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Martini Symposium Sursee, Donnerstag, 22. November 2018, besucht von Léonard Wüst

Martini Symposium Sursee 2018
Martini Symposium Sursee 2018

«Kryptowährungen – Geld der Zukunft oder Zukunft ohne Geld? Wie die Technologie hinter den Kryptowährungen die Welt verändern kann.»

Referenten waren  Prof. Dr. Andreas Dietrich, Dozent / Institutsleiter IFZ der Hochschule Luzern, und Ralf Glabischnig, Managing Partner inacta AG. Zusätzlich als Podiumsteilnehmende  Thomas Meier, Betriebsökonom FH, CEO und Mitinhaber Lehner Versand AG, und Prof. Dr. Monika Roth, Studienleiterin und Dozentin an der Hochschule Luzern sowie Rechtsanwältin. Moderiert wurde der Anlass durch Reto Lipp, Wirtschaftsexperte SRF

Stadtpräsident Beat Leu
Stadtpräsident Beat Leu

Das Martini Symposium wurde traditionsgemäss vom Surseer Stadtpräsidenten eröffnet. Beat Leu hiess die Referenten  und Gäste in der Surenstadt willkommen, richtete Dankesworte an die Sponsoren, ohne deren finanzielles, wie auch logistisches Engagement, solch ein Anlass gar nicht möglich wäre. Dann stellte er den Moderator des Anlasses, Reto Lipp, Wirtchaftsredakteur beim Schweizer Fernsehen kurz vor und bat ihn auf die Bühne um das Zepter zu übernehmen. Dieser bat als ersten Referenten Professor Andreas Dietrich von der HSLU Luzern zu sich und sprach den Finanzspezialisten auf den dramatischen Wert Verfall der  Kryptowährungen, ins besonders des Bitcoin Kurses an.

Dramatischer Kurssturz der Kryptowährungen

Moderator Reto Lipp, Wirtschaftsexperte SRF
Moderator Reto Lipp, Wirtschaftsexperte SRF

War dieser vor Jahresfrist noch auf einem Allzeithoch von ca. 20 000 US Dollar, dümpelt er im Moment bei ungefähr 4500. Dietrich erläuterte anschaulich anhand anderer Beispiele ( Internetboom usw.), wie Kurse aufgrund allseitigem grossen Interesse in ungeahnte Höhen getrieben werden um dann, mit der Ernüchterung nach der Euphorie und dem Hype, Tribut zu zollen und massiv abzustürzen. Der Kurs werde aber, analog den Kursen der Internetfirmen, nach dem zwischenzeitlichen platzen deren Blase, sicher kontinuierlich wieder ansteigen, wenn auch massiv langsamer als dies noch vor einem Jahr der Fall war. Dietrich ist überzeugt, dass Kryptowährungen sich langfristig etablieren und grossmehrheitlich anerkannt und akzeptiert werden.

Blockchain, ein Buch mit sieben Siegeln?

Was eigentlich ist Blockchain und wie funktioniert das, woher kommen Kryptowährungen und wie werden die generiert? Was für Insider völlig klar, ist für „Otto Normalverbraucher“ nur schwer zu verstehen. Der Hochschuldozent versuchte, in möglichst einfachen Worten zu erklären, wie das Ganze funktioniert, welche Idee dahinter steckt, welche Vor – und Nachteile mit der Idee Blockchain verbunden sind. Das Wichtigste: Kryptowährungen haben keinen „Inneren Wert“, sind also nicht abgedeckt, gesichert  durch z.B. entsprechende Goldreserven, Grundpfandverschreibungen oder Ähnliches. Durch kryptographisch abgesicherte Protokolle und dezentrale Datenhaltung ermöglichen Kryptowährungen einen digitalen Zahlungsverkehr ohne Zentralinstanzen wie etwa Banken. Dabei repräsentiert der Besitz eines kryptologischen Schlüssels das Eigentum von ebenfalls kryptologisch signiertem Guthaben in einer gemeinschaftlichen Blockchain. In der Regel wird eine vorher festgelegte Anzahl an Währungseinheiten durch das gesamte System gemeinschaftlich erzeugt, wobei die Rate vorher festgelegt und veröffentlicht bzw. durch den kryptographischen Modus der Erzeugung limitiert ist.

