BMU fördert Rettung selten gewordener Spätblüher in Mitteldeutschland
Neues Projekt im Bundesprogramm Biologische Vielfalt fördert
Pflanzenvielfalt in Thüringen und Sachsen-Anhalt
Spätblüher wie die Graue Skabiose (Scabiosa canescens) sind mittlerweile
selbst in ihrem Hauptverbreitungsgebiet in Mitteldeutschland selten
geworden und mancherorts akut gefährdet. Nun sollen sie durch gezielte
Artenschutzmaßnahmen und die Wiederherstellung geeigneter
Standortbedingungen vor Ort gerettet werden. Das Kardengewächs kommt vor
allem auf Trockenrasen vor, wo es violette Farbtupfer setzt und gerade im
Spätsommer ein wichtiger Nektar- und Pollenspender für Insekten ist.
Aufgrund der internationalen Verantwortung für den Erhalt dieser
vorwiegend in Deutschland vorkommenden Art setzt sich die Hochschule
Anhalt mit dem Projekt „Die Graue Skabiose und ihre Lebensräume im
mitteldeutschen Verbreitungsgebiet – erhalten – schützen – fördern“ für
den Schutz der gefährdeten Art ein. Gefördert wird das Projekt im
Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz
(BfN) aus Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und
nukleare Sicherheit in Höhe von rund 1,71 Millionen Euro.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Arten wie die Graue Skabiose
gehören zur natürlichen Pflanzenvielfalt in Mitteldeutschland. Diese Art
kommt weltweit vorwiegend bei uns in Deutschland vor. Daher tragen wir für
ihren Erhalt eine besondere Verantwortung. Leider ist die Graue Skabiose
inzwischen selten geworden. Das gehen wir mit dem neuen Projekt an:
Zunächst mit einer genauen Erfassung, auf der dann die Rettungsmaßnahmen
aufbauen. So sollen die Bestände zum Beispiel durch gezielte Ansaat wieder
vergrößert und die Standortbedingungen verbessert werden. Unser Ziel ist,
dass unsere heimische Pflanzenvielfalt so dauerhaft geschützt wird.“
BfN-Präsidentin Prof. Dr. Beate Jessel: „Artenschutzprojekte im
Bundesprogramm Biologische Vielfalt fördern nicht nur eine Art, das gilt
auch für die Graue Skabiose: Sie steht stellvertretend für eine ganze
Anzahl weiterer seltener und gefährdeter Pflanzenarten der von ihr
besiedelten Lebensräume. Einige dieser Pflanzenarten wie die Trauben-
Graslilie (Anthericum liliago), der Stängellose Tragant (Astragalus
exscapus) und das Zierliche Brillenschötchen (Biscutella laevigata ssp.
gracilis) profitieren gleichfalls von dem Projekt. Es handelt sich dabei
um weitere sogenannte Verantwortungsarten, die ebenfalls im
mitteldeutschen Raum einen Verbreitungsschwerpunkt haben oder in
Deutschland nur hier vorkommen.“
Das Projektgebiet in Mitteldeutschland zeichnet sich dadurch aus, dass es
zahlreiche Standorte und Flächen gibt, die sich für die Graue Skabiose
eignen. Die Spanne der dortigen Vorkommen reicht von kleinen, isolierten
Restbeständen bis hin zu großen, vitalen Populationen, wobei die Graue
Skabiose auch in ihren Kerngebieten zurückzugehen scheint. Sie kommt dort
mittlerweile weitaus seltener vor, als es den örtlichen Voraussetzungen
und dem Gebietszustand nach zu erwarten wäre. Gründe für den Rückgang der
Art liegen nach heutigem Wissensstand darin, dass in der Vergangenheit die
Flächennutzung intensiviert und Biotope durch Bebauung, Rohstoffabbau oder
Aufforstungen zerstört wurden. Aktuell sind die Lebensräume eher durch
eine Unternutzung und Nutzungsaufgabe von Flächen gefährdet, da damit eine
Nährstoffakkumulation, Vergrasung sowie Verbuschung einhergeht. Konkrete,
belastbare Zahlen zur Bestandsentwicklung und aktuellen Bestandsgrößen
liegen zumeist jedoch nicht vor.
Diese Wissenslücken will das Projekt mit der Erfassung und Bewertung der
aktuellen Bestands- und Gefährdungssituation schließen. In enger
Abstimmung mit Naturschutzbehörden vor Ort und ehrenamtlich tätigen
Naturschützer*innen soll ein Maßnahmenprogramm zum Schutz der Grauen
Skabiose erarbeitet und exemplarisch umgesetzt werden. Konkrete Maßnahmen
vor Ort umfassen sowohl Artenschutzmaßnahmen wie Ansaat, Pflanzung und
Mahdgutübertrag als auch Biotoppflegemaßnahmen zur Wiederherstellung
geeigneter Standortbedingungen, wie Mahd, Entbuschung oder Beweidung. Die
Maßnahmen werden schwerpunktmäßig in den Randbereichen des mitteldeutschen
Verbreitungsgebietes umgesetzt werden, wo die Graue Skabiose allein durch
die geringere Zahl an Vorkommen und die kleineren Populationsgrößen
stärker und vielfach akut gefährdet ist.
Um die Graue Skabiose und andere seltene und gefährdete Arten auch
dauerhaft besser zu schützen, soll ein über das Ende der Projektlaufzeit
2026 hinauswirkendes Akteursnetzwerk aufgebaut werden. Zentrale
Akteurinnen und Akteure sind neben den Behörden und Verwaltungen
insbesondere Personen, die die Skabiose-Flächen besitzen und
bewirtschaften.
Weitere Informationen zum Projekt erhalten Sie unter:
https://biologischevielfalt.bf
/graue-skabiose.html
Zehn Jahre Bundesprogramm Biologische Vielfalt – #10jahrebpbv
Seit zehn Jahren unterstützt das Bundesprogramm Biologische Vielfalt die
Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS). Am 15.
Februar 2011 wurde die Förderrichtlinie des größten deutschen
Förderprogramms für den Naturschutz veröffentlicht, seitdem sind rund 120
Millionen Euro Bundesmittel in mehr als 120 Projekte mit 314 Teilvorhaben
geflossen, die bundesweit zum Schutz von Arten, Lebensräumen und
Ökosystemleistungen umgesetzt wurden. Gefördert werden Vorhaben, denen im
Rahmen der NBS eine gesamtstaatlich repräsentative Bedeutung zukommt oder
die diese Strategie in besonders beispielhafter Weise umsetzen. Neue
Projektideen können jederzeit eingereicht werden. Die geförderten
Maßnahmen tragen dazu bei, den Rückgang der biologischen Vielfalt in
Deutschland zu stoppen und mittel- bis langfristig in einen positiven
Trend umzukehren. Sie dienen dem Schutz und der nachhaltigen Nutzung sowie
der Entwicklung der biologischen Vielfalt und gehen über die rechtlich
geforderten Standards hinaus. Akzeptanzbildende Maßnahmen der Information
und Kommunikation tragen dazu bei, das gesellschaftliche Bewusstsein für
die biologische Vielfalt zu stärken.
Mehr zu zehn Jahren Bundesprogramm: http://bit.ly/10jahrebpbv
Weitere Informationen: https://biologischevielfalt.bf