Mit dem Debat-O-Meter können sich Zuschauer während der Debatten zu den Politikern und deren Argumenten äußern Endspurt im Europawahlkampf: Am Donnerstag, 16. Mai 2018 diskutieren die Spitzenkandidaten für den Präsidenten der EU-Kommission – Manfred Weber für die Europäische Volkspartei (EVP) und Frans Timmermans für die Sozialdemokratische Partei Europas (SPE) – ab 20.15 Uhr in einer im ZDF übertragenen Fernsehdebatte über ihre politischen Ideen und Konzepte. Zuschauerinnen und Zuschauer können mit dem Debat-O-Meter der Universität Freiburg live über das Internet darüber abstimmen, was sie von den Politikern und deren Aussagen halten – per Smartphone, Tablet oder PC.
Ein Team der Universität Freiburg hat das Debat-O-Meter entwickelt. Mit ihm können die Teilnehmenden über die Tasten „doppel-plus“, „plus“, „minus“ und „doppel-minus“ auf dem Bildschirm jederzeit während der Diskussionen ihre Einschätzung der Kandidaten abgeben. Das Team um Prof. Dr. Uwe Wagschal aus der Politikwissenschaft und Prof. Dr. Bernd Becker aus der Informatik sammelt die aus ganz Deutschland eingehenden Bewertungen und kann so auf die Sekunde genau feststellen, wie die Diskussionen jeweils wahrgenommen werden. Am Ende wissen die Forscherinnen und Forscher, was beim Publikum auf Zustimmung oder auf Ablehnung stößt, was überzeugt hat und was nicht.
Da die Daten online erhoben werden, steht schon kurz nach Ende der jeweiligen Diskussion eine erste Analyse bereit, in der die Forscher die entscheidenden Stellen der Debatte identifizieren. Durch zusätzliche Befragungen direkt vor und nach der Diskussion können sie außerdem feststellen, ob sich die Einstellungen der Zuschauer oder deren Wahlabsicht durch die Debatte verändert haben. Damit wird auch sichtbar, wer welche Wählergruppen von sich überzeugen konnte und wer nicht. „Alles in allem sehen wir mit dem Debat-O-Meter sekundengenau, welche Argumente die Wähler überzeugt haben und welche nicht, wer durch die Diskussion an Unterstützung gewonnen hat und wer vielleicht durchgefallen ist“, sagt der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Uwe Wagschal.
Die Teilnehmenden erhalten im Anschluss eine individuelle Auswertung der eigenen Klicks, die zeigt, in welchen Themenbereichen sie näher bei einem der Kandidaten waren. Am nächsten Tag können sie auf Wunsch eine detaillierte Gesamtauswertung zugeschickt bekommen. Wer mitmachen möchte, braucht nur ein Smartphone, ein Tablet oder einen PC mit Internetzugang. Nach dem Login gibt es zuerst eine kurze Anleitung und eine Vorbefragung. Danach geht es direkt weiter zur Online-Bewertung. Am Ende der Diskussion folgt eine Nachbefragung, bevor man zur individuellen Auswertung weitergeleitet wird. Die Teilnahme ist anonym, alle Interessierten können mitmachen. Es muss keine besondere Software installiert werden, ein Internet-Browser reicht aus. Das Debat-O-Meter wird ab etwa einer Stunde vor Beginn jeder TV-Debatte unter der Adresse https://app.debatometer.com freigeschaltet.
