Stoßlüften ist besser als gekippte Fenster
Jeder Fünfte leidet hierzulande an einer Pollenallergie. Zur Pollensaison
stellt sich immer wieder aufs Neue die Frage, wie lüften ohne
beeinträchtigt zu werden? Ein Team an der Professur für Ökoklimatologie
der Technischen Universität München (TUM) hat Pollenkonzentrationen in
Büroräumen systematisch untersucht und daraus praktische Tipps zum Lüften
abgeleitet.
In Deutschland leiden laut Bundesgesundheitsblatt aus dem Jahr 2013 rund
15 bis 20 Prozent der Bevölkerung an Heuschnupfen. Da sich Europäer und
Nordamerikaner zu über 90 Prozent ihrer Zeit in geschlossenen Räumen
aufhalten, müssen Pollenkonzentrationen in Gebäuden berücksichtigt werden.
Neben meteorologischen Einflussgrößen wurden für die im Fachmagazin
„Indoor Air“ erschienene Studie auch Art und Häufigkeit der Raumbelüftung
berücksichtigt.
Bei ihren Untersuchungen konzentrierten sich die Autorinnen und Autoren
auf Birkenpollen, wie Gräserpollen lösen diese besonders häufig
allergische Reaktionen aus. Birken sind Erstbesiedler (Pionierpflanzen),
beginnen früh mit der Reproduktionsphase und als Windbestäuber produzieren
sie besonders viele Pollen, die Gründe für ihr hohes Allergiepotential.
Für die Studie wurden im April 2015 in fünf verschiedenen Räumen und vor
den jeweils dazu gehörenden Fenstern die Birkenpollenkonzentrationen
gemessen. Die Räume unterschieden sich unter anderem in ihrer Durch- oder
Belüftung.
Die mobilen Pollenfallen waren auf einer Höhe von 1,2 Meter platziert, was
der durchschnittlichen Einatmungshöhe von Personen während der Arbeit an
ihrem Schreibtisch entspricht. Sie befanden sich in 2,5 Metern Abstand vom
jeweiligen Zimmerfenster. Eine zweite Pollenfalle wurde jeweils auf dem
Fenstersims befestigt.
Des Weiteren wurde eine Standard-Burkard-Pollenfalle auf dem Gebäudedach
in 15 Metern Höhe neben der meteorologischen Station installiert für die
Messung der grundsätzlichen Belastung. Diese Messung von Pollen in der
Umgebungsluft werden nach den Standards des Europäischen Aeroallergen
Netzwerkes (EAN) erhoben täglich von März bis November.
Vom 13. bis zum 29. April wurde die Blüte von 56 Birken in der näheren
Umgebung beobachtet. Zehn der Bäume lagen in direkter Nähe zu den
untersuchten Büros, die restlichen 46 Birken befanden sich in 0,5 bis zu
15 Kilometern Entfernung. Die Daten zur allgemeinen Wettersituation
wiederum stammen vom Deutschen Wetterdienst in Freising. Direkt vor den
Räumen wurden zusätzlich Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Windstärke sowie
–richtung erhoben.
Große Unterschiede zwischen einzelnen Räumen
Wie zu erwarten war, sind die Pollenkonzentrationen in den Räumen
grundsätzlich niedriger als draußen. Dabei schwankt das
Konzentrationsverhältnis der Pollen zwischen sieben zu 75 Prozent. Denn es
ergeben sich große Unterschiede durch die Lüftungsstrategie: Für die
Studie wurde beispielsweise ein Raum alle zwei Stunden für fünf Minuten
gelüftet. In diesem Raum herrschte die niedrigste Pollenbelastung im
Vergleich zu einem Nachbarraum, in dem das Fenster dauerhaft gekippt war.
Ebenfalls höher war die Konzentration in einem Raum mit geöffnetem Fenster
und einem chemischen Labor mit automatischem Luftabzug. Die
Pollenkonzentrationen können durchs Stoßlüften um zwei Drittel reduziert
werden im Vergleich zum Maximum der in der Studie erreichten
Pollenkonzentrationen in einem Raum. Um Birkenpollen besonders effektiv
außen vor zu lassen, raten die Autorinnen und Autoren daher
Pollenallergikern ihre Büro- und Aufenthaltsräume lediglich stoßzulüften.
Ein weiterer, beeinflussender Faktor ist der Publikumsverkehr in einem
Büro. Mit der Zeit erhöht sich die Pollenkonzentration in einem Raum. Dies
kann auf einen Zusammenhang hinweisen, wie viele Arbeitskollegen in einen
Raum ein- und ausgehen, weil Pollen der Kleidung anhaften. Auch häufen
sich Pollen im Hausstaub an, sofern gar nicht oder selten geputzt wird.
Dies geschieht sogar über die Pollensaison hinaus. Regelmäßiges
Staubwischen ist daher für Allergiker eine wichtige Maßnahme, um
allergische Reaktionen zu minimieren.
Publikation:
A. Menzel, M. Matiu, Michaelis, S. Jochner: Indoor birch pollen
concentrations differ with ventilation scheme, room location, and
meteorological factors, Indoor Air 2016. DOI: 10.1111/ina.12351