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Schutz vor interpersonaler Gewalt im Sport

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Gekachelte Wand im Schwimmbad  Deutsche Sporthochschule Köln
Gekachelte Wand im Schwimmbad Deutsche Sporthochschule Köln

Der von Univ.-Prof. Dr. Martin Nolte und Dr. Caroline Bechtel erarbeitete
und fortentwickelte Safe Sport Code gegen interpersonale Gewalt im Sport
soll nun flächendeckend im gesamten organisierten Sport in Deutschland zum
Einsatz kommen.

Vom 1. April 2023 bis 31. Dezember 2023 haben Univ.-Prof. Dr. Martin Nolte
und Dr. Caroline Bechtel vom Institut für Sportrecht der Deutschen
Sporthochschule die Erstauflage eines Safe Sport Codes im Auftrag des
Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) sowie in Kooperation mit dem
Deutschen Turner-Bund (DTB) und der Deutschen Reiterlichen Vereinigung
(FN) erarbeitet. Diesen Code entwickelten sie in den vergangenen Monaten
im Auftrag des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) nochmals deutlich
fort. Dabei berücksichtigten die Verfasser zahlreiche Anregungen aus einem
umfangreichen Stakeholder-Prozess, den der DOSB initiiert hatte. Den
Betroffenenrechten galt hierbei besonderes Augenmerk. Die nun vorliegende
Zweitauflage des Safe Sport Codes von Univ.-Prof. Dr. Martin Nolte sowie
Dr. Caroline Bechtel soll nunmehr als   DOSB-Safe Sport Code von allen
Mitgliedern des DOSB zu einem verbindlichen Regelwerk werden.

Damit werden erstmals umfassende Vorschriften gegen interpersonale Gewalt
im organisierten Sport geschaffen. Bislang gab es nur wenige
Sportorganisationen mit allenfalls punktuellen Regelungen gegen
ausgewählte Erscheinungsformen interpersonaler Gewalt. Einheitliche und
umfassende Regeln, nach denen Sportorganisationen allen Erscheinungsformen
interpersonaler Gewalt (seelische, körperliche, sexualisierte Gewalt und
Vernachlässigung) konsequent vorbeugen, ihr begegnen und sie sanktionieren
können, fehlten. Diese Lücke wird nunmehr durch den DOSB-Safe Sport Code
geschlossen. Michaela Röhrbein, Vorstand Sportentwicklung beim DOSB, sagt:
„Der Safe Sport Code stellt einen Meilenstein im Kampf gegen
interpersonale Gewalt im organisierten Sport dar. Wir wollen mit dem Safe
Sport Code einen Wandel einleiten, indem wir Vertrauen schaffen, indem wir
im Sport eine Kultur des Hinsehens und des Handelns stärken.“

„Die 16 Landessportbünde in Deutschland sind der Zeit schon etwas voraus.
Sie hatten bereits vor zwei Wochen den Beschluss zur Implementierung der
von uns entwickelten Zweitauflage des Safe Sport Codes getroffen. Der
Beschluss war einstimmig. Das war bereits ein ganz starkes Signal für
sicheren und gewaltfreien Sport in Deutschland“, sagt Univ.-Prof. Dr.
Martin Nolte, Leiter des Instituts für Sportrecht der Deutschen
Sporthochschule Köln. Die Landessportbünde sind wichtige Mitglieder des
DOSB, der Dachorganisation des organisierten Sports in Deutschland mit
rund 87.000 Sportvereinen und 27 Millionen Mitgliedschaften.

„Als Landessportbünde wollen wir nicht nur in der reinen Gewaltprävention
verharren, sondern in Fällen interpersonaler Gewalt auch rechtssicher
dagegen vorgehen und Fehlverhalten sanktionieren können”, erklärt Dr.
Christoph Niessen (Vorstandsvorsitzender des Landessportbunds Nordrhein-
Westfalen sowie Mitglied der Sprecher*innengruppe der Konferenz der
Landessportbünde). Zu diesem Zweck haben die Landessportbünde einstimmig
beschlossen, ihren nächsten Mitgliederversammlungen vorzuschlagen, sich an
den Safe Sport Code zu binden. Niessen betont: „Die Umsetzung wäre ein
Meilenstein und Kulturwechsel für den organisierten Sport im Kampf gegen
interpersonale Gewalt.“

