Zum Hauptinhalt springen

Luzerner Theater, Der Richter und sein Henker von Friedrich Dürrenmatt, besucht von Max Thürig

Der Richter und sein Henker Luzerner Theater

Der Richter und sein Henker Szenenfoto von Ingo Hoehn

Der Richter und sein Henker Szenenfoto von Ingo Hoehn

am und Besetzung
Bühne –Pascal Seibicke
Kostüme –Hanna Peter
Licht –Lukas Marian
Video –Rebecca Stofer
Musik und Sounddesign –Johannes Hofmann
Dramaturgie –Melanie Oşan
Martin Carnevali, Rüdiger Hauffe, Annina Hunziker
Bastian Inglin, Wiebke Kayser, Tini Prüfert

 

Der Richter und sein Henker“ – Ein zeitloses moralisches Dilemma im Luzerner Theater

Friedrich Dürrenmatts Kriminalroman „Der Richter und sein Henker“ mag in den 1950er-Jahren verfasst worden sein, doch seine zentralen Fragen haben in der Gegenwart nichts an Brisanz verloren. Die Theater-Premiere in Luzerner unter der Regie von Ronny Jakubaschk zeigte, dass dieses Stück sogar an Relevanz gewonnen hat. Die moralischen Konflikte und die düstere, fast nihilistische Sicht auf Macht und Gerechtigkeit spiegeln sich in den aktuellen Diskussionen um Recht und Unrecht, staatlicher Gewalt und persönlicher Verantwortung.

Das Verbrechen und die Moral: Ist alles erlaubt im Dienst der Gerechtigkeit?

Der Richter und sein Henker Szenenfoto von Ingo Hoehn
Der Richter und sein Henker Szenenfoto von Ingo Hoehn

Im Zentrum des Stücks steht die Frage, ob es moralisch vertretbar ist, für das Wohl der Allgemeinheit selbst die Grenzen des Gesetzes zu überschreiten. Der krebskranke Kommissär Bärlach, dessen unorthodoxe Methoden immer wieder die Grenzen zwischen Recht und Unrecht verschwimmen lassen, setzt alles daran, seinen Gegenspieler Gastmann zu überführen – einen Mann, der seit Jahrzehnten Verbrechen begeht, ohne dafür belangt zu werden. Bärlach wählt einen gefährlichen Weg: Er nutzt den ehrgeizigen Tschanz, um Gastmann auf perfide Weise in die Falle zu locken. Doch damit wirft sich die brennende Frage auf: Darf ein Ermittler, der für Gerechtigkeit kämpft, selbst zu kriminellen Mitteln greifen?

Diese moralische Gratwanderung, die Dürrenmatt aufzeigt, fühlt sich im Jahr 2024 erschreckend aktuell an. In einer Zeit, in der das Vertrauen in staatliche Institutionen weltweit auf dem Prüfstand steht, erinnern Bärlachs Methoden an das Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit, zwischen Machtmissbrauch und der Suche nach Gerechtigkeit. Die Luzerner Inszenierung hebt diesen Aspekt besonders hervor und zwingt das Publikum, sich die Frage zu stellen: Wo ziehen wir die Grenze?

Clowneske Kostümierung als symbolische Tiefenschicht

 Der Richter und sein Henker Szenenfoto von Ingo Hoehn
Der Richter und sein Henker Szenenfoto von Ingo Hoehn

Ein besonderer visueller Reiz der Luzerner Inszenierung lag in der auffälligen Kostümwahl von Hanna Peter. Die Charaktere wurden in grün-schwarz karierten Stoff gehüllt, der auf den ersten Blick fast clownesk wirkte. Diese Kostümierung unterstrich die groteske, fast absurde Welt, in der die Figuren agieren – eine Welt, in der die Grenzen von Gut und Böse verschwimmen und moralische Prinzipien zu einem Spielball persönlicher Macht werden.

Diese clowneske Optik verstärkte die düstere Ironie, die Dürrenmatt in seinem Werk subtil einfließen lässt. Die Inszenierung legte nahe, dass die Figuren, wie Marionetten in einem moralischen Theater, von größeren, unkontrollierbaren Kräften gesteuert werden. Das clownhafte Kostüm verleiht der ohnehin bitteren Botschaft des Stücks eine verstörende Verspieltheit – als ob das Leben selbst eine zynische Farce wäre.

