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„Gesundheit oben auf die Agenda“

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Premiere: Planetary Health Forum – DBU fördert Kongress
Wenn am 30. November in Dubai der nächste Weltklimagipfel (COP
28) startet, findet zeitgleich in Berlin zum ersten Mal in Deutschland
eine zweitägige Konferenz für planetare Gesundheit statt: das Planetary
Health Forum ´23, gefördert von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU).
Der Kongress rückt ins Blickfeld, was erstmals auch eine COP mit einem
eigenen Thementag würdigt: Gesundheit als wichtiger Aspekt der Klima- und
Biodiversitätskrise. Die Forderung von DBU-Generalsekretär Alexander
Bonde, der mit einer kleinen Delegation an der COP 28 teilnimmt:
„Gesundheit gehört beim Umwelt-, Klima- und Artenschutz oben auf die
Agenda. Der Mensch bleibt nur dann gesund, wenn die Erde nicht krank
wird.“

DBU-Förderinitiative: rund 2,9 Millionen Euro für mehr als 20 Projekte

Bonde rät zu einem neuen strategischen Denken und Handeln: „Es geht nicht
nur um den Umgang mit den Folgen von Klima- und Biodiversitätskrise für
die Gesundheit. Mindestens ebenso entscheidend sind die Anforderungen an
den Gesundheitssektor selbst. Er muss viel nachhaltiger werden.“ Welches
Reduzierungspotenzial im Sektor steckt, verrät die Statistik. Demnach ist
das Gesundheitswesen als einer der größten internationalen Arbeitgeber
verantwortlich für einen beträchtlichen Anteil am Ausstoß klimaschädlicher
Treibhausgase (THG) wie etwa Kohlendioxid (CO2). Allein in Deutschland
sind es dem Öko-Institut zufolge rund fünf Prozent der THG-Emissionen,
also etwa 50 Millionen Tonnen THG – das übertrifft sogar die Luftfahrt.
Die DBU startete 2022 die Förderinitiative „Planetary Health“ (planetare
Gesundheit). Mittlerweile werden mehr als 20 Projekte gefördert, das
Volumen beträgt rund 2,9 Millionen Euro.

Bundesgesundheitsminister und Bundesumweltministerin übernehmen
Schirmherrschaft

Bonde zufolge ist ermutigend, „dass beim ersten Planetary Health Forum
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und Bundesumweltministerin
Steffi Lemke die Schirmherrschaft übernommen haben“. Klimaschutz sei
„immer auch Gesundheitsschutz“, sagt Lauterbach. Die Konsequenzen des
Klimawandels für die Gesundheit der Menschen seien aber noch „viel zu
wenig bekannt“. Lemke bekräftigt, mit der Schirmherrschaft wolle sie „die
sektorübergreifende Zusammenarbeit für mehr planetare Gesundheit
unterstützen“. Das ist auch ein Anliegen des Planetary Health Forums:
ungewöhnliche Partnerschaften für eine Gesundheit innerhalb planetarer
Grenzen schmieden. Der Kongress wird von der Berliner Denkfabrik Centre
for Planetary Health Policy (CPHP) und der „Deutschen Allianz Klimawandel
und Gesundheit“ (KLUG) veranstaltet, die sich in ihren Beratungen dem
Schutz und der Förderung der Gesundheit innerhalb der sogenannten
planetaren Belastbarkeitsgrenzen verpflichtet sehen. CPHP-Direktorin Maike
Voss: „An Evidenz, Erfahrung und Engagement in den Bereichen Umwelt und
Gesundheit mangelt es nicht.“ Doch bisher agierten diese Sektoren
„meistens für sich“. Voss weiter: „Mit dem Planetary Health Forum machen
wir ein Angebot, um die verschiedenen Akteurinnen und Akteure
zusammenzubringen. Gemeinsam wollen wir ein lautes Signal an die Politik
senden und mit vereinten Kräften die überfällige sozial-ökologische
Transformation entscheidend nach vorne bringen.“

WBGU-Gutachten: Unsere Lebensweise zerstört die natürlichen
Lebensgrundlagen

Für Expertise ist auf der zweitägigen Konferenz gesorgt: Mit dabei sind
Prof. Dr. Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung,
Francesca Racioppi (Weltgesundheitsorganisation), Luisa Neubauer (Fridays
for Future), Dr. med. Klaus Reinhardt (Bundesärztekammer) sowie Dr. Eckart
von Hirschhausen (Stiftung Gesunde Erde-Gesunde Menschen),
Transformationsforscherin Prof. Dr. Maja Göpel und Prof. Dr. Claudia
Hornberg vom Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU). Gespannt sein
darf man außerdem auf den Beitrag von Prof. Dr. Anna-Katharina Hornidge,
Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale
Umweltveränderungen (WBGU). Im Sommer dieses Jahres hatte der WBGU
gemeinsam mit dem SRU Gutachten zu Umwelt und Gesundheit vorgelegt. Ein
Fazit im WBGU-Gutachten: „Unsere Lebensweise macht krank und zerstört die
natürlichen Lebensgrundlagen.“ Die Vision von einem gesunden Leben auf
einer gesunden Erde sei nur mit internationaler Kooperation realisierbar.
WBGU-Vorsitzende Prof. Dr. Karen Pittel mahnte seinerzeit „ein
fundamentales Umdenken im Umgang mit Gesundheit an“.

Kaum obligatorische Reduktionsstrategien für den Gesundheitssektor

DBU-Generalsekretär Bonde setzt auf wichtige Impulse sowohl durch den
zweitägigen Kongress als auch durch die Weltklimakonferenz in Dubai. Ein
intakter Planet sei gleichfalls für die Wirtschaft unabdingbar. Bonde:
„Wir brauchen deshalb eine naturverträgliche Ökonomie, denn fast die
Hälfte des globalen Bruttoinlandsprodukts hängt von natürlichen
Ökosystemleistungen ab.“ Auch der Gesundheitssektor sei gefordert. Es
hapert Bonde zufolge jedoch daran, dass es für die Branche kaum
obligatorische Reduktionsstrategien gebe. „Notwendig sind internationale
Verträge und Kooperationen“, so der DBU-Generalsekretär. Zumal etwa EU-
weite Vorgaben den Sektor schon jetzt in Zugzwang bringen: Auf EU-Ebene
verlangen Richtlinien und Verordnungen bald Berichtspflichten zur
Nachhaltigkeit. Und Deutschland will laut Klimaschutzgesetz bis 2045
klimaneutral werden – inklusive Gesundheitssektor.

Projekte für resiliente Stadtquartiere und CO2-Bilanzierung von
Krankenhäusern

Bonde zufolge bieten die Projekte der DBU-Förderinitiative Planetary
Health vielversprechende Lösungsansätze – und einen Einblick, „wo überall
angepackt werden muss“. Einige Beispiele: Für die Gesundheit des Menschen
dürfte künftig eine kluge Stadtquartiersplanung herausragende Bedeutung
gewinnen – etwa, um Hitzestress als eine der gravierendsten Folgen der
Klimakrise zu mildern. Der Gesundheitssektor selbst wird nicht
umhinkommen, THG-Emissionen zu senken. Die von der DBU geförderte
Entwicklung eines Klima-Rechners für Kliniken soll daher künftig
bundesweit bei der CO2-Bilanzierung von Krankenhäusern helfen.
Bereitgestellte Energieträger stehen dabei ebenso auf dem Prüfstand wie
die Medikamentenherstellung sowie Produktion, Verpackung und Transporte
von Hygienemitteln, medizinischem Verbrauchsmaterial und Lebensmitteln.