Workshop »Emissionsarme Bauprodukte und Wohngesundheit«
Im Mittelpunkt eines Workshops des Fraunhofer WKI in Braunschweig am 22.
und 23. Februar 2017 standen emissionsarme Bauprodukte und deren Einfluss
auf die Wohngesundheit. Etwa 100 Teilnehmer aus Industrie, Verbänden,
Behörden und Forschungsinstitutionen informierten sich in 12 Vorträgen
über aktuelle Forschungen zur Innenraumhygiene, Bewertungssysteme für
Emissionen von Bauprodukten in Europa und Smart Homes.
Wohngesundheit definiert sich durch das Zusammenspiel von Bauprodukten,
baulichen Gegebenheiten und Lebensgewohnheiten. Aus Sicht der
Innenraumhygiene stehen dabei Lüftungskonzepte und Fragen zur Vermeidung
luftverunreinigender Stoffe aus Bauprodukten, Einrichtungsgegenständen und
Konsumgütern im Vordergrund.
Nach den Grußworten des Leiters des Fraunhofer WKI, Professor Dr.-Ing.
Bohumil Kasal, eröffnete Professor Dr. Tunga Salthammer, Leiter des
Fachbereichs Materialanalytik und Innenluftchemie, den Workshop mit einem
Übersichtsvortrag. Er legte dar, dass das Dauerthema »chemische Reaktionen
in Innenräumen« aktueller denn je sei. Salthammer betonte: »Kammer- und
Produktprüfungen sind in ihrer Aussage limitiert«. Darüber hinaus ging er
auf die seit Jahren andauernde Formaldehyddiskussion ein und warnte vor
einer Überregulierung des Innenraums während, weitgehend unbeachtet, die
Formaldehyd-Konzentration in der Außenluft, insbesondere in Großstädten,
stetig zunimmt.
Dr. Michael Wensing vom Fraunhofer WKI referierte über nationale
(Deutschland, Belgien, Frankreich) und geplante europäische Konzepte zur
gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten. Nicole Dommaschk vom
Deutschen Institut für Bautechnik berichtete über die Bemühungen, die
vorhandenen nationalen Bewertungssysteme in ein einheitliches europäisches
Bewertungssystem zu überführen. Sie ging dabei auf das baurechtliche
System in Deutschland, die »provisorische« NIK(LCI)-Liste und den Entwurf
eines harmonisierten Deklarationssystems zu Inhaltsstoffen von
Bauprodukten (VOC-Klassensystem) ein.
Dr. Peter Sauerwein vom Verband der Holzwerkstoffindustrie VHI legte die
Position des Verbands zum VOC-Klassensystem dar. Darüber hinaus berichtete
er über drei neue, im Förderschwerpunkt »Reduzierung bzw. Vermeidung von
Emissionen aus Holz und Holzprodukten« des Bundesministeriums für
Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über die Fachagentur Nachwachsende
Rohstoffe (FNR) geförderte Forschungsprojekte zum Einfluss von Holz auf
die Innenraumluft. Dr. Ana Maria Scutaru vom Umweltbundesamt stellte die
Ergebnisse eines gemeinsamen Forschungsprojekts mit der HTW Berlin zur
Innenraumluftqualität nach Einbau von Bauprodukten in energieeffizienten
Gebäuden vor. Fazit ihres Vortrags war, dass die Kombination von
Bauprodukten mit einer geringen sensorischen Auffälligkeit bei
sachgerechter Anwendung und normalen Temperatur- und Feuchte-Bedingungen
zu einer guten Raumluftqualität führt. Tobias Schellenberger vom
Industrieverband Polyurethan-Hartschaum e. V. präsentierte ein Gütezeichen
für PU-Dämmstoffe.
Zur sensorischen Prüfung von Bauprodukten referierten Dr. Wolfgang Plehn
(Umweltbundesamt), Dr. Wolfgang Horn (Bundesanstalt für Materialforschung
und -prüfung), Dr. Erik Uhde (WKI) und Dr. Helge Kramberger (Dr. Robert-
Murjahn-Institut GmbH). Letzterer kritisierte in seinem Vortrag
insbesondere fehlende Daten bezüglich der Praxistauglichkeit der ISO
16000-28 zur sensorischen Bewertung von Bauprodukten. Bisher sei nur die
Methodik nicht aber das Verfahren untersucht.
Auf dem Podium diskutierten die Referentinnen und Referenten ausführlich
ihre Positionen mit den Workshop-Teilnehmenden aus Industrie, Behörden und
Instituten. Auch über die Problematik vorgeblich geruchsarmer Produkte,
auf die möglicherweise die Einbausituation einen Einfluss haben kann,
tauschten sich die Referenten aus. Sie waren sich einig darin, dass zum
gegebenen Zeitpunkt lediglich Einzelprodukte untersucht werden könnten, da
die Prüfung von Systemaufbauten einen großen Aufwand bedeute. Zudem weist
die ISO 16000-28 noch diverse Schwächen auf. Eine gründliche Überarbeitung
der Vorschrift wurde von Herrn Dr. Plehn angekündigt.
Im letzten Teil der Veranstaltung trugen drei Referentinnen über
zukünftige Entwicklungen und Trends bezüglich der Innenraumluftforschung
vor. Hierzu zählten die Handlungsfelder zur standardisierten
Charakterisierung der Innenraumluftqualität (Elisabeth Hösen und Sascha
Nehr, Verein Deutscher Ingenieure e.V.) und die so genannten
leichtflüchtigen organischen Verbindungen - VVOC (Dr. Alexandra Schieweck,
Fraunhofer WKI). Im abschließenden Vortrag ging Frau Professorin Dr.-Ing.
Runa Hellwig von der Augsburg University of Applied Sciences auf die
Chancen für Raumluftqualität und Energieeffizienz in Smart Homes ein. Sie
legte unter anderem dar, wie wichtig eine nutzergesteuerte Beeinflussung
der Funktionen des Hauses auch weiterhin ist, da die wahrgenommene
Einflussfähigkeit mit der Zufriedenheit der Bewohner korreliert.
Der Internationale Verein für Technische Holzfragen iVTH e. V. und die
WKI-Akademie unterstützten den Workshop.