Joschka Fischer (hier bei der Eröffnungsfeier des Center for Applied European Studies) ist erneut zu Gast an der Frankfurt UAS. Foto: Frankfurt UAS
Joschka Fischer hält am 21. Mai 2019 Vortrag zur Europawahl am Frankfurter Center for Applied European Studies / Veranstaltung ist Teil der Vortragsreihe „Think Europe – Europe thinks“ / Debatte erwünscht: Nach Vortrag Diskussion mit dem Publikum
Der frühere Bundesaußenminister und Vizekanzler Joschka Fischer spricht am 21. Mai 2019 an der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) zum Thema „Schicksalswahl für Europa!“. Der ehemalige Chefdiplomat und Grünen-Politiker widmet sich in seinem Vortrag der wegweisenden Wahl, bei der die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union vom 23. bis 26. Mai 2019 zum neunten Mal das Europäische Parlament wählen. Diese Veranstaltung ist Teil der Vortragsreihe „Think Europe – Europe thinks“ des Center for Applied European Studies (CAES). Bereits am 10. Juni 2016 war Fischer beim CAES zu Gast und hatte das Europazentrum mit der Festrede „Das undenkbare Denken – Europas Zukunft!” eröffnet. Nach rund 1.000 Tagen kehrt er ans CAES-Rednerpult zurück, um erneut über Europas Zukunft zu debattieren. Um Anmeldung unter https://www.frankfurt- university.de/ThinkEUthinks wird gebeten. Die Teilnahme ist kostenfrei.
In der Reihe „Think Europe – Europe thinks“ des CAES richtet sich jeweils eine Referentin oder ein Referent aus Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft oder Politik impulsgebend an die allgemeine Öffentlichkeit. Im Anschluss an die Rede von Joschka Fischer ist das Publikum zu einer Diskussion eingeladen. Bibiana Barth von hr-iNFO, dem Medienpartner des CAES, moderiert.
Joschka Fischer wurde 1983 in den Bundestag gewählt und gehörte somit der ersten Bundestagsfraktion der Grünen an. Fischer führte die Partei sowohl in die erste Regierungsbeteiligung auf Landesebene (in Hessen) als auch auf Bundesebene. Von 1985 bis 1987 und von 1991 bis 1994 war er hessischer Umweltminister, in seiner zweiten Amtszeit auch Stellvertreter des Ministerpräsidenten und Staatsminister für Bundesangelegenheiten. 1994 wurde er erneut in den Bundestag gewählt. Er war dort bis 1998 (neben Kerstin Müller) Sprecher der Grünen-Fraktion. Von 1998 bis 2005 war er Außenminister und Vizekanzler der ersten rot-grünen Bundesregierung. 2006 zog er sich aus der aktiven Politik zurück. Joschka Fischer hatte von 2006 bis 2007 eine Gastprofessur an der Woodrow Wilson School der Princeton University (USA) inne. Er ist Gründungsgesellschafter von Joschka Fischer and Company.
Zuletzt sprachen in der Reihe „Think Europe – Europe thinks“ Bundesverfassungsrichterin Prof. Dr. Christine Langenfeld zum Thema „Flüchtlingspolitik in Europa – Bausteine einer Neuordnung", Bundesaußenminister a.D. Sigmar Gabriel zu „Europawahl 2019 – zerbricht Europa?“, Staatsminister Michael Roth MdB zu „Deutschlands Zukunft ist Europa“ und Dr. Christoph von Marschall, USA-Korrespondent der Berliner Zeitung Der Tagesspiegel, zu „USA – Europa: Eine entfremdete Beziehung?“. Weitere Referenten waren Bundespräsident a. D. Christian Wulff mit dem Thema „Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland und Europa (?)“, Julia Przyłębska, Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs der Republik Polen, mit „Rechtsstaatlichkeit und demokratische Werte in Europa“ und der ehemalige EU-Kommissar Prof. Günter Verheugen mit „Beziehung zwischen EU und Türkei – hoffnungslos?“.
