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Europawahl: Konzepte in der Migrationspolitik bleiben Stückwerk

Die Europawahl-Programme der deutschen Parteien bieten zur
Migrationspolitik nur Stückwerk und keine umfassenden Lösungskonzepte. Die
Wechselwirkungen einzelner Politikvorschläge bleiben weitgehend
unberücksichtigt, ein umfassendes Konzept fehlt, ergibt sich aus einer
Analyse der Programme durch Migrationsforscher. Zudem haben sich die
Positionen der Parteien in den jüngsten Jahren durchgehend nach rechts
verschoben.

Im Rahmen des MEDAM-Projekts (Mercator Dialogue on Asylum and Migration:
https://www.medam-migration.eu/) hat Migrationsforscher David Benček die
Wahlprogramme der deutschen Parteien zur Europawahl analysiert und im
Kontext der asyl- und migrationspolitischen Positionen der Parteien seit
1990 aufbereitet.

Trotz der unterschiedlichen Positionen aller Parteien, die von Offenheit
bis Abschottung reichen, liefern die Programme zur Europawahl
Lösungsvorschläge zu denselben Kernthemen – etwa zur Verantwortungsteilung
zwischen den EU-Mitgliedsstaaten im Asylsystem, zur legalen
Arbeitsmigration aus Drittländern und zur finanziellen Unterstützung für
Erstaufnahmeländer.

„Allerdings fehlen umfassende Konzepte, die systematisch die
Wechselwirkungen dieser einzelnen Politikbereiche berücksichtigen. Ohne
eine solche Betrachtung droht die Migrationspolitik nach unseren
Erkenntnissen aus der Migrationsforschung wirkungslos zu bleiben“, sagt
Benček. Zudem sei es erforderlich, die Finanzierung und operative
Verantwortung für die Asylpolitik stärker auf EU-Ebene zu zentralisieren.

„Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass langfristige und
umfassende Lösungen neben gemeinsamen europäischen Asyl-Regeln auch ein
gemeinsam implementiertes und finanziertes europäisches Asylsystem
erfordern“, so Benček. „Die Regierungen der Mitgliedsstaaten sehen zwar
Übertragungen von nationalen Kompetenzen an die EU naturgemäß skeptisch,
aber Umfragen sprechen dafür, dass zumindest in Deutschland Wählerinnen
und Wähler die Asylpolitik ausdrücklich auch als EU-Aufgabe sehen. Dies
spricht dafür, dass die sachlich gebotene Übertragung entsprechender
Aufgaben an die EU von der Bevölkerung politisch unterstützt werden
würde.“

Die deutsche Politik hat nicht nur in den vergangenen Jahren Europas
Migrationspolitik geprägt, sie wird sie auch nach der anstehenden Wahl
maßgeblich beeinflussen – nicht zuletzt, weil Deutschland als
bevölkerungsreichster Mitgliedsstaat die meisten Abgeordneten ins EP
entsendet. Gleichzeitig betrachten die deutschen Wählerinnen und Wähler
Migration als wichtiges Problem und sehen die EU und ihre Mitgliedsstaaten
dabei in der Pflicht, die Herausforderungen bei der Zuwanderung zu lösen.

„Die größten deutschen Parteien hatten sich in ihrer Migrationspolitik
seit 1990 stark differenziert“, erläutert Benček „doch unter dem Einfluss
der hohen Zuwanderung in der jüngsten Vergangenheit sind alle großen
Parteien Deutschlands geschlossen nach rechts gerückt.“

Grafik (siehe Anhang)

Die Analyse veranschaulicht auch, mit welch unterschiedlichen Framings die
Parteien Migration behandeln. Im politisch rechten Spektrum – bei AfD und
CDU/CSU – ist Migration zum Beispiel weitgehend negativ besetzt als ein
Phänomen, dem vor allem feste Grenzen gesetzt werden müssen. Doch in ihrer
Argumentation unterscheiden sich die Parteien stark: In der Union legt man
das Hauptaugenmerk auf sicherheitspolitische Aspekte; das Programm der AfD
hingegen betont eine nationale Identität, die es vor äußeren Einflüssen zu
schützen gelte.