Menge der Bitcoins ist limitiert

Prof. Dr. Andreas Dietrich, Dozent Institutsleiter IFZ der Hochschule Luzern
Prof. Dr. Andreas Dietrich, Dozent Institutsleiter IFZ der Hochschule Luzern

Die Bitcoin Menge ist auf 21 Millionen Stück limitiert, kann also nicht, wie z.B. die Geldmenge durch Anwerfen der Notenpresse, beliebig erhöht werden. Dies vermindert auch das Risiko einer Inflation. Da Kryptowährungen, von denen es momentan etwa 2100 verschiedene gibt, auf unzähligen Rechnern (Computern), über mehr als 10000 Server generiert werden, ist der Stromverbrauch zum Erzeugen derselben sehr hoch. Bis zur Einführung des staatlichen venezolanischen Petro dieses Jahr wurden Kryptowährungen nur privat geschöpft. Die Kapitalisierung aller 2100 Kryptowährungen weltweit liege bei rund 150 Milliarden US-Dollar (vor einer Woche waren es noch über 200 Milliarden). Über die Hälfte dieses Werts mache Bitcoin aus. 150 Milliarden töne nach viel, doch im Vergleich sei dies eine bescheidene Zahl: Der wertvollste Konzern derzeit – Apple – beispielsweise sei rund 800 Milliarden Dollar wert. Aber auch der Gesamtwert anderer Anlagen, etwa von Gold, liege deutlich über den zusammengefassten Kryptowährungen. Ergo, so Dietrich: Es gibt keinen Grund, in Panik zu verfallen. Die Frage sei, ob Kryptowährungen als Währungen im eigentlichen Sinne taugten. Eignung als Zahlungsmittel? Wenn es wenige Stellen gibt, wie in der Schweiz, die eine Krypto Währung akzeptieren, kann sich diese nicht durchsetzen und bleibt volatil», doch in afrikanischen Ländern oder in Südamerika ist der Bitcoin mit seiner inneren Begrenzung auf 21 Millionen Stück durchaus eine potenzielle Alternative, resümiert der Hochschuldozent.

Ralf Glabischnig, Managing Partner inacta AG, einer der Pioniere des Zuger Krypto Valley

Ralf Glabischnig, Managing Partner inacta AG
Ralf Glabischnig, Managing Partner inacta AG

Der zweite Referent des Abends, ist als Mann der ersten Stunde, einer der bestinformierten im Business mit den digitalen Währungen und Initiator von Europas grösstem Blockchain Wettbewerb und als Gründungsmitglied der Crypto Valley Association engagiert er sich für die Entwicklung des Blockchain Ökosystems in der Schweiz und weltweit. Auch er versucht, die Materie den Symposiumsbesuchern genauer zu erläutern, wies darauf hin, dass die Blockchain-Industrie, die alleine in der Schweiz über 3000 Jobs geschaffen habe, noch immer übermässiger Skepsis ausgesetzt sei. Man höre oft den Satz: «Solange wir die Technologie nicht verstehen, können wir sie nicht einsetzen.» Daraufhin fragte er in den Saal, wer denn das http-Protokoll verstehe. «Und doch brauchen wir das Internet täglich.» Auf jeden Fall sei es ihnen gelungen, die Bundesräte Johann Schneider – Ammann und auch Finanzminister Ueli Maurer von der Bedeutung des Zuger Krypto Valleys zu überzeugen.

Podiumsdiskussion mit dem Betreiber des ersten Web Shops schweizweit, der Bitcoins akzeptiert.

Thomas Meier, Geschäftsführer Lehner Versand
Thomas Meier, Geschäftsführer Lehner Versand

CEO und Mitinhaber Thomas Meier sei Amazon um einen Schritt voraus, titelte die Handelszeitung im Oktober letzten Jahres, als der Lehner Versand als erstes Versandhaus der Schweiz  die Bezahlung mit der Internetwährung Bitcoin einführte. Die Anzahl Transaktionen sei bisher, mit deren 160, aber im überschaubaren Rahmen geblieben, so der innovative Unternehmer, der, so liess er uns wissen, auch privat Bitcoins besitze.

