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TU Berlin for Future

Öffentliche Ringvorlesung zum Klimaschutz im Wintersemester 2024/25 /
Start am 21. Oktober 2024

Klimapolitische Konflikte und die daraus resultierenden gesellschaftlichen
Polarisierungstendenzen sind Thema der TU-Ringvorlesung zum Klimaschutz im
Wintersemester 2024/25. Dass angesichts der Umwelt- und Klimakrise mehr
Klimaschutzmaßnahmen erforderlich sind, ist unumstritten. Trotzdem werden
klimapolitische Debatten zunehmend hitzig geführt und entzünden sich
selbst an kleinen Einschränkungen und Veränderungen im Alltag der
Menschen.

Triggerpunkte

Diese offenen Konflikte entstehen laut den Soziologen Steffen Mau, Thomas
Lux und Linus Westheuser häufig bei Themen, die sogenannte Triggerpunkte
berühren, also immer dann, wenn implizite Vereinbarungen unserer
Gesellschaftsorganisation infrage gestellt werden. „Klimaschutzpolitische
Maßnahmen, die heute von den meisten Deutschen noch als Zumutung empfunden
werden, können künftig höhere Akzeptanz erfahren, wenn sie von einem
breiten gesellschaftlichen Konsens getragen werden“, ist sich Linus
Westheuser von der Humboldt-Universität zu Berlin und einer der Autoren
des Bestsellers „Triggerpunkte. Konsens und Konflikt in der
Gegenwartsgesellschaft“ sicher. Wie dieser Konsens entwickelt werden kann
und warum Klimakonflikte als Ungleichheitskonflikte behandelt werden
müssen, wird er im Eröffnungsvortrag der Ringvorlesung am 21. Oktober 2024
erläutern.

Reichtum und Klimakrise

An die Ungleichheitsdebatte wird auch Prof. Dr. Sighard Neckel von der
Universität Hamburg mit seinem Vortrag zum Zusammenhang zwischen Reichtum
und der Klimakrise anknüpfen.
Wie sich die Klimakrise auf die mentale Gesundheit auswirkt und wie wir
ihr begegnen können, um sie mental zu bewältigen, möchte Prof. Dr. Silja
Hartmann von der TU Berlin mit den Teilnehmenden diskutieren. Weitere
Wissenschaftler*innen der TU Berlin behandeln in der Vorlesungsreihe unter
anderem die Themen Klimaethik und Unternehmensverantwortung sowie
drängende Fragen zur Energiewende, der Rolle des Bodens und nachhaltiger
Mobilität in Ländern des Globalen Südens. Die abschließende
Podiumsdiskussion wird dieses Mal in Kooperation mit der Deutschen
Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und Engagement Global
durchgeführt.

Daten und Anmeldung:
Die Vorlesungsreihe beginnt am Montag, den 21. Oktober 2024, und endet mit
der Podiumsdiskussion am 10. Februar 2025. Sie findet wöchentlich montags
online von 16:15 Uhr bis 17:45 Uhr statt.

Die Klimaringvorlesung wird vom Zentrum Technik und Gesellschaft (ZTG) und
dem Fachgebiet „Arbeitslehre/Ökonomie und Nachhaltiger Konsum“ der TU
Berlin organisiert. Neben Studierenden aller Fachrichtungen ist auch die
interessierte Öffentlichkeit willkommen. Externe Gäste erhalten den Link
zur Online-Veranstaltung bei Emely Hannemann (<emely.hannemann@tu-
berlin.de>).

Weiterführende Informationen:

Das vollständige Programm der Ringvorlesung
<https://www.tu.berlin/go158968/>

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Aus alt wird neu - wie aus altem Frittieröl neue chemische Produkte werden

Jährlich fallen weltweit 119 Millionen Tonnen gebrauchtes Pflanzenöl an,
hauptsächlich aus Gewerbeküchen und Restaurants. Nur ein kleiner Teil
davon wird wiederverwendet, beispielsweise zur Produktion von Treibstoffen
wie Biodiesel. Am Leibniz-Institut für Katalyse in Rostock (LIKAT) hat die
Doktorandin Fairoosa Poovan in der Forschungsgruppe von Prof. Matthias
Beller einen Katalysator entwickelt, der gebrauchtes Speiseöl nutzt, um
primäre Amine zu synthetisieren. Das sind bedeutende Vorstufen für eine
Vielzahl von Produkten unseres täglichen Lebens, einschließlich der
Herstellung von Arzneimitteln.

