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Aufsehenerregender Nachwuchs im Labor – Rote-Liste Prachtkäfer wiederentdeckt

Goldener Prachtkäfer mit dem für die Prachtkäferarten typischen „D“-förmigen Ausbohrloch  Julia Schißlbauer, LWF
Goldener Prachtkäfer mit dem für die Prachtkäferarten typischen „D“-förmigen Ausbohrloch Julia Schißlbauer, LWF
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Goldener Prachtkäfer mit dem für die Prachtkäferarten typischen „D“-förmigen Ausbohrloch  Julia Schißlbauer, LWF
Goldener Prachtkäfer mit dem für die Prachtkäferarten typischen „D“-förmigen Ausbohrloch Julia Schißlbauer, LWF

Anfang August schlüpfte in einem Waldschutz-Labor
der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) ein sehr
seltenes Insekt: Der Berliner Prachtkäfer (DICERCA BEROLINENSIS), auch
Goldener Prachtkäfer genannt, hatte sich in Buchenholzproben aus dem
Steigerwald entwickelt. Das Holz stammte von abgestorbenen Buchen an der
Waldklimastation Ebrach. „Dieser bedeutsame Fund beweist, dass auch in
bewirtschafteten Wäldern wertvolle Habitate und seltene Arten erhalten
werden“, so der Leiter der forstlichen Forschungsanstalt, Dr. Peter
Pröbstle.

Bei dem entdeckten Käfer handelt es sich um einen Zufallsfund: Nach dem
Trockenjahr 2020 starben zahlreiche Altbuchen an der Waldklimastation
Ebrach im Steigerwald ab, so dass die LWF eine Studie zur Untersuchung der
biotischen und abiotischen Schadeinflüsse durchführte. Dazu wurden Zweig-
und Stammproben von geschädigten Rotbuchen gewonnen. Zurück in Freising
untersuchten Expert*innen der Abteilung Waldschutz der LWF die Proben und
legten diese in Netzkäfigen aus, um die Entwicklung eventuell vorhandener
Totholzinsekten beobachten zu können. Die Überraschung: Aus einem
abgestorbenen Kronenast einer Rotbuche schlüpfte ein Prachtkäfer, der
eindeutig als der seltene Berliner Prachtkäfer bestimmt werden konnte. Der
letzte Nachweis dieses Prachtkäfers von Forstwissenschaftlern der LWF
liegt bereits über 15 Jahre zurück.

Die sehr wärmeliebende Käferart ist auf besonntes Totholz in den Kronen
von anbrüchigen Buchen angewiesen. Die Rote-Liste Art ist damit ein
Profiteur des Klimawandels, da Rotbuchen an manchen Orten durch
Trockenheit und Wärme geschwächt werden. Gerade alte Bäume, die an
veränderten Umweltbedingungen nicht angepasst sind, reagieren mit
verminderter Gesundheit und Absterbeerscheinungen.

Auch die Altbuchen im etwa 180-jährigen Mischwald der Waldklimastation
(WKS) Ebrach waren in Folge der extremen Trockenjahre 2015 bis 2020 in
einem bislang unbekannten Ausmaß betroffen. Waldklimastationen wie die im
Steigerwald messen kontinuierlich und intensiv die wichtigsten
Umwelteinflüsse und werten ihre Wirkungen auf den Wald aus.

Der Fund des Goldenen Prachtkäfers zeigt aber auch, dass durch naturnahe
Waldbewirtschaftung und den Erhalt von absterbenden Bäumen und Totholz
Waldwirtschaft und Naturschutz kein Widerspruch sein müssen. Seit lang er
Zeit werden in Ebrach die Buchenbestände nachhaltig und naturnah
bewirtschaftet.

Der wiederentdeckte Käfer stellt aufgrund seiner Seltenheit und der
Besiedelung von absterbenden Bäumen keine Gefahr für die Wälder dar. Er
wurde mittlerweile wieder in seinem ursprünglichen Lebensraum
freigelassen. Prachtkäfer sind mit ca. 15.000 Arten und 450 Gattungen eine
der acht größten Käferfamilien im Tierreich. In Mitteleuropa kommen ca.
100 Prachtkäferarten vor. Davon leben allein 17 Arten in, auf und von der
Eiche, aber nur drei Arten leben an der Buche; einer dieser drei ist der
seltene Berliner Prachtkäfer.“