Nicht vom Bitcoin überzeugte Hochschulprofessorin

Prof. Dr. Monika Roth, Studienleiterin und Dozentin an der Hochschule Luzern sowie Rechtsanwältin
Prof. Dr. Monika Roth, Studienleiterin und Dozentin an der Hochschule Luzern sowie Rechtsanwältin

Die vierte Diskussionsteilnehmerin, Prof. Dr. iur. Monika Roth, Studienleiterin und Dozentin an der Hochschule Luzern sowie Rechtsanwältin gab sich überzeugt, dass Kryptowährungen Zukunft haben, würde selber aber nicht in selbige investieren. Auch, so die Compliance-Expertin,erkenne sie relevante Geldwäschereirisiken beim Handel mit Kryptowährungen.

Unter den 300 Symposiumsteilnehmern waren, nebst lokaler Prominenz u.a. auch die Luzerner Nationalräte Albert Vitali, Peter Schilliger und Franz Grüter.

Video Martini Symposium Referate

www.youtube.com/watch?v=kURME9A21aI&feature=youtu.be

Video Martini Symposium Podiumsdiskussion

www.youtube.com/watch?v=Is–9kNZgJg&feature=youtu.be

Fotos des Anlasses von Viktoria Meier – Husmann

Fotos Martini Symposium

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos:  Viktoria Meier – Husmann, Wikipedia und www.sursee.ch

www.gewerberegionsursee.ch/

www.ihv-sursee.ch/die-ihv/sinn-and-kernauftrag/

Homepages der andern Kolumnisten: annarybinski.ch  www.noemiefelber.ch

www.gabrielabucher.ch  Paul Ott:www.literatur.li

Autoren- und Journalisten-Siegel von European News Agency - Nachrichten- und Pressedienst

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"Systematische ökonomische Bewertungen von Ökosystemleistungen müssen Aufgabe aller Ressorts werden"

Dr. Burkhard Schweppe-Kraft (BfN)  Bild: BfN
Dr. Burkhard Schweppe-Kraft (BfN) Bild: BfN

Interview mit Ökonom Burkhard Schweppe-Kraft (BfN) zum Endbericht von
<<Naturkapital Deutschland - TEEB.DE
Was bringt Naturschutz ökonomisch? Und wie teuer ist es, auf Naturschutz
zu verzichten? Sechs Jahre nach Start des Projektes und verschiedenen
Fachberichten von über 300 Expertinnen und Experten hat "Naturkapital
Deutschland - TEEB DE“ seinen Endbericht vorgelegt. Der Ökonom Dr.
Burkhard Schweppe-Kraft (BfN), Mitglied der Projektkoordinierungsgruppe,
erzählt im Interview, wer mit ökonomischen Argumenten überzeugt werden
soll, bei welchen politischen Entscheidungen die Berichte von TEEB
Deutschland helfen können und wo die Grenzen liegen.

Intakte Ökosysteme haben für Deutschland einen großen ökonomischen Wert,
ihre Beeinträchtigung verursacht enorme volkswirtschaftliche Kosten. Das
sind die Kernaussagen des Abschlussberichts von "Naturkapital Deutschland
- TEEB DE“, der deutschen Nachfolgestudie der internationalen TEEB-Studie
(The Economics of Ecosystems and Biodiversity), die den Zusammenhang
zwischen den Leistungen der Natur, der Wertschöpfung der Wirtschaft und
dem menschlichen Wohlergehen aufzeigen soll. Finanzierte wurde das Projekt
vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit und
vom Bundesamt für Naturschutz, die Studienleitung lag am Helmholtz-Zentrum
für Umweltforschung – UFZ.

