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Marktanalyse zeigt: Biobasierte Produkte aus gemischtem Bioabfall sind rentabel

Das BBI-geförderten Projekt CAFIPLA entwickelt eine neue Technologie zur
Gewinnung biobasierter Chemikalien und Produkte aus Bioabfällen. Eine
Marktanalyse im Rahmen des Projektes zeigt in der ersten wirtschaftlichen
Bewertung ein hohes Potenzial für vier maßgeschneiderte, biobasierte
Produkte.

Die Marktbewertung umfasste die in CAFIPLA untersuchten Verfahren und vier
potenzielle künftige Produkte. Zu den CAFIPLA-Zielprodukten gehören
Polyhydroxyalkanoate (PHA), die als biobasierte und biologisch abbaubare
Kunststoffe oder Biokomposite verwendet werden können. Mittelkettige
Carbonsäuren (MCCA) in Form von MCCA-Bioöl können als antimikrobieller
Futtermittelzusatz zum Einsatz kommen. Mikrobielle Proteine, die in
CAFIPLA untersucht werden, bieten gute Möglichkeiten als Langzeitdünger
oder Lebens- und Futtermittelzusatzstoffe. Verstärkte Naturfasern weisen
einen hohen Umweltnutzen auf und sind für die Marktsegmente Isolierung und
Bau relevant.

„Die Marktanalyse ergab, dass alle Produkte ein hohes Marktpotenzial haben
und Marktsegmente mit bereits hohem Marktvolumen ansprechen. Um den
Markteintritt zu erreichen, müssen im nächsten Schritt einzelne
Hindernisse berücksichtigt und während des Projekts überwunden werden.“
sagen die Autorinnen der Marktanalyse Dr. Lea König und Karoline Wowra,
beide wissenschaftliche Referentinnen, DECHEMA e.V.

Ausgehend von den Anwendungsbereichen wurden potenzielle Märkte definiert,
deren Produktionsmengen und Jahresumsätze zusammengestellt und die derzeit
größten Hersteller identifiziert. Darüber hinaus wurden die technisch-
ökonomischen, ökologischen und rechtlichen Rahmenbedingungen untersucht
und auf Chancen und Herausforderungen für die Produkte bewertet.

Über CAFIPLA
CAFIPLA entwickelt ein alternatives Konzept für Biogasanlagen durch die
Aufwertung heterogener Bioabfallströme. Im Rahmen des Projekts werden die
Produktion von Carbonsäuren (CAP) und die Faserrückgewinnung (FRP) in zwei
Plattformen kombiniert. Diese Kombination zielt auf die weitere Umwandlung
von Carbonsäuren und Fasern in wirtschaftlich relevante Verbindungen in
einer TRL 5-Demonstrationsanlage ab.
Im Projekt CAFIPLA stellen sich 13 Partner aus ganz Europa, darunter
sieben KMU, der Herausforderung, neue Plattformen für die wirtschaftliche
Umwandlung von Bioabfällen in höherwertige Produkte zu entwickeln.
Unterstützt werden sie von Forschungsinstituten, Universitäten und großen
Industrieunternehmen. Die DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik und
Biotechnologie hat als einer der Projektpartner die Marktanalyse
durchgeführt, diese steht auf der Website zum kostenfreien Download
bereit.
https://cafipla.eu/home/ongoing/

Das Projekt wurde vom Bio-based Industries Joint Undertaking im Rahmen des
Forschungs- und Innovationsprogramms „Horizont 2020“ der Europäischen
Union unter der Fördervereinbarung Nr. 887115 gefördert.

TU Berlin: Neues Gebäude für die Spitzenforschung feiert Richtfest

Interdisziplinäres Zentrum für Modellierung und Simulation der Technischen
Universität Berlin feiert Richtfest