Das neu gewählte Europäische Parlament wird vor der Herausforderung
stehen, aus den vielfältigen Handlungsoptionen gemeinsam mit der
Europäischen Kommission und den Mitgliedsstaaten eine kohärente
europäische Asyl- und Migrationspolitik zu entwickeln.

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So viel Wohlstand bringt die EU

Die EU beschert ihren Mitgliedern durch den Abbau von Handelskosten hohe
Einkommensgewinne. Durch den Binnenmarkt, die Zollfreiheit, den Euro, die
Schengenzone und Handelsabkommen mit Dritten liegt das preisbereinigte
Bruttoinlandsprodukt jährlich um insgesamt circa 940 Milliarden Euro
höher. Alleine Deutschland profitiert durch ein Plus von jährlich gut 170
Milliarden. Großbritannien hat unter allen EU-Ländern die kleinsten
relativen Gewinne, kleine Länder an der Peripherie die größten.

Dabei hat der Binnenmarkt, also die Abschaffung nichttarifärer
Handelshemmnisse etwa durch die gegenseitige Anerkennung von Normen und
Standards, den Mitgliedsländern die größten Wohlfahrtsgewinne beschert, er
macht die Europäische Union als Ganzes jedes Jahr um 643 Milliarden Euro
und Deutschland um 132 Milliarden Euro reicher. „Der Binnenmarkt ist das
Kronjuwel der EU-Integration“, sagte Gabriel Felbermayr, Präsident des
Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel), anlässlich unter seiner
Federführung durchgeführter Berechnungen.

Gemeinsam mit weiteren Forscherinnen und Forschern hat er untersucht,
welche Kosten den EU-Mitgliedsländern durch die Abwicklung einzelner
Integrationsmaßnahmen entstehen, um dadurch im Umkehrschluss die hohen
Wohlfahrtsgewinne aufzuzeigen, welche die (noch) 28 Mitgliedsländer daraus
ziehen konnten. Berechnet wurden die Folgen einer Abwicklung der
Europäischen Zollunion, des Europäischen Binnenmarktes, der Europäischen
Währungsunion, der Schengen-Vereinbarung und der Freihandelsabkommen der
EU mit Drittländern.

Auch die Effekte von Fiskaltransfers nach und aus Brüssel sind
berücksichtigt. Dabei stellen die Forscher nur auf Handelseffekte ab,
Effekte der Freizügigkeit von Kapital und Arbeit werden nicht beachtet.
Die Ergebnisse beschreiben daher Untergrenzen, sie sind unter dem Titel
„Die (Handels-)Kosten einer Nicht-EU“ (https://www.ifw-
kiel.de/de/publikationen/kiel-policy-briefs/2019/die-handels-kosten-einer-
nicht-eu-0/
) in der Schriftenreihe Kiel Policy Brief erschienen.

Eine Abwicklung des EU-Binnenmarktes hätte im Verhältnis stärkere negative
Effekte auf Produktion, Handel und Einkommen der Mitgliedsländer, als die
Abschaffung aller anderen Integrationsschritte zusammen. Für große Länder
wie Deutschland macht der Binnenmarkt circa 80 Prozent des Gesamteffektes
aus. In kleineren Ländern, die stark von Nettotransfers profitieren, ist
der relative Beitrag des Binnenmarktes kleiner. In Polen oder Ungarn
beträgt er nur 50 Prozent des Gesamteffektes, in Litauen liegt er unter 50
Prozent.

Großbritannien profitiert am wenigsten von seiner Mitgliedschaft im
Binnenmarkt, weil das Land vor allem im Dienstleistungssektor aktiv ist,
wo der Binnenmarkt weniger Vorteile bietet, und auch aufgrund geringerer
Sprachbarrieren mehr Handel auch außerhalb des Binnenmarktes betreibt.