Starke Darstellerleistungen unterstreichen die emotionale Wucht

 Der Richter und sein Henker Szenenfoto von Ingo Hoehn
Der Richter und sein Henker Szenenfoto von Ingo Hoehn

Die Darsteller vermochten es, die komplexen Facetten der Figuren überzeugend herauszuarbeiten. Wiebke Kayser als Kommissär Bärlach lieferte eine intensive und nuancierte Darstellung, die Bärlachs physische Schwäche ebenso sichtbar machte wie seine moralische Unnachgiebigkeit. Seine leise, fast resignierte Energie kontrastierte meisterhaft mit der eiskalten Überheblichkeit Gastmanns, der von Tini Prüfert grossartig verkörpert wurde.

Bastian Inglin als Kommissär Tschanz (eine Namensableitung von «CHANCE» sprich Kommissär Bärlachs letzte Chance) verkörperte den innerlich zerrissenen jungen Ermittler, der zwischen dem Wunsch nach Anerkennung und der Erkenntnis seiner moralischen Schuld gefangen ist. Die Dynamik zwischen den Figuren war herausragend, und gerade in den stillen, intensiven Momenten schien die Spannung greifbar.

Eine brillante Inszenierung mit existenzieller Tiefe

 Der Richter und sein Henker Szenenfoto von Ingo Hoehn
Der Richter und sein Henker Szenenfoto von Ingo Hoehn

Die Luzerner Inszenierung von „Der Richter und sein Henker“ zeigte, dass Dürrenmatts Fragen zur menschlichen Moral und zur Grenze des Erlaubten heute relevanter denn je sind. In Zeiten, in denen Autorität immer wieder in Frage gestellt wird und die Sorge um Gerechtigkeit oft mit der Versuchung einhergeht, die Mittel zu rechtfertigen, bleibt das Stück von brennender Aktualität.

Die ästhetische und tiefgründige Inszenierung von Ronny Jakubaschk, unterstützt von Pascal Seibickes minimalistisch-bedrückendem Bühnenbild und der symbolisch aufgeladenen Kostümgestaltung von Hanna Peter, schuf einen Raum, der die Ambivalenz und moralische Verworrenheit der Handlung – auch dank der Videotechnik, wofür Rebecca Stofer verantwortlich zeichnete – perfekt einfing.

Fazit: Das Luzerner Theater hat mit dieser Neuinszenierung von „Der Richter und sein Henker“ nicht nur ein Meisterwerk der Literatur zum Leben erweckt, sondern auch ein Spiegelbild unserer heutigen Welt geschaffen. Ein Stück, das provoziert, hinterfragt und lange nachwirkt.

Text www.maxthuerig.ch     https://www.wildwaldwalk.ch/

Fotos: Ingo Hoehn www.luzernertheater.ch

Homepages der andern Kolumnisten:  www.marinellapolli.ch                        www.gabrielabucher.ch
 

Der Richter und sein Henker Szenenfoto von Ingo Hoehn

Der Richter und sein Henker Szenenfoto von Ingo Hoehn

Der Richter und sein Henker Szenenfoto von Ingo Hoehn

  • Aufrufe: 47

Studierende und Lehrer*innen im Umgang mit Antisemitismus besser vorbereiten

Erinnerungskultur in der graphischen Literatur  Universität Siegen
Erinnerungskultur in der graphischen Literatur Universität Siegen

Um Studierende und Lehrer*innen im Umgang mit Antisemitismus besser
vorzubereiten, startet die Universität Siegen ein neues Projekt zu
pädagogischen Konzepten. Literatur bei der Thematisierung des Holocausts
im Unterricht hat dabei eine wichtige Aufgabe.

Man denkt, dass Schulen in den vergangenen Jahrzehnten einen guten Umgang
gefunden haben, den Holocaust im Unterricht zu thematisieren. In
Geschichte, im Deutschunterricht, in Religion. Aber dem ist oft nicht so.
Lehrerinnen und Lehrer nutzen Konzepte und Literatur, die vertraut sind:
„Das Tagebuch der Anne Frank“ oder „Damals war es Friedrich“. Aber
erreichen sie damit heute die Kinder und Jugendlichen? „Gerade in Zeiten,
in denen Antisemitismus zunimmt und sich das an den Schulen, wie in einer
Art Mikrokosmos, besonders deutlich zeigt, ist es enorm wichtig, über die
Shoah zu sprechen“, sagt Dr. Jens Aspelmeier. „Aber es braucht neue Formen
der Vermittlung, der Medien und der Literatur, um das Interesse der
Schülerinnen und Schüler für das Thema zu gewinnen und deutlich zu machen,
was Jüdisch-sein in Deutschland bedeutet – damals und heute.“