Am heutigen Dienstag, 31. August 2021, wurde im Beisein des Regierenden
Bürgermeisters von Berlin und Senators für Wissenschaft und Forschung,
Michael Müller, des Senators für Stadtentwicklung und Wohnen, Sebastian
Scheel, und des Präsidenten der Technischen Universität Berlin (TU
Berlin), Prof. Dr. Christian Thomsen, Richtfest für den Forschungsneubau
IMoS – Interdisziplinäres Zentrum für Modellierung und Simulation der TU
Berlin gefeiert. Der Parlamentarische Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Bildung und Forschung, Dr. Michael Meister, war mit
einem digitalen Grußwort vertreten.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller: „Ich freue mich sehr, dass
wir heute wieder ein Richtfest für Berlins Spitzenforschung feiern können.
Das Forschungszentrum IMoS und das angrenzend in die Höhe wachsende neue
Mathematikgebäude sind herausragende Beispiele für die milliardenschwere
Investitionsoffensive des Landes in modernste Infrastruktur für Forschung
und Lehre und auch für das große Engagement des Bundes am
Wissenschaftsstandort Berlin. Das innovative Forschungszentrum für
Modellierung und Simulation der Technischen Universität Berlin birgt
großes Potenzial für den Zukunftsort Campus Charlottenburg und stärkt
unsere Stadt auf ihrem Weg zu einer international führenden
Innovationsmetropole. Dafür danke ich allen Beteiligten – den
Forscherinnen und Forschern, den Architekten und Bauleuten – und wünsche
ihnen für ihre Arbeit weiterhin gutes Gelingen.“

Der Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung
und Forschung, Dr. Michael Meister, betont: „Das Zentrum IMoS wird künftig
zentrale Beiträge zur Weiterentwicklung von neuen Produkten und Prozessen
in Schlüsseltechnologien leisten. Es unterstützt die Zielsetzung der
Hightech-Strategie der Bundesregierung und kann entscheidend zur Stärkung
des Wissenschafts- und Wirtschaftsstandorts Deutschlands beitragen. Zudem
wird es uns bei der Lösung großer gesellschaftlicher Herausforderungen,
wie z. B. dem Klimawandel oder der Nutzung von Künstlicher Intelligenz,
helfen können.“

Sebastian Scheel, Senator für Stadtentwicklung und Wohnen: „Die
Fertigstellung des Rohbaus ist ein wichtiger Meilenstein für den neuen
Forschungsbau der Technischen Universität Berlin. Er schafft mit seinen
Laboren, dem Rechenzentrum, seinen Kommunikationsbereichen, der
Graduiertenschule BIMoS sowie den Seminar- und Konferenzräumen ideale
Bedingungen für Forschende in Hochtechnologiebereichen und fördert die
Zusammenarbeit in den Disziplinen Mathematik, Informatik, Natur-, Sozial-
und Ingenieurwissenschaften.“

„Mit der Errichtung des IMoS-Gebäudes beginnen wir mit der Entwicklung des
Ost-Geländes, das unseren Charlottenburger Campus komplettieren wird“,
sagt Prof. Dr. Christian Thomsen, Präsident der TU Berlin, und betont die
zukunftsweisende Botschaft von IMoS: „Technische Prozesse müssen
ganzheitlich betrachtet werden. Neben dem Experiment als Frage an die
Natur kommt daher Modellen und Simulationen eine immer größere Bedeutung
zu. Nur sie können die unterschiedlichen Sichtweisen der verschiedenen
Wissenschaftsdisziplinen auf ein Problem einbeziehen. So lassen sich auch
komplexe Prozesse verstehen und vorhersagen – sei es beim Klimawandel, der
Stadtentwicklung oder dem 3D-Druck.“

Das Gebäude mit ca. 5.000 m² Nutzfläche wird zusammen mit dem Neubau
Mathematikgebäude (ca. 15.000 m² Nutzfläche) auf dem Campus Ost der TU
Berlin, zwischen Landwehrkanal und Universitätsbibliothek in der
Fasanenstraße geplant und errichtet. Bei dem größeren Mathe-Gebäude wird
der Rohbau im nächsten Jahr fertiggestellt. Weitere Baumaßnahmen für die
TU Berlin sollen folgen. Für beide Gebäude erfolgt die Planung und
Realisierung unter dem Aspekt des nachhaltigen Bauens im Sinne eines
innovativen, ressourcensparenden und kosteneffizienten Gebäudekonzepts.
Ziel ist eine Silber-Zertifizierung im Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen
des Bundes (BNB).

Das Investitionsvolumen des Forschungsneubaus liegt bei 56,89 Millionen
Euro. Davon tragen Bund und Land je 17,26 Millionen Euro. Die TU Berlin
investiert 22,37 Millionen Euro. Insgesamt werden die beiden neuen Gebäude
IMoS und Mathematik mit Mitteln in Höhe von über 150 Mio. Euro finanziert.

In einem EU-weiten Wettbewerb für Architekturbüros als Generalplaner für
die Fachdisziplinen Hochbau-, Freianlagen-, Tragwerksplanung sowie
Technische Gebäudeausrüstung erhielt Code Unique Architekten aus Dresden
den 1. Preis. Der Entwurf überzeugte durch die städtebaulich offene
Struktur für den neuen Campus: Kompakte Baukörper mit Innenhof, die sich
im Erdgeschoss weiträumig zum Campusplatz öffnen und einen öffentlichen
Durchgang ermöglichen. Auf den begrünten Flächen zwischen den Gebäuden, im
Innenhof und auf dem Dach kann das Regenwasser versickern. Die Wege leiten
zum Grün am Kanal und zum Tiergarten über.