Aus der Zusammenarbeit von mehr als 300 Autorinnen und Autoren sowie über
150 Gutachterinnen und Gutachtern aus Wissenschaft, Verbänden und Politik
sind seit 2012 fünf Fachberichte und Broschüren entstanden, etwa für den
urbanen Raum, für ländliche Räume und zu den Zusammenhängen von
Naturschutz und Klimaschutz. Der Endbericht wurde im September vorgestellt
und spannt anhand ausgesuchter Beispiele aus den verschiedenen Berichten
einen ökonomischen Argumentationsrahmen für Naturschutz in Deutschland
auf. Ein Beispiel für die ökonomische Bedeutung des Naturerhalts: Produkte
im Wert von 1,1 Milliarden Euro hängen in Deutschland von der
Bestäubungsleistung durch Insekten - und damit von der Erhaltung ihrer
Lebensräume - ab.
„Die ökonomische Perspektive soll die Potenziale und Leistungen der Natur
sichtbarer machen, damit sie besser in Entscheidungsprozesse einbezogen
werden können“, heißt es im Vorwort des Berichtes. Doch um wessen
Entscheidungen geht es dabei und wie gut funktioniert das?

„Eine klar abgrenzbare Zielgruppe für die Naturkapital-Berichte gibt es
eigentlich nicht“, sagt  Dr. Burkhard Schweppe-Kraft im NeFo-Interview. Er
ist Ökonom am Bundesamt für Naturschutz, Mitautor der Berichte und
Mitglied der Koordinierungsgruppe von Naturkapital Deutschland - TEEB.DE.
„Wir wollen zum einen Unternehmer erreichen, die sich generell in einer
stark ökonomisch geprägten Welt bewegen, oder Akteure in der Klimapolitik,
die weitere kostengünstige CO2-Einsparmöglichkeiten suchen, aber auch
Bürger, die tagtäglich über knappe Güter entscheiden.“

Die in den Berichten zusammengetragenen ökonomischen Naturschutzargumente
sollen aber auch dazu beitragen, dass der Wert der Natur und ihrer
Leistungen für die Gesellschaft nicht nur im Umweltressort sondern in
allen Politikbereichen berücksichtigt wird; sei es in der Landwirtschaft,
in Verkehr und Infrastruktur, aber auch im Finanz- und Gesundheitswesen.
„Ich denke, es fällt anderen Ressorts deutlich schwerer,
Ökosystemleistungen außeracht zu lassen, wenn wissenschaftlich fundierte
Studien gezeigt haben, dass diese wesentlich zum Gemeinwohl beitragen“,
meint Schweppe-Kraft.
Dass die Argumente aus den Berichten bereits in der Politik aufgegriffen
werden, lasse sich bspw. im Bereich der Städteplanung erkennen. Hier kam
der Naturkapital Stadtbericht gerade zur rechten Zeit. „Das
Ökosystemleistungskonzept war in der Diskussion über die Förderung von
Stadtgrün präsent und trug zu Konzepten wie dem Weißbuch „Grüne Stadt“
bei“, erzählt Schweppe-Kraft. Ähnlich verhalte es sich bei der naturnahen
Umgestaltung von Bundeswasserstraßen, wo im Rahmen des „Bundesprogramms
Blaues Band Deutschland“ Bundesumweltministerium und
Bundesverkehrsministerium zusammenarbeiten.

Schwieriger wird es im Sektor Landwirtschaft, der allerdings den größten
Einfluss auf die Artenvielfalt in Deutschland haben dürfte. So hat das
Bundesumweltministerium jüngst einen Entwurf für einen Aktionsplan
Insektenschutz vorgelegt,  der jedoch noch vom Bundeskabinett angenommen
werden muss. Unter anderem geht es hier um größeren Strukturreichtum in
der Agrarlandschaft, um Lebensraum, Nahrung und Nistplätze für Tiere zu
schaffen. Betriebswirtschaftliche Argumente, um Agrarpolitik und
Landwirtschaftsverbände zu überzeugen, wären hier wichtig. Leider gibt es
hierzu aber kaum Untersuchungen. Es gäbe inzwischen zwar eine Reihe von
ökonomischen Studien zur Bedeutung kohlenstoffreicher Böden für den
Klimaschutz, die bräuchte es aber dringend auch zu anderen
Ökosystemleistungen, etwa in Verbindung mit Kleinstrukturen und
Insektenschutz, meint Schweppe-Kraft. Daran solle auch das
Bundeslandwirtschaftsministerium Interesse haben. „So etwas kann nicht
allein vom Umweltministerium finanziert werden.“

Eines der Ziele der EU-Biodiversitätsstrategie lautet, bis 2020
Ökosystemleistungen zu erfassen, zu quantifizieren und auch in die
volkswirtschaftlichen Rechnungssysteme zu integrieren. Da gäbe es noch
einiges zu tun, so Schweppe-Kraft. Die ersten Berichte dazu werden EU und
Mitgliedsstaaten voraussichtlich 2020 vorlegen.

