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DGU zum Weltmännertag 2023: Smarte Prostatakarzinom-Früherkennung kann Leben retten

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Am 3. November ist Weltmännertag: Seit mehr als zwanzig Jahren rückt an
diesem Datum die Männergesundheit in den Fokus der Öffentlichkeit. Die
Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) nimmt den diesjährigen
Aktionstag zum Anlass, erneut auf die Notwendigkeit einer Reform der
Früherkennung des Prostatakarzinoms in Deutschland hinzuweisen.

Die wissenschaftliche Fachgesellschaft drängt darauf, den EU-
Ratsentschluss (2022/0290(NLE)) mit der Empfehlung für ein
Prostatakarzinomscreening auch hierzulande umzusetzen und ein
organisiertes Früherkennungsprogramm als Leistung der gesetzlichen
Krankenkassen zu etablieren. Basierend auf der aktuellen Studienlage hat
die DGU einen Algorithmus für eine risikoadaptierte, PSA-basierte
Prostatakarzinom-Früherkennung erarbeitet und ist mit dem
Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und dem Gemeinsamen Bundesausschuss
(G-BA) darüber im Austausch.

Mit fast 70.000 Neuerkrankungen im Jahr ist das Prostatakarzinom in
Deutschland die häufigste Krebserkrankung des Mannes und gleichzeitig die
zweithäufigste Krebserkrankung, die bei Männern zum Krebstod führt. Etwa
15.000 Männer sterben jedes Jahr in Deutschland an einem Prostatakarzinom.
„Diese Dimension macht deutlich, dass die verantwortlichen
Gesundheitspolitiker endlich handeln müssen, denn ein smartes
Prostatakrebsscreening kann auf der Grundlage fachärztlicher Beratung
Leben retten und metastasierte Stadien, bei denen der Krebs bereits
gestreut hat, vermeiden“, sagt Prof. Dr. Maurice Stephan Michel, DGU-
Generalssekretär und Sprecher des Vorstands anlässlich des
Weltmännertages. Entsprechend den Empfehlungen des EU-Ratsentschlusses
strebt die Fachgesellschaft ein risikoadaptiertes, auf dem PSA-Test
basiertes Screening an, das bei abklärungsbedürftigen Befunden die
Bildgebung mittels multiparametrischer Magnetresonanztomografie (mpMRT)
beinhaltet. „Unser übergeordnetes Ziel ist die Detektion klinisch
signifikanter Prostatakarzinome bei gleichzeitiger Reduktion von
Überdiagnostik und Übertherapie“, betont DGU-Präsident Prof. Dr. Jürgen
Gschwend.

Der von der DGU erarbeitete Algorithmus stützt sich, wie die EU-
Ratsempfehlung, u.a. auf die aktuelle Datenlage der ERSPC Studie, in der
sich ein signifikanter Vorteil für das prostatakarzinom-spezifische
Überleben in der Screening-Gruppe im Langzeitverlauf gezeigt hat und
berücksichtigt die Ergebnisse der deutschen PROBASE-Studie. Letztere
konnte u.a. zeigen, dass die rektale Tastuntersuchung, wie sie Männern ab
45 Jahren seit 1971 als Teil des Früherkennungsprogramms der gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV) jährlich empfohlen wird, zur Früherkennung von
Prostatakrebs bei Männern im Alter von 45 Jahren nicht geeignet ist.
Verdächtige Tastbefunde erwiesen sich demnach in den allermeisten Fällen
als harmlos, tatsächliche Tumore blieben zu häufig unerkannt.

„Unser Algorithmus für ein neues kassenfinanziertes Screening gibt einen
klar definierten Pfad vor, an dem sich Patienten und betreuende
Urologinnen und Urologen orientieren können“, erklärt DGU-Generalsekretär
Michel. Männern ohne familiäre Vorbelastung soll im Alter zwischen 50-65
Jahren eine fachärztliche Beratung und ein PSA-Test angeboten werden.
Dieser misst das prostataspezifische Antigen (PSA) im Blut - einen
Eiweißstoff, der in der Prostata des Mannes gebildet wird und bei
Erkrankungen der Prostata, etwa bei einem bösartigen Tumor, erhöht sein
kann. Bei einem PSA-Wert über 1,0 ng/ml soll der Test nach fünf Jahren
wiederholt werden; bei einem PSA-Wert zwischen 1-3 ng/ml nach zwei bis
vier Jahren. Bei PSA-Werten über 3 ng/ml erfolgt eine weitere
Risikoabschätzung per transrektalem Ultraschall und weiteren Parametern.
Bei Vorliegen einer Risikokonstellation erfolgt eine multiparametrische
Magnetresonanztomografie (mpMRT). Nach der mpMRT folgt dann erneut eine
Risikostratifizierung entsprechend der sogenannten PI-RADS-Klassifizierung
und weiteren Parametern. Während Patienten mit niedrigem Risiko zunächst
weiter klinisch beobachtet werden sollen, wird Männern mit hohem Risiko
eine Fusionsbiopsie zur gezielten Gewebeentnahme empfohlen. Diese
zeitgemäße Form der Früherkennung hat die Deutsche Gesellschaft für
Urologie e.V. dem G-BA und dem BMG empfohlen.

„Aufgrund dieser Daten können wir den Patienten schließlich beraten, ob
eine Active Surveillance oder aber eine aktive Therapie angezeigt ist.
Damit führt der PSA-Wert nicht, wie oft kritisiert, zu Überdiagnostik und
Übertherapie, sondern ist der Einstieg in eine Kaskade der
Risikostratifizierung zur besseren Krebsfrüherkennung, die eine erhebliche
Reduktion der Metastasierungen, der ökonomisch sehr teuren Systemtherapien
sowie der Sterblichkeit ermöglicht“, resümiert Prof. Michel.

Nach intensiven Beratungen mit dem BMG und dem G-BA und zuletzt positiven
Äußerungen von Bundesgesundheitsminister Lauterbach Ende September
gegenüber dem ZDF zeigt sich DGU-Präsident Gschwend zum Weltmännertag 2023
zuversichtlich: „Wir gehen davon aus, bis zum Ende der Legislaturperiode
die EU-Ratsempfehlung auch hierzulande umsetzen zu können. Die Reform der
Früherkennung des häufigsten Tumors des Mannes ist ein bedeutender Schritt
zur Verbesserung der Männergesundheit in Deutschland“. Andere europäische
Länder wie Polen, Irland, Spanien, Litauen und Schweden hätten ihre
Programme zur Früherkennung des Prostatakarzinoms bereits modifiziert.