Frankfurter Stadtgespräch über Religion und Gewalt
Podiumsdiskussion des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer
Ordnungen“ an der Goethe-Universität am 19. April 2017 mit dem
Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide und dem Althistoriker Hartmut
Leppin.Judentum, Christentum, Islam – die drei abrahamitischen
Religionen haben ihre historischen Wurzeln im östlichen Mittelmeerraum. Zu
den Gemeinsamkeiten gehört auch eine monotheistische Ausrichtung, der
Bezug auf jeweils nur einen Gott. Die These, dass gerade solche
Glaubensrichtungen aufgrund ihres Wahrheitsanspruchs intrinsisch
gewalttätig seien, ist in jüngster Zeit wieder Gegenstand kontroverser
Diskussionen. Dabei wird besonders dem Islam ein „Gewaltproblem“
vorgeworfen. Das aktuelle „Frankfurter Stadtgespräch“ des
Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ setzt auf ein
Zusammenspiel geschichts- und religionswissenschaftlicher Ansätze bei der
Erörterung des Themas
„Im Namen Gottes? – Monotheismus und Gewalt“
am Mittwoch, dem 19. April 2017, um 19.00 Uhr
im Historischen Museum, Fahrtor 2 (Römerberg), 60311 Frankfurt am Main.
Ist mit den monotheistischen Religionen wirklich eine bestimmte Form der
Gewalt in die Welt gekommen – die Gewalt im Namen Gottes? Und welche Rolle
spielt diese vermeintliche Prägung mit Blick auf militante Strömungen des
Islam, aber auch auf das Christentum und seine wechselvolle Geschichte? In
einem interdisziplinären Dialog, der ebenso die verbindenden
Friedenspotenziale fokussiert, sprechen darüber Mouhanad Khorchide, Leiter
des Zentrums für Islamische Theologie und Professor für Islamische
Religionspädagogik an der Universität Münster, und der Althistoriker
Hartmut Leppin vom Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer
Ordnungen“ an der Goethe-Universität. Seine Schwerpunkte umfassen die
politische Ideengeschichte der Antike und die Geschichte der Spätantike.
Die Moderation hat Rebecca Caroline Schmidt, Geschäftsführerin des
geistes- und sozialwissenschaftlichen Exzellenzclusters. Die interessierte
Öffentlichkeit ist bei freiem Eintritt herzlich willkommen.
Mouhanad Khorchide gilt als Verfechter einer liberalen Interpretation des
Islam. Mit seinem 2012 erschienenen Buch „Islam ist Barmherzigkeit“, das
mittlerweile in einer überarbeiteten und erweiterten Auflage vorliegt,
wurde er auch über Fachgrenzen hinaus bekannt. Später folgten u.a.:
„Scharia – der missverstandene Gott: Der Weg zu einer modernen islamischen
Ethik“ (2013) und „Gott glaubt an den Menschen: Mit dem Islam zu einem
neuen Humanismus“ (2015). Khorchide tritt für eine historisch-kritische
Koranexegese ein: Die Verse müssten in ihrem historischen Kontext
verstanden werden und könnten nicht als Imperative, zum Beispiel für
Gewalt, ins „Hier und Heute“ übertragen werden. Der Professor für
Islamische Religionspädagogik plädiert für eine Reform des islamischen
Religionsunterrichts mit mehr Offenheit für eigenständiges Denken. Thesen
hierzu hat Khorchide auch vor rund einem Jahr in Frankfurt formuliert.
Damals war er Referent der Tagung „Welcher Islam gehört zu Deutschland“,
veranstaltet vom Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam am
Exzellenzcluster.
Hartmut Leppin ist Professor für Alte Geschichte mit dem Schwerpunkt
Christentum und Griechische Geschichte. Er engagiert sich in einer
Vielzahl von Forschungszusammenhängen, so als Projektleiter des von der
DFG geförderten Koselleck-Projekts „Christianisierungen im Römischen
Reich“, als Sprecher des Sonderforschungsbereiches „Schwächediskurse und
Ressourcenregime“ und im Trägerkreis des Graduiertenkollegs „Theologie als
Wissenschaft“. Aus Mitteln des Leibnizpreises, den Leppin 2015 erhielt,
hat er das Forschungsprojekt „Polyphonie des spätantiken Christentums“ ins
Leben gerufen, das im Mai 2016 offiziell eröffnet worden ist. Das Projekt
soll auch dabei helfen, eine Brücke vom spätantiken Christentum zur
Erforschung des frühen Islam zu schlagen und einen Beitrag zu der Frage
leisten, wie sich die Ausbreitung der drei monotheistischen Religionen
historisch ausgewirkt hat. Zu seinen Publikationen gehören: „Das Erbe der
Antike“ (2010, in der Reihe C. H. Beck Geschichte Europas) und „Antike
Mythologie in christlichen Kontexten der Spätantike“ (2015, als
Herausgeber).
Das „Frankfurter Stadtgespräch“ des Exzellenzclusters „Die Herausbildung
normativer Ordnungen“ an der Goethe-Universität findet jetzt zum 21. Mal
statt. Ziel ist es, unter Einbeziehung eines prominenten Gastes mit
geistes- und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen an eine breitere
außerakademische Öffentlichkeit zu treten. Zu den bisherigen Gästen
gehörten die Publizistin Thea Dorn, der Schriftsteller Feridun Zaimoglu,
die Politiker Erhard Eppler, Tom Königs und Rita Süssmuth, der Historiker
Christopher Clark und Bundespräsident Joachim Gauck.