Kreislaufwirtschaft für Kohlenstoff
Diese Forschungen unterstützen die globalen gesellschaftlichen Ziele einer
CO2-neutralen Wirtschaft und der Klimaneutralität. Bislang wurde
gebrauchtes Speiseöl hauptsächlich zu Biokraftstoffen verarbeitet. Das
bedeutet, dass der atomare Kohlenstoff im gebrauchten Speiseöl mit dem
Diesel verbrennt und als CO2 in die Atmosphäre gelangt, mit negativen
Folgen für das Klima. Es wäre klüger, den Kohlenstoff bei der Verwertung
des Alt-Speiseöls zu behalten und ihn zurück in den Kreislauf zu bringen,
wo er ebenfalls benötigt wird. Schließlich ist Kohlenstoff in nahezu allen
unseren Alltagsprodukten enthalten.
Angesichts des Klimawandels lernen Gesellschaften auf der ganzen Welt, auf
fossile Kohlenstoffquellen wie Kohle, Öl und Gas zu verzichten. Alternativ
arbeitet die Chemie mit anderen Wissenschaftsdisziplinen zusammen, um
Konzepte und Produkte zu entwickeln, die dem Leitprinzip der
Kreislaufwirtschaft folgen. Dazu gehört, Kohlenstoff für unsere
Wirtschaftsgüter in Zukunft aus organischem und plastischem Abfall zu
gewinnen. In diesem Themenfeld wird im Leibniz-Institut für Katalyse eng
mit der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und dem dortigen Max-
Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme
zusammengearbeitet. Eines der gemeinsamen Ziele in dieser Kooperation ist
es, neue Anwendungsmöglichkeiten für (bio-basierte) Abfälle zu finden.

Massenprodukt Amine
„Unser Ziel ist es, gebrauchtes Speiseöl als nützliches chemisches
Ausgangsmaterial zur Herstellung wertvoller Produkte zu erschließen“, sagt
Fairoosa Poovan. „Amine waren eine naheliegende Wahl.“ Das sind Derivate
von Ammoniak (NH3), sie werden in der organischen Chemie in großem Maßstab
benötigt. Es gibt Dutzende von Arten von Aminen, und der globale Markt
wird auf über 16 Milliarden US-Dollar geschätzt.
Gebrauchtes Speiseöl enthält langkettige Fettsäuren, die in andere
wertvolle Chemikalien umgewandelt werden können. Mit einem geeigneten
Katalysator und in Anwesenheit von Ammoniak und Wasserstoff werden auch
gewünschte Amine daraus. Wenn eines der drei Wasserstoffatome im Ammoniak
durch eine andere Gruppe ersetzt wird, bezeichnen Chemiker diese Amine als
„primäre Amine“ (R-NH2). Fairoosa Poovan entwickelte einen Kobalt-
basierten Katalysator unter Betreuung ihres Doktorvaters Matthias Beller
sowie Jagadeesh Rajenahally, der gebrauchtes Speiseöl effizient in primäre
Fettsäurenamine umwandeln kann.
Die größte Herausforderung bestand darin, einen selektiven und
kosteneffizienten Weg zur Herstellung dieser primären Amine aus
Bioabfällen zu finden. Bisher nutzt die Industrie zur Herstellung von
Fettsäureaminen den sogenannten „Nitrilweg“. Dieser etablierte Prozess hat
jedoch Nachteile. Er benötigt harte Reaktionsbedingungen, umfasst mehrere
Reaktionsschritte und ergibt am Ende ein Produktgemisch verschiedener
Amine (primär, sekundär und tertiär), die aufgrund ihrer strukturellen
Ähnlichkeit nur schwer zu trennen sind.