Termin: Dienstag, 21. Mai 2019, 18:00 - 19:30 Uhr Ort: Frankfurt University of Applied Sciences, Nibelungenplatz 1, 60318 Frankfurt, Gebäude 1, Raum 529
Programm „Think Europe – Europe thinks“ Impulse des Center for Applied European Studies (CAES) Begrüßung Prof. Dr. Frank E.P. Dievernich, Präsident der Frankfurt University of Applied Sciences
Grußwort Prof. Dr. Dr. Michel Friedman, Geschäftsführender Direktor, Center for Applied European Studies (CAES)
Vortrag „Schicksalswahl für Europa!“ Joschka Fischer, ehemaliger Vizekanzler und Bundesaußenminister
Diskussion mit dem Publikum Moderation: Bibiana Barth, hr-iNFO
anschließend Get-together
Das Center for Applied European Studies (CAES): Das interdisziplinär forschende Center for Applied European Studies begleitet das Thema Europa wissenschaftlich und entwickelt anwendungsorientierte Lösungsvorschläge für europäische Fragen und Herausforderungen. Neben Forschungsprojekten und der Errichtung von Think Tanks sollen anwendungsorientierte Bildungs-, Fort- und Weiterbildungsmodule entwickelt werden. Um die „Erfindung“ Europas und seiner Zukunft in einer öffentlichen Debatte zu ermöglichen, bietet das im Juni 2016 an der Frankfurt University of Applied Sciences eröffnete „Center for Applied European Studies“ Symposien, Vorträge und öffentliche Veranstaltungen an. Die Veröffentlichung relevanter Forschungs- und Diskussionsergebnisse ist ein weiteres wichtiges Ziel. Im Vordergrund der Arbeit steht die Interdisziplinarität der Projekte. Durch den Austausch der unterschiedlichen Fachbereiche der Frankfurt University of Applied Sciences und einem internationalen Austausch werden neue Konzepte entwickelt. Auch der Austausch von kulturellen, ökonomischen, politischen und wissenschaftlichen Perspektiven soll weitere Erkenntnisse hervorbringen und zur Diskussion stellen.
Diverse Traktanden, u.a.Neben Informationen von Seiten des Korporationsrats wird die Rechnung präsentiert und zur Genehmigung vorgelegt. Weiter gehört es zur Tradition, dass die jungen Frauen und Männer, welche im Laufe des Geschäftsjahres das Stimmrechtsalter erlangt haben, jeweils an der ordentlichen Korporationsversammlung offiziell aufgenommen werden. Nach einer kurzen persönlichen Vorstellung und der Überreichung eines Geschenks kommen die Jungbürger ab sofort offiziell in den Genuss alle Rechten und Pflichten der Korporation auszukosten.
Korporationsrat der Korporation Sursee
Bei wechselhaftem Wetter, fanden sich 53, also ca. 23% von den aktuell total 237 stimmberechtigten Korporationsbürgern im Bürgersaal ein, begrüsst von der bestens aufgelegten Präsidentin Sabine Beck-Pflugshaupt. Diese stellte dann fest, dass die Versammlungsvorverschiebung um eine halbe Stunde von bisher üblich 20.00 Uhr auf neu 19.30 Uhr von den Bürgern goutiert würde, da man nach dem, der Versammlung folgenden gemeinsamen Nachtessen, noch etwas länger zusammen sein und so die zwischenmenschlichen Beziehungen ausführlicher pflegen könne. Nach dem statuarisch vorgeschriebenen Ritual einer Versammlung: Feststellung des Versammlungsbüros, Wahl Stimmenzähler usw. wurden die anstehenden, traktandierten Geschäfte zügig abgehandelt. Nach einem kurzen Gedenken an die im letzten Jahr verstorbenen Mitbürger, durfte die Versammlung fünf neue, volljährige Mitbürger aufnehmen, von denen drei, aufgrund Ferienabwesenheit o.ä., nicht persönlich anwesend sein konnten. Die Präsidentin motivierte die zwei anwesenden, mit einem kleinen Präsent in Form eines Sackmessers mit eingraviertem Namen dazu, am Geschehen in und um die Korporation teilzunehmen, ja dieses gar aktiv mitzugestalten. Dann stellten sich diese neuen Mitbürger, Anna Beck und Noah Meyerhans, mit ein paar kurzen, sympathischen Worten gleich selber vor.
Abhandlung der diversen Jahresrechnungen und Budgets
Sylvia Estermann, Finanzchefin
Es folgten die diversen pekuniären Traktanden, also diverse Jahresrechnungen und Budgets, die, da alle sehr erfreulich, von Finanzchefin Silvia Estermann – Kottmann denn auch nicht ohne Stolz präsentiert und erläutert, dann von den Bürgern mit Applaus genehmigt wurden.