Dr. Jens Aspelmeier ist Direktor des Zentrums für schulpraktische
Lehrerausbildung Siegen und weiß daher sehr gut, dass sich Lehrerinnen und
Lehrer bei dem Thema oft alleingelassen fühlen. „Antisemitismus ist ja
nicht nur Diskussionsstoff für die Oberstufe, sondern findet auf dem
Schulhof statt und das schon in der Grundschule.“ Politische, ethnische
und religiöse Konflikte seien an der Schule „wie unter einem Brennglas“ zu
finden. Der Nahost-Konflikt spült israelbezogenen Antisemitismus hoch.
Bildungsarbeit zur Shoah, die nie einfach war, kämpft mit einer
politischen Gemengelage voller Feindbilder. Mit Appellen und Betroffenheit
kommt man nicht weit.

Pädagogische Konzepte zur Antisemitismusprävention und zum Umgang mit der
Shoah im Unterricht sind daher dringend gefordert. Um Studierende im
Lehramt im Umgang mit diesem Thema besser vorzubereiten, aber auch um
Referendar*innen und Lehrer*innen Anregungen zu geben, startet die
Universität Siegen im Wintersemester 2024/2025 ein dreisemestriges
Verbundprojekt zur Holocaust-Erziehung. Beteiligt sind zwei Fächer der
Philosophischen Fakultät, das Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung
(ZfsL) Siegen, regionale Schulen, das Aktive Museum Südwestfalen und
darüber auch die Gedenkstätte Beit Terezin in Emek Hefer (Israel).

Im Mittelpunkt steht die Erinnerungskultur vermittelt durch Literatur und
dabei insbesondere durch grafische Erzählungen wie Graphic Novels, also
Comicromane. „Graphic Novels verbinden Text und Bild miteinander und
entsprechen den Sehbedürfnissen jungen Menschen“, erklärt Prof. Dr. Daniel
Stein von der Universität Siegen. Der Amerikanistik-Professor hält im
Wintersemester das Seminar „The Shoah in Comics“ für Lehramts- und Fach-
Studierende im Master. „Es werden immer weniger Zeitzeug*innen in Schulen
von ihren Erlebnissen berichten können und dennoch müssen wir Studierenden
und Schüler*innen Zugänge zu dem Thema verschaffen, das so unvorstellbar
ist.“ Die graphische Literatur könne das. Der Erfolg von Art Spiegelmanns
Comic „Maus“ zeige das sehr gut, so Stein. „Graphic Novels können eine
Alternative zu der bisherigen Erinnerungsliteratur sein.“ Auch da gehe es
um Aussagen von Überlebenden. „Das kann eine wichtige emotionale Wirkung
auf Schüler*innen entfalten.“

In der Germanistik bietet Dr. Jana Mikota das Seminar „Jüdische Kinder-
und Jugendliteratur im 20. und 21. Jahrhundert“ an. Man könne den
Holocaust in der Grundschule behandeln, meint die Expertin für Kinder- und
Jugendliteratur. „Es gibt da hervorragende Bücher, auch Bilderbücher.“
Trotzdem müsse man sensibel das Alter der Kinder berücksichtigen. „Und
sich gegebenenfalls auf Diskussionen mit Eltern vorbereiten.“

Bei dem Projekt ist den Wissenschaftler*innen wichtig, den Blick auch für
die Erinnerungskultur anderer Gesellschaften und Länder zu öffnen.
„Jüdische Familien in Ungarn, Polen, der Ukraine oder in Russland erzählen
ihre eigenen Geschichten, bringen andere Biografien mit nach Deutschland“,
so Jana Mikota. „Wir schauen auch auf die Literatur von israelischen
Autor*innen, die in der zweiten oder dritten Generation von der Shoah
geprägt sind.“

Durch Workshops und die Erprobung ausgewählter Ansätze in beteiligten
Schulen ist das Verbundprojekt praxisnah. Neben Studierenden und
Lehrkräften spricht man darüber hinaus pädagogische Fachkräfte in allen
Bildungsbereichen an. Als Auftaktveranstaltung konnte mit Unterstützung
des Hauses der Wissenschaft Ende September bereits eine Lesung und ein
Workshop mit Birgit Schaalburg realisiert werden. Die preisgekrönte
Berliner Autorin und Zeichnerin stellte die Graphic Novel „Der Duft der
Kiefern“ im Aktiven Museum Südwestfalen und am Fürst-Johann-Moritz-
Gymnasium Siegen vor. Mit Schüler*innen erstellte sie einen kurzen Comic
zum Thema Rassismus.