Selektive Ein-Topf-Reaktion
Die industrielle Synthese von Fettaminen umfasst drei Schritte. Erstens:
Hydrolyse von Pflanzenöl zu Fettsäuren. Zweitens: Aminierung-
Dehydratisierung von Fettsäuren bei hoher Temperatur (über 250 °C) in
Anwesenheit von Metalloxidkatalysatoren (z.B. Aluminiumoxid oder
Zinkoxid), um Fettnitrate zu erzeugen. Schließlich drittens: Hydrierung
zur Herstellung der gewünschten Amine.
„Es war unser Ziel, den Prozess so einfach wie möglich zu halten und ein
Ein-Topf-System zu entwickeln, mit dem wir alle Substanzen samt
Katalysator als Lösung in einem Gefäß kombinieren.  Dies verbessert die
Ressourcen-, Atom- und Reaktionseffizienz signifikant“, sagt Fairoosa. Im
Vergleich zum industriellen Verfahren arbeitet ihr Prozess bei moderateren
Temperaturen, und aufgrund der hohen Effizienz des Katalysators wird das
primäre Amin mit „hervorragender Selektivität“, wie sie sagt, produziert.
Und es ist auch ein kosteneffizienter Weg zu Aminen, da Fairoosa Poovan
Kobalt, ein unedles Metall, als Katalysator verwendet.
Für das Experiment verwendete Fairoosa Poovan handelsübliches
Sonnenblumenöl, das zum Kochen verwendet wurde. Nach einer Filtration
analysierte sie es in einem akkreditierten Lebensmittelqualitätslabor,
Lufa Northwest. Speiseöle sind ein komplexes System aus verschiedenen
Fettsäurekomponenten. Die meisten von ihnen haben eine Kettenlänge von 16
oder 18 Kohlenstoffatomen, entsprechend unterscheiden sich auch die
produzierten Amine in der Länge der Fettsäurekette. Nach den Worten von
Fairoosa Poovan ist es wichtig, das Verhältnis der verschiedenen
Fettsäuren im gebrauchten Speiseöl zu kennen, um Reaktion sowie Funktion
und Effizienz des Katalysators beurteilen zu können.

Geeignet für den Abbau von Polymeren
Der Prozess kann ebenso gut für das Upcycling von Kunststoffen verwendet
werden, dessen Recyclingproblem sehr ähnlich ist, sogar in ähnlichem
Maßstab. Jährlich verlassen 300 Millionen Tonnen Kunststofferzeugnisse die
Produktionsstätten weltweit. Laut offiziellen Angaben werden 53 Prozent
dessen, was in den gelben Mülltonnen landet, zumindest in Deutschland,
„energetisch“ recycelt, d.h. verbrannt.
Und damit kommen wir zurück zum Ausgangspunkt. „An einer
Kreislaufwirtschaft führt kein Weg vorbei“, schließt die Chemikerin. Sie
wird nächstes Jahr ihre Dissertation an der Universität Rostock
verteidigen.

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Lust auf psychologisches Wissen? Aber KLAR!

Das Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID) ist mit “KLARpsy” bei der
Berlin Science Week

Am 1. und 2. November 2024 findet im Rahmen der Berlin Science Week im
Museum für Naturkunde der CAMPUS statt. Der CAMPUS widmet sich dem Dialog,
der Beteiligung und dem Austausch und bringt Forschende, Innovatorinnen
sowie Interessierte und Pioniere für zwei volle Tage zusammen.

Das Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID) ist mit seinem KLARpsy-Team an
einem Stand vertreten und informiert über sein Angebot. Dazu gehören unter
anderem allgemeinverständliche Zusammenfassungen psychologischer
Forschung. Durch die frei zugänglichen KLARpsy-Texte werden
wissenschaftliche Hintergründe und Erkenntnisse aus der Psychologie für
alle verständlich. Auf dem Berliner CAMPUS kann man sich zu
psychologischen Themen informieren oder sich auch ganz praktisch daran
beteiligen, die Welt der Psychologie zusammen mit dem KLARpsy-Team für
alle greifbarer machen. Am Stand selbst können Wunschthemen genannt und
das eigene Wissen zu psychologischen Fachbegriffen getestet werden.

Das CAMPUS-Programm beginnt an beiden Tagen um 12 Uhr und dauert bis in
den Abend. Das Museum und die Ausstellungen sind am Freitag von 9 bis 18
Uhr und am Samstag von 10 bis 19 Uhr geöffnet, der Eintritt kostet für
zwei Tage 5 Euro.

https://berlinscienceweek.com/de/besuch/campus
https://klarpsy.de/



Berlin Science Week 2024

Das vielseitige Programm deckt weite Bereiche der wissenschaftlichen
Forschung ab – von der Natur über Technologie bis hin zu Gesellschaft und
mehr. Durch Diskussionen und Vorträge, Workshops, Science Slams,
Performances und Filme bringt die Berlin Science Week vielfältige
Perspektiven zusammen, weckt Neugierde und fördert ein tieferes
Verständnis unserer Welt.

https://berlinscienceweek.com

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Mit 3D-Druck zur grünen Luft- und Raumfahrt

Die Vorgaben der Europäischen Kommission sind ehrgeizig: Die ReFuelEU
Aviation-Verordnung schreibt eine Drosselung der CO₂-Emissionen der
Luftfahrt bis zum Jahr 2050 um 60 Prozent im Vergleich zu 1990 vor.
Geplant ist außerdem ein umfassendes EU-Weltraumgesetz (EUSL) unter
anderem mit Regeln zur Nachhaltigkeit von Weltraumaktivitäten.
Unterstützung erhalten die Aerospace-Unternehmen vom Fraunhofer-Institut
für Lasertechnik ILT aus Aachen und seinen neuen additiven
Fertigungsverfahren, die den ökologischen Fußabdruck erheblich verbessern
und die Produktionskosten senken.

