Tipps für mehr Bewegung in der Pandemie: Das Sitzen unterbrechen und täglich 15 Minuten Laufen ohne Schnaufen
Geschlossene Sportvereine, Frustessen im Homeoffice und Wegfall von
Arbeitswegen: Der pandemiebedingte Lockdown hat bei vielen Deutschen zu
Bewegungsmangel und Gewichtszunahme geführt. Für Menschen, die an Diabetes
Typ 1 oder 2 erkrankt sind, wirkt sich dieser ungesunde Lebensstil negativ
auf den Glukosespiegel aus. Experten der Deutschen Diabetes Gesellschaft
(DDG) geben Tipps, wie man trotz Kontaktbeschränkungen ohne großen Aufwand
mehr Bewegung in den Alltag bringt.
Einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Else Kröner-Fresenius-
Zentrums für Ernährungsmedizin zufolge haben sich in der Pandemie mehr als
die Hälfte der Deutschen weniger bewegt und 39 Prozent im Durchschnitt 5,6
Kilo zugenommen. „Kein Wunder, denn viele von uns haben im Homeoffice zu
viel gesessen. Der wichtigste Tipp aus der Corona-Zeit lautet daher: das
Sitzen regelmäßig unterbrechen“, betont Dr. med. Stephan Kress, 1.
Vorsitzender der DDG Arbeitsgemeinschaft Diabetes, Sport und Bewegung. „Es
reicht schon, während eines Telefonats herumzulaufen, eine Konferenz mit
Headset in Bewegung durchzuführen oder am Schreibtisch zu stehen“,
erläutert der DDG-Experte.
Sitzunterbrechungen senken Glukosewert
Zahlreiche Untersuchungen belegen die Wichtigkeit kurzzeitiger
Sitzunterbrechungen. So verbesserte Stehen und leichtes Gehen den 24
-Stunden-Glukosespiegel und die Insulinsensitivität bei Personen mit
Typ-2-Diabetes in größerem Maße als ein strukturiertes Training.
„Interessanterweise lässt sich besonders bei adipösen Menschen schon durch
kurzzeitige bewegte Sitzunterbrechungen der Glukosewert nach einer
Mahlzeit senken“, erläutert Kress. „Dafür reicht ein Spaziergang um den
Block.“
Jeden Tag eine kleine Portion Bewegung ist ideal
Denn es gibt keinen Schwellenwert für den positiven Effekt körperlicher
Aktivität. „Jede Aktivität ist besser als keine, und der Nutzen von nichts
machen hin zu ein bisschen Bewegung ist der größte“, bringt Kress aktuelle
Forschungsergebnisse auf den Punkt. In diesem Sinne zählt buchstäblich
jeder Schritt. „Täglich 15 Minuten Laufen ohne Schnaufen ist ein guter
Einstieg, um die Gesundheit zu fördern und Fett zu verbrennen“, erläutert
der DDG-Experte. „Jeden Tag eine kleine Portion Bewegung verhindert, dass
der Körper in den Energiesparmodus fährt.“
Neue CGM-Geräte zeigen Effekt von Bewegung in Echtzeit an
Einsteigern empfiehlt der Diabetologe, mit 2.500 Schritten zu starten, am
nächsten Tag auf 5.000 Schritte zu erhöhen und sukzessive auf 10.000
Schritte täglich zu steigern. Kress rät, dabei auf die motivierende Kraft
von Schrittzählern zu setzen, die einen bis zu 2.000 Schritte mehr gehen
lassen: „Neu ist, dass Systeme zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM)
fallende Glukosewerte bei Bewegung in Echtzeit zeigen – das wirkt sich
sehr positiv auf die Motivation und den Blutzuckerspiegel aus, wie wir
wissen.“
Wandern ist wieder „in“
Wer sich allein schwer tut und Tiere mag, kann sich einen Hund zulegen.
Untersuchungen zeigen, dass Hundebesitzer mindestens 30 Minuten mehr
körperliche Aktivität in der Woche im Vergleich zu Nicht-
Hundespaziergängern erzielen. „Andere wiederum haben in Covidzeiten das
Wandern mit Familie, Freunden oder Partner neu entdeckt“, berichtet Kress.
Gesundheitswandern trainiert neben der Ausdauerfitness je nach Untergrund
zusätzlich Gleichgewicht und Bewegungskoordination – eine sehr gute
Kombination. „Nordic Walking ist unter Pandemiebedingungen ebenfalls eine
geeignete sportliche Aktivität, auch für Menschen mit Gehbehinderung“,
fügt der DDG-Experte hinzu.
Homeoffice: Mit dem Pedaldesk am Schreibtisch trainieren
Darüber hinaus kann man auch im Homeoffice Sport mit Arbeit verbinden.
„Dies gelingt, indem man ein Deskbike oder einen Pedaltrainer unter den
Schreibtisch stellt“, rät Kress. Mit der Kombination von Gehpausen und
Fahrradfahren auf einem Pedaldesk über drei Monate konnten zuvor inaktive
Büroangestellte das viszerale Fettgewebe und den Blutzucker im Vergleich
zur Kontrollgruppe deutlich reduzieren, wie eine Studie zeigt. Im Übrigen
gilt: Jede Gelegenheit zur Bewegung nutzen – morgens auf einem Bein
stehend Zähne putzen, eine Haltestelle früher aussteigen, auf Mäh- oder
Saug-Roboter verzichten.
Mehr Bewegung – aber auch gesunde Ernährung
Um Übergewicht vorzubeugen, ist aber auch der Staat gefordert,
entsprechende Rahmenbedingungen für alle Bürgerinnen und Bürger zu
schaffen – und dies umfasst die Lebensfelder Bewegung und Ernährung
gleichermaßen. „Wir fordern daher den Ausbau sicherer Geh- und Radwege
sowie täglich eine verpflichtende Stunde Bewegung in der Schule ebenso wie
eine Mehrwertsteuerbefreiung für gesunde Lebensmittel bei gleichzeitiger
Anhebung des Mehrwertsteuersatzes für ungesunde Produkte“, sagt DDG-
Geschäftsführerin Barbara Bitzer.
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