„Der Binnenmarkt ist der Wohlfahrtsmotor der EU und der Zugang dazu ihr
stärkster Trumpf in internationalen Verhandlungen“, sagte Felbermayr.
„Daher sollte die europäische Politik durch ein Europa der verschiedenen
Geschwindigkeiten auch den Ländern einen Zugang dazu ermöglichen, denen
die Kompetenzverlagerung auf die supranationale Ebene zu weit oder zu
schnell geht. Dies gilt nicht zuletzt mit Blick auf das Vereinigte
Königreich und den Brexit.“

Gemessen am Pro-Kopf-Einkommen würden bei einer Abwicklung des
Binnenmarktes insbesondere die kleineren EU-Länder einen Rückgang
verzeichnen wie Luxemburg (-19,7 Prozent) und Malta (-14,3 Prozent) sowie
mittel-und osteuropäische Mitgliedstaaten wie Ungarn (-10,6 Prozent), die
Tschechische Republik (-9,5 Prozent), die Slowakische Republik (-9,5
Prozent), Slowenien (-7,7 Prozent), Estland (-7,8 Prozent) oder Polen
(-5,9 Prozent). Die Einkommenseffekte für die größeren Länder wie
Deutschland (-3,9 Prozent), Frankreich (-2,9 Prozent), Italien (-2,5
Prozent) oder das Vereinigte Königreich (-2,3 Prozent) fallen dagegen
deutlich geringer aus.

Die Abschaffung der Europäischen Zollunion hat deutlich geringere Effekte.
Die größten Einkommensverluste hätten Irland (-0,7 Prozent), die
Tschechische Republik (-0,4 Prozent) und die Niederlande (-0,4 Prozent) zu
verbuchen. Für einige EU-Mitgliedsländer wären die Einkommenseffekte
aufgrund der Zolleinnahmen sogar leicht positiv.

Eine Auflösung der Eurozone würde mit Einkommensverlusten für alle
Eurozonenmitglieder einhergehen. Am stärksten wäre Luxemburg (-3,9
Prozent), am geringsten Italien (-0,3 Prozent) betroffen. Die höchsten
Einkommensverluste bei einer Wiedereinführung von Grenzkontrollen im
Schengen-Raum hätten periphere und ärmere Mitgliedsländer wie Ungarn,
Estland, Slowenien, Lettland, Litauen oder die Tschechische Republik zu
tragen. Eine Aufkündigung aller regionaler Freihandelsabkommen würde die
Mitgliedsländer der EU verhältnismäßig schwach treffen, während
Partnerländer der Abkommen wie die Schweiz (-1,2 Prozent)
Einkommensverluste hinnehmen müssten.

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Ethikrat übergibt Jahresbericht 2018 an Bundestagspräsident Schäuble u präsentiert Arbeitsergebnisse

Am gestrigen Donnerstag hat der Deutsche Ethikrat seinen 9.
Parlamentarischen Abend in Berlin abgehalten. Zum Auftakt dieser
Veranstaltung übergab der Ratsvorsitzende Peter Dabrock
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble den Jahresbericht 2018.

Der Einladung des Ethikrates waren zahlreiche Mitglieder des Deutschen
Bundestages gefolgt, darunter auch der Vorsitzende des Ausschusses für
Bildung, Forschung und Technikfolgen-abschätzung Ernst Dieter Rossmann.

In seiner Begrüßung würdigte Dabrock das große Interesse der Abgeordneten
an diesem Parlamentarischen Abend. Dies zeige, dass die Themen, die den
Ethikrat in jüngster Zeit beschäftigt haben und beschäftigen, „wichtig und
drängend sind und dass zu den Perspektiven, die der Ethikrat im letzten
Jahr zu allerlei Fragen angeboten hat, Diskussionsbedarf besteht“. Ethik
sei Ambivalenzsensibilität und Dissensmanagement bei der Suche nach
verantwortlichem Handeln. In dieser Hinsicht gebe es Gemeinsamkeiten und
Unterschiede zwischen Ethik und Politik, über die man mit Blick auf
Keimbahnintervention, „wohltätigen“ Zwang und Erhöhung der Impfquote ins
Gespräch kommen wolle.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble dankte dem Ethikrat in seinem
Grußwort für die Beiträge, die er in die politische und gesellschaftliche
Debatte einbringe. Er ermunterte den Ethikrat ausdrücklich, auch
Stellungnahmen abzugeben, die ihm Kritik einbrächten. Denn „die Demokratie
lebt vom Streit und die Freiheit lebt von der Offenheit“. Insofern freue
er sich auf eine rege Diskussion.