Weitere Spitzenorganisationen im deutschen Sport dürften den
Landessportbünden bald folgen. Hierzu gehört mit dem Deutschen Turner-Bund
der zweitmitgliederstärkste Fachverband in Deutschland. Er hat bereits
angekündigt, den Safe Sport Code am 9. November 2024 auf dem Deutschen
Turntag, dem obersten Beschlussorgan des Verbands, zur Abstimmung zu
bringen. „Der Safe Sport Code des DTB dient als Regelwerk zum Schutz vor
interpersonaler Gewalt im Zuständigkeitsbereich des DTB und soll künftig
als bindende Richtlinie und als Standard dienen, um jeglicher Form von
Gewalt innerhalb des DTB präventiv entgegenzuwirken und diese bei Bedarf
zu ahnden“, sagt Dr. Alfons Hölzl, Präsident des DTB. Mit diesem Safe
Sport Code schaffe der DTB ein sicheres Umfeld für alle Sportbeteiligten
vor interpersonaler Gewalt und verstehe diesen Schutz zugleich als einen
wichtigen Beitrag zur Sicherung seiner Glaubwürdigkeit und Vorbildfunktion
für den gesamten Sport in Deutschland.

Mit ihrem Safe Sport Code knüpfen die Verfasser im Übrigen an Erkenntnisse
aus der Sozialforschung und Typisierungen der Weltgesundheitsorganisation
an. Neben den konkreten Tatbeständen mit rechtlichen Konsequenzen für den
Sport ging es den Verfassern auch darum, dezidierte Verfahrensbestimmungen
zur Abwehr interpersonaler Gewalt zu erarbeiten. Die Schutzzwecke
beschreibt Dr. Caroline Bechtel klar und deutlich: „Als sicher im Sinne
dieses Codes gilt der Sport dann, wenn die Menschenwürde, Gesundheit sowie
sexuelle Selbstbestimmung aller Sportbeteiligten, insbesondere der
Sportler*innen, umfassend geschützt sind“. Besonders wichtig ist den
Verfassern, dass sich ihr Werk nicht allein im reinen Normtext erschöpft.
Sie haben den Bestimmungen vielmehr umfangreiche Erläuterungen und
Beispiele beigefügt: „Sie sind verbindliche Bestandteile Teil des Codes
und sorgen dafür, dass alle Regelungen einheitlich und rechtssicher
angewendet werden. Naturgemäß sind sportverbandliche Regelungen abstrakt
formuliert, um für alle Konstellationen zu gelten“, erklärt Univ.-Prof.
Dr. Martin Nolte und fügt an, dass die Erläuterungen den Code auch für
Nichtjuristen verständlich machen und zur einheitlichen Auslegung und
Anwendung des Codes beitragen sollen. Dies sei wichtig, damit der Code von
den Regelunterworfenen überhaupt verstanden werde. Denn nur auf diese
Weise könne er seine Steuerungskraft entfalten. Das ist nach den
Erfahrungen der Verfasser ein Hauptproblem vieler Vorschriften. Dabei
greifen sie auf langjährige Erfahrungen mit der Evaluierung
sportverbandlicher Regeln, beispielsweise des Nationalen Anti Doping
Codes, zurück.

Um das Regelwerk nun in der Praxis anzuwenden, müssen die verschiedenen
Ebenen im organisierten Sport darüber abstimmen, den Code beschließen und
für verbindlich erklären. Dies gilt für die jeweilige Ebene, zum Beispiel
die der Landessportbünde oder des DOSB und für deren Geltungsbereiche,
Organe und Beschäftigte. Nolte. „Bis alle Verbände und Vereine den Safe
Sport Code anerkennen und für verbindlich erklären, wird eine Menge Zeit
vergehen. Wir rechnen mit einigen Jahren.“ Um die Implementierung zu
erleichtern, haben die Verfasser zudem umfangreiche Gestaltungshinweise
und Hilfestellungen zum Code formuliert. Auch diese Aspekte sollen dazu
beitragen, dass der Code umgesetzt wird und eine funktionsfähige Grundlage
gegen interpersonale Gewalt schafft.

Und wie geht es dann weiter? „Es ist nicht damit getan, den Code zu
beschließen. Viel wichtiger ist, weiterhin dazu beizutragen, dass dessen
Regelungen auch von allen verstanden werden. Dazu dienen zwar schon die
Erläuterungen des Codes“, sagt Univ.-Prof. Dr. Nolte und denkt dabei schon
einen Schritt weiter. „Jetzt geht die Arbeit erst richtig los mit dem Safe
Sport Code! Wir möchten gern eine Plattform initiieren, damit die
Vorschriften des Codes zum Leben erweckt werden. Dazu gehören
Informationsveranstaltungen, Schulungen und auch eine mitlaufende
Evaluation, deren (Zwischen-)Ergebnisse zeitnah zur Fortentwicklung des
Codes dienen sollen.“