Geplant ist außerdem eine öffentliche Ringvorlesung, eine
Begleitausstellung, eine Bilanztagung und eine Exkursion nach
Theresienstadt. Das Projekt mit dem offiziellen Titel „Learning about the
Shoah Through Narrative Art and visual storytelling” –Transnationale
Erinnerung in der graphischen Literatur” wird mit 13.000 Euro aus dem
Zukunftsfonds NRW für Maßnahmen gegen Antisemitismus gefördert.

  • Aufrufe: 26

Altes aus der Krebsforschung - ZB MED digitalisiert historische Quellen zur Onkologie

Das Werk
Das Werk "Radiumtherapie" enthält zahlreiche Abbildungen und Bildtafeln, die den Krankheitsverlauf dokumentieren. ZB MED CC BY-SA 4.0

Die Digitale Sammlung Onkologie von ZB MED – Informationszentrum
Lebenswissenschaften umfasst derzeit 117 überwiegend urheberrechtsfreie
Werke. Sie wird sukzessive weiter ausgebaut. Ein Großteil der Sammlung
besteht aus europäischen Dissertationen des 19. und 20. Jahrhunderts, die
an keiner anderen Stelle online zugänglich sind.

Ein Werk wird in der Regel nach einer Schutzfrist von 70 Jahren nach dem
Tod des Schöpfers urheberrechtsfrei. Die meisten digitalisierten Titel der
Sammlung Onkologie geben daher den Stand der Forschung bis etwa zum frühen
20. Jahrhundert wieder. Da Strahlen- und Chemotherapie erst später
weiterentwickelt und genutzt wurden, befassen sich die Werke noch sehr
viel stärker mit der Chirurgie als Behandlungsmethode.

Ebenfalls größtenteils unbekannt waren Krebsauslöser, die wir heute
kennen. Über die Ursachen wurde meist noch spekuliert. Das Werk "Der
Krebs" von Dr. Max Birnbaum aus dem Jahr 1899 nennt beispielsweise als
mögliche Auslöser der "Geschwulstkrankheiten" Krankheitserreger,
verschmutztes Wasser oder Erbanlagen. Als einzige bewährte Therapie
empfiehlt er die möglichst frühzeitige Operation.

Den Weg zu moderneren Behandlungsmethoden zeigt ein Titel aus dem Jahr
1910 auf, der erst im vergangenen Jahr urheberrechtsfrei wurde: eine
Übersetzung des französischen Standardwerkes zur Radiumtherapie der
Mediziner Wickham und Degrais. Sie schildern darin ausführlich ihre
eigenen Experimente und Beobachtungen – auch in Abbildungen. Das Werk ist
den Pionier:innen der Radiumforschung Pierre und Marie Curie gewidmet.

Für die aktuelle Forschung spielt die historische Sichtweise eine
bedeutende Rolle. Dies lässt sich an den hohen Zugriffszahlen auf die
Digitalen Sammlungen von ZB MED ablesen. Das Informationszentrum
verzeichnet dafür jährlich drei bis vier Millionen User. Alle Digitalisate
entsprechen den Standards der DFG-Praxisregeln „Digitalisierung“. Dies
betrifft beispielsweise konservatorische Maßnahmen, das Erheben von
Metadaten, die Herstellung der Digitalisate oder auch die digitale
Langzeitarchivierung.

  • Aufrufe: 72

Kick-Off von RADLÄR: Forschungsprojekt untersucht den Einsatz von Radlogistik in ländlichen Räumen

Internes Kick-Off-Meeting am 20. September 2024 in Frankfurt am Main
Internes Kick-Off-Meeting am 20. September 2024 in Frankfurt am Main

Am 30. September 2024 hat das Kick-Off des kürzlich angelaufenen
Forschungsprojekts RADLÄR (RADlogistik in LÄndlichen Räumen) mit allen
beteiligten Projektpartnern, dem Bundesamt für Logistik und Mobilität
(BALM) und dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) digital
stattgefunden. Ziel des dreijährigen Projekts ist es, Bedarfe,
Einsatzmöglichkeiten und Hemmnisse für den Einsatz von Lastenrädern als
Logistiklösungen in verschiedenen ländlichen Modellregionen zu erheben,
entsprechende Lösungen zu simulieren und anschließende Empfehlungen an
Politik und Wirtschaft zu entwerfen. RADLÄR wird mit rund 1,3 Mio. Euro
vom BMDV gefördert. Projektträger ist das BALM.