»Wie kann Luftfahrt grüner gestaltet werden?«, fragt Luke Schüller,
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer ILT, in einem Fachbeitrag und
nennt auch gleich die Antwort: Strenge politische Klimaschutzvorgaben mit
Leichtbau, 3D-Druck und neuen Hochleistungswerkstoffen umsetzen.

Eine Hauptrolle spielt das LPBF-Verfahren (Laser Powder Bed Fusion), bei
dem Metallpulver schichtweise mit dem Laserstrahl verschmolzen wird. Diese
Methode ermöglicht die Herstellung komplexer und hochfester Bauteile, die
nicht nur leichter, sondern auch widerstandsfähiger sind – wichtige
Eigenschaften in der Luftfahrt von morgen.

Teamwork mit Materialherstellern: Spezialpulver für die Wasserstoff-
Zukunft

Das Fraunhofer ILT arbeitet an der Entwicklung im Rahmen der
Forschungsinitiative TIRIKA (Technologien und Innovationen für eine
ressourcenschonende, klimafreundliche Luftfahrt) des Bundesministeriums
für Wirtschaft und Klimaschutz. Der Schwerpunkt liegt auf der Nutzung von
Wasserstoff als emissionsfreien Energieträger für die Luftfahrt. Die
Fachleute haben zusammen mit Materialherstellern spezielle Pulver
entwickelt, die den hohen Anforderungen der Luftfahrtindustrie für
Wasserstoffantriebe gerecht werden. Die Experten haben LPBF-Prozesse für
handelsübliche Werkstoffe entwickelt und schließlich in Zusammenarbeit mit
den Partnern durch verschiedene Prüfverfahren validiert.

»Durch gezielte Prozessanpassungen im LPBF-Verfahren können wir eine
relative Bauteildichte von über 99,5 Prozent und eine hohe Aufbaurate von
mehr als 100 cm³/h erreichen«, erklärt Schüller. Die Aluminiumlegierungen
sind nicht nur leicht und hochfest, sondern auch widerstandsfähig
gegenüber Wasserstoff, der bei hohen Temperaturen und Drücken zu
Versprödung und Materialermüdung führen kann. Das macht sie zu idealen
Kandidaten für den Einsatz in den zukünftigen emissionsfreien Wasserstoff-
Triebwerken. Hinzu kommt: Die neuen speziellen Pulver ermöglichen dank des
gleichmäßigen Laser-Schmelzverfahrens komplexe Geometrien und
Funktionsstrukturen, die mit herkömmlichen Verfahren wie Gießen oder
Schmieden nicht verwirklichbar sind.

Elektronischer Erkennungsdienst für 0,4 Millimeter-Partikel

Während des Fertigungsprozesses erkennt eine präzise Sensorik Artefakte
bis zu einer Größe von 0,4 Millimetern direkt im Pulverbett sowie im
Schmelzprozess. So können zeitaufwändige nachgelagerte Prüfungen minimiert
und die Produktionseffizienz erheblich gesteigert werden.

Fortschrittliche Verfahren beeinflussen jedoch nicht nur die Qualität und
Effizienz der Produktion, sondern auch deren ökologische Bilanz. Das
Fraunhofer ILT setzt beim Bewerten der Umweltfreundlichkeit von additiven
Fertigungsprozessen auf Life Cycle Assessment (LCA). Hierbei wird der
gesamte Lebenszyklus eines Bauteils betrachtet – von der
Rohmaterialbeschaffung über die Fertigung bis zum Recycling. »Das Life
Cycle Assessment ist für uns ein unverzichtbares Instrument, um die
Umweltwirkungen von Produkten über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg zu
bewerten und nachhaltige Alternativen zu identifizieren«, sagt Dr. Tim
Lantzsch, Leiter der Abteilung Laser Powder Bed Fusion am Fraunhofer ILT.
Um diesen umfassenden Prozess effektiv zu gestalten, ist es jedoch
entscheidend, bereits in einer frühen Phase der digitalen
Wertschöpfungskette qualitativ hochwertige und aussagekräftige Daten zu
erhalten.

