaftskraft zu lesen“, so Kooths.
„Strukturell höhere Energiepreise machen energieintensive Produktion
hierzulande zunehmend unrentabel und belasten den Standort auch insgesamt.
Darüber hinaus steht es mit wichtigen anderen Standortfaktoren wie
Fachkräftepotenzial, Infrastruktur, Abgabenlast und Regulierung nicht zum
Besten. Das kostet nicht nur Wohlstand, sondern verschärft auch
Verteilungskonflikte.“
Mehr Informationen zur Entwicklung des deutschen Produktionspotenzials
nach der Energiekrise finden Sie in unserer Mittelfristprojektion, die am
Freitag veröffentlicht wird.
Euroraum und Weltwirtschaft: Aussichten hellen sich auf
Im Euroraum dürfte die Konjunktur von einem stärkeren privaten Konsum
gekennzeichnet sein, die gesamtwirtschaftliche Dynamik bleibt aufgrund der
deutlichen Straffung der Geldpolitik aber verhalten.
Insgesamt wird das BIP im laufenden Jahr laut Prognose um 1,1 Prozent
zulegen, gefolgt von einem Zuwachs um 1,6 Prozent im kommenden Jahr. Die
Teuerungsrate dürfte nach 5,5 Prozent in diesem Jahr mit 2,6 Prozent im
nächsten Jahr wieder vergleichsweise moderat ausfallen.
Aus globaler Sicht entspannt sich die Lage an den Energiemärkten.
Allerdings bremst die Geldpolitik zunehmend, und stützende Fiskalprogramme
laufen aus. In China wird sich die Konjunktur nach dem Ende der Corona-
Politik wieder spürbar beleben. Insgesamt wird die Weltproduktion 2023 mit
2,5 Prozent nur schwach zunehmen und 2024 mit dann 3,2 Prozent wieder
etwas stärker expandieren.
Hinweis für den Hörfunk: Ein Audio-File mit O-Tönen von IfW-Konjunkturchef
Stefan Kooths steht zum Download zur Verfügung am Ende unserer
Medieninformation auf der Website/https://www.ifw-
kiel.de/index.php?id=18057&L=1
Fragen:
– Wie sieht die Konjunkturprognose für Deutschland für 2023 und 2024 aus?
– Die Energiepreise sind deutlich gesunken. Warum stellt sich das
Konjunkturbild nicht noch deutlich besser dar?
– Wer profitiert von den geringer als erwarteten Energiepreisen?
Die vollständigen Konjunkturberichte für Deutschland, den Euroraum und die
Weltwirtschaft sind spätestens ab 9.30 Uhr hier abrufbar:
„Deutsche Wirtschaft im Frühjahr 2023: Konjunktur fängt sich,
Auftriebskräfte eher gering“/https://www.ifw-
kiel.de/index.php?id=18005&L=1
„Euroraum im Frühjahr 2023: Energiekrise flaut ab, Konjunkturaussichten
hellen sich auf“/https://www.ifw-kiel.de/i
„Weltwirtschaft im Frühjahr 2023: Hartnäckige Inflation, gebremste
Expansion“/https://www.ifw-kie
Unser Themendossier Konjunktur (https://www.ifw-
kiel.de/de/themendossiers/konj
unsere Prognosen.
Mehr Infos zum IfW-Forschungszentrum Konjunktur und Wachstum auf dessen
Webseite (https://www.ifw-kiel.de/de/in
/konjunktur-und-wachstum/)