Der Naturkapital-Endbericht liefert exemplarisch ökonomische Argumente für
den Naturschutz in verschiedenen Ökosystemtypen und zeigt, wo bereits
Methoden, Studien und Daten für eine ökonomische Bewertung bestehen. Was
die Inhalte der Naturkapital-Deutschland-Berichte allerdings nicht leisten
können, ist, als Leitfaden für konkrete Politikentscheidungen auf lokaler
Ebene zu fungieren. „Sollte ich das Baugebiet wirklich ausweisen und wenn
ja, wo? Das sind die Entscheidungen, die letztendlich zu den Veränderungen
von Ökosystemen und deren Leistungen führen“, meint Schweppe-Kraft. Solche
Werkzeuge seien dringend nötig, allerdings schwer zu erstellen. Dafür
bedürfe es unter anderem noch weiterer Methodenentwicklung.

Zum NeFo-Interview http://www.biodiversity.de/produkte/interviews
/endbericht-naturkapital-deutschland-teebde


Originalpublikation:
"Werte der Natur aufzeigen und in Entscheidungen integrieren: Eine
Synthese" http://www.biodiversity.de/produkte/literaturtipps/werte-natur-
aufzeigen-entscabschlussbericht-nationalen-teeb-studie

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Frauen im Aufbruch

Die öffentliche Ausstellung zu 100 Jahren Frauenwahlrecht am Campus Lichtenberg zeigt die Rolle der Frau in gesellschaftlichen Umbrüchen auf.  Foto: Gregor Fischer
Die öffentliche Ausstellung zu 100 Jahren Frauenwahlrecht am Campus Lichtenberg zeigt die Rolle der Frau in gesellschaftlichen Umbrüchen auf. Foto: Gregor Fischer

Eine Plakatausstellung zu 100 Jahren Frauenwahlrecht am Campus Lichtenberg
der HWR Berlin gewährt einen aufschlussreichen Blick auf die Rolle der
Frauen im Wandel der Zeit.

Allgemeine Wahlaufrufe und Werbeplakate verschiedener Parteien und
Vereinigungen zeichnen eindrucksvoll die Stationen des gesellschaftlich
vorherrschenden Frauenbildes seit Einführung des Frauenwahlrechts in
Deutschland nach. Die Wahlen zur Verfassunggebenden Deutschen
Nationalversammlung am 19. Januar 1919 stellten nicht nur den Auftakt zur
ersten deutschen Demokratie dar, sondern waren Premiere für das neu
geschaffene Frauenwahlrecht.

Die Plakate, die vom Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-
Stiftung zur Verfügung gestellt werden, zeigen die politische
Mobilisierung rund um die Wahlbeteiligung von Frauen in Deutschland anhand
der drei wichtigen demokratischen Umbrüche des 20. Jahrhunderts.

Die Jahre zwischen 1945 und 1949 stellen die nächste Zäsur dar. Nach der
Befreiung vom Nationalsozialismus war die deutsche Nachkriegsgesellschaft
stark weiblich geprägt. Frauen bildeten die Mehrzahl der Bevölkerung,
waren bereits während des Zweiten Weltkriegs in zuvor von Männern
dominierten Arbeitsbereichen stark vertreten. Auf den Plakaten fällt eine
besonders moralische Ansprache der Frauen auf. Einerseits werden sie
politisch als besonders verantwortliche Trägerinnen einer friedvollen
Zukunft in Szene gesetzt und zugleich an ihre gesellschaftliche Rolle in
der Familie, als Frau an der Seite eines Mannes erinnert.