Bei Traktandum 6,Verkauf eines kleinen Grundstücks im Industriegebiets, statt dessen Abgabe im Baurecht, dem vermeintlich umstrittensten Geschäft des Abends, erwuchs der Absicht des Rates auch kein Widerstand. Ebenso durchgewunken wurde die Wahl der drei Bürgerschaftsvertreter im Stiftungsrat der Stiftung Pflege- und Sozialfond der Korporation Sursee.
Der für 5 Jahre gewählte Stiftungsrat der Stiftung Pflege- und Sozialfond der Korporation Sursee.
Carla Bossart Bättig, Schreiberin
Von Amtes wegen dabei sind zwei Korporationsratsmitglieder. Dafür delegierte der Rat Präsidentin Sabine Beck-Pflugshaupt sowie Schreiberin Carla Bossart Bättig, dazu gesellen sich die drei eben gewählten Bürgerschaft Vertreter Caroline Pfenniger Rohrer, Pflegefachfrau, Karin Wagemann, Geschäftsführerin «Soorser Bier» und Othmar Zbinden, Hausarzt. Damit waren alle Geschäfte erledigt und man kam zu den Orientierungen des Korporationsrates.
Gewerbegebiet Sursee Nord Korporation Sursee an vorderster Front mit dabei
Sabine Beck-Pflugshaupt, Präsidentin
Die Präsidentin informierte, dass man in Sachen „Sursee Nord“ proaktiv den in Unternehmenskreisen, bei Behörden usw. bestens bekannten und vernetzten Paul Fuchs, Geschäftsführer/Inhaber bei Hoch- und Tiefbau AG Sursee angegangen ist, was und wie man auf diesem, der Korporation gehörenden Gebiet, etwas realisieren könne. Man stiess auf offene Ohren, Fuchs ist bereits am Eruieren und schon zeichnen sich konkrete Möglichkeiten ab. Stand heute:Die Vorprüfung soll demnächst eingeleitet werden. Abgestützt auf den Vorprüfungsbericht wird dann die Detailplanung erfolgen, mit Zielsetzung das Baugesucht im Sommer – Herbst 2019 einreichen zu können.Dass die Korporation dabei selber als einer der Bauherren auftrete, sei eher unwahrscheinlich, erläuterte der Rat auf eine entsprechende Anfrage von Rainer Jacquemai. Klar abgemacht sei aber, dass das Gelände nur im Baurecht abgegeben, keinesfalls verkauft würde.
Dann übergab die Präsidentin das Wort an Ratskollege Andreas Marbach
Fernziel Wärmeverbund Sursee: Die Korporation Sursee gibt Richtung und Tempo vor. Forstverwalter Andreas Marbach berichtete uns von der relativ weit fortgeschrittenen Vision „Wärmeverbund Sursee“, wo die Korporation den Lead übernehmen will, respektive schon innehat. Das Ziel: Bis spätestens im Jahre 2050 einen CO2 neutralen, gar CO2 positiven Wärmeverbund für Sursee zu installieren.
Gründung einer, auf dem PPP Prinzip basierenden Aktiengesellschaft
Jost Meyerhans, Bauherr
Angedacht ist baldmöglichst die Gründung einer AG, basierend auf dem Prinzip PPP, (Public, Privat Partnership) an der sich zu je einem Drittel die Stadt Sursee, die Korporation Sursee und als Privatinvestor die ewl (energie wasser luzern) mit je 2 Millionen Franken am Startkapital von vorerst mal ca. 10 Millionen Franken beteiligen. Dazu kommen noch 4 Millionen Fremdkapital. In enger Zusammenarbeit mit Branchenprofis, Behörden und Ämter wird ein für Sursee taugliches Modell erarbeitet und, wenn vorgelegt und bewilligt, so schnell als möglich realisiert.