Themenschwerpunkt des Abends war die Vorstellung der jüngsten
Stellungnahmen des Ethikrates „Eingriffe in die menschliche Keimbahn“ und
„Hilfe durch Zwang“ sowie der Ad-hoc-Empfehlung „Herausforderungen im
Umgang mit seltenen Erkrankungen“. Die Parlamentarier nutzten die
Gelegenheit für einen intensiven Austausch mit den Ratsmitgliedern und
vertiefende Rückfragen. Diskutiert wurde außerdem über den Stand der
Beratungen über das Thema „Impfen als Pflicht.

Zum Abschluss erneuerte Peter Dabrock seine Einladung zur Jahrestagung des
Rates zum Thema Pflege – Roboter – Ethik am 26. Juni dieses Jahres in
Berlin.

Die Stellungnahmen des Ethikrates „Eingriffe in die menschliche Keimbahn“
und „Hilfe durch Zwang“ sowie die Ad-hoc-Empfehlung „Herausforderungen im
Umgang mit seltenen Erkrankungen“ sind unter www.ethikrat.org abrufbar.

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Wählen gehen - Haltung zeigen: Musikrat ruft zur Beteiligung an der Europawahl auf

Deutscher Musikrat
Deutscher Musikrat

Vom 23. bis zum 26. Mai 2019 wird über die künftige Zusammensetzung des Europäischen Parlamentes entschieden. Angesichts zunehmend politisch radikaler Strömungen wird das Ergebnis der Wahl richtungsweisend für die Zukunft der Europäischen Union sein. Als zivilgesellschaftlicher Dachverband des Musiklebens ruft der Deutsche Musikrat (DMR) alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, sich am 26. Mai an der Wahl zu beteiligen. Mit dem diesjährigen Themenschwerpunkt „Musik machen – Haltung zeigen – Zusammenhalt. Europa. Vielfalt.“ appelliert der DMR außerdem auch über die Europawahl hinaus an die gesellschaftliche Verantwortung jedes Einzelnen, sich aktiv für die in der Verfassung verankerten Werte zu positionieren. Am 21. Juni 2019 soll mit der Initiative Tag der Musik unter diesem Motto im gesamten Bundesgebiet ein Zeichen für die Kulturelle Vielfalt in Deutschland und in Europa gesetzt werden.

Prof. Christian Höppner, Generalsekretär des Deutschen Musikrates: „Im Zeitalter ‚Digitaler Stammtische‘ finden Hass und Gewalt im Internet eine Potenzierung eines bisher nicht gekannten Ausmaßes. Dabei bleiben das Erkennen und Verstehen von Zusammenhängen auf der Strecke. Die Vereinfachung komplexer Sachverhalte begünstigt die Zunahme politisch radikaler Strömungen. Der Kompromiss politischer Aushandlungsprozesse ist kein Schimpfwort, sondern zwingende Voraussetzung für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft. Die Europäische Union steht als Wertegemeinschaft für ‚Einheit in Vielfalt‘ und damit für den Schutz und die Förderung der Kulturellen Vielfalt.“

Die EU-Bürgerinnen und –Bürger wählen im Mai 2019 zum neunten Mal das Europäische Parlament. Im September 2018 hatte die Bundesregierung den 26. Mai 2019 als Wahltermin für die Europawahl in Deutschland bestimmt. Die Wahl steht unter dem Motto „Diesmal wähle ich!“. Aus Deutschland ziehen 96 Europaabgeordnete ins Europäische Parlament ein, insgesamt wird es nach der Europawahl 2019 705 Europaabgeordnete geben. Weitere Informationen zur Europawahl finden Sie hier.

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