Da der Verkehrssektor in Deutschland laut Berichten des Umweltbundesamtes
einen erheblichen Anteil an den klimaschädlichen Emissionen aufweist, ist
die Erforschung neuer Transportkonzepte dringend notwendig. Während
Lastenräder in Städten bereits erfolgreich eingesetzt werden, ist ihr
Potenzial in ländlichen Gebieten bisher wenig untersucht. Diese Lücke
schließt das Forschungsprojekt RADLÄR.

Im Rahmen des Projekts werden daher neue, allgemein anwendbare Prozesse,
etwa für den Gütertransport auf der letzten Meile, für die Radlogistik
entwickelt und erprobt, um den Wirtschaftsverkehr per Lastenrad in
ländlichen Räumen zu verbessern. Das Projekt richtet sich sowohl an
Unternehmen als auch an öffentliche Akteure, die nachhaltige Mobilitäts-
und Logistiklösungen fördern möchten. RADLÄR möchte wirtschaftliche,
emissionsarme und zukunftsgerechte Transportlösungen schaffen, um eine
nachhaltige Alternative im Güterverkehr zu bieten.

Um diese Ziele zu erreichen, werden in den sechs Modellregionen Bad Soden-
Salmünster, Emsland, Havixbeck, Herzberg (Elster), Hochsauerlandkreis und
Hofstetten in einem ersten Schritt partizipative Workshops durchgeführt.
In diesen werden Bewohner*innen, Unternehmen und Verwaltungen
zusammengebracht und deren Bedarfe für die Nutzung von
(Lasten-)Fahrrädern, Ideen und Visionen gesammelt. Anschließend entwickelt
das RADLÄR-Projektteam Logistikkonzepte zur Einbindung von Lastenrädern in
regionale Wertschöpfungsketten, die den spezifischen Anforderungen und
Herausforderungen vor Ort gerecht werden. Durch Simulationen werden in
diesem Kontext Prozessketten getestet und optimiert. Die Erkenntnisse aus
den Modellregionen werden dabei auf Gemeinsamkeiten überprüft, um so auch
Aussagen für Deutschland insgesamt abzuleiten.

Die Koordination von RADLÄR übernimmt das Fraunhofer-Institut für
Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen (INT). Das Fraunhofer INT
leitet dabei vor allem die Erhebung von Potenzialen und Hemmnissen der
Radlogistik in ländlichen Räumen. Außerdem sind Wissenschaftler*innen aus
Frankfurt am Main und Fulda an dem Projekt beteiligt. Die Hochschule Fulda
wird innovative Prozessketten für die Radlogistik in ländlichen Räumen
entwickeln. Die Frankfurt University of Applied Sciences wird die
Realisierbarkeit der erarbeiteten Prozessketten im Rahmen von Simulationen
prüfen und optimieren.

Als assoziierte Partner unterstützen nicht nur die Verwaltungen der sechs
Modellregionen und -Gemeinden das Projekt aktiv, sondern auch der Kurier-,
Express- und Paketdienstleister Hermes, der bereits heute Radlogistik zur
Zustellung von Lieferungen in deutschen Großstädten einsetzt.

Bei einem internen Kick-Off-Meeting am 20. September 2024 in Frankfurt am
Main wurden die ersten Weichen für das Projekt gestellt. Gemeinsam
stimmten Fraunhofer INT, die Hochschulen aus Fulda und Frankfurt am Main
und Hermes ab, wie sie Bevölkerung, Unternehmen, Verwaltungen und die
Politik in das Projekt einbinden können. So sind zeitnah Befragungen von
Expert*innen und interessierten Bürger*innen in den Kommunen geplant. Das
BMDV fördert das Projekt mit rund 1,3 Mio. Euro im Rahmen der Richtlinie
zur Förderung nicht investiver Maßnahmen zur Umsetzung des Nationalen
Radverkehrsplans. Die Projektlaufzeit beträgt drei Jahre.

Das Fraunhofer INT bietet wissenschaftlich fundierte Analyse- und
Bewertungsfähigkeit über das gesamte Spektrum technologischer
Entwicklungen. Vertieft wird dieser Überblick durch eigene Analysen auf
ausgewählten Technologiegebieten sowie durch eigene theoretische und
experimentelle Arbeiten auf dem Gebiet elektromagnetischer und nuklearer
Effekte.

  • Aufrufe: 50