Im beschleunigten Verfahren wurde 2018 die Planung erstellt sowie das
Baufeld zur Erschließung des neuen Campus vorbereitet. Im dritten Quartal
2019 wurde mit der Baugrube und Anfang 2020 mit dem Rohbau des
Forschungsneubaus begonnen. Seit Anfang 2021 werden die Fassaden montiert.
Die Ausbauarbeiten laufen bereits, die Fertigstellung des Gebäudes ist für
Ende 2022 geplant.

Die Fassade wird durch regelmäßig angeordnete „Lisenen“, eine
lamellenartige Profilierung aus Aluminium, im Wechsel mit Fensterelementen
aus Aluminium und Glas strukturiert. Die Tiefe der Konstruktion generiert
eine interessante Optik des Baukörpers. So entsteht eine Eigenverschattung
der Fassade mit positiver Wirkung für den sommerlichen Wärmeschutz.
Schalldämmlüfter mit Wärmerückgewinnung in den Büros sorgen für einen
energieeffizienten Luftaustausch neben der herkömmlichen Fensterlüftung.
Dreifach verglaste Fenster tragen zusätzlich zum Schutz vor
Lärmimmissionen und zur Wärmedämmung bei.

Modellieren und Simulieren – Die Forschung im IMoS-Gebäude

Wie plant man ein neues Stadtquartier verkehrs- und klimagerecht, in dem
die Menschen sich wohl fühlen? Wie können Gasturbinen effizient und
nachhaltig mit Wasserstoff betrieben werden? Wie kann 3D-Druck beim
Produktdesign helfen? Bei all diesen Fragen spielen Modelle und
Simulationen eine zentrale Rolle. Gleichzeitig sind immer verschiedene
Wissenschaftsdisziplinen beteiligt: aus Architektur und Design, Sozial-
und Wirtschaftsforschung, aus Mathematik, Ingenieur- und
Naturwissenschaften. „Alle verwenden oft die gleichen Begriffe in
unterschiedlicher Bedeutung“, sagt Prof. Dr. Volker Mehrmann vom
Fachgebiet Numerische Mathematik der TU Berlin. Zudem gebe es eine sehr
hohe Spezialisierung in der Wissenschaft. Im IMoS-Gebäude sollen deshalb
zeitlich begrenzt interdisziplinäre Teams drängende wissenschaftliche und
gesellschaftliche Fragestellungen mittels Modellierung, Simulation und
Optimierung gemeinsam angehen. „Im Gegensatz zu realen Experimenten können
wir bei Simulationen sehr effizient auch hochkomplexe Prozesse mit vielen
Variablen untersuchen“, erklärt Mehrmann. Und ganz nebenbei führe die
Arbeit in Teams zu höherer Innovation und einem besseren Verständnis.

Wieder mehr als 1.000 COVID-19-Patienten auf Intensivstationen –steigende Impfquote wirkt Überlastung entgegen

Erstmals seit dem 18. Juni werden wieder mehr als 1.000
COVID-19-Patienten auf den Intensivstationen in Deutschland behandelt. Das
geht aus der aktuellen Datenerfassung des DIVI-Intensivregisters hervor.
„Seit gut einem Monat steigen die Patientenzahlen wieder an – noch ist die
Situation auf den Intensivstationen aber zu bewältigen“, sagt Professor
Gernot Marx, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für
Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). Mit Sorge sei aber zu beobachten,
dass es regional jetzt schon zu erheblichen Belastungen der
Intensivmedizin mit Patienten komme, die nicht an COVID-19 erkrankt sind.

„Damit es aber nicht zu einer Überlastung der Stationen und des Personals
kommt, müssen wir aufs Impftempo drücken. Wir wissen mittlerweile aus der
Forschung, dass die Steigerung der Impfquote – und sei es nur um wenige
Prozentpunkte – schon eine große Auswirkung auf die Zahl
intensivpflichtiger COVID-19-Patienten haben kann“, so Marx, Direktor der
Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care des Aachener
Universitätsklinikums.

