Mit der ungewollten Kinderlosigkeit hatte die Deutsche Gesellschaft für
Andrologie e.V. (DGA) ein Thema von zunehmender gesellschaftlicher
Bedeutung in den Fokus ihrer 35. Jahrestagung gestellt.
Turnusgemäß tagten Deutschlands Androloginnen und Andrologen unter dem
Dach des 10. Kongresses des Dachverbands Reproduktionsbiologie und
-medizin (DVR) vom 20. bis 22. September 2023 im World Conference Center
in Bonn. Unter der Leitung von DGA-Tagungspräsident Prof. Dr. med. Jean-
Pierre Allam, Direktor der Klinik für Andrologie am Universitätsklinikum
Bonn, zugleich Co-Präsident des DVR-Kongresses, präsentierte die DGA ihr
wissenschaftliches Programm komprimiert am Mittwoch, den 20. September
2023.
Jedes sechste Paar benötigt auf dem Weg zum Wunschkind medizinische Hilfe.
Bei der Betreuung des kinderlosen Paares ist die Andrologie
reproduktionsmedizinischer Partner der Gynäkologie, denn die Ursache für
eine ungewollte Kinderlosigkeit liegt in über der Hälfte der Fälle beim
Mann. „Fertilitätsbehandlungen nehmen zu, da die Fruchtbarkeit durch
sozio-ökonomische Faktoren, aber auch durch Umwelteinflüsse und angeborene
Störungen negativ beeinflusst wird. Entsprechend mehr Aufmerksamkeit
braucht die Reproduktionsmedizin in der Öffentlichkeit, in der Politik und
in der Forschungsförderung“, mahnt DGA-Präsidentin Prof. Dr. med. Sabine
Kliesch, Chefärztin des Centrums für Reproduktionsmedizin und Andrologie
(CeRA), Universität Münster im Nachgang der 35. Jahrestagung der
Androloginnen und Andrologen.
Dort ging es im wissenschaftlichen Programm um die bestmögliche Versorgung
von Männern mit einer Fruchtbarkeitsstörung, wie Tagungspräsident Prof.
Dr. med. Jean-Pierre Allam betont. Auf der Agenda stand die
leitliniengerechte andrologische Abklärung bei ungewollter
Kinderlosigkeit, die heute jeden Patienten erreichen sollte. Dazu gehört
inzwischen auch die genetische Diagnostik einer Fruchtbarkeitsstörung,
denn genetische Störungen sind der Grund für 10–20 Prozent der männlichen
Unfruchtbarkeit. Auch bei der Behandlung von Männern, die unter einer
Azoospermie leiden, also keine Spermien im Ejakulat haben, liefert die
genetische Diagnostik, abhängig von der Form der Azoospermie, wichtige
Erkenntnisse, so eine Botschaft von der 35. DGA-Jahrestagung. Ganz im
Fokus genetischer Fragestellungen stand auch das Symposium der Jungen
Androloginnen und Andrologen, bei dem erneut das DGA-Stipendium vergeben
wurde. Diskutiert wurde ebenfalls die spezielle Beratung von Männern im
höheren Lebensalter vor dem Einsatz von Methoden der assistierten
Reproduktion, denn auch mit dem väterlichen Alter sinkt die
Reproduktionsfähigkeit. Gleichzeitig steigt das Risiko für bestimmte
Erkrankungen bei Kindern älterer Männer wie Kleinwuchs, das Apert-Syndrom,
bei dem es zu vielfältigen Fehlbildungen, vor allem am Gesicht, Kopf, an
den Füßen und Händen, kommt, sowie für Autismus und Schizophrenie.
Wissenschaftliche Preise der Deutschen Gesellschaft für Andrologie e.V.
wurden in Bonn ebenfalls vergeben. Den wichtigsten, das mit 10.000 Euro
dotierte Forschungsstipendium der DGA zum Thema „Auswirkungen der modernen
Lebensweise und/oder Umweltfaktoren auf die männliche reproduktive
Gesundheit“, erhielt in diesem Jahr Dr. Christiane Pleuger aus Gießen für
das Projekt "Establishing an ex vivo model to assess early immune cell
activation upon bacterial infection within the epididymis".
Außerdem wurden auf der 35. DGA-Jahrestagung folgende Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler ausgezeichnet:
Posterpreise
Session 1 • Hoden und Spermien: Dr. Christiane Pleuger aus Gießen
Session 2 • Ovar und Endometrium: Dr. Rebekka Einenkel aus Bonn
Session 3 • Stimulation und Modelsysteme: Dr. Nefeli Malliou-Becher aus
Heidelberg
Die 36. Jahrestagung der wissenschaftlichen Fachgesellschaft unter der
Leitung von DGA-Vorstandsmitglied Dr. med. Alexander Sahi wird vom 14. –
16.11.2024 in Köln stattfinden.