Dreifaches Plus für aufwändiges Verfahren

Drei wichtige Argumente sprechen für diesen anfangs sehr mühevollen Weg:
Erstens ermöglichen Daten eine schnellere und effizientere Gestaltung von
Anlaufprozessen für neue Produkte. Zweitens unterstützen sie die Bewertung
von Qualität, Kosten, Energie- und Ressourcenverbrauch im
Produktionszyklus. Drittens tragen sie zu einer höheren Transparenz in den
Prozessen und so zur Optimierung der gesamten Fertigungskette bei.

Die Ergebnisse der LCA-Analysen zeigen, dass trotz des vergleichsweise
hohen Energieverbrauchs während des LPBF-Prozesses der ökologische
Fußabdruck der additiven Fertigung deutlich kleiner ausfällt als bei
konventionellen Produktionsmethoden. Der 3D-Druck eignet sich daher
besonders zur Reparatur von Bauteilen, weil er Materialverluste minimiert
und Ressourcen schont.

Additive Verfahren stehen auch im Mittelpunkt des im November 2022
gestarteten EU-Projekts ENLIGHTEN (European iNitiative for Low cost,
Innovative & Green High Thrust ENgine Projekt), das die Ariane-Gruppe
steuert und koordiniert. 18 Partner aus acht europäischen Ländern haben
seit dem Projektstart ein Ziel: Die Entwicklung kostengünstiger und
umweltfreundlicher Raketenantriebe, die unter anderem mit Bio-Methan und
grünem Wasserstoff arbeiten. Die neuen Öko-Triebwerke sollen die nächste
Generation europäischer wiederverwendbarer Raketen antreiben und so
Europas Wettbewerbsfähigkeit im globalen Raumfahrtsektor stärken.

Mit LMD schneller und kostengünstiger ins All

Hier kommt das Aachener Institut ins Spiel. Fachleute der Gruppe Additive
Fertigung und Reparatur LMD entwickeln im Rahmen des Projekts einen
Prozess, um Raketenkomponenten mit Laserauftragschweißen (Laser Material
Deposition, LMD) effizienter und präziser herzustellen. »Das Besondere
ist, dass wir durch LMD die Geschwindigkeit und Wirtschaftlichkeit bei der
Herstellung neuartiger Raketendüsen drastisch verbessern«, erklärt Min-Uh
Ko, Gruppenleiter Additive Fertigung und Reparatur LMD am Fraunhofer ILT.
»Das untersuchte Design verfügt – abgesehen von seinem großen Bauraum –
über außergewöhnlich filigrane und dünnwandige Kühlkanäle, die mit
konventionellen Fertigungsrouten nur unter großem Aufwand realisiert
werden können.« Das Ziel bis zum Projektende im Oktober 2025: LMD-
Fertigung einer Düse für den Einsatz in der nächsten Raketengeneration im
Ariane-Programm und Aufbau eines maßstabsgetreuen Demonstrators.

Gegen koventionelle Methoden spricht der bisher übliche Prozess: Weil kein
Unternehmen alle unterschiedlichen Prozessschritte in einer lokalen
Produktion anbieten kann, müssen die Bauteile zu mehreren Standorten
transportiert werden. Die dadurch entstehende Prozesskette führt zu einer
zeit- und kostenaufwändigen Produktion, die oft mehrere Monate dauert.
Jochen Kittel, Projektleiter des ENLIGHTEN-Vorhabens am Fraunhofer ILT:
»Mit unserer Prozesstechnologie, die viele einzelne Prozessschritte
einspart, gelingt uns nicht nur eine deutliche Kostenreduktion. Zeitgleich
verkürzen wir die Produktionszeit einer Raketendüse deutlich.«

Den Prozess ganzheitlich im Griff

Die Fachleute gehen das Projekt ganzheitlich an: Bis zum Projektende soll
ein prozesssicheres, geregeltes Herstellverfahren inklusive
Qualitätssicherung für die Serienfertigung entstehen. Ein Inline-System
soll mit Sensorik den gesamten Prozess überwachen, Prozess-Anomalien
erfassen, beheben und für konstant hohe Bauteilqualität sorgen. Min-Uh Ko:
»Wenn wir das Verfahren und den Demonstrator erfolgreich entwickelt haben,
markiert das einen Durchbruch. Mit unseren Ergebnissen können wir die
Industrie dazu befähigen, als Zulieferer für die Luft- und
Raumfahrtindustrie künftig auf ihren eigenen Anlagen via LMD ebenso große,
komplexe und filigrane Strukturen herzustellen.«

Formnext 2024

Besuchen Sie uns vom 19. bis 22. November in Frankfurt am Main am
Fraunhofer-Gemeinschaftstand D31 in Halle 11, und erfahren Sie mehr über
die Möglichkeiten von AM.

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