Die jetzt veröffentlichte Arbeit von DIVI-Wissenschaftlern zeigt in einer
Simulation, dass der Effekt von Impfungen eine wesentliche Rolle spielen
kann. „Im Unterschied zu den vorangegangenen Pandemiewellen braucht es in
diesem Herbst eine höhere Inzidenz, bis die Intensivbetten vergleichbar
stark belegt sind“, sagt Studienautor und Mathematiker Professor Andreas
Schuppert, Leiter des Instituts für Computational Biomedicine an der RWTH
Aachen. „Und nur eine zehnprozentige Steigerung der Impfquoten bei den
über 35-Jährigen sowie den über 60-Jährigen führt zu einer erheblich
verringerten Intensivbettenbelegung.“

Impfquote: Wenige Prozentpunkte haben erhebliche Auswirkung auf
Bettenbelegung

Die Bandbreite der möglichen Intensivbettenbelegung ist groß, und stark
abhängig von der Impfquote, erläutern die Autoren der Studie. „Nur wenige
Prozentpunkte in der Impfquote haben eine erhebliche Auswirkung auf die
potenzielle Intensivbelegung im Herbst“, sagen auch Professor Christian
Karagiannidis, Leiter des ARDS- und ECMO-Zentrums der Lungenklinik Köln-
Merheim, und Professor Steffen Weber-Carstens, Leitender Oberarzt der
Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin der
Charité – Universitätsmedizin Berlin. Beide sind Mitautoren der
vorliegenden Arbeit sowie medizinisch-wissenschaftliche Leiter des DIVI-
Intensivregisters. „Für die Intensivmedizin ist die Impfquote der über
35-Jährigen von entscheidender Bedeutung. Deswegen müssen wir alles
daransetzen, die Impfakzeptanz in den kommenden Wochen deutlich zu
steigern“, sagen die Mediziner.

Mit einer Impfung kann jeder die Mortalitäts- und Morbiditätsraten
verringern

Im Unterschied zum vergangenen Jahr habe es jetzt jeder einzelne Bürger
selbst in der Hand, wie stark die Auswirkungen durch die Virusverbreitung
sein werden und ob es zu einer Überlastung des Gesundheitssystems kommen
könnte: „Jeder kann durch eine Impfung dazu beitragen, das
Pandemiegeschehen und dessen Auswirkungen unter Kontrolle zu bekommen“,
erklärt DIVI-Präsident Marx. „Wer sich jetzt impft, kann die Mortalitäts-
und Morbiditätsraten verringern – also die Häufigkeit der Erkrankungen,
die Zahl der schweren Verläufe und die daraus resultierenden Todesfälle“,
so der Mediziner. „Leben retten zu können oder schwere COVID-19-Fälle zu
verhindern, das ist ein sinnvoller Anreiz für eine Impfung.“

Online nachlesen: Ergebnisse der Simulationen zum „Intensivbettenbedarf
für COVID 19 im Herbst/Winter 2021“:
https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s00063-021-00862-9.pdf

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Kinder mit Förderbedarf konnten im Lockdown schlechter lernen

Inklusiv beschulte Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen
Förderbedarfen haben während der Schulschließungen im Frühjahr 2020
ungünstigere Lernbedingungen erlebt als ihre Mitschülerinnen und
Mitschüler ohne solche besonderen Bedarfe. Gleichzeitig aber haben die
Kinder, unabhängig von Förderbedarfen,  die Zeit der Schulschließung sehr
unterschiedlich wahrgenommen. Das geht aus der Auswertung einer Befragung
von fast 2.000 Kindern der Klassenstufen 7 und 8 hervor. Die Befragung
wurde als Teil der schulbezogenen Inklusionsstudie INSIDE durchgeführt,
die unter anderem am Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi)
beheimatet ist.

Die Bedingungen für das Lernen zuhause während der ersten Schulschließung
waren für Schülerinnen und Schüler von ganz unterschiedlichen
Voraussetzungen geprägt. Inzwischen herrscht Einigkeit darüber, dass sich
bestehende Benachteiligungen durch die Schulschließungen weiter verschärft
haben. Eine Gruppe ist dabei besonders betroffen, jedoch weitgehend aus
dem Blickfeld geraten: Zur Situation von Schülerinnen und Schülern mit
sonderpädagogischen Förderbedarfen liegen bislang nur wenig empirische
Befunde vor. Diese Lücke will das Projekt INSIDE (Inklusion in und nach
der Sekundarstufe) verringern. Die Forscherinnen Dr. Cornelia Gresch von
der Humboldt-Universität zu Berlin und Dr. Monja Schmitt vom  LIfBi in
Bamberg gehen in einer aktuellen Auswertung der Frage nach, welche
Unterschiede es während der Schulschließungen im Frühjahr 2020 beim Lernen
und Wohlbefinden zwischen Schulkindern mit und ohne Förderbedarfe gab. Die
Daten dafür liefern Selbsteinschätzungen von 1.939 Kindern, die im Rahmen
der regulären Erhebungen der Langzeitstudie INSIDE im Herbst 2020 erfragt
wurden. 13 Prozent dieser Kinder hatten sonderpädagogische Förderbedarfe.