Die deutsch-deutsche Vereinigung 1989 bis 1990 ist auch für die Stellung
der Frau in der Gesellschaft geprägt von Umbruch und Verstetigung.
Unterschiedliche gesellschaftliche und politisch-ideologische Kulturen
hatten sich in Ost und West entwickelt und trafen jetzt aufeinander. In
der Bundesrepublik hatte die Frauenbewegung ihre Forderung nach Umsetzung
von Gleichberechtigung gesellschaftspolitisch durchgesetzt. Der Grundtenor
von Emanzipation und Gleichberechtigung blieb jedoch von der
grundsätzlichen Auseinandersetzung über das gesellschaftliche
Selbstverständnis von Frauen und Männern gezeichnet. In der DDR war das
Selbstbild der Gesellschaft ideologisch anders geprägt, Emanzipation und
Gleichberechtigung mussten beziehungsweise durften nicht öffentlich
gefordert werden. Diese Vielfalt der Positionen spiegelt sich in der
Gestaltung der Plakate.

Die öffentliche Ausstellung wurde vom Harriet Taylor Mill-Institut (HTMI)
für Ökonomie und Geschlechterforschung und der Zentralen
Frauenbeauftragten der HWR Berlin organisiert. Das HTMI ist das einzige
Forschungsinstitut an einer Hochschule in Deutschland, an dem
Wissenschaftler/innen aus VWL, BWL, Soziologie, Informatik und Recht
disziplinübergreifend zu Ökonomie, Recht und Verwaltung interdisziplinär
zusammenarbeiten.

Die Ausstellung ist bis zum 13. Dezember 2018 im Foyer des Hauses 1 am
Campus Lichtenberg zu sehen. Begleitend lädt die Hochschule am 13.
Dezember 2018 zur öffentlichen Vorführung des Spielfilms „Die göttliche
Ordnung“ ein. Darin geht es um die Geschichte einer jungen Frau in einem
beschaulichen Ort in der Schweiz, die sich Anfang der 1970-iger Jahre für
das Frauenwahlrecht einsetzt und damit die Dorf- und Familienordnung
gehörig ins Wanken bringt. Um 16.15 Uhr wird der Film am Campus
Lichtenberg in Haus 6a, Raum 008 gezeigt.

Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin

Die Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin ist mit über 11 000
Studierenden eine der großen Hochschulen für angewandte Wissenschaften –
mit ausgeprägtem Praxisbezug, intensiver und vielfältiger Forschung, hohen
Qualitätsstandards sowie einer starken internationalen Ausrichtung. Das
Studiengangsportfolio umfasst Wirtschafts-, Verwaltungs-, Rechts- und
Sicherheitsmanagement sowie Ingenieurwissenschaften in 60 Studiengängen
auf Bachelor-, Master- und MBA-Ebene. Die HWR Berlin unterhält aktuell 170
aktive Partnerschaften mit Universitäten auf allen Kontinenten und ist
Mitglied im Hochschulverbund „UAS7 – Alliance for Excellence“. Als eine
von Deutschlands führenden Hochschulen bezüglich der internationalen
Ausrichtung von BWL-Bachelorstudiengängen belegt die HWR Berlin
Spitzenplätze im deutschlandweiten Ranking des CHE Centrum für
Hochschulentwicklung und nimmt auch im Masterbereich vordere Plätze ein.
Aus einer bundesweiten Umfrage von DEUTSCHLAND TEST ist die Hochschule
2018 wiederholt als „TOP Business School“ im Weiterbildungsbereich
hervorgegangen. Die HWR Berlin unterstützt die Initiative der
Hochschulrektorenkonferenz „Weltoffene Hochschulen – Gegen
Fremdenfeindlichkeit“.

www.hwr-berlin.de

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Lucerne Festival, Abschlusskonzert Piotr Anderszewski, 25. November 2018, besucht von Léonard Wüst

Piotr Anderszewski Foto Simon Fowler Warner
Piotr Anderszewski Foto Simon Fowler Warner

Besetzung und Programm: Piotr Anderszewski  Klavier

Johann Sebastian Bach (1685–1750)
Präludium und Fuge C-Dur BWV 870 aus Das Wohltemperierte Klavier, Band 2
 