Engagements in der Öffentlichkeit bringen positive Nebeneffekte für die Korporation
Andreas Marbach, Allmend- und Forstverwalter
Unsere Bürgerschaft, auch sonst, aber eher in weniger auffälligen Bereichen, sehr aktiv, wird durch das Voranschreiten an vorderster Front, in solch umweltgerechten, aktuellen Dingen, auch politisch wieder vermehrt als Partner der öffentlichen Hand und im Dienste aller Surseer Bürger wahrgenommen so Andy Marbach. Der gesamten Öffentlichkeit, die ja über Investitionen der Korporation in anderen Bereichen (eigene Liegenschaften, Wald usw.) sonst eher wenig mitbekommt, werde mit solchen Engagements deutlich vor Augen geführt, dass wir nicht nur für die eigenen, also die Knöbelibürger, schauen, sondern das Gemeinwohl aller Einwohner und Besucher der Suren Stadt im Auge haben. Und für dieses stellen wir zudem, nebst viel emotional – mentalem Aufwand, auch sehr signifikante monetäre Mittel zur Verfügung, wozu wir nicht verpflichtet wären und was ja auch nicht grad selbstverständlich ist.
Nachdem unter Diverses nichts mehr aufs Tapet kam, dislozierte man in die Abruzzen im Stadttheater, wo man sich bei Speis und Trank noch austauschte und den Abend ausklingen liess.
Dr. Alexander Yendell Foto: Swen Reichhold/Universität Leipzig
Zwei Monate vor der Europawahl und gut ein halbes Jahr vor der Landtagswahl in Sachsen wird mit einem Erstarken rechtspopulistischer Parteien gerechnet. Gerade im Wahlkampf nehmen Rechtspopulisten die christliche Religion für ihre Zwecke in Anspruch und schaffen so eine religiös-nationalistische Identität. Das hat Dr. Alexander Yendell von der Universität Leipzig zusammen mit Dr. Oliver Hidalgo und Dr. Philipp Hildmann beobachtet. Für die Hanns-Seidel-Stiftung haben sie sechs Thesen zu „Religion und Rechtpopulismus“ formuliert. Sie basieren auf einer Fachveröffentlichung in der „Zeitschrift für Religion, Gesellschaft und Politik“.
Warum die Diskussion, ob der „Islam zu Deutschland gehört“ den Rechtspopulisten in die Hände spielt und wo sich Konservative und Rechtspopulisten in der Religionsfrage unterscheiden, erzählt der Leipziger Soziologe im Interview.
Sie und ihre Co-Autoren behaupten in diesen sechs Thesen, dass in der politischen Auseinandersetzung mit dem Rechtspopulismus der Religion eine Schlüsselrolle zukommt. Wie kommen Sie zu dieser Schlussfolgerung?
Dr. Alexander Yendell: Die Religion ist vor allem deshalb für rechtspopulistische Bewegungen und Parteien bedeutend, weil die Identifikation mit dem Christentum – auch wenn sie größtenteils sehr diffus ist – mit einer Erhöhung der eigenen Kultur und mit einer Abwertung anderer Kulturen einhergeht. Die Abwertung bezieht sich zurzeit vor allem auf den Islam und die Muslime. Der Bezug zum Christentum ist positiv konnotiert, der zum Islam negativ. Die christliche Kultur wird mit Toleranz, Nächstenliebe und Aufklärung in Verbindung gebracht, der Islam mit Fanatismus, Gewaltbereitschaft und Unterdrückung der Frau gleichgesetzt. Hinzu kommt ein weiterer wichtiger Aspekt: Je erfolgreicher Rechtspopulisten in ganz Europa die christliche Religion für sich in Anspruch nehmen, desto mehr können sich Parteien wie die AfD, FPÖ und SVP, der Rassemblement National, die Lega Nord, Fidesz oder die polnische PiS als die „wahren“, im Zweifelsfall „einzigen“ Verteidiger des christlichen Abendlandes inszenieren.
Sie stellen in Ihrem Thesenpapier oftmals Konservative und Rechtspopulisten und ihre Ansichten zur Religion gegenüber. Wo ähneln und wo unterscheiden sich die beiden Gruppen?