Präsenzunterricht ermöglicht Teilhabe
Kinder mit sonderpädagogischen Förderbedarfen weisen zu Hause häufig eher
ungünstige Lernvoraussetzungen auf. Für sie ist das Fehlen von
Präsenzunterricht besonders folgenreich, denn die Teilhabe an
Bildungsangeboten wird ihnen dadurch erschwert.  Dazu kommt, dass das
Lernen zuhause sich stark von den individualisierten Unterrichtsformaten
unterscheidet, die diese Gruppe gewohnt ist: Sie benötigt mehr Motivation,
mehr Begleitung und Aufmerksamkeit durch die Lehrkraft und umso mehr das
Gefühl, in einer Gemeinschaft zu lernen – Faktoren, die beim Lernen
zuhause im Frühjahr 2020 weitgehend weggefallen sind.

Kinder mit Förderbedarf lernten weniger
Wie auch aus anderen Befragungen zum Lernen zuhause während der
Schulschließung (NEPS Corona & Bildung No. 1 auf
https://www.lifbi.de/Corona) hervorging, war die Zeitspanne, die
Schülerinnen und Schüler mit schulischen Lerninhalten verbrachten, sehr
unterschiedlich. Dieses Bild zeigt sich auch in der INSIDE-Befragung. Es
gibt sowohl Kinder, die berichteten, in dieser Zeit deutlich weniger für
die Schule gearbeitet zu haben, als auch solche, die einen viel größeren
Zeitaufwand als zu normalen Schulzeiten angaben. Beim Vergleich der
Gruppen mit und ohne Förderbedarfe zeigen sich statistisch bedeutsame
Unterschiede. 18 Prozent der Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarfen
gaben an, viel weniger gearbeitet zu haben. Bei den Mitschülerinnen und
Mitschülern ohne Förderbedarfe machten diese Aussage nur 11 Prozent. Noch
deutlicher wird dieser Unterschied bei der Frage, in welchem Umfang die
Aufgaben bearbeitet wurden, die von der Schule zur Verfügung gestellt
wurden. 17 Prozent der Kinder mit Förderbedarfen gaben hier „keine“ oder
„wenig“ an (im Vergleich zu 8 Prozent bei der Gruppe ohne Förderbedarfe).
Bei der Arbeitsumgebung ist auffällig, dass Kinder mit Förderbedarfen
weniger oft einen Zugang zu Druckern hatte, aber häufiger von Personen
berichteten, die auf die Erledigung der Aufgaben achteten.

Schulschließung beeinflusst auch Wohlbefinden
Die Forschenden fragten die Kinder auch, wie es ihnen während der ersten
Schulschließung insgesamt gegangen ist. Die Antworten ergeben ein
heterogenes Bild. Auffällig ist, dass Kinder mit Förderbedarfen
signifikant häufiger extreme Empfindungen („überhaupt nicht gut“ oder
„sehr gut“) angaben.

Insgesamt sehen die Forscherinnen Gresch und Schmitt Kinder mit
sonderpädagogischen Förderbedarfen beim Lernen zuhause benachteiligt. „Sie
hatten zusätzlich zu den bestehenden Herausforderungen teilweise
ungünstigere Lernbedingungen und verbrachten auch weniger Zeit mit Lernen.
Wir sehen hier die Befunde anderer Studien bestätigt, dass Ungleichheit
durch fehlenden Präsenzunterricht weiter verstärkt wird“, so Cornelia
Gresch.

Der vollständige Bericht ist auf https://www.lifbi.de/Transferberichte zu
finden.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Monja Schmitt (https://www.lifbi.de//Personen/Profile/account/573)

Originalpublikation:
Gresch, C., Schmitt, M. (2021): Lernen und Wohlergehen von Schülerinnen
und Schülern mit und ohne sonderpädagogische Förderbedarfe während der
ersten Schulschließung 2020. (LIfBi Forschung kompakt No. 3). Leibniz-
Institut für Bildungsverläufe.
https://doi.org/10.5157/LIfBi:Bericht:03:INSIDE:1.0