Präludium und Fuge f-Moll BWV 881 aus Das Wohltemperierte Klavier, Band 2
 
Präludium und Fuge Es-Dur BWV 876 aus Das Wohltemperierte Klavier, Band 2
 
Präludium und Fuge dis-Moll BWV 877 aus Das Wohltemperierte Klavier, Band 2
 
Präludium und Fuge As-Dur BWV 886 aus Das Wohltemperierte Klavier, Band 2
 
Präludium und Fuge gis-Moll BWV 887 aus Das Wohltemperierte Klavier, Band 2
Ludwig van Beethoven (1770–1827)
33 Veränderungen über einen Walzer von Anton Diabelli op. 120

 

Rezension:

Präludien und Fugen aus Band 2 des Wohltemperierten Klaviers von J. S. Bach

Das Wohltemperierte Klavier (BWV 846–893) ist eine Sammlung von Präludien und Fugen für ein Tasteninstrument in zwei Teilen. Teil I stellte Bach 1722, Teil II 1740/42 fertig. Jeder Teil enthält 24 Satzpaare aus je einem Präludium und einer Fuge in allen Dur- und Molltonarten, chromatisch aufsteigend angeordnet von C-Dur bis h-Moll. Davon interpretierte Anderszewski ab Präludium und Fuge C-Dur bis Präludium und Fuge Gis-Moll, deren zwölf. Dieses Instrumentalwerk das vornehmlich der Ausbildung des musikalischen Nachwuchses diente, war für den Pianisten ideal, um sich für die ungleich schwierigeren Diabelli Variationen warm zu spielen, was er aber trotzdem mit gebotener Aufmerksamkeit und grossem Können tat.

Beethovens Diabelli-Variationen op. 120.

Sie sind ein Meilenstein im Repertoire und eine Herausforderung für jeden Pianisten gleichermaßen: die 33 Variationen von Beethoven über einen Walzer von Anton Diabelli. Bis heute bilden sie einen Zyklus, der an Kühnheit, Detailfülle, Ernst und Humor in der Musikgeschichte seinesgleichen sucht. Anders als vielleicht die Goldberg-Variationen sind sie nicht „nur“ eine Verdichtung aller früheren Musik, sondern auch eine Öffnung späterer Musik. „Altes und Neues stehen nebeneinander, vielmehr: beide werden innerhalb der Entwicklungsarchitektur zu einer höheren Einheit verschmolzen. Das Prinzip des ausgleichenden Gegensatzes herrscht allenthalben: Unerbittliche kontrapunktische Strenge steht neben zartem Tasten wie in einem Nocturne (Var. 29), entfesselte Virtuosität neben lyrischen Ruhepunkten; farbige Flächigkeit wechselt mit Abschnitten, in denen schroffe Akzente das Thema gleichsam »gegen den Strich kämmen«.

Beethoven verarbeitete den Walzer in sage und schreibe 33 Variationen, die uns tatsächlich verblüffen. Das geht in schnellen bis rasanten Tempi bis hin zu ruhigen und schweren Varianten. Die Tonlagen ändern sich, die Melodien werden mal von der rechten, mal von der linken Hand übernommen. Anderszewski arbeitet diese Unterschiede auf beeindruckende Weise heraus und fasziniert mit seiner Art, gefühlvoll die Töne ausklingen zu lassen. Auch vermochte er stets mit lebendiger, plastischer Artikulation präsent zu sein, nicht zuletzt in einer ungemein farbigen, modernen Kadenz.

Der Pianist schenkte den angespannten, gebannt lauschenden Konzertbesuchern einen Höhepunkt nach dem andern, bis alle 33 Variationen interpretiert waren und der Künstler entspannt die Schultern sinken liess, kurze fast ehrfürchtige Ruhe, gefolgt von tosendem Applaus.

Text: www.leonardwuest.ch Fotos: www.lucernefestival.ch

Homepages der andern Kolumnisten: annarybinski.ch  www.noemiefelber.ch

www.gabrielabucher.ch  Paul Ott:www.literatur.li

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