Die Konfession spielt auch bei Wahlentscheidungen immer noch eine Rolle. Die AfD beispielweise weiß das und versucht mit Untergruppierungen wie den „Christen in der AfD“ zu kaschieren, dass viele Mitglieder und wichtige Funktionsträger keinen Religions- oder Kirchenbezug haben. Sie maßen es sich folglich nur an, im Namen von Religion und Christentum zu sprechen. Rechtspopulisten und Konservative unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich ihrer Politik der Religionsfreiheit. Während christliche Konservative die Fahne für die Demokratie und damit auch das Gebot der Religionsfreiheit hochhalten, wollen Rechtspopulisten im Grunde die Religionsfreiheit einschränken und damit vor allem die angebliche Unterwanderung durch den Islam unterbinden. Die Einschränkung der Religionsfreiheit ist natürlich mit den Grundsätzen der Demokratie nicht vereinbar.
Die Angst vor dem Verlust der westlichen Werte sei stärker einzuschätzen, als die Angst, Opfer eines Terroranschlags zu werden. Wie entstehen diese islam- und muslimfeindlichen Einstellungen?
Islam- und muslimfeindliche Einstellungen entstehen vor allem aus Ängsten und Gefühlen der Bedrohung. Während es Menschen gibt, die sich auf etwas Neues freuen und beispielweise eine zunehmende Pluralisierung sogar als etwas Bereicherung erleben, gibt es Menschen, die aus Angst lieber an Bewährtem festhalten und keine Veränderung wollen. Wir wissen aus der Analyse von Bevölkerungsumfragen, dass Menschen, die den Islam und die Muslime abwerten, eher Angst vor dem Verlust der eigenen Kultur und deren Werte als Angst vor einem Terroranschlag haben. Ein weiterer Grund für die Abwertung des Islam und der Muslime sind fehlende Kontakte vor allem im Osten Deutschlands. Wer Kontakte zu möglichst vielen Muslimen hat, baut Vorurteile in der Regel ab. Die Menschen kennen Muslime oftmals nur aus der negativen Berichterstattung über den islamistischen Terror. Das wirkt sich natürlich negativ auf die Haltungen gegenüber Muslimen aus.
Sie bezeichnen die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehöre, als eine „religionspolitische Fallgrube“ – ausgehoben von den Rechtspopulisten. Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung und wie sollten Politiker dieser Frage begegnen?
Zunächst einmal ist die Aussage zur Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit des Islam schon deshalb problematisch, weil es DEN Islam nicht gibt. Es gibt sehr viele verschiedene Religionsgemeinschaften, die dem Islam zuzurechnen sind, genauso wie das der Fall im Christentum oder auch anderen Religionen ist. Eine solche Heterogenität wird mit einer solchen Aussage verschleiert, das allein ist schon problematisch. Zudem wird mit der Debatte eigentlich der Grundsatz der Religionsfreiheit in Frage gestellt. Man bietet darüber hinaus den extremen Rechten die Möglichkeit zu definieren, was aus deren Sicht eine deutsche oder europäische Identität ist und was nicht. Damit wird das „Freund-Feind“-Denken der Rechtspopulisten und -extremisten beflügelt. Wie mein Kollege Oliver Hidalgo richtig festgestellt hat: Es entsteht der Eindruck, als stünde es überhaupt zur Debatte, dass Muslime in diesem Land nicht willkommen sind, und das, obwohl die Religionsfreiheit grundsätzlich für alle gilt. Politiker tappen dann in die Falle, weil sie unweigerlich das Freund-Feind und Schwarz-Weiß-Denken der Rechtspopulisten fortsetzen, sofern man nicht deutlich macht, dass allein schon die Frage falsch gestellt ist.
wissenschaftliche Ansprechpartner: Dr. Alexander Yendell Abteilung für Religions- und Kirchensoziologie Kompetenzzentrum für Rechtsextremismus- und Demokratieforschung Telefon: +49 341 9735464 E-Mail: <alexander.yendell@uni-leipzig.de>