Öffentliche Tagung untersucht transdisziplinäre Perspektiven auf die Tagebaufolgelandschaften
Gemeinsame Presseinformation mit dem Sorbischen Institut:
Über neue Formen der Landnutzung und die Bewahrung der Geschichte des
Tagebaus diskutieren Wissenschaftler*innen der BTU Cottbus-Senftenberg
gemeinsam mit dem Sorbischen Institut und dem Institute for Heritage
Management, öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen auf einer hybriden
Konferenz
Die Gewinnung von Rohstoffen wie Erz, Sand oder Kohle im Tagebau ist eine
der intensivsten Eingriffe in eine Landschaft. Böden, Wasserhaushalt,
Pflanzen und Tierwelt – die Gestalt ganzer Landschaftszüge ist dauerhaft
verändert. Die Neugestaltung dieser Tagebaufolgelandschaft steht im Fokus
der öffentlichen Tagung „KULTUR[tagebau]LANDSCHAFT. Strukturen der
Tagebaufolge lesen, verstehen, gestalten, entwickeln“.
Datum: Mittwoch bis Freitag, 15. bis 17. September 2021
Ort: Atelier Oestreich, BTU Cottbus-Senftenberg, Standort Cottbus,
Zentralcampus, Konrad Wachsmann Allee, Lehrgebäude 2 C/D und digital:
www.b-tu.de/fg-industriefolgel
teilnahme
Die Teilnahme ist kostenfrei. Um Anmeldung bei Heidi Pinkepank unter
Die Lausitz ist eine Region mit langer bergbaulicher Tradition. Sie zählt
seit jeher zu den Gebieten Deutschlands mit besonders ausgeprägten
Klimaextremen und einem sehr hohen Anteil an Böden mit überwiegend
geringer Wasserspeicherkapazität und Ertragskraft. „Die Lausitz ist ein
Landschaftslaboratorium, in dem seit mehr als einem Jahrhundert die
Brachen der Braunkohletagebaue innovativ rekultiviert, renaturiert, urbar
gemacht und neugestaltet werden“, so Prof. Markus Otto, Leiter des BTU-
Fachgebiets Planen in Industriefolgelandschaften. „Über eine Anerkennung
als UNESCO Welterbe können diese Bemühungen zur Quelle neuer
internationaler Wertschätzung und regionaler kultureller Identität
werden.“
Gemeinsam mit dem Sorbischen Institut und dem Institute for Heritage
Management konnten die Wissenschaftler*innen der BTU Cottbus-Senftenberg
in einer Welterbestudie zeigen, dass die Orte des Braunkohletagebaus in
der Lausitz das Potenzial haben, UNESCO Welterbe zu werden. Ziel der
Forschenden ist es, einen neuen, positiven Zugang zur regionalen
Geschichte des Braunkohleabbaus und der damit verbundenen
Landschaftsinnovation zu schaffen. „Zusätzlich zu einer gesteigerten
regionalen Identität erwarten wir auch einen ökonomischen Nutzen der
Welterbeinitiative, insbesondere im Bereich des Kulturtourismus“, fasst
Prof. Otto die Ziele des Verbundvorhabens „Lausitzer
Tagebaufolgelandschaften als UNESCO Welterbe“ zusammen.
Der Antrag für die Aufnahme auf die deutsche Vorschlagsliste des UNESCO
Kultur- und Naturerbes der Welt ist auf dem Weg. Dieser wird von der
zuständigen Länderbehörde über das Sekretariat der Ständigen Konferenz der
Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, das
Auswärtige Amt und das UNESCO-Welterbezentrum in Paris dem Welterbekomitee
zur Entscheidung vorgelegt. Bis 2024 erwarten die Antragsteller*innen ein
Ergebnis.
„Auf der Tagung wagen wir einen kritischen Rückblick auf die Geschichte
der Kultur- und Siedlungsräume“, sagt Heidi Pinkepank, wissenschaftliche
Mitarbeiterin im Fachgebiet Planen in Industriefolgelandschaften sowie
Gesellschafterin des Institutes für Neue Industriekultur INIK GmbH. „Deren
Entstehung und Entwicklung ist nicht nur durch die naturräumlichen
Gegebenheiten und technischen Möglichkeiten geprägt, sondern ganz
entscheidend auch von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wie aktuellen
Trends oder dem Zusammenspiel von Politik und Wirtschaft abhängig.“
Neben strukturellen Veränderungen der Arbeitswelt von überwiegend
landwirtschaftlich geprägter Tätigkeit zur Beschäftigung in der Industrie
ist auch die Ansiedlung von Arbeitskräften entscheidend. „Der Wandel ist
insbesondere von dem Verhältnis von Einheimischen zu Zugezogenen und der
damit einhergehenden Verschiebung des Mehrheiten-Minderheiten-
Verhältnisses geprägt“, so Dr. Hauke Bartels, Direktor des Sorbischen
Instituts in Bautzen. Im Fokus der Forschung des Sorbischen Instituts
steht die Rolle der anerkannten Minderheit der Sorben/Wenden. „Sorbische
Traditionen in der Landnutzung, kulturelle Praktiken und Netzwerke sind
durch alle untersuchten Zeiten und Bereiche hindurch ein Querschnittsthema
und daher auch für die Forschung zur Folgelandschaft relevant“, sagt Dr.
Hauke Bartels. „Sorben bzw. Wenden haben die Lausitz als Kulturlandschaft
historisch geprägt. Und Folgelandschaften sind nicht nur Innovationslabore
für neue Landnutzungsformen, sondern auch Handlungsarenen für regionale
Identitäten. Sie sind erinnernde Landschaften, deren historisch-
kulturelles Erbe es möglichst partizipativ zu gestalten gilt.“
„Im Rahmen des Forschungsverbundes ‚Land-Innovation-Lausitz (LIL)‘
entwickeln wir gemeinsam mit unseren Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft
und Zivilgesellschaft die Lausitz zu einer Modellregion für eine
nachhaltige Bioökonomie. Neben innovativen Technologien und Nutzungsformen
entlang der Wertschöpfungskette spielt die Tagebaufolgelandschaft als
Kulturlandschaft eine wesentliche Rolle“, fasst die BTU-Präsidentin Prof.
Gesine Grande die Ziele der Forschung zusammen. „Unser Fokus liegt darin,
Tradition und Veränderung in Einklang zu bringen und positiv erlebbar zu
machen.“
Die Tagung „KULTUR[tagebau]LANDSCHAFT“ ist Teil des Verbundvorhabens
„Lausitzer Tagebaufolgelandschaft als UNESCO Welterbe“, das im Rahmen des
Bündnisses „Land-Innovation-Lausitz (LIL)“ vom Bundesministerium für
Bildung und Forschung (BMBF) im Förderprogramm „WIR! – Wandel durch
Innovation in der Region“ gefördert wird. Das Studiengebiet des
Tentativantrags der Lausitzer Tagebaufolgelandschaft umfasst nach
aktuellem Stand cirka 32.500 Hektar und insgesamt etwa 30
Gebietskörperschaften in fünf Landkreisen.
Zum Programm: www.b-tu.de/fg-
